@ photosynthese
Genau das, was smiteme gerade schreibst, soll - auch zum Nutzen des Dienstherrn - verhindert werden: Denn Beamte, die aus finanzellen Gründen gezwungen sind, deutlich weitere Wegstrecken zurückzulegen, dürften auf Dauer in der Regel weniger leistungsfähig sein oder sich entsprechend als solches zeigen.
Das Problem einer örtlichen Besoldungsdifferenzierung dürfte ggf. ihre Spreizung sein. Nicht umsonst kannte der ursprüngliche Ortszuschlag in seiner Fassung aus dem Jahr 1957 (die seit der Kaiserzeit gegebene regionale Besoldungsdifferenzierung wurde de facto 1971 aufgehoben) nur drei sog. "Ortsklassen": S, A und B. Wenn nun eine Besoldungsdifferenzierung, die das Bundesverfassungsgericht dem Besoldungsgesetzgeber beispielsweise anhand der Mietenstufen des Wohngeldgesetzes anheimstellt, ohne dass es das weiter konkretisierte (was auch nicht seine, sondern die Aufgabe des Besoldungsgesetzgebers wäre), entsprechend den sieben Mietenstufen des WoGG erfolgt, hätten wir folgende zugrundzulegende Werte zu betrachten (Grundlage hier eine vierköpfige Familie):
Mietenstufe Höchstbetrag (€)
I 568
II 641
III 716
IV 803
V 884
VI 968
VII 1.065
Eine entsprechend vorgenommene Spreizung unterliegt der Gefahr, dass sie die unterschiedliche Wertigkeit von Ämtern einebnen könnte. So verstanden unterliegt eine zu große Differenz zwischen jeweiligen (Orts-)Zuschlägen offensichtlich der Gefahr einer eventuell kaum aufhebbaren Abgrenzungsproblematik, da sich die Mietenniveaus nicht nur regional, sondern zum Teil auch lokal erheblich unterscheiden, so wie z.B. zwischen Duisburg (Mietstufe III) und Düsseldorf (Mietstufe VI). Eine entsprechend diese vier Mietstufen im konkreten Raum abbildende Gesetzgebung muss dabei folglich (die weiteren Mietenniveaus und damit Mietenstufen des konkreten Raums ebenfalls beachtend), um gerichtsfest zu sein, dafür sorgen, dass in keinem Fall eine Einebnung der unterschiedlichen Wertigkeit von Ämtern vollzogen wird, was insbesondere hinsichtlich unterer Ämter durchaus eine komplexe Aufgabe darstellen sollte, da hier die Differenzbeträge zwischen Besoldungsgruppen und Erfahrungsstufen zumeist (deutlich) geringer sind als zwischen höheren.
Darüber hinaus betrachtet das Bundesverfassungsgericht Zulagen als Detailregelung, die also seit jeher in der Regel nur einen vergleichsweise geringen Anteil der Alimentation ausmachen. Wenn also das aktuelle Gesetz verheirateten Anwärtern mit zwei Kindern in Düsseldorf Familienzuschläge von 927,31 € gewährt (vgl. NW-Vorlage 17/6269 vom 11.01.2022, Anhang 6 Anlage 13, S. 83) und damit den Anwärtergrundbetrag von 1.349,78 € (vgl. ebd., Anhang 7 Anlage 12, S. 35) um 69 % auf 2.277,09 € erhöht, dann dürfte eine solche Regelung aus den beiden genannten Gründen sicherlich kaum mit der Verfassung in Einklang zu bringen sein, da das Leistungsprinzip offensichtlich sowohl durch ein spezifisches "Fertilitätsprinzip" als auch durch eine Art "Ortsleistung" ersetzt wird, die also Anwärtern, die dem Raum Düsseldorf zugewiesen werden, diese Zuweisung als spezifische Leistung anerkennte.
Daraus folgt nicht, dass sich der Gesetzgeber nicht an den Mietenstufen des WoGG orientieren kann und also "nicht verpflichtet [ist], die Mindestbesoldung eines Beamten oder Richters auch dann an den regionalen Höchstwerten auszurichten, wenn dieser hiervon gar nicht betroffen ist", denn die methodische Anknpüfung an das WoGG stellt das Bundesverfassungsgericht dem Besoldungsgesetzgeber ja explizit anheim (vgl. in der aktuellen Entscheidung die Rn. 61). Aber so, wie es die aktuelle Gesetzgebung vollzogen hat (unabhängig von der sachlich falschen Bemessungsmethodik des Grundsicherungsniveaus), geht es offensichtlich nicht, wenn das Ergebnis das ist, was ich gerade am Anwärterbeispiel verdeutlich habe.