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[TH] Besoldungsrunde 2021-2023 Thüringen

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MoinMoin:
und die damit verbundenen Verwaltungskosten sind ja ehDa-Kosten

semper fi:
In Hessen geht man m.E. in die richtige Richtung, Besoldungserhöhung für alle und eben nicht nur für Kinderreiche Familien aber auch Kinderzuschläge werden erhöht. Soll sich unsere Regierung gern mal genauer anschauen, denn so geht es auch. Und ja, es kostet Geld aber kostenloses Personal wird man auch in Zukunft eher nicht bekommen. Robert Bosch sagte einmal: ,,Ich zahle nicht gute Löhne, weil ich reich bin, sondern ich bin reich, weil ich gute Löhne zahle." 

https://www.hessen.de/presse/eckpunkte-fuer-kuenftige-beamtenbesoldung-praesentiert

SwenTanortsch:
Der wohl engagierteste Thüringer Streiter für eine amtsangemessene Alimentation in Thüringen fasst die Sachlage aktuell wie folgt zusammen:



"Hallo Mitstreiter,

da ich von der Gegenseite nunmehr seit fast acht Monaten nach Wiederaufnahme der besoldungsrechtlichen Verfahren in meiner Sache nichts gehört habe, habe ich eine Sachstandsanfrage beim VG gestellt (Anlage).

Das VG hat mit daraufhin eine Antwort zukommen lassen, die ich euch ebenfalls zK. gebe (Anlage).

Da mir die Antwort des VG nicht wirklich weitergeholfen hat, habe ich dort angerufen, um zu erfahren wie der Plan ist.

Folgendes hat sich aus der fernmündlich geführten Rücksprache ergeben:

Das Gericht teilte mir mit, dass derzeit sehr, sehr viele Klagen eingehen. Dies nicht nur in Weimar sondern auch in Gera und Meiningen. Der aktuelle Sachstand ist daher nicht mit dem der Vorjahre zu vergleichen. Aufgrund dessen, dass das TLF noch weitere WS-Bescheide versenden wird, wird auch noch mit weiteren Klageingängen gerechnet. Die Thüringer Verwaltungsgerichtsbarkeiten (WE, G, MGN)  stünden hierzu auch im Austausch. In diesem Rahmen sollen Fallgruppen bzgl. der einzelnen Klageeingänge gebildet werden. Das sei aber noch nicht abgeschlossen. Weiter wurde mitgeteilt, dass es sich neben der schieren Masse an Verfahren (die jeweiligen Kammern haben ja auch noch andere Fälle als die der Besoldung), auch um eine „kniffelige“ und nicht gänzlich triviale Angelegenheit handelt. Insoweit wäre im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes der Verwaltungsgerichtsbarkeiten auch noch die eine oder andere Aufgabe zu lösen sein.  Für den weiteren Verfahrensablauf sei Zielstellung bis zum Jahresende 2022 entsprechende Fallgruppen gebildet zu haben, da man davon ausgeht, dass bis dahin die WS alle verbeschieden seien. Hiernach sollen dann aus der jeweiligen Fallgruppe entsprechende Musterfälle herausgenommen werden. Zielstellung sei dann in der ersten Jahreshälfte des kommenden Jahr (2023) diese Musterfälle zu terminieren und ggf. auch zu entscheiden. Das Gericht könne im Übrigen den Unmut und Frust des Klägers nachvollziehen, dass nach über fünf Jahren im erstinstanziellen Verfahren immer noch keine Entscheidung und inhaltliche Einlassung der Gegenseite erfolgt sei. Das sei aber ob der Verfahrensabläufe in der Vergangenheit und dem aktuellen Sachstand nicht zu ändern. Zudem stellen sich auch bei den Altverfahren (Zeitraum vor 2019) teilweise die gleichen Grundsatzfragen, wie bei den besoldungsrechtlichen Verfahren aus den Jahren 2020/2021, auch wenn die Anzahl der Altverfahren überschaubar ist. Insoweit würden auch die Altverfahren voraussichtlich im selben zeitlichen junktim wie die besoldungsrechtlichen Verfahren aus den Jahren 2020/2021 entschieden.  Bezüglich einer Einlassung der Gegenseite in der Sache sei es dem Gereicht allerdings verwehrt, die Gegenseite zu zwingen eine inhaltlich verwertbare oder überhaupt eine Stellungnahme abzugeben. Im Zweifel müsse dann eine Positionierung der Gegenseite halt im Rahmen des anzusetzenden Termins erfolgen zumal dem Gericht nicht bekannt sei, wie viele Menschen in der TLF eigentlich mit der Sache befasst seien. Unbeschadet dessen bliebe es dem Kläger aber unbenommen in der Sache selbst weitere Stellungnahmen abzugeben. Die würden dann auch entsprechend berücksichtigt werden

Fazit

-Es heißt also weiter warten. Meine Hoffnung bestand ja darin, dass ggf. im Rahmen des zu erwartenden ThürBesG 2022 die eine oder andere Scharte noch ausgewetzt wird. Das wird dann wohl erst einmal nicht stattfinden. Zudem muss man wohl auch hinnehmen, wenn von der Gegenseite kein Bild und Ton kommt und man sicher in 2022 wieder Widerspruch einlegen und in 2023 Klage einreichen müsste, wenn man ggf. bestehende Ansprüche nicht verlieren möcht

Wenn man in dem Zusammenhang als Realitätsabgleich in der euch bereits übersandten AW der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage unter der DS 7/5447 liest

„Der zeitliche Verwaltungsaufwand wird wegen des Ruhens fast aller Klageverfahren als überschaubar eingeschätzt. Es sind zwei Bedienstete im Justiziariat des Thüringer Landesamtes für Finanzen mit der Bearbeitung dieser Gerichtsverfahren beauftragt. Die Fälle wurden durch die Referatsleitung einzeln zu­gewiesen.“   

fühlt man sich ehrlich gesagt nur noch verarscht.

Wenn man seitens seines Dienstherren in die Klage getrieben wird, weil man das dort offenbar so will und diesem Kontext in der weiteren AW der Landesregierung liest

„Eine Aussage zu der Frage, bis zu welchem Zeitpunkt die Verwaltung noch mit der Bearbeitung der Gerichtsverfahren befasst sein wird, ist nicht möglich. Dies hängt vom Verhal­ten der Klägerseite ab.“

haut das dem Fass den Boden raus, wenn hier einfach mal so Ursache und Wirkung umgekehrt wird und der Staatsdiener im Ergebnis doch selbst Schuld sei soweit er klagt.

-Die Finanzministerin lässt sich in der heutigen Presse wie folgt zitieren

„Angesichts von Fachkräftemangel und demografischer Entwicklung müssen wir neue Mittel finden, um die Aufgaben des Staates noch zu meistern. Heike Taubert (SPD), Finanzministerin“

Hier sollte die Finanzministerin mal darüber nachdenken, was das für eine Werbung nach außen ist und was das mit der Motivation bei den Bestandsleuten macht, wenn man sich wegen der Besoldung permanent und jahrelang getreu dem Motto „Und täglich grüßt das Murmeltier“  mit seinem Dienstherren vor Gericht herumstreitet oder diesem misstraut, dass er einen ggf. schon wieder hinter die Fichte führt. Da muss man keine neuen Mittel (er-)finden sondern erst einmal die bestehenden Mittel ordentlich zur Anwendung bringen.

Und ja; Aufgabenerledigung. Die Finanzministerin kann ja Aufgaben wie die Bildung (Lehrer größter Personalkörper) und Sicherheit (Polizei zweitgrößter Personalkörper) an Dienstleister ausgliedern (wird dadurch aber nicht billiger und geht so auch nicht). Sie könnte auch keine Verbeamtungen mehr durchführen lassen bzw. sich dafür einsetzen (außer weitestgehend bei Polizei, Feuerwehr oder Finanzverwaltung). Macht man aber nicht, da  bspw. mit der Lehrerverbamtung aktuell Geld gespart wird, weil man nämlich keine Sozialversicherung mehr abführen muss. Aber dann hinterher jammern und auf die Beamten schimpfen und Beamtensbashing betreiben, wenn bspw. Pensionsleistungen anfallen bzw. fällig werden. Oder aber die Damen und Herren Politiker müssen mal die Standards in den Vorschriften prüfen, absenken oder gesetzte Standards gleich ganz abschaffen. Läuft aber nicht. Eher das Gegenteil; aber dann Phantomdiskussionen führen und rumjammern das bspw. die Personalkosten steigen.

-So ich will es nicht unnötig verlängern und mich weiter in Rage schreiben. Ich wünsche euch noch eine gute Zeit (Zumindest steht bei mir in Kürze mein Jahresurlaub an).

VG

 

PS. Die Mail kann gerne weitergeleitet werden.

lotsch:
Nach Rücksprache mit den 3 Thüringer Verwaltungsgerichten sind insgesamt an den 3 Standorten aktuell knapp 1.000 Klagen von Landes- und Kommunalbeamten sowie Richtern gegen ihre Alimentation eingegangen.

Da im Bereich der Kommunen und der Schulen noch nicht alle Widersprüche verbeschieden wurden bzw. die Widerspruchsbescheide übermittelt worden, ist noch mit weiteren Klageingängen zu rechnen. Die Thüringer Verwaltungsgerichte (Weimar, Meiningen, Gera) stünden hierzu auch im Austausch untereinander. Es sollen Fallgruppen aus den einzelnen Klageeingängen gebildet werden. Für den weiteren Verfahrensablauf sei Zielstellung bis zum Jahresende 2022 entsprechende Fallgruppen gebildet zu haben, da man davon ausgeht, dass bis dahin die Widersprüche alle verbeschieden seien. Hiernach besteht die Idee derzeit aus den gebildeten Fallgruppe entsprechende Musterfälle heraus zu nehmen. Zielstellung sei in der ersten Jahreshälfte des kommenden Jahr (2023) diese Musterfälle zu terminieren.

Im Kontext mit der Anzahl der eingereichten Klagen ist auch folgendes Schreiben zu verstehen, das aktuell vorrangig aus dem VG Meiningen versandt wird. Hier heißt es im letzten Passus auf Seite 1: „Insoweit wir darauf hingewiesen, dass der Berichterstatter sowie eine Vielzahl weiterer Mitglieder des Gerichtes, insbesondere die nach der Geschäftsverteilung zur Entscheidung berufenen Richter der 1.Kammer des Verwaltungsgerichtes , sich ihrerseits gegen die Höhe der ihrer gezahlten Besoldung wenden. Hierzu sind in der Vergangenheit, wie auch im laufenden Jahr, Widersprüche eingelegt, z.T. Auch schon Klagen gegen die zwischenzeitlich ergangenen Widerspruchsbescheide erhoben worden. Mit Blick auf eine mögliche Besorgnis der Befangenheit erhalten Sie Gelegenheit zur Stellungnahme binnen eines Monats.“

Damit teilen die Richter mit, dass sie ebenfalls Klage gegen ihre Besoldung eingereicht haben. Ob sich daraus wirklich im Einzelfall eine Befangenheit ergibt ist in diesen Fällen lediglich für den Beklagten – hier der Dienstherr – relevant.
https://www.thueringer-beamtenbund.de/aktuelles/news/knapp-1000-klagen-an-den-gerichten-eingegangen/

SwenTanortsch:
Antworten der Landesregierung auf eine kleine Anfrage der CDU (TH-Drs. 7/6485 v. 14.10.22):

"7.  Wie viele Widersprüche hat es im Geltungsbereich des Thüringer Besoldungsgesetzes gegen die Ali-
mentation 2020 und 2021 (bitte nach Jahren gliedern) gegeben (bitte bei der Antwort die der Aufsicht des
Landes unterstehenden dienstherrenfähigen Körperschaften berücksichtigen; falls Daten hierzu nicht zu
erlangen sind, genügt hilfsweise die Angabe der von Landesbeamten erhobenen Widersprüche)?
Antwort:
Es wird für den Landesbereich auf die Antwort zu Frage 1 der Kleinen Anfrage 7/3086 in Drucksache
7/5447 verwiesen.

8.  Aus welchen Gründen hat sich die Landesregierung - entgegen der Praxis anderer Bundesländer - ange-
sichts der zahlreichen Widerspruchsverfahren gegen die Alimentation 2020 und 2021 gegen eine Mus-
terklagevereinbarung entschieden?
Antwort:
Bezüglich der Umsetzung der Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2020 ist der Lan-
desregierung kein Land bekannt, welches sich für eine Musterklagevereinbarung entschieden hat. In-
soweit besteht keine Praxis. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 9 der Kleinen Anfrage 7/3086 in
Drucksache 7/5447 verwiesen.

9.  Unter der Annahme, dass auf alle negativ beschiedenen Widersprüche gegen die Alimentation 2020 und
2021 Klage erhoben wird und unter Zugrundelegung des durchschnittlichen Jahrespensums eines Ver-
waltungsrichters in Thüringen: Wie viele Richter-Jahrespensa würde die Abarbeitung all dieser Verfah-
ren in Anspruch nehmen?
Antwort:
Derzeit sind nahezu alle Widersprüche durch das Thüringer Landesamt für Finanzen verbeschieden wor-
den. Auch wenn bislang noch nicht alle Klagefristen nach § 74 der Verwaltungsgerichtsordnung abgelau-
fen sind, registrierte das Thüringer Landesamt für Finanzen bis zum Stand 4. Oktober 2022 die Eingänge
von lediglich 730 Klagen, die bei den Verwaltungsgerichten erhoben worden sind. Sechs Klagen davon
wurden bereits wieder zurückgenommen. Die Annahme, dass gegen jeden Widerspruchsbescheid Kla-
ge erhoben wird, spiegelt daher die tatsächliche Situation nicht wider. Im Übrigen wird auf die Antworten
zu Fragen 6 und 10 der Kleinen Anfrage 7/3086 in Drucksache 7/5447 verwiesen.

10. Wie rechtfertigt die Landesregierung eine derart intensive Zusatzbelastung der Justiz, wo es doch an
Richtern seit Jahren mangelt und diese Situation durch eine Musterklagevereinbarung abwendbar war?
Antwort:
Die vorbenannte Situation ist durch eine Musterklagevereinbarung nicht abwendbar. Hierzu wird auf die
Antwort zu Frage 9 der Kleinen Anfrage 7/3086 in Drucksache 7/5447 verwiesen.

Taubert
Ministerin"

Zu Frage 7 führt die Antwort 1 aus TH-Drs. 7/5447 v. 04.05.2022 das Folgende aus:

"1. Wie viele Anträge/Widersprüche auf amtsangemessene Alimentation sind in den Jahren 2020, 2021 und
2022 eingegangen (Auflistung getrennt nach Jahren)?
Antwort:
Im Jahr 2020 haben 13.296, im Jahr 2021 haben 6.654 und im Jahr 2022 haben 336 Beamte und Rich-
ter Widerspruch eingelegt."

Die Antwort zur Frage 1 als stellvertretene Antwort auf die ursprüngliche Frage 7 zeigt jedem Verantwortung empfindenden Politiker, dass in der Beamtenschaft ein offensichtlich massives Problem und also eine schwere Vertrauenskrise dem Dienstherrn gegenüber empfunden wird. Dieses Problem nicht zu beachten, muss in Anbetracht der schieren Anzahl an Widersprüchen - und in Anbetracht dessen, dass das Problem der deutlichen Unteralimentation nicht nur empfunden, sondern, wie auch Frau Taubert weiß, real gegeben ist - zu Folgenproblemen führen, die die Handlungsfähigkeit der Exekutive nicht vergrößern wird.

Die Antwort auf die Frage 8 ist eine für Frau Taubert typisch instrumentelle: Vordergründig ist sie richtig, dass es seit 2020 bislang in keinem Besoldungsrechtskreis Musterwiderspruchsverfahren gibt. Allerdings sind in fast allen anderen Rechtskreisen seitdem auch keine negative Bescheidungen von Widerspruchsverfahren erfolgt, sodass es keine Veranlassung und Möglichkeiten für Verfahren und damit auch Musterwiderspruchsverfahren gibt. Dahingegen haben sich Musterwiderspruchsverfahren in der Vergangenheit im Sinne der Rechtssicherheit und Entlastung der (Verwaltungs-)Gerichtsbarkeit für alle Beteiligten als ein effizientes Mittel zur Klärung von Sachfragen erwiesen, was auch Frau Taubert weiß. Zugleich betrifft das Problem der Frage, wie mit dem nicht erst seit 2020 bestehenden Fehlbetrag zwischen der Mindest- und gewährten Nettoalimentation zu verfahren ist, ausnahmslos (mindestens potenziell, höchstwahrscheinlich aber auch real) alle Landes- und Kommunalbeamten in Thüringen. Darüber hinaus hat nicht nur das Battis-Gutachten, sondern ebenso der Wissenschaftliche Dienst des Landtags den unzureichenden Charakter der 2021 gesetzlich vollzogenen Regelungen zweifelsfrei aufgezeigt; das Finanzministerium sah sich jedenfalls nicht in der Lage, deren Argumente sachlich zu entkräften. Insofern blieb ebenso schon die in der Antwort 9 aus der TH-Drs. 7/5447 v. 04.05.2022 (auf die die aktuelle Antwort verweist) ausgeführte Darlegung instrumentell, die entsprechend hier ebenfalls vollständig zitiert werden soll:

"9. Warum schließt die Landesregierung keine Musterklagevereinbarung ab, um landeseigenes Personal
zu entlasten?
Antwort:
Jeder Widerspruchsführer hat einen Anspruch auf Bearbeitung seines Widerspruchs und auf eine indi-
viduelle, von der Sach- und Rechtslage abhängende Entscheidung. Hieran ändert eine Musterklagever-
einbarung nichts, da sie für vergleichbare Fälle regelmäßig nur eine Bindungswirkung bezüglich materi-
eller Rechtsfragen bewirkt. Das einzelne Widerspruchsverfahren wird allein dadurch nicht beendet und
bedarf weiterhin der Bearbeitung sowie einer individuellen Entscheidung. Daher ist die Annahme unzu-
treffend, eine Musterklagevereinbarung würde landeseigenes Personal entlasten.
Darüber hinaus eignet sich eine Musterklagevereinbarung lediglich bei vergleichbaren Sachverhalten.
Das Gesetz zur Gewährleistung einer verfassungsgemäßen Alimentation sowie über die Gewährung ei-
ner Anerkennungsleistung für ehemalige angestellte Professoren neuen Rechts vom 2. November 2021
(GVBl. S. 547) bewirkt hingegen jeweils jahresbezogen verschiedene besoldungsrechtliche Änderungen,
die sich auf die einzelnen Beamten mit Blick auf deren jeweilige Besoldungsgruppen und deren sich än-
dernden tatsächlichen familiären Verhältnisse unterschiedlich auswirken. Daher ist eine Musterklagever-
einbarung auch wegen der einzelfallbezogenen Besonderheiten bei der Überprüfung der Verfassungsge-
mäßheit nicht zielführend. So hat auch das Bundesverfassungsgericht in seinen bisherigen Beschlüssen
nur jeweils über die verfassungsgemäße Alimentation zu den jeweils vorgelegten Besoldungsgruppen
beziehungsweise kinderbezogenen Familienzuschlägen in den entsprechenden Jahren entschieden.
Zudem bestehen aus Sicht der Landesregierung in rechtlicher Hinsicht keine Zweifel an der Richtigkeit
der Umsetzung der Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts, die den Abschluss einer Musterkla-
gevereinbarung rechtfertigen würden. Insoweit verweise ich auf die Erörterungen im Rahmen des Ge-
setzgebungsverfahrens, in dem die Verfassungsgemäßheit des oben genannten Gesetzes dargelegt
wurde. So hat sich der Gesetzgeber nach Maßgabe des Bundesverfassungsgerichts an seinen Gestal-
tungsspielraum, wie er bei der Festsetzung der Bezüge den Anforderungen des Gebots eines Mindest-
abstands zum Grundsicherungsniveau Rechnung tragen kann, gehalten. Danach komme neben der An-
hebung der Grundgehaltssätze und Veränderungen im Beihilferecht insbesondere auch eine Anhebung
des Familienzuschlags in Betracht. Vorliegend wurde den Anforderungen des Gebots des Mindestab-
stands mit einer Anhebung des kinderbezogenen Familienzuschlags Rechnung getragen. Es wird da-
her derzeit keine Notwendigkeit für eine Musterklagevereinbarung gesehen."

In der Antwort auf die Frage 9 zeigt sich, dass das Finanzministerium es offensichtlich als einen Erfolg ansieht, dass "bis zum Stand 4. Oktober 2022 die Eingänge von lediglich 730 Klagen" zu verzeichnen seien (Hervorhebung durch mich). Die offensichtliche Erfolgsempfindung dürfte ihre Ursache darin finden, dass sich der Thüringer Haushalt so weiterhin verfassungs- und rechtswidrig materielle Güter aneignet, indem er sie denen, denen diese Güter zustehen, weiterhin entzieht. Formal ist das keine Enteignung; real kommt es dieser gleich. Unter anderen Rechtsumständen als dem Beamtenwesen wäre nun ggf. wohl zu klären, ob §§ 242 und 243 als Tatbestände vorlägen.

Darüber hinaus führt die TH-Drs. 7/5447 v. 04.05.2022 in der Antwort zu Frage 6 aus, auf die in der Antwort 9 hingewiesen wird:

"6. Wie viele Klagen kann ein Verwaltungsrichter erfahrungsgemäß im Jahr bearbeiten?
Antwort:
Der Bedarf an Verwaltungsrichtern berechnet sich nach dem Personalbedarfsberechnungssystem
(PEBB§Y). Im Rahmen dieses Berechnungssystems wurden in der Praxis für einzelne Sachgebiete
durchschnittliche Bearbeitungszeiten erhoben. Diese Basiszahlen können als Anhaltspunkt dienen, wie
lange ein Richter für die Bearbeitung eines Verfahrens benötigt, es sind aber ausdrücklich keine "Schlag-
zahlen" für Richter.
Klagen auf amtsangemessene Alimentation fallen dabei in das Sachgebiet "Recht des öffentlichen Diens-
tes (ohne Disziplinarrecht)". Für dieses Sachgebiet wurde in der letzten PEBB§Y-Erhebung eine Basiszahl
von 1.073 Minuten für Richter am Verwaltungsgericht sowie 1.762 Minuten für Richter am Oberverwal-
tungsgericht ermittelt. Rechnerisch kann danach am Verwaltungsgericht ein Richter in diesem Sach-
gebiet rund 92 Verfahren und am Oberverwaltungsgericht rund 56 Verfahren in einem Jahr erledigen."

Daraus folgt, dass in Anbetracht von 730 Klagen derzeit übertragen rund acht Verwaltungsrichter bis Ende Oktober 2023 nichts anderes tun werden, als jene Klagen zu bearbeiten, deren Ergebnis im Vorhinein feststeht. Da die Arbeitskraft dieser Richter in jener Zeit der Klärung offener Rechtsfragen entzogen wird, wird der Rechtssicherheit und ggf. dem Rechtsfrieden in Thüringen durch die Landesregierung deutlicher Schaden zugefügt. Frau Taubert hätte insofern ggf. besser antworten sollen: "Der Schaden, dem wir der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden wissentlich und willentlich zufügen, fällt deutlich kleiner aus, als es von unserer Seite erwartet wurde. Das sehen wir als einen großen Erfolg der Landesregierung an." Darüber hinaus zeigen lotschs Anmerkungen, dass die Zahl der Klagefälle mittlerweile noch einmal deutlich höher zu liegen scheint, als das die Ministerin ausführt.

Auch die Antwort auf die Frage 10 zeigt weiterhin, dass zwischen dem Rechtsverständnis von Beamten und Richtern, die per Eid an Recht und Gesetz geunden sind, und dem von Frau Taubert ein offensichtlich grundlegender Unterschied besteht.

Ulrich Battis hat zwischenzeitlich nicht zuletzt in seinem Fazit zum sächsischen Gesetzentwurf alles, was nötig ist, zu solch in verschiedenen Ansichten die Verfassungsordnung und das Beamtenwesen destruierenden Ideen gesagt, wie sie Frau Taubert stellvertretend für die Landesregierung wie gehabt formuliert (https://www.sbb.de/aktuelles/news/amtsangemessene-alimentation-stellungnahme-abgegeben/).
 
Offensichtlich ist, dass jeder Unternehmer, der entsprechend so wie die Landesregierung und der Landtag (bzw. die Abgeordneten des Landtags, die diesem Handeln zustimmen) handeln würde, von Gerichten schwere Strafen zu gewärtigen hätte, wenn er sich so gegenüber seinen Beschäftigten verhielte. Da sich der Beamte in einem besonderen Gewaltverhältnis befindet, also anders als Beschäftigte in der Privatwirtschaft nur über verfassungsrechtlich eingeschränkte Rechtsmittel verfügt, um diese seine individuellen Rechte durchzusetzen, kehrt auch die thüringische Landesregierung spätestens seit 2020 - wie alle Dienstherrn hinsichtlich ihrer Beamtenschaft - zu einer offensichtlich modernen Form der Leibeigenschaft zurück. Darin liegt das desturierende Momentum, das unserer Verfassungsordnung und dem Beamtenwesen wiederkehrend irreparablen Schaden zufügt, wie jeder weiß, der auch nur mindestens ein grundlegendes Buch gelesen (bzw. wohl eher: gelesen und verstanden) hat, das sich mit entsprechenden historischen Prozessen beschäftigt. Da dieses Handeln, das nicht mehr als rechtsstaatlich zu begreifen ist, für Politiker wie Frau Taubert mittlerweile Normalität darstellt, ist die Verfassungskrise da, von der Ulrich Battis spricht. Denn mit jedem weiteren solchen Handelns wird der Boden bereitet, unsere Verfassung und Rechtsordnung zu zerstören - anders kann man es offensichtlich leider nicht nennen.

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