Autor Thema: Strategien zur Aufwertung der MINT-Berufe  (Read 49121 times)

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Antw:Strategien zur Aufwertung der MINT-Berufe
« Antwort #150 am: 25.01.2022 08:20 »
Für mich hat der Staat ein Vorbildcharakter, dem er damit nicht gerecht wird. Ich denke da nur an die jährliche Kappungsgrenze bei der Gleitzeit.

Die Kappungsgrenze ist so ein Beispiel mit Vorbildcharakter. Nur mit einer solchen Regelung wird der Arbeitgeber seiner Fürsorgepflicht gerecht, indem er zwar freiwillig aufbaubares Gleitzeitguthaben ermöglicht, allerdings den Arbeitnehmer und sich selbst dazu anhält, dieses rechtzeitig wieder abzubauen.

tTt

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Antw:Strategien zur Aufwertung der MINT-Berufe
« Antwort #151 am: 25.01.2022 10:31 »
Die Kappungsgrenze ist so ein Beispiel mit Vorbildcharakter. Nur mit einer solchen Regelung wird der Arbeitgeber seiner Fürsorgepflicht gerecht, indem er zwar freiwillig aufbaubares Gleitzeitguthaben ermöglicht, allerdings den Arbeitnehmer und sich selbst dazu anhält, dieses rechtzeitig wieder abzubauen.

Wenn der Arbeitgeber dann allerdings die Gleittage pro Jahr auf x Tage und Monat deckelt sowie Kernzeiten einen größeren Abbau pro Tag verhindern, ist das wohl eher nicht mehr als Arbeitsschutz zu verstehen, sondern er profitiert davon massiv…

XTinaG

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Antw:Strategien zur Aufwertung der MINT-Berufe
« Antwort #152 am: 25.01.2022 10:36 »
Der Arbeitgeber deckelt überhaupt nichts. Die Regelungen ergeben sich aus einer Vereinbarung der Betriebs- oder Arbeitsvertragsparteien.

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Antw:Strategien zur Aufwertung der MINT-Berufe
« Antwort #153 am: 25.01.2022 12:00 »
Wenn der Arbeitgeber dann allerdings die Gleittage pro Jahr auf x Tage und Monat deckelt sowie Kernzeiten einen größeren Abbau pro Tag verhindern, ist das wohl eher nicht mehr als Arbeitsschutz zu verstehen, sondern er profitiert davon massiv…

Wie Tina schon zutreffend schreibt, ergeben sich die Regeln zum Abbau des Gleitzeitguthabens aus einer Vereinbarung mit dem PR. Insoweit sind die Spielregeln bekannt und jeder Mitarbeiter weiss genau, wie viele Stunden er wann abbummeln kann, um unter der Kappungsgrenze zu bleiben.
Sollte darüber hinaus mehr Arbeit anfallen, kann der Arbeitgeber entsprechend Mehrarbeit/Überstunden anordnen, die dann nicht unter die Kappungsgrenze fallen.

WasDennNun

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Antw:Strategien zur Aufwertung der MINT-Berufe
« Antwort #154 am: 25.01.2022 12:46 »
Verglichen mit Abschlüssen der IGM ist der Abschluss von TVöD/TV-L stets schlechter gewesen, ich denke ein Vergleich zu Abschlüssen von tariflich gebundenen Arbeitgebern ist hier der korrekte Benchmark anstatt der Gesamtmarkt. Ich wage zu behaupten, dass der öffentliche Dienst stets darunter bleibt.
Durchaus sind die Abschlüsse des öDs stets schlechter als die der IGM.
Aber kann man die AN des IGM mit der Struktur der AN des öD vergleichen?


Zitat
Stattdessen wird lieber nach Fachkräftemangel geschrien. Es handelt sich für mich klar um hausgemachte Probleme.
Die bestehende, hohe Fluktuation wird nicht einmal im Ansatz hinterfragt…
Ein Trauerspiel.
Absolut korrekt.
Absolut hausgemacht, weil keine echte Verantwortung tragen muss, was ja auch dazu führt, dass der AG die MA nicht ausbeutet.
Zitat
Der öffentliche Dienst baut, etwas drastisch formuliert, schon auf systematische Ausbeutung. Aber klar, dazu gehören immer zwei Parteien, eine Seite die es moralisch einfordert, die andere Seite, die es mit sich machen lässt.

weswegen jegliche "Ausbeutung" auch absolut hausgemacht ist.
Kein AN im öD muss sich anstrengen, Gleitzeitstunden aufbauen bis nach Meppen, weil er seine "Arbeit" nicht schafft.
Der Laden geht nicht pleite und er wird nicht rausgeschmissen.
Wer sich für den öD AG den A* aufreißt, der macht es weil er darauf Bock hat, aber nicht weil der AG in dazu nötigen könnte oder ein ökonomischer Druck dahinter steht.
Das ist als AN in der pW hier und da durchaus anders, da bei gescheiterten Projekten halt auch mal das Unternehmen (oder halt nur die Abteilung am Standort X) scheitert.

tTt

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Antw:Strategien zur Aufwertung der MINT-Berufe
« Antwort #155 am: 25.01.2022 14:37 »
Aber kann man die AN des IGM mit der Struktur der AN des öD vergleichen?
Beides sind tarifgebundene Arbeitgeber.
Spielt die Struktur der AN denn dafür eine Rolle? Ich vermag da keine wesentlichen Unterschiede zu erkennen.
Der IGM behandelt ungelernte, ausgebildete und Studierte.
Im TVöD/TV-L werden ja auch nur die Gehälter/Löhne für Tarifbeschäftigte verhandelt.
Und auch die Struktur der Verträge ähneln sich.

Insoweit sind die Spielregeln bekannt und jeder Mitarbeiter weiss genau, wie viele Stunden er wann abbummeln kann, um unter der Kappungsgrenze zu bleiben.
Sollte darüber hinaus mehr Arbeit anfallen, kann der Arbeitgeber entsprechend Mehrarbeit/Überstunden anordnen, die dann nicht unter die Kappungsgrenze fallen.

Unsere miese Arbeitszeitdienstvereinbarung ist tatsächlich etwas Hausspezifisch und ungünstig für die Beschäftigten, da lückenhaft. Ich habe schon bessere gesehen. Wenn der/die Vorgesetzte die Anordnung aus irgendeinem Grund nicht gibt, ist letztlich der/die Beschäftigte immer der/die Depp/in. 
Der Staatsapparat übt zudem sehr viel subtilen Druck aus.
Ein echter Schutz bedeutet, dass der/die Vorgesetzten den/die Beschäftigte rauswirft mit, „geh nach Hause, lass alles liegen“, wenn eine Überschreitung der Regeln eintrifft. Das passiert allerdings nicht. In der Regel eine unspezifische Rundmail, dass die Salden zu hoch sind und versucht werden sollen, abzubauen.
Denn selbst als Sachbearbeiter besteht ja oft angeblich kein Beurteilungsspielraum. Tut man es doch, ist der Kompetenzbereich schnell überschritten worden.

Nicht selten überrollt die Realität den Prozesslauf und im Nachgang wird vergeblich versucht eine/n Verantwortliche/n zu ermitteln. Aber die dahinterliegende Ursache wurde noch immer nicht gelöst.

Kein AN im öD muss sich anstrengen, Gleitzeitstunden aufbauen bis nach Meppen, weil er seine "Arbeit" nicht schafft.
Der Laden geht nicht pleite und er wird nicht rausgeschmissen.
Wer sich für den öD AG den A* aufreißt, der macht es weil er darauf Bock hat, aber nicht weil der AG in dazu nötigen könnte oder ein ökonomischer Druck dahinter steht.

Wenn Gefahr für Leib- und Leben in Verzug ist, möchte ich mal wirklich den/die Beamten/-in oder Beschäftige/n sehen, der/die dann tatsächlich Feierabend macht, wenn daran Menschenleben hängen oder „das Wohl der Bundesrepublik Deutschland in Gefahr ist.“
Letztlich bricht durch diese „Freiwilligkeit“ der öffentliche Dienst nicht völlig zusammen.

Und auch ein Staat kann Pleite gehen.

Ich kann mich irren, aber Griechenland ist nur durch Unterstützung der EU nicht Pleite gegangen. Es gab dort einen Schuldenschnitt und Staatsdiener bekamen auch einen Teil ihre Besoldung/Bezahlung nicht mehr bzw. nur stark verzögert ausgezahlt.
Selbiges ist auch in den USA schon passiert oder bahnte sich an.
Steile These mit dem nicht Pleite gehen.
Es ist nur äußerst unwahrscheinlich.

XTinaG

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Antw:Strategien zur Aufwertung der MINT-Berufe
« Antwort #156 am: 25.01.2022 14:51 »
Gleitzeitvereinbarungen gestatten den Arbeitnehmern eine Disposition der Arbeitszeit in gewissem Umfang, die ansonsten allein dem Arbeitgeber vorbehalten wäre. Außerhalb vereinbarter Kernzeiten/Präsenzzeiten u.ä. bedarf es der Anordnung von Arbeitsstunden durch den Arbeitgeber oder eines in seinem Namen handelnden. Werden keine Arbeitsstunden angeordnet, gibt es außerhalb vereinbarter Zeiten auch keine Pflicht zur Arbeitsleistung. Regelt eine Dienstvereinabrung/Betriebsvereinbarung dies anders, ist eine Kappungsgrenze grundsätzlich unwirksam, da die Zeiten außerhalb der vereinbarten Zeiten eben nicht mehr zur Disposition des Arbeitnehmers stehen. Und das ist wesentliche Voraussetzung dafür, daß Stunden gekappt werden können.

Wie sieht es denn nun hiermit aus:
Eine Leistung mittlerer Art und Güte ist jene, die der Arbeitnehmer unter angemessener Anspannung seiner Kräfte leistet, ohne seine Gesundheit zu gefährden. Eine darüber hinausgehende Leistung wäre also eine unangemessene Inanspruchnahme des Arbeitnehmers unter Gefährdung dessen Gesundheit. Inwiefern wäre das wohl zum Vorteil des Arbeitnehmers? Und was hätte der Arbeitgeber da langfristig von? Das Personalbindungsmodell südostasiatischer Sweatshops, deren Geschäftsmodell ja eine solche Ausbeutung ist, fußt ja darauf, daß deren Personal schlicht keine andere Wahl hat. Das ist aber gerade bei dem Personal, um das es in diesem Thread geht, nicht der Fall.

WasDennNun

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« Antwort #157 am: 25.01.2022 15:18 »
Aber kann man die AN des IGM mit der Struktur der AN des öD vergleichen?
Beides sind tarifgebundene Arbeitgeber.
Spielt die Struktur der AN denn dafür eine Rolle? Ich vermag da keine wesentlichen Unterschiede zu erkennen.
Der IGM behandelt ungelernte, ausgebildete und Studierte.
Im TVöD/TV-L werden ja auch nur die Gehälter/Löhne für Tarifbeschäftigte verhandelt.
Und auch die Struktur der Verträge ähneln sich.
Ok, also bist du dafür, dass der Fachinformatiker (IT Ausgebildet) das gleiche Geld bekommt wie die Rechtsanwaltsgehilfin (Verwaltungsausgebildet)?
So wie ein ITler eben derzeitig eine besser Marktposition hat und deswegen mehr Geld bekommt (bekommen kann), so ist es auch das ein "produzierendes Gewerbe" (IGM) mehr Geld zahlen kann, als ein reines "Verwaltendes Gewerbe" (öD)
Also Nein: öD und IGM vergleichen ist so, wie einen Fachinformatiker mit einer Rechtsanwaltsgehilfin zu vergleichen und in einem Pott zu schmeißen.

WasDennNun

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Antw:Strategien zur Aufwertung der MINT-Berufe
« Antwort #158 am: 25.01.2022 15:26 »
Kein AN im öD muss sich anstrengen, Gleitzeitstunden aufbauen bis nach Meppen, weil er seine "Arbeit" nicht schafft.
Der Laden geht nicht pleite und er wird nicht rausgeschmissen.
Wer sich für den öD AG den A* aufreißt, der macht es weil er darauf Bock hat, aber nicht weil der AG in dazu nötigen könnte oder ein ökonomischer Druck dahinter steht.

Wenn Gefahr für Leib- und Leben in Verzug ist, möchte ich mal wirklich den/die Beamten/-in oder Beschäftige/n sehen, der/die dann tatsächlich Feierabend macht, wenn daran Menschenleben hängen oder „das Wohl der Bundesrepublik Deutschland in Gefahr ist.“
Letztlich bricht durch diese „Freiwilligkeit“ der öffentliche Dienst nicht völlig zusammen.
Richtig! Er arbeitet dann bis das Problem gelöst ist. Und geht dann für 4 Wochen nach Hause, weil er nicht mehr arbeiten kann, weil er die Stunden voll hat.
Wenn der Staat damit ein Problem hat, dann kann er dafür besagt Beamte einsetzen oder Überstunden anordnen.
Und davon ab. Wo findet dass denn massenhaft statt im Tarifbereich, Leib und Leben?

Zitat
Und auch ein Staat kann Pleite gehen.

Ich kann mich irren, aber Griechenland ist nur durch Unterstützung der EU nicht Pleite gegangen. Es gab dort einen Schuldenschnitt und Staatsdiener bekamen auch einen Teil ihre Besoldung/Bezahlung nicht mehr bzw. nur stark verzögert ausgezahlt.
Selbiges ist auch in den USA schon passiert oder bahnte sich an.
Steile These mit dem nicht Pleite gehen.
Es ist nur äußerst unwahrscheinlich.
Da hast du natürlich absolut Recht und deswegen habe ich ja einen Job, der nicht nur beim Staat genutzt wird. Und deswegen bin ich nie Beamter geworden, weil ich mir meinen AG selber aussuchen will.

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« Antwort #159 am: 25.01.2022 15:54 »
Unsere miese Arbeitszeitdienstvereinbarung ist tatsächlich etwas Hausspezifisch und ungünstig für die Beschäftigten, da lückenhaft. Ich habe schon bessere gesehen. Wenn der/die Vorgesetzte die Anordnung aus irgendeinem Grund nicht gibt, ist letztlich der/die Beschäftigte immer der/die Depp/in. 

Du bist verpflichtet, deine vertraglich vereinbarten Stunden zu leisten. Danach gehst du nach Hause. Wenn der Arbeitgeber eine entsprechende Anordnung für Überstunden nicht gibt, kannst du ihn ja darauf hinweisen, das dies eigentlich notwendig ist, aber noch ein einzges mal mehr arbeitst nur fürs Gleitzeitkonto. Auch mit dem Hinweis, dass du das beim nächsten mal nicht mehr machen wirst. Ich kann da nicht sehen, warum der Beschäftigte da der Depp sein sollte.

WasDennNun

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Antw:Strategien zur Aufwertung der MINT-Berufe
« Antwort #160 am: 25.01.2022 17:08 »
Unsere miese Arbeitszeitdienstvereinbarung ist tatsächlich etwas Hausspezifisch und ungünstig für die Beschäftigten, da lückenhaft. Ich habe schon bessere gesehen. Wenn der/die Vorgesetzte die Anordnung aus irgendeinem Grund nicht gibt, ist letztlich der/die Beschäftigte immer der/die Depp/in. 

Du bist verpflichtet, deine vertraglich vereinbarten Stunden zu leisten. Danach gehst du nach Hause. Wenn der Arbeitgeber eine entsprechende Anordnung für Überstunden nicht gibt, kannst du ihn ja darauf hinweisen, das dies eigentlich notwendig ist, aber noch ein einzges mal mehr arbeitst nur fürs Gleitzeitkonto. Auch mit dem Hinweis, dass du das beim nächsten mal nicht mehr machen wirst. Ich kann da nicht sehen, warum der Beschäftigte da der Depp sein sollte.
Du vergisst die permanenten Notfälle mit Gefahr für Leib und Leben.
Oder wenn halt ein andern mal die Hütte brennt, weil der Minister schnell mal ne Ausarbeitung braucht oder weil, .......

Das sind doch ganz klar "dauerhaft" Situationen bei denen der AN nicht einfach gehen kann, weil er ein moralischer Mensch ist.

Kenn ich,  mach ich auch mal (wenn es tatsächlich unvorhersehbare Situationen sind) und lebe damit super.
Aber dann bin ich halt auch mit Ansage 2 Wochen auf ZA im Urlaub, so what? wo bin ich der Depp?
Na klar: Weil ich mir die Stunden nicht anordnen lasse. und 2,4 Wochen im Urlaub sein könnte.

und Vorgesetzte die die Anordnung nicht geben, deren Telefon brennt dann halt mal durch, weil meines auf ihn umgeleitet wird, weil er nicht für genügend Personal gesorgt hat.
bzw. habe auch schon mal was gegen die Wand fahren lassen und großen Schaden verursacht, allerdings mit vorheriger Vorhersage.
Danach läuft so was besser:
Bösgläubig machen von Verantwortlichen ist mein Lieblingsspiel. Insbesondere wenn man Linienvorgesetzte hat die da mitspielen.