Die konstatierte "Inkonsistenz" der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung ist nicht gegeben. Das Bundesverfasungsgericht hat ein konsistentes Prüfprogramm erstellt, das der gerichtlichen Kontrolle dient. Es ist die Aufgabe der Besoldungsgesetzgeber, im Sinne ihrer sich aus Art. 33 Abs. 5 GG ergebenden Gestaltungsdirektive eine amtsangemessene und also sachgerecht begründete Alimentation zu gewähren, die dann der gerichtlichen Prüfung standhält. Das Prüfprogramm dient also nicht der Herstellung von gesetzgeberischen Enscheidung, sondern deren Prüfung. Die Inkonsistenz liegt dann ganz einfach darin, dass die Besoldungsgesetzgeber keine sachgerechten Entscheidungen treffen, die der Prüfung standhalten, weshalb sie keine amtsangemessene Alimentation gewähren, was verfassungswidrig ist. Das Ergebnis ist dann die vom Gesetzgeber zu verantwortende verfassungswidrige Inkonsistenz, wie es von einem Abgeordneten der Bündnisgrünen treffend auf den Punkt gebracht wird:
"Mich würde insbesondere von Seiten des DGB die Bewertung interessieren, ob das nicht doch irgendwann einmal kippt, wie lange dieses – ich sage einmal freundlich formuliert – Hinter-die-Fichte-Führen des Bundesverfassungsgerichts und der Rechtsprechung trägt und wo Sie die Grenze sehen, wenn man versucht, das nur über Zulagen zu lösen." (S. 17 f.)
Seine Ehrlichkeit ist zu begrüßen - die dahinter vorscheinende Sichtweise, man könne das Bundesverfassungsgericht und damit die judikative Gewalt hintergehen, zeigt das gesamte politisch verquere Denken, das eines nicht anerkennen möchte: dass die Besoldung in allen 17 Rechtskreisen der gerichtlichen Kontrolle nicht standhält, weil sie nicht sachgerecht begründet wird und im Ergebnis zu keiner amtsangemessenen Alimentation führt. Hier und nirgendwo anders liegt die Inkonsistenz, wenn man das so nennen will. Wenn der Gewerkschaftsvertreter seine Antwort mit der Einleitung beginnt: "Das ist nicht einfach zu beantworten" (S. 18), dann dürfte das politisch motiviert sein, wie seine Antwort auf der S. 22 zeigt - denn sachlich ist die Frage ganz einfach zu beantworten, wie das Ulrich Battis ja auch bereits im Gesetzgebungsverfahren getan hat. Die Grenze ist seit langem überschritten und kann ohne viel Probleme innerhalb der heute in Sachsen bestehenden gesetzlichen Regelungen aus Grundgehalt als Hauptkomponente und den Nebenkomponenten wieder eingehalten werden, indem die Grundgehaltssätze sachgerecht erhöht werden, wobei in Sachsen 2020 - wenn man zunächst auf den absoluten Alimentationsschutz rekurrieren will - ein Fehlbetrag zwischen der Mindest- und gewährten Nettoalimentation (ohne Beachtung realitätsgerechter Beträge der Kosten der Bedarfe für Bildung und Teilhabe sowie der Sozialtarife) von "nur" rund zehn Prozent zu beachten wäre.
Wer meint, man könne die judikative Gewalt in Deutschland "hinter die Fichte führen", sorgt dafür, dass das Besoldungsniveau nur immer noch weiter steigen muss, da das Bundesverfassungsgericht dann eine immer detaillierte Prüfprogrammatik vorlegen wird, wie sie alsbald auch hinsichtlich der Kosten für die Bedarfe für Bildung und Teilhabe sowie insbesondere für die Sozialtarife und ggf. ebenso hinsichtlich der "Mindestbesoldung" zu erwarten sein dürfte, um die verfassungswidrige Inkonsistenz zu beenden, die die Besoldungsgesetzgeber wissentlich und willentlich immer weiter vorantreiben und also ausschließlich allein zu verantworten haben.
Man kann da wiederkehrend politisch Eiertanzen, wie sich das ebenfalls vielfach in den 62 Seiten (und 30 der Anhörung) widerspiegelt - man wird damit aber eines nicht erreichen: eine sachgerechte und also amtsangemessene Alimentation, zu deren Gewährung der Dienstherr als Folge seiner sich aus Art. 33 Abs. 5 GG ergebenden Gestaltungsdirektive verpflichtet ist. Und als Ergebnis wird man dann immer höhere Personalkosten akzeptieren müssen, wenn man regelrecht darum bettelt, dass sie als Folge des immer weiter steigenden Besoldungsniveaus immer größer werden, da die gerichtliche Prüfung immer kleinschrittiger werden muss, solange der Geist des "konzertierten Verfassungsbruch" das Handeln der Beteiligten trägt.
Und die, die das Problem noch am ehesten begriffen haben, sind die, denen das Wasser schon heute vielfach politisch bis an den Hals steht und nicht selten schon darüber (die also deutlich ausgedrückt personell zunehmend am Absaufen sind), nämlich die Vertreter der Kommunen im ländlichen Raum, denen es immer schwerer fällt, hinreichend qualifiziertes Personal zu gewinnen und denen es zum Teil schon nicht mehr um hinreichend qualifziertes, sondern nur noch überhaupt um Personal geht. Die Darlegungen des Vertreters des Sächsischen Landkreistags sind wiederholt interessant - und gehen in die gleiche Richtung wie seit Jahr und Tag auch jene der entsprechenden Akteure hier in Niedersachsen. Sie sind die Speerspitze der gesellschaftlichen Entwicklung, die mehr und mehr den gesamten öffentlichen Dienst erfassen und irgendwann auch nicht mehr zu korrigieren sein wird, da jener in seiner Funktionalität immer weniger wird aufrechterhalten werden können, je länger keine qualitätssichernde Alimentation gewährleistet werden wird. Denn der demographische Wandel wird es in den nächsten Jahren generell nur immer schwerer machen, hinlänglich qualifziertes Personal zu gewinnen - je größer die Lücken heute schon sind, desto extremer werden die zukünftigen Probleme, da das zukünftige Reservoire zunehmend kleiner werden wird. Der extreme Lehrkräftemangel, der uns mindestens die nächsten zehn Jahre verfolgen wird, ist da nur ein kleiner Vorgeschmack davon, wohin politische Blindheit führt - oder in den Worten des gerade genannten Vertreters:
"Ich glaube aber, wir müssen uns Gedanken über die oberen Entgeltgruppen Gedanken machen; denn wenn wir Führungskräfte in unseren Landkreisen sehen, Amtsleiter in unserem Bereich, stellen wir immer wieder fest, es gibt immer weniger junge Leute, die Verantwortung und Führungsaufgaben übernehmen wollen. Es muss so sein, dass sich Leistung wieder lohnt und entsprechend honoriert werden muss. Es muss auch sein, dass obere Einkommensgruppen profitieren. Wir sehen kein Problem, dass es da eine gewisse Spreizung gibt, um das ganz deutlich zu sagen." (S. 23)
Und wenn er zugleich davon ausgeht, dass man zukünftig zur Aufrechterhaltung der Öffentlichen Verwaltung mit weniger Personal wird auskommen müssen (s. S. 26), dann wäre es nur umso wichtiger, dass dieses Personal, wenn es denn heute gefunden werden wollte, auch hinlänglich qualifiziert wäre, was wiederum zur Voraussetzung eine attraktive Besoldung hätte. Denn je kleiner die Anzahl von Beschäftigten, desto potenziell größer der Schaden durch nicht hinreichend qualifiziertes Personal. Diese Art Rückzugsgefechte, wie sie ebenso jener Vertreter führt, wird man in der zukünftigen gerichtlichen Prüfung sicherlich mit Interesse lesen:
"Es sind sicherlich alle angesprochen, zu hinterfragen, welche Aufgaben wir als öffentlicher Bereich machen müssen, welche wünschenswert, aber im Grunde nicht unbedingt notwendig und welche verzichtbar
sind. Diese harte Analyse muss in den nächsten Jahren kommen."
Denn diese "harte Analyse" muss eben nicht in den nächsten Jahren kommen, sondern hätte schon lange vollzogen werden müssen, muss also allerspätestens jetzt kommen: insbesondere in den Flächenländern wie Sachsen. Denn ansonsten gesellt sich zum Eiertanzen auch noch Traumtänzerei. Die Rückkehr zu einer amtsangemessenen Alimentation wird als Folge der dann zwangsläufig deutlich steigenden Grundgehaltssätze und der mittelbar weiteren Folge, die damit einhergeht, nämlich der höheren Entlohnung der Tarifbeschäftigten, teuer werden, weil die mittlerweile mehr als anderthalb Jahrzehnte währende Kontinuität der verfassungswidrigen Unteralimentation über die tatsächlichen Kosten eines qualifzierten Öffentlichen Diensts hinweggetäuscht hat - je früher sich die politisch Verantwortlichen auch in Sachsen dieser Tatsache bewusst werden und sie akzeptieren, desto größer ihre Chance, nicht zuletzt im ländlichen Raum die Öffentlichen Verwaltung auch zukünftig noch garantieren zu können.