Autor Thema: Lohnt sich ein kompletter Ausstieg und Neuanfang ?  (Read 10399 times)

Elur

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Antw:Lohnt sich ein kompletter Ausstieg und Neuanfang ?
« Antwort #15 am: 17.02.2022 23:14 »
Ich bin Beamtin im gehobenen Dienst und sehr zufrieden. Habe erst A10, Stufe 8 (da Aufstieg vom mittleren Dienst) und habe 3550 Euro netto, abzg. 350 Euro PKV sind das knapp 3200 Euro. Damit bin ich sehr zufrieden und ich würde das niemals aufgeben, zumal die A11 nächstes Jahr drin sein dürfte. Aber ich habe auch richtig Spaß an der Arbeit. Mein Sohn hat direkt nach dem Abi ein duales Studium bei Daimler gemacht, ist danach unbefristet übernommen worden und hat von Anfang an(da war er gerade 21) mehr verdient als ich ( und er hat eine 35 Stunden-Woche). Wichtig ist, dass man Freude an der Arbeit hat. Und das Gehalt stimmt bei uns beiden. Wenn also die Arbeit keine Freude macht, hör auf. Ich würde persönlich das Risiko niemals eingehen.

Bastel

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Antw:Lohnt sich ein kompletter Ausstieg und Neuanfang ?
« Antwort #16 am: 18.02.2022 06:26 »
Man muss halt auch immer in einen Betrieb kommen, in dem Milch und Honig fließt. Schafft man es nur in eine Leierbude, können die Träume schnell verfliegen.

Edit: Ich glaube das sich bei den Beamten auch bald etwas tut, Stichwort Amtsangemessene Alimentation...

Herbert Meyer

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Antw:Lohnt sich ein kompletter Ausstieg und Neuanfang ?
« Antwort #17 am: 18.02.2022 08:37 »
Die Ingenieure und Maschinenbauer meines Bekanntenkreises liegen derzeit alle irgendwo zwischen dem deutschen Median- und Durchschnittsgehalt. Mit einer Ausnahme: Der Thyssenkrupp-Schwiegervater, der seinen Vertrag irgendwann in den 70ern ergattern konnte. Der schwebt auf der IGM-Wolke. Der Rest "muss erstmal Erfahrung sammeln", bevor die großen Gehälter winken.

Ansonsten sind alle Spitzenverdiener meines Umfelds Beamte sowie ein Datenschutzanwalt. Soviel zur Empirie. Da erscheint das Beamtentum finanziell vorhersehbarer.

Flash91

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Antw:Lohnt sich ein kompletter Ausstieg und Neuanfang ?
« Antwort #18 am: 18.02.2022 08:45 »
Man muss in den richtigen Betrieb kommen, dass wäre das nächste Risiko.
Den ganzen Tag in CAD Gelenke für Kofferraumdeckel konstruieren wäre sicherlich "schlechter" als mein jetziger Job. Kumpel allerdings ist bei einem Zulieferer für Audi Projektleiter, verdient 800 € netto mehr und fährt am Wochenende mit den Testwägen spazieren. Und da spreche ich nicht von Audi A4 wie wir sie am Amt haben, sondern RSQ8, S8, E-Tron... Bevor das Finanzamt mitbekommt was da läuft sind die Fahrzeuge bereits verschrottet, da es Testfahrzeuge sind dürfen diese nicht in den Verkauf. Also fährt er komplett gratis. Auf solche Benefits verzichte ich mein Leben lang, ob es klug ist das alles liegen zu lassen ?

Ich verstehe die Antwort »Mach was dir besser gefällt«... Genau darin besteht das Risiko, ob es so viel besser ist, dass das Hinwerfen sich lohnt.... auch im Lebenslauf sieht das ganze nicht gerade gut aus. Ich verdiene wohl sofort mehr, verliere aber auch die Pension. Ich würde nachversichert werden, aber für eine ausreichende Rente reicht es wohl trotzdem kaum. Da ich unter 5 Jahre dabei bin, werde ich nach BayVWVBes auch noch 3/5el der Brutto-Anwärterbezüge rückzahlen müssen. Ihr seht also, die Entscheidung ist weder leicht noch eindeutig.

BAT

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Antw:Lohnt sich ein kompletter Ausstieg und Neuanfang ?
« Antwort #19 am: 18.02.2022 09:23 »

Um als Maschinenbauingenieur in ein IGM Unternehmen zu kommen müsste ich den kompletten Lebensweg aufgeben, und zurück an die Hochschule gehen. Wenn ich sehe was meine Freunde in dieser Branche verdienen wäre es auf Lebenszeit gesehen trotzdem ein riesen Gewinn. Ich lasse als Beamter hundert tausende € liegen, die man bei dem momentanen Immobilien Irrsinn wirklich dringend gebrauchen könnte.


Wenn noch keine Immo da ist, sind beide Wege finanziell schwierig. Auch unsere A10 - Beamten scheitern teils an Immobilienerwerb.

Und ich als pröddeliger Beschäftigte müsste meine bisherigen Immobiliengewinne alternativ mit 12/ 13 Jahren A16 höchtste Stufe generieren. So sind die Zeiten....



Bastel

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Antw:Lohnt sich ein kompletter Ausstieg und Neuanfang ?
« Antwort #20 am: 18.02.2022 09:56 »
Man muss in den richtigen Betrieb kommen, dass wäre das nächste Risiko.
Den ganzen Tag in CAD Gelenke für Kofferraumdeckel konstruieren wäre sicherlich "schlechter" als mein jetziger Job. Kumpel allerdings ist bei einem Zulieferer für Audi Projektleiter, verdient 800 € netto mehr und fährt am Wochenende mit den Testwägen spazieren. Und da spreche ich nicht von Audi A4 wie wir sie am Amt haben, sondern RSQ8, S8, E-Tron... Bevor das Finanzamt mitbekommt was da läuft sind die Fahrzeuge bereits verschrottet, da es Testfahrzeuge sind dürfen diese nicht in den Verkauf. Also fährt er komplett gratis. Auf solche Benefits verzichte ich mein Leben lang, ob es klug ist das alles liegen zu lassen ?


Du beschreibst hier trotzdem eine Minderheit. Kaum jemand wird am Wochenende Testfahrzeuge durch die Gegend fahren dürfen. Und ein Projektleiter darf auch gerne mal eine 50-60h Woche schieben wenn es nötig ist. An deiner Stelle würde ich versuchen in den hD zu kommen.

Herbert Meyer

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Antw:Lohnt sich ein kompletter Ausstieg und Neuanfang ?
« Antwort #21 am: 18.02.2022 10:40 »
Auf solche Benefits verzichte ich mein Leben lang, ob es klug ist das alles liegen zu lassen ?

Rein statistisch? Wahrscheinlich ja. Die Tarifbindung in Deutschland sinkt konstant und die für Ingenieure bisher als sicher geltende Automobilindustrie schwächelt. Statistiken kann sich jeder selbst ergooglen, deshalb nochmal etwas Beobachtung: Befreundetes Ehepaar mit zeitgleichen UNI-Abschluss. Sie ist Grundschullehrerin. Ab dem ersten Arbeitstag ihres Lebens mit A12 bereits im oberen deutschen Einkommensviertel. Er ist Master-Wirtschaftsingenieur mit Spezialisierung Automobiltechnik. Die Zuliefererindustrie in der Region steht unter Druck und schreibt rote Zahlen. Die Fahrzeughersteller sind schon vor Jahren weggezogen – teilweise ins Ausland. Also werden jetzt für 50.000 Jahresbrutto Maschinenparks bei einem Papierhersteller gewartet. Ob irgendwann z. B. eine lukrative Stelle bei VW oder im Stahl winkt? Durchaus möglich, aber nicht wirklich planbar. Und von Monat zu Monat wird es im Hinblick auf den Lebensverdienst schwieriger, die Ehefrau irgendwann zu überholen.

Mit beiden Lebensentscheidungen wirst du nicht verhungern, aber dein Blick auf den deutschen Ingenieursmarkt scheint mir etwas zu euphorisch.

was_guckst_du

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Antw:Lohnt sich ein kompletter Ausstieg und Neuanfang ?
« Antwort #22 am: 18.02.2022 11:18 »
,,,eine Euphorie, die anscheinend getragen wird von der Erkenntnis, dass der Rasen in Nachbars Garten immer etwas grüner ist...die Umstände, die zu diesem intensiven Grün beitragen werden dabei gerne ausgeblendet...
Gruß aus "Tief im Westen"

Meine Beiträge geben grundsätzlich meine persönliche Meinung zum Thema wieder und beinhalten keine Rechtsberatung. Meistens sind sie ernster Natur, manchmal aber auch nicht. Bei einer obskuren Einzelfallpersönlichkeit antworte ich auch aus therapeutischen Gründen

OnkelConny

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Antw:Lohnt sich ein kompletter Ausstieg und Neuanfang ?
« Antwort #23 am: 18.02.2022 11:25 »
Aus eigener Erfahrung: ein technisches Studium ist nicht ohne. Als ich E-Technik studierte waren ca. 70 % Abbruchquote an der FH Aachen normal. Bei den Maschinenbauern war es nicht viel anders. Wenn du es wirklich willst und fit in Mathe und Physik bist, dann ist es machbar.

Und zu den nach dem Studium folgenden Perspektiven: Es ist auch für Ingenieure nicht alles Gold was glänzt. Aus meinem Studiumsjahrgang sind nur eine Handvoll bei IGM-Firmen gelandet. Viele kommen eher über Ingenieurbüros auf später lukrative Position, was bedeutet, dass es auch eine Ochsentour ist. Ingenieurbüros sind auch nicht dafür bekannt, Spitzenzahler bei Gehältern zu sein. Dafür lernt man sehr viel in sehr kurzer Zeit. Ich habe meinen jetzigen Posten auch quasi über den Weg eines Ingenieurbüros gefunden, da wir viel mit Prozessleitsystemen und Energieeffizienz bei Kläranlagen usw. zu tun hatten. Letztlich war mein Wechsel aus der Privatwirtschaft in den öffentlichen Dienst nur von Vorteil (wenn man davon absieht, dass ich jetzt weniger Technik als vielmehr Recht mache).

BAT

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Antw:Lohnt sich ein kompletter Ausstieg und Neuanfang ?
« Antwort #24 am: 18.02.2022 11:28 »
,,,eine Euphorie, die anscheinend getragen wird von der Erkenntnis, dass der Rasen in Nachbars Garten immer etwas grüner ist...die Umstände, die zu diesem intensiven Grün beitragen werden dabei gerne ausgeblendet...

Und vor allem, ob man denn dieses Grün genießen kann oder eher auf der Amtsstube sitzt da man völlig überholte 40 Stunden WAZ hat.

DiVO

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Antw:Lohnt sich ein kompletter Ausstieg und Neuanfang ?
« Antwort #25 am: 18.02.2022 12:12 »
Vor fünf Jahren hätte ich gesagt: schmeiß hin, fang was Neues an und versuche den Job mit mehr Kohle zu kriegen!

Heute, inzwischen glücklich verheirat und einem gemeinsamen Kind sowie eigener Immobilie, haben sich meine Prioritäten verschoben und es ist mir egal, ob ich in einer anderen Branche oder Job 500 Euro mehr bekomme. Warum ist das so? Meine aktuelle Stelle macht mir sehr viel Spaß und ich habe hier eine super Work-Life-Balance. Der Kühlschrank ist voll, die Immobilie wird abbezahlt, die Bude ist warm, wir haben zwei schöne Autos, fahren reglmäßig in den Urlaub und trotzdem bleibt noch Geld übrig Und das alles bei geregeltem Feierabend, keiner Reisetätigkeit ins Ausland, festem Home-Office und jede gearbeitete Minute wird aufgeschrieben und nichts verfällt.

Ein guter Freund von mir ist Maschinenbau-Ingenieur im Projektmanagement. Verdient netto das Gleiche wie ich, arbeitet regelmäßig 45 bis 50 Stunden pro Woche und muss jeden Monat mindestens einmal für mehrere Tage ins tiefste Osteuropa, um dort einen neuen Produktionsstandort aufzubauen. Ihm macht das momentan Spaß und er ist familiär noch nicht gebunden.

Für mich wäre das nichts, nicht bei 1000 netto mehr im Monat, mir kommt da mein Privatleben zu kurz.

Garfield

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Antw:Lohnt sich ein kompletter Ausstieg und Neuanfang ?
« Antwort #26 am: 18.02.2022 13:17 »
Ich bin zwar kein Beamter, finde aber die Prämissen in deiner Threaderöffnung schon recht mutig.
So ein Studium geht zum Bachelor schon mindestens 3,5 Jahre ( du hast zumindest nicht geschrieben, dass du dir irgendwas anrechnen lassen könntest). Und das auch nur, wenn man alles in der Regelstudienzeit macht.

Da du vermutlich schon ein Studium hast müsstest du bei einem Zweitstudium auch Studiengebühren zahlen.

Dann kommt evtl noch die Zeit für einen Master drauf. Dann wärst du schon bei mindestens 5 Jahren.

Und du meinst wirklich du holst 4-5 Jahre deines jetzigen Gehalts + Studiengebühren + Leben als Student dann noch locker auf? Weil die Industrie dir direkt als Absolvent dann die Hundertausende hinterherwirft?

Zumal vieles zu den Maschinenbauern und Ingenieuren hier ja schon gesagt wurde. Ob die in 5 Jahren alle noch auf Wolke 7 schweben und IGM Tarifverträge abschließen, wenn kein Mensch mehr Verbrenner baut und die besten Autos aus China kommen?
Mal schauen, wäre jedenfalls eine sehr gewagte Wette.

clarion

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Antw:Lohnt sich ein kompletter Ausstieg und Neuanfang ?
« Antwort #27 am: 18.02.2022 20:46 »
800 Euro Netto mehr plus Firmenwagen, wäre für mich nun wahrlich kein Grund, mein schönes Beamtensein hinzuschmeißen, erst recht nicht, wenn ich mir nicht sicher sein kann, dass es auch tatsächlich so  kommt.

Ich vergebe öfters Aufträge  an Planungbüros, und diese schicken idR junge Ingenieure, die viel arbeiten. Ich glaube  nicht, dass die angestellten Ingenieure netto mehr bekommen als ich, wie denn auch, die fetten Autos  fahren nämlich die Firmeninhaber.

Wenn Deine einzige  Motivation  f0r das neue Studium mehr Geld sein sollte, dann gehst Du ein hohes Risiko ein. Wenn es hingegen innerlich bei dem Gedanken schüttelt noch 30 Jahre auf dem Amt zu sitzen,  dann riskiere es.

Flash91

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Antw:Lohnt sich ein kompletter Ausstieg und Neuanfang ?
« Antwort #28 am: 19.02.2022 13:38 »
Ich möchte mal ein paar dankenswerterweise erhaltene Fragen beantworten:
- Ich bin B-Eng Bauingenieurwesen, würde ich never ever wieder machen, um Gottes Willen, das kann nur jemand studieren der sich nicht richtig informiert hat (wie offensichtlich ich). Der letzte Platz unter den Ingenieuren. Ich möchte in der Baubranche auch nicht arbeiten. Als Bauleiter in einer Firma hätte man immer einen Firmenwagen, das ist der einzige Vorteil der mir einfällt. Die IG BAU ist ein schlechter Witz und faktisch, nicht meinungsbezogen gegenüber IG Metall oder IG BCE ein Armutszeugnis. Das war der Hauptgrund warum ich die Staatsprüfung geschrieben habe und Beamter wurde, denn im Amt sind Üstd bezahlt und man ist mit dem Maschinenbau, E-Techniker gleichauf.
- Danke für den Hinweis mit den Studiengebühren, das war mir nicht bekannt. Der Plan war auf 3 1/2 Jahre Vollzeit Maschbau zu studieren. Auf Nachfrage bei meiner FH würde mir vom Bauingenieurwesen keine einzige Prüfung angerechnet werden. Deswegen sagte ich, mein Studium ist dafür nicht verwendbar.
- Tatsächlich fehlt mir der Mut und mich halten die enormen Risiken ab. Das es sich finanziell nicht lohnt kann ich mir nicht vorstellen, Maschinenbauer in der Automobilbranche sind das Gegenteil von Bauingenieuren, nämlich Top-Verdiener. Autos sind auch interessanter als Straßen, für die ich momentan in einem Bauamt Landesbeamter bin. Dieses Amt ist allerdings echt gut, man kann hier schön arbeiten und wird nicht künstlich eingeschränkt.

Der gezogene Vergleich mit den Planungsbüros wäre ein Vergleich in der Baubranche ? Das kommt nicht in Frage, da müsste man ja irre sein.

EiTee

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Antw:Lohnt sich ein kompletter Ausstieg und Neuanfang ?
« Antwort #29 am: 19.02.2022 18:27 »
I Das war der Hauptgrund warum ich die Staatsprüfung geschrieben habe und Beamter wurde, denn im Amt sind Üstd bezahlt und man ist mit dem Maschinenbau, E-Techniker gleichauf.

Wo werden einem Beamten die Überstunden ausbezahlt?