Autor Thema: Elternzeit Teilzeit Jahressonderzahlung Geringfügikeit?  (Read 2660 times)

kleinaberoho

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Hallo,

kleines Quiz für die TV-L Experten:

Herr M. arbeitet zum 01.01. 100% in E6 Stufe 3. Am 01.02 wird M. Vater. Er beantragt wenige Tage vor Geburt Elternzeit mit Beginn 21.03. und wünscht seine Arbeitszeit für 12 Monate auf einen Tz.-Anteil von 13% zu reduzieren. Der Arbeitgeber bewilligt den Antrag auf Elternzeit wie gewünscht und meldet M. Ende Aprill rückwirkend als geringfügig beschäftigt bei der Sozialversicherung um, da das monatliche Brutto-Entgelt nur noch  387€ beträgt.

Hat M. einen gesetzlichen Anspruch auf den gewünschten Tz.-Umfang von 13%?
Wie hoch ist die zu erwartende Jahressonderzahlung im Jahr der Geburt?
Ist M. für den Rest des Jahres noch über den Arbeitgeber Krankenversichert oder muss er sich freiwillig versichern?

Für umfangreiche Hinweise zu den Lösungen wäre ich sehr Dankbar.

cyrix42

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Moin,

mal die Situation, so, wie ich sie verstehe: Durch Reduktion der Arbeitszeit liegt nur noch eine geringfügige Beschäftigung, also keine sozialversicherungspflichtige vor. Demzufolge ist die betroffene Person auch nicht mehr über dieses Arbeitsverhältnis gesetzlich krankenversichert; eine anderweitig erfolgende Krankenversicherung -- ob privat, oder freiwillig gesetzlich -- wäre hier schon wichtig.

Davon unabhängig ist die Frage nach der Höhe der Jahressonderzahlung. Die richtet sich gemäß TV-L nach dem Durchschnittsverdienst der Monate Juli bis September und beträgt in der EG 6 dann 88,14% des durchschnittlichen Monats-Bruttos in dieser Zeit.

Den Anspruch auf befristete Teilzeit über 12 Monate sichert das Teilzeit- und Befristungsgesetz zu -- sofern der AG genügend groß ist und nicht zu viele Personen zeitgleich diese beantragen.

Lars73

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Hinsichtlich Jahressonderzahlung ist zu beachten: "In den Fällen, in denen im Kalenderjahr der Geburt des Kindes während des Bemessungszeitraums eine elterngeldunschädliche Teilzeitbeschäftigung ausgeübt wird, bemisst sich die Jahressonderzahlung nach dem Beschäftigungsumfang am Tag vor dem Beginn der Elternzeit."

Will er weiter bei 13% bleiben oder geht es um den aktuellen Anspruch der bereits akzeptiert ist?

kleinaberoho

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Will er weiter bei 13% bleiben oder geht es um den aktuellen Anspruch der bereits akzeptiert ist?

Die Reduzierung auf 13% gilt für 12 Monate. Im Folgejahr ist eine Rückkehr auf 100% vorgesehen.
Von Interesse ist jedoch nur die Höhe der JSZ im laufenden Jahr.

Laut TV-L § 20 Abs. 3 Satz 4 würde die JSZ also mit 100% Arbeitszeit (Stichtag 20.03.) berechnet. Korrekt?

Zählt die JSZ nicht auch zum sozialversicherungspflichtigen Entgelt? Daher wäre sie beim Berechnen des durchschnittlichen Monatsentgelts mit zu berücksichtigen. Ergo wäre ihre Höhe ausschlaggebend für die Beurteilung, ob Versicherungspflicht eintritt oder nicht.

cyrix42

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Hinsichtlich Jahressonderzahlung ist zu beachten: "In den Fällen, in denen im Kalenderjahr der Geburt des Kindes während des Bemessungszeitraums eine elterngeldunschädliche Teilzeitbeschäftigung ausgeübt wird, bemisst sich die Jahressonderzahlung nach dem Beschäftigungsumfang am Tag vor dem Beginn der Elternzeit."

Danke für den Hinweis! :)

Isie

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Wenn das durchschnittliche monatliche Entgelt einschließlich anteiliger JSZ die Minijobgrenze nicht überschreitet, muss M. sich selber krankenversichern. Als Minijobber ist man nicht über den Arbeitgeber krankenversichert.

Gerda Schwäbel

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Ist das tatsächlich so? Ich dachte, dass man/frau als bisheriges Pflichtmitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung während des Bezugs von Elterngeld oder der Inanspruchnahme von Elternzeit in der gesetzlichen Krankenversicherung beitragsfrei versichert sei.

Isie

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Für eine während der Elternzeit ausgeübte geringfügig entlohnte Beschäftigung gelten die allgemeinen Vorschriften des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV i.V.m. den Geringfügigkeits-Richtlinien. Der Minijob löst keine Krankenversicherungspflicht aus, d. h. man ist nicht über den Arbeitgeber krankenversichert. Ob man in dieser Situation als bisher Pflichtversicherter während der Elternzeit beitragsfrei krankenversichert ist, weiß ich ehrlich gesagt nicht.

Firematthias

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Hallo,

sofern kein Ehegatte vorhanden ist, über den eine Familienversicherung möglich ist, müsste man sich freiwillig versichern.

Isie

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Ist das tatsächlich so? Ich dachte, dass man/frau als bisheriges Pflichtmitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung während des Bezugs von Elterngeld oder der Inanspruchnahme von Elternzeit in der gesetzlichen Krankenversicherung beitragsfrei versichert sei.

Es ist zu differenzieren, ob die elterngeldunschädliche Teilzeitbeschäftigung die Minijobgrenze überschreitet oder nicht. Wenn die Minijobgrenze überschritten wird, ist es eine sv-pflichtige Beschäftigung, für die der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer die üblichen SV-Beiträge entrichten müssen. Wenn es sich dagegen um einen Minijob handelt und vor der Elternzeit SV-Pflicht bestand, besteht anscheinend tatsächlich eine beitragsfreie Krankenversicherung in der gKV bei der bisherigen Krankenkasse. Klarheit schafft eine Anfrage bei der Krankenkasse.

Verhohnepipelt

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Antw:Elternzeit Teilzeit Jahressonderzahlung Geringfügikeit?
« Antwort #10 am: 25.04.2022 11:26 »
Bezüglich der Krankenversicherung hilft die KK oder das BMFSFJ.

"Soweit Sie vor der Elternzeit pflichtversichert waren, bleibt Ihre Mitgliedschaft erhalten, solange Sie Elterngeld beziehen oder Elternzeit in Anspruch nehmen. Für das Elterngeld sind keine Beiträge zu zahlen und es wirkt sich auch nicht erhöhend auf aus anderen Rechtsgründen bestehende Beitragspflichten aus. Damit sind Sie in der Regel während der Elternzeit beitragsfrei versichert, wenn Sie keine weiteren beitragspflichtigen Einnahmen erzielen."

https://familienportal.de/familienportal/familienleistungen/elternzeit/arbeit-versicherung/wie-bin-ich-waehrend-der-elternzeit-versichert--124862

Einkünfte aus nicht sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen sind keine beitragspflichtigen Einnahmen.  Solange der Beschäftigte in Elternzeit ist oder Elterngeld bezieht, läuft die (gesetzliche) KV beitragsfrei weiter. Das ist bei Müttern in Elterngeldbezug/Elternzeit so, das wird für Väter in Elternzeit/Elterngeldbezug nicht anders sein.

kleinaberoho

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Antw:Elternzeit Teilzeit Jahressonderzahlung Geringfügikeit?
« Antwort #11 am: 25.04.2022 17:44 »
Vielen Dank für die zahlreichen Hinweise!

Es kommt wohl eine beitragsfreie Versicherung in Betracht, sofern es sich im Falle des Herrn M. tatsächlich um eine geringfügie Beschäftigung handelt.

Für eine während der Elternzeit ausgeübte geringfügig entlohnte Beschäftigung gelten die allgemeinen Vorschriften des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV i.V.m. den Geringfügigkeits-Richtlinien.

Entscheidend hierfür wäre die Höhe der JSZ unter Anwednung des TV-L § 20 Abs. 3 Satz 4.
Bleibt es bei der zu erwartenden JSZ in Höhe von 88,14% des durchschnittlichen Monats-Bruttos in E6 Stufe 3 (13%), oder müsste diese nicht höher ausfallen? Immerhin beträgt der Arbeitsumfang zum Stichtag 20.03. 100%. Kann jemand hierzu Stellung beziehen?

Isie

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Antw:Elternzeit Teilzeit Jahressonderzahlung Geringfügikeit?
« Antwort #12 am: 25.04.2022 19:12 »
Die Frage hat Lars73 schon beantwortet:

Hinsichtlich Jahressonderzahlung ist zu beachten: "In den Fällen, in denen im Kalenderjahr der Geburt des Kindes während des Bemessungszeitraums eine elterngeldunschädliche Teilzeitbeschäftigung ausgeübt wird, bemisst sich die Jahressonderzahlung nach dem Beschäftigungsumfang am Tag vor dem Beginn der Elternzeit."

Will er weiter bei 13% bleiben oder geht es um den aktuellen Anspruch der bereits akzeptiert ist?

kleinaberoho

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Antw:Elternzeit Teilzeit Jahressonderzahlung Geringfügikeit?
« Antwort #13 am: 26.04.2022 10:57 »

Wer lesen kann ist klar im Vorteil. Danke für den Hinweis. Das muss ich glatt überlesen haben.

Wie könnte eine Formulierung aussehen, in welcher der Arbeigteber dazu aufgefordert wird seinen Fehler zu korrigieren und die Beschäftigung ordnungsgemäß zu melden? Wie begründet man die Forderung? Drohen dem Arbeitgeber Bußgelder bei fahrlässiger Falschmeldung?

Isie

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Antw:Elternzeit Teilzeit Jahressonderzahlung Geringfügikeit?
« Antwort #14 am: 26.04.2022 14:06 »
Es sollte reichen, den Arbeitgeber darauf hinzuweisen, dass das SV-Entgelt einschließlich anteiliger JSZ die Minijobgrenze überschreitet und es sich daher um eine sv-pflichtige Beschäftigung handelt.