Autor Thema: Elektronische Zeiterfassung/ Kontrolle der MA?  (Read 3097 times)

Moca23

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Hallo, wir haben seit einpaar Monaten per DV ein neues Zeiterfassungssystem, zuvor wurde es (solange ich hier bin fast 20 Jahre) in Excel erfasst. Der direkte Vorgesetzte bekam am Ende des Monats den Excel Ausdruck, zeichnete diesen ab und übergab ihn der Personalabteilung.
Nun ist hier alles anders:
Pausen sind proaktiv über "Pausenanfang und Pausenende" zu erfassen.
Der Vorgesetzte schaut wohl jeden Tag in die Zeiten der MA rein, er hat auch eine Kollegin angesprochen, weil er mitbekommmen hatte, dass die Kollegin die Pause systemisch beendet hatte und trotzdem nochmal an den Pausentisch zurückkam. Es war dann eine direkte Ansprache, von wegen Arbeitszeitbetrug etc. und die Frage ob die Kollegin Stunden gutmachen muss, weil sie privat durch ihre Kinder desöfteren in den Minusstunden sei.
Meines Erachtens liegen hier folgenden Sachverhalte vor:
1. tägliche Kontrolle der Arbeitszeiten (was früher nur am Ende des Monats war) Ist das rechtens? verstößt das nicht gegen die DSGVO?
2. Verhaltenweisen der MA werden herangezogen, wie Mutmaßungen  - werden hier nicht persönliche Daten missbraucht?
3. Muss die proaktive Pausenerfassung nicht auch in der DV kenntlich gemacht sein?


Lars73

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Antw:Elektronische Zeiterfassung/ Kontrolle der MA?
« Antwort #1 am: 13.06.2022 10:51 »
1. Nein. Der Arbeitgeber darf die Arbeitszeit erfassen und kontrollieren. Die DSGVO verhindert nicht die notwendige Verarbeitung von Daten.
2. Wurde das Gespräch vor Dritten geführt? Sicherlich bestand kein Grund die Kinder anzusprechen. Es hätte gereicht darauf Hinzuweisen, dass man hier von Betrug ausgeht und sie das Verhalten erklären möge. Wenn keine befriedigende Erklärung kommt stellt sich dann die Frage ob Abmahnung oder Kündigung.
3. Was bedeutet proaktive Pausenerfassung? Ja, der Arbeitgeber muss ggf. im Rahmen einer Dienstvereinbarung regeln wie Zeiten zu buchen sind.



neodeo2

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Antw:Elektronische Zeiterfassung/ Kontrolle der MA?
« Antwort #2 am: 13.06.2022 11:21 »
Pausen sind proaktiv über "Pausenanfang und Pausenende" zu erfassen.
...er hat auch eine Kollegin angesprochen, weil er mitbekommmen hatte, dass die Kollegin die Pause systemisch beendet hatte und trotzdem nochmal an den Pausentisch zurückkam.

ich war jetzt bei 2 unterschiedlichen Ämtern. Bei beiden wird die Arbeitszeit digital erfasst.

Jeder der da arbeitet macht proaktive Pause, nur wenn man rausgeht (z.B. sich Essen holt). und wenn man wieder in das Gebäude reingeht stempelt man anschließend "Pausenende". Gegessen wird dann in der Küche/ am Arbeitsplatz und zwar WÄHREND der Arbeitszeit.

Wenn man das Gebäude gar nicht verlässt, wird einem einfach 30 Minuten abgezogen.

So wird hier auch bei anderen Ämtern gearbeitet.

WasDennNun

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Antw:Elektronische Zeiterfassung/ Kontrolle der MA?
« Antwort #3 am: 13.06.2022 11:33 »
1. Nein. Der Arbeitgeber darf die Arbeitszeit erfassen und kontrollieren. Die DSGVO verhindert nicht die notwendige Verarbeitung von Daten.
Schlimmer noch, ist der AG nicht durch EUGH dazu verstärkt verpflichtet das so exakt und genau wie möglich zu dokumentieren.

DiVO

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Antw:Elektronische Zeiterfassung/ Kontrolle der MA?
« Antwort #4 am: 13.06.2022 11:56 »
Wo genau liegt für dich das Problem begründet, ob die Zeiten nun täglich oder monatlich überprüft werden? In beiden Fällen wirst du dich als Beschäftigter bei Nachfragen ggf. erklären müssen.

Und ja, der Arbeitgeber darf deine Arbeitszeiten kontrollieren bzw. überwachen. Warum ist das so?

Als abhängig Beschäftigter gehst du mit Unterzeichnung deines Arbeitsvertrags diverse Verpflichtungen ein. Eine Hauptleistungspflicht aus dem Arbeitsvertrag ist schlicht und ergreifend, dass du arbeitest. Dafür erhältst du dann im Gegenzug von deinem Arbeitgeber dein Gehalt. Dieser wiederum hat das Recht zu überprüfen, ob du überhaupt gearbeitet hast oder ob du gegen deine Hauptleistungspflicht verstoßen hast.

Johann

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Antw:Elektronische Zeiterfassung/ Kontrolle der MA?
« Antwort #5 am: 13.06.2022 12:36 »
Kommt ziemlich auf die DV an, die bei euch gilt. Das wird von Behörde zu Behörde anders gehandhabt.

Bei uns ist das einzige, was die direkte Führungskraft ohne ausdrückliche Zustimmung durch den Personalrat sehen darf, eine Übersicht des derzeitigen Saldos auf dem Stundenkonto sowie noch vorhandene Urlaubstage aus dem aktuellen und letzten Jahr (da wir Urlaubstage ins nächste Jahr mitnehmen können).

Ich glaube hier würde das eine Menge Gegenwind geben, wenn die Vorgesetzten jetzt anfangen würden, jede Minute penibel zu kontrollieren und jedem, der mal ein Pläuschchen in der Teeküche hält, ohne sich auszustempeln, Böses zu unterstellen.

Zumal es da auch Spielraum gibt. Eine Pause ist es erst ab 15 Minuten. Wenn jetzt gefordert wird, dass man sich für Pausen ausstempelt, man aber nur 5 Minuten im Pausenraum verbringt, ist die Frage, ob man sich dafür jetzt ausstempeln musste oder nicht, weils ja eigentlich keine Pause war.

Generell würde ich auch allen Führungskräften hier empfehlen, Mitarbeiter nicht zu mikro-managen, sofern ihr nicht das Gefühl habt, dass sie gar nix machen und den ganzen Tag nur Däumchen drehen. 8 Stunden am Tag können sowieso nur wenige Menschen konzentriert und produktiv arbeiten. Ich denke bei den meisten ist das nach spätestens 5 Stunden schon nicht mehr möglich.

Man sollte auch nicht vergessen, wo diese 8 Stunden am Tag herkamen. Damals war es recht simpel zu berechnen. Pro Stunde werden 3 Autos gefertigt, bei 8 Stunden am Tag, stehen am Ende 24 fertige Autos aufm Hof.
In die heutige Zeit übertragen ist das wohl etwas schwieriger. Da kann man nicht davon ausgehen, dass man als Softwareentwickler pro Stunde 3 Bugs behoben kriegt und nach 2 Tagen das Programm, das noch 48 Bugs hat, bugfrei ist.

JC83

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Antw:Elektronische Zeiterfassung/ Kontrolle der MA?
« Antwort #6 am: 13.06.2022 16:47 »

Der Vorgesetzte schaut wohl jeden Tag in die Zeiten der MA rein, er hat auch eine Kollegin angesprochen, weil er mitbekommmen hatte, dass die Kollegin die Pause systemisch beendet hatte und trotzdem nochmal an den Pausentisch zurückkam. Es war dann eine direkte Ansprache, von wegen Arbeitszeitbetrug etc. und die Frage ob die Kollegin Stunden gutmachen muss, weil sie privat durch ihre Kinder desöfteren in den Minusstunden sei.

Bei solchen AG möchte ich nicht tot über 'n Zaun hängen.

Anderseits: Witzigerweise arbeiten bei genau solchen "Stasi"-Betrieben nicht selten jene (minderleistende) Personen, die man tatsächlich kontrollieren muss.

Beide Parteien verdienen einander...

Moca23

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Antw:Elektronische Zeiterfassung/ Kontrolle der MA?
« Antwort #7 am: 14.06.2022 08:58 »
1. Nein. Der Arbeitgeber darf die Arbeitszeit erfassen und kontrollieren. Die DSGVO verhindert nicht die notwendige Verarbeitung von Daten.
2. Wurde das Gespräch vor Dritten geführt? Sicherlich bestand kein Grund die Kinder anzusprechen. Es hätte gereicht darauf Hinzuweisen, dass man hier von Betrug ausgeht und sie das Verhalten erklären möge. Wenn keine befriedigende Erklärung kommt stellt sich dann die Frage ob Abmahnung oder Kündigung.
3. Was bedeutet proaktive Pausenerfassung? Ja, der Arbeitgeber muss ggf. im Rahmen einer Dienstvereinbarung regeln wie Zeiten zu buchen sind.

Tiffy

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Antw:Elektronische Zeiterfassung/ Kontrolle der MA?
« Antwort #8 am: 16.06.2022 11:54 »
Ich glaub, ich träume... Das gesamte Personal strömt also mit einem riesigen Bohei gegen 12 Uhr zu den paar Stempeluhren, wo eine gefühlt kilometerlange Schlange entsteht, damit jeder seinen Pausenbeginn stempeln kann, dann verschwinden sie alle in ihre Büros/Werkstätten/Labore/Aufenthaltsräume bzw. in die Caféteria und machen Pause, um danach gegen 12.30 Uhr wieder gesammelt zurück zur Stempeluhr zu pilgern und das Pausenende zu erfassen? Kann sich wirklich nur um ein ausgemachtes Irrenhaus handeln...

WasDennNun

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Antw:Elektronische Zeiterfassung/ Kontrolle der MA?
« Antwort #9 am: 16.06.2022 15:29 »
wenn die Lemminge all um Punkt 12 Pause machen wollen und nicht um 13.15, dann ja: Irrenhaus.
IdR ist doch der Mittagspausenkorridor weiter gefasst als 12.00-12:30, sonst Irrenhaus

Tiffy

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Antw:Elektronische Zeiterfassung/ Kontrolle der MA?
« Antwort #10 am: 16.06.2022 16:07 »
Guter Einwand. Die nächste Dienstvereinbarung sollte also dringendst die Pausenbeginn- und endzeiten anhand nachvollziehbarer Kriterien (Anfangsbuchstaben der Namen, Entgeltgruppenzugehörigkeit, Schuhgröße, Herkunft, Geburtsdatum, biologisches und eingebildetes Geschlecht usw. usf.) lückenlos regeln. Außerdem sofort europaweit Programmierung einer individuellen, für jeden Mitarbeiter verpflichtenden Smartphone-App ausschreiben, welche dann Steuerung und Kontrolle besagter Regelung ermöglicht. Mitarbeiter ohne Smartphone sofort betriebsbedingt kündigen. Das ist die Zukunft!  ;D