Die Vorschrift des § 4 BUrlG steht lediglich der Entstehung des gesetzlichen Vollurlaubs entgegen. Die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes sehen jedoch eine für den Arbeitnehmer günstigere Entstehungsregel des Teilurlaubs vor. § 26 Abs. 2 b) TVÖD bzw. die gleichlautende Vorschrift in den anderen Tarifverträgen ist keine Kürzungsregel, es ist eine Regelung zur Entstehung des Anspruchs. Dazu führt der Haufe-Kommentar aus: "Der Teilurlaubsanspruch wird mit dem Entstehen auch sofort fällig. Die Wartezeit nach § 4 BUrlG steht der Fälligkeit nicht entgegen." Dies ergibt sich auch aus § 271 BGB. Die Tarifvertragsparteien sind bei der Ausgestaltung der Urlaubsregelungen von den gesetzlichen Mindestvorgaben abgewichen und haben somit ein weitgehend vom Gesetzestext gelöstes Urlaubsregime geschaffen. Diese Rechtsauffassung hat das BAG im Urteil vom 23.3.2010 – 9 AZR 128/09 – AP Nr. 3 zu § 125 SGB IX bestätigt: "Das von den Kritikern der Senatsrechtsprechung geforderte umgekehrte Regel-Ausnahme-Verhältnis für Altverträge ist zudem nicht erforderlich, um die Interessen beider Seiten im Rahmen der Auslegung angemessen zu berücksichtigen. Deutliche Anhaltspunkte für einen Regelungswillen der Vertrags- oder Tarifvertragsparteien, der zwischen gesetzlichen und übergesetzlichen Urlaubs(-abgeltungsansprüchen) unterscheidet, sind schon dann anzunehmen, wenn sich die (Tarif-)Vertragsparteien in weiten Teilen vom gesetzlichen Urlaubsregime lösen und stattdessen eigene Regeln aufstellen. Im Fall einer solchen eigenständigen, zusammenhängenden und in sich konsistenten Regelung ist ohne entgegenstehende Anhaltspunkte idR davon auszugehen, dass die (Tarif-)Vertragsparteien nur begründen und fortbestehen lassen wollen, soweit eine gesetzliche Verpflichtung besteht (für eine Unterscheidung zwischen konstitutiven und deklaratorischen Regelungen Rehwald AiB 2010, 59, 60). Eine ausdrückliche Differenzierung zwischen gesetzlichen und übergesetzlichen Ansprüchen ist dann nicht notwendig.“ Zumal die Tarifvertragsparteien mit § 26 Abs. 2 b) TVÖD sogar eine explizit andere und günstigere Entstehung des Teilurlaubsanspruchs vereinbart haben.
Wie der Haufe-Kommentar selbst feststellt, wird der Arbeitnehmer während der Wartezeit des KSchG seinen Urlaubsanspruch nicht gegenüber dem Arbeitgeber gerichtlich geltend machen. Entsprechende Rechtsprechung fehlt. Das BAG stellte aber in anderer Konstellation fest, dass die Tarifvertragsparteien mit den Regelungen des § 26 Abs. 2 zur Übertragung und zum Verfall des Urlaubsanspruchs ein eigenständiges Fristregime, losgelöst von den gesetzlichen Bestimmungen des § 7 Abs. 3 BUrlG geschaffen haben (vgl. BAG v. 22.5.2012 – 9 AZR 575/10 –), mit der Folge, dass tarifliche Mehrurlaubsansprüche weiterhin entsprechend der vereinbarten tariflichen Fristen auch bei langandauernder Erkrankung verfallen können. Ein solches eigenes Regime zur Entstehung des Erholungsurlaubsanspruchs haben die Tarifvertragsparteien ebenso geschaffen.
Der Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht geht ebenso lediglich von einer Wirkung der Wartezeit des § 4 ArbZG auf den gesetzlichen Vollurlaubsanspruch aus, zumal es ja auch gesetzliche Teilurlaubsansprüche gibt, auf die dort explizit verwiesen wird. Auch die Abdingbarkeit durch Tarifvertrag und die ohnehin gegebene Möglichkeit zur Abweichung zugunsten des Arbeitnehmers (§ 13 BUrlG) wird entsprechend thematisiert. Zudem wird ausgeführt: "Mit § 13 wird den Tarifpartnern für einen Großteil der Vorschriften Gestaltungsfreiheit eingeräumt (Bericht des Ausschusses für Arbeit BT-Drs. IV/207 S. 2. Das BAG hat das als 'tarifl. Vorrangprinzip' bezeichnet (9.7.1964 AP BUrlG § 13 Nr. 2). [...] Es ist den TVParteien unbenommen, von den Bestimmungen der §§ 3 bis 12 zugunsten der AN abzuweichen (BAG 22.1.2002 NZA 2002, 1041)." Zur Möglichkeit von Regelungen von Teilurlaubsansprüchen: "Sie können zugunsten und zulasten des AN verändert werden. Das kann das Entstehen von Teilurlaubsansprüchen, die Fälligkeit (BAG 15.12.1983 AP BUrlG § 13 Nr. 14; 25.10.1984 NZA 1985, 461) und den vorzeitigen Verfall durch Versäumung einer Ausschlußfrist (BAG 3.12.1970 AP BUrlG § 5 Nr. 9) betreffen."
Zusammenfassend: Die Wartezeit des § 4 ArbZG steht lediglich der Enstehung von Vollurlaubsansprüchen entgegen. Die Tarifpartner im öffentlichen Dienstes haben eine eigenständige Regelung zur Entstehung von Teilurlaubsansprüchen getroffen und durften eine solche auch treffen. Diese eigenständige Regelung läßt für jeden vollen Monat des Arbeitsverhältnisses ein Zwölftel des Urlaubsanspruchs entstehen. Eine Einschränkung des Anspruches oder dessen Fälligkeit wurde nicht getroffen. § 4 ArbZG wirkt auch nicht auf Teilurlaubsansprüche. Somit wird der erworbene Urlaubsanspruch mit seiner Entstehung auch jeweils fällig und ist unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 BUrlG zu gewähren.