Hallo Eike,
zunächst freut es mich, dass ich Dir in Deinem Verständnis die amtsangemessene Alimentation betreffend weitergeholfen habe.
Hinsichtlich der Thematik "altersdiskriminierende Besoldung" habe ich in der von Dir zitierten Passage darauf hingewiesen, dass meine Darlegung vereinfacht ausgedrückt ist. Zwar teile ich Deine Ansicht, dass "korrekte Verweise, Rückschlüsse und Ausführungen zum Sachverständnis -insbesondere zur altersdiskriminierenden Besoldung- wichtig" seien. Jedoch sehe ich zunächst nicht, dass in meiner Darlegung keine "korrekten Verweise" gegeben seien. Darüber hinaus bleiben die Rückschlüsse - darauf hinzuweisen war (und wäre mir auch zukünftig) wichtig - ebenso wie die vormaligen Ausführungen, auf denen die Rückschlüsse basieren, vereinfacht, worauf ich explizit (s. das Zitat) hinweise. Deshalb verweise ich sowohl zu Beginn als auch am Ende meiner Ausführungen auf die Darlegungen des DRB-Sektion Berlin, die allemal komplexer und auch präziser sind als Deine und meine Ausführungen. Denn dadurch kann sich jeder selbst ein Bild machen.
Was Du unter den Ziffern 3 und 4 schreibst, ist darüber hinaus gleichfalls eher vereinfachend, was in der Materie auch kaum anders möglich ist - jedoch fände ich es besser, wenn Du, da Du hervorhebst, Dich in der Materie tiefgehend auszukennen, dann auch hervorheben würdest, dass auch Deine Darlegungen recht stark vereinfacht sind. Denn insbesondere mit der Ziff. 4 suggerierst Du Lesern, die sich noch weniger in der Materie auskennen als wir beide (wir wissen beide, denke ich, dass wir von dem Thema in Anbetracht seiner Komplexität nur eine sehr geringe Ahnung haben), dass sie, sofern sie nicht vor dem 19.08.2014 Widerspruch eingelegt hätten, keine Chance auf Nachzahlungen haben würden. Denn so muss die Ziffer 4 m.E. mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Leser wirken, die sich in der Materie nicht auskennen.
Das sehen jedoch sowohl der DRB-Sektion Berlin als auch die hiesige GEW anders. Denn sie heben mit guten Gründen hervor, dass die Wahrscheinlichkeit - so wie ich das in meinem Text darlege - eines Anspruchs auf Nachzahlungen hinsichtlich der altersdiskriminierenden Besoldung zu besitzen, sofern man erst heute (bzw. am Ende des letzten Jahres) einen ersten Widerspruch einlegte, eher gering sein sollte. Jedoch wollen (bzw. wollten) sie die Möglichkeit nicht ausschließen, weshalb sie ihren Mitgliedern nicht abraten, auch heute noch einen Widerspruch einzulegen und weshalb die GEW Niedersachsen entsprechend auch einen Erstwiderspruch als Muster ihren Darlegungen beifügt.
Was ich nicht mag - deshalb schreibe ich hier länger, so wie ich auch schon an anderen Stellen in ähnlichen Konstellationen länger geschrieben habe -, ist, dass man Kollegen mit seinem Schreiben ggf. davon abhält, Widersprüche einzulegen, indem man ihnen suggerierte, dass die eh chancenlos seien. Ich halte es entsprechend für richtig, Kollegen darauf hinzuweisen, dass Widersprüche chancenlos seien, wenn sie unter allen Umständen chancenlos sind. Sofern das nicht der Fall ist - und das ist hier womöglich nicht der Fall, worauf der DRB-Sektion Berlin als auch die hiesige GEW hinweisen -, sollte man das m.E. besser unterlassen.
Wer sich neben uns beiden folglich ebenfalls mit dem Thema tiefergehend beschäftigen möchte, der sollte zunächst in der EuGH-Entscheidung vom 25.02.2020 (773/18 bis C-775/18;
https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=223846&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1) insbesondere in der Rn. 25 die Fragen lesen, die das VG Halle dem EuGH vorgelegt hat. Sie betreffen - wenn ich es richtig sehe - sowohl Verjährungs- als auch ggf.
Ausschlussfristen und damit am Ende auch - so wie ich das in meinem Beitrag im letzten Satz hervorhebe - formelles Recht. Und das kann nicht zuletzt für uns juristische Laien solch versteckte Fallstricke beinhalten, dass man - denke ich - besser nicht suggerierte, dass diesbezüglich zukünftig keine Chancen auf eventuelle Nachzahlungen beständen. Denn das kann zukünftig der Fall sein - aber ob dem so kommt, kann tatsächlich nur der wissen, wer über eine Glaskugel verfügte.
Weiterhin wird es also zukünftig ggf. darum gehen, was der EuGH in der genannten Entscheidung in der Rn. 54 hervorhebt - und in der Hervorhebung wird bereits die gesamte sachliche Komplexität recht schön deutlich, um die es offensichtlich zukünftig verwaltungsgerichtlich gehen kann:
"Mit seinen Fragen 3 bis 5, die ebenfalls zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 9 der Richtlinie 2000/78 sowie die Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität dahin auszulegen sind, dass sie es einem Mitgliedstaat verbieten, den Beginn einer Ausschlussfrist von zwei Monaten für die Stellung eines Antrags auf Ersatz des Schadens, der aus einer Maßnahme entstanden ist, die eine Diskriminierung wegen des Alters darstellt, auf den Tag der Verkündung eines Urteils des Gerichtshofs festzusetzen, mit dem der diskriminierende Charakter einer ähnlichen Regelung festgestellt wurde, insbesondere wenn in dem betreffenden Mitgliedstaat Uneinigkeit über die Frage besteht, ob dieses Urteil auf die betreffende Maßnahme übertragbar ist."
Entsprechend bleibt es dabei, dass ggf. der Effektivitätsgrundsatz verletzt sein könnte (ebd., Rn. 61), worauf Du zurecht hinweist. Und in diesem Sinne habe ich in dem von Dir betrachteten Beitrag einleitend festgehalten (und ich sehe weiterhin nicht, was daran fragwürdig sein sollte):
"Das Thema Altersdiskriminierung steht durch eine Entscheidung des EuGH vom 27.02.2020 - C-773/18 bis C-775/18 -, Sachsen-Anhalt betreffend, eventuell auch in deutschen Rechtskreisen wieder auf der Tagesordnung (
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:62018CJ0773&from=de). Die eigentlich schon als abgeschlossen betrachtete Thematik sollte mit hoher Wahrscheinlichkeit jedoch nur für die relevant sein, die vor August 2014 Ansprüche geltend gemacht haben oder ggf. der in ihrem Rechtskreis vollzogenen negativen Bescheidung ihres entsprechenden Widerspruchs aus der Zeit nach 2014 widersprochen haben und deren entsprechender Widerspruch dann ruhend gestellt worden ist, nachdem der Dienstherr gleichzeitig auf die Einrede der Verjährung verzichtet hat. Die Materie ist allerdings so komplex, dass sie selbst von der Verwaltungsgerichtsbarkeit kaum mehr durchdrungen wird, vgl.
https://www.drb-berlin.de/themen-und-positionen/besoldung-und-beihilfe/aktuelles/aktuelles/1708"
Der langen Rede kurzer Sinn: Wer ggf. vorhandene Ansprüche die altersdiskriminierende Besoldung betreffend aufrechterhalten möchte, sollte meiner Meinung nach die von mir genannten beiden Seiten aufrufen und kann nach der Lektüre selbst entscheiden, was er für sich als richtig erachtet:
https://www.drb-berlin.de/themen-und-positionen/besoldung-und-beihilfe/aktuelles/aktuelles/1708https://www.gew-nds.de/aktuelles/detailseite/amtsangemessenheit-der-besoldungDarüber hinaus kann es für die, die mit dem Gedanken spielen, auch heute noch einen Widerspruch einzulegen, nicht schaden, die gesamte EuGH-Entscheidung zu lesen und besonders nicht zuletzt die Randnummern ab der Rn. 75, die schließlich in folgender Konklusion münden:
"Nach alledem ist auf die Vorlagefragen 3 bis 5 zu antworten, dass der Effektivitätsgrundsatz dahin auszulegen ist, dass er es einem Mitgliedstaat verbietet, den Beginn einer Ausschlussfrist von zwei Monaten für die Stellung eines Antrags auf Ersatz des Schadens, der aus einer Maßnahme entstanden ist, die eine Diskriminierung wegen des Alters darstellt, auf den Tag der Verkündung eines Urteils des Gerichtshofs festzusetzen, mit dem der diskriminierende Charakter einer ähnlichen Regelung festgestellt wurde, wenn die Gefahr besteht, dass die Betroffenen nicht innerhalb der Frist erkennen können, dass oder in welchem Umfang sie diskriminiert wurden. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn in dem betreffenden Mitgliedstaat Uneinigkeit über die Frage besteht, ob dieses Urteil auf die betreffende Maßnahme übertragbar ist." (Rn. 94)
Dabei geht es also - um die Komplexität weiterhin anzureißen - nicht nur um die mögliche Erkenntnis, dass man womöglich diskriminiert wurde, sondern auch, in welchem Umfang; und eben um die Gefahr, dass eines oder beides nicht innerhalb der gesetzten Frist möglich gewesen wäre. Denn das kann - und nun kommen ggf. ebenso die von den Gesetzgebern vollzogenen Nachfolgeregelungen ins Spiel - ggf. bis heute weiterreichen, da es ggf. auch nur um den Umfang der Diskriminierung geht. Entsprechend habe ich in der von Dir kritisierten Passage hervorgehoben - und ich sehe weiterhin nicht (unter der Prämisse der von mir genannten Vereinfachung), dass das sachlich falsch sein sollte:
"Der EuGH geht nun - vereinfacht ausgedrückt - in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2020 hinsichtlich der nach 2014 in Sachsen-Anhalt vollzogenen Neustrukturierung davon aus, dass diese neue Systematik der Erfahrungsstufen ggf. weiterhin (alters-)diskrimierend ist, da sie letztlich (zu) bruchlos an die vormalige anschließt [hier hätten wir jetzt das ggf. vorhandene Faktum des "Umfangs"; S.T.], sodass die Altersdiskriminierung dann fortbestehe."
Diese gerade von mir hier geschriebenen Zeilen zeigen dann ein weiteres Mal (diese Aussage bezieht sich auf eine unlängst hier im Forum an anderer Stelle geführte Diskussion, die Länge von Ausführungen betreffend), dass man - will man über's Recht schreiben - den Fall umfassend(er) betrachten muss, was dann zu entsprechend langen (wie diesen) Ausführungen führt. Es dürfte nachvollziehbar sein, dass nicht jeder hier in Forum Zeit und Lust hat, solch langen Ausführungen wie jetzt wieder diese von vorn bis hinten zu lesen. Eigentlich hatte ich bei diesem Thema verhindern wollen, auch hier nun solch ellenlange Texte zu schreiben bzw. schreiben zu müssen.