Beamte und Soldaten > Beamte des Bundes und Soldaten
Alterdiskriminierde Besoldung für Bundesbeamte/Versorgungsempfaenger
SwenTanortsch:
Das Thema Altersdiskriminierung steht durch eine Entscheidung des EuGH vom 27.02.2020 - C-773/18 bis C-775/18 -, Sachsen-Anhalt betreffend, eventuell auch in deutschen Rechtskreisen wieder auf der Tagesordnung (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:62018CJ0773&from=de). Die eigentlich schon als abgeschlossen betrachtete Thematik sollte mit hoher Wahrscheinlichkeit jedoch nur für die relevant sein, die vor August 2014 Ansprüche geltend gemacht haben oder ggf. der in ihrem Rechtskreis vollzogenen negativen Bescheidung ihres entsprechenden Widerspruchs aus der Zeit nach 2014 widersprochen haben und deren entsprechender Widerspruch dann ruhend gestellt worden ist, nachdem der Dienstherr gleichzeitig auf die Einrede der Verjährung verzichtet hat. Die Materie ist allerdings so komplex, dass sie selbst von der Verwaltungsgerichtsbarkeit kaum mehr durchdrungen wird, vgl. https://www.drb-berlin.de/themen-und-positionen/besoldung-und-beihilfe/aktuelles/aktuelles/1708
Die GEW Niedersachsen hat ihren Mitgliedern Ende letzten Jahres geraten, entsprechend Widerspruch einzulegen (https://www.gew-nds.de/aktuelles/detailseite/amtsangemessenheit-der-besoldung), und zwar durchaus auch, sofern ein entsprechender Widerspruch in der Vergangenheit noch nicht vollzogen worden war, also als Erstwiderspruch.
Die Problematik der Altersdiskriminierung lag ursprünglich darin begründet, dass die Einstufung in die Erfahrungsstufen in den deutschen Rechtskreisen nach dem Lebensalter vorgenommen worden war, sodass nicht die Erfahrung, sondern das Lebensalter maßgeblich für die Einstufung war, womit sachlich das Ziel, Erfahrung als besoldungsrelevant zu betrachten, verfehlt worden ist, wie das der EuGH 2011 und 2014 festgestellt hat. Im Gefolge dieser Entscheidungen haben alle deutschen Dienstherrn danach nach und nach die Einstufung in die Erfahrungsstufen nicht mehr anhand des Alters bestimmt, sondern eine Systematik an Vorerfahrungen entwickelt und - sofern Vorerfahrungen im Sinne der Systematik nicht gegeben waren - Beamte entsprechend in die unterste Erfahrungsstufe eingeordnet (zuvor wurde ein bei Eintritt in das Dienstverhältnis älterer Beamte in eine höhere Erfahrungsstufe eingeordnet als ein jüngerer, womit der jüngere Beamte wegen seines Alters diskriminiert wurde, deshalb "Altersdiskriminierung").
Der EuGH geht nun - vereinfacht ausgedrückt - in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2020 hinsichtlich der nach 2014 in Sachsen-Anhalt vollzogenen Neustrukturierung davon aus, dass diese neue Systematik der Erfahrungsstufen ggf. weiterhin (alters-)diskrimierend ist, da sie letztlich (zu) bruchlos an die vormalige anschließt, sodass die Altersdiskriminierung dann fortbestehe.
Es kann sicherlich nicht schaden, in diesem Jahr erstmalige einen Widerspruch gegen die altersdiskriminierende Besoldung im eigenen Rechtskreis einzulegen, wenn auch die Wahrscheinlichkeit, dass dieser von Erfolg gekrönt sein sollte, eher gering sein dürfte - aber wie gesagt, die Materie war, nicht zuletzt, weil hier formelles Recht zu beachten ist, also ggf. die Frage, ab wann nach den EuGH-Entscheidungen von 2011 und 2014 Widerspruch einzulegen gewesen wäre, schon vor der aktuellen EuGH-Entscheidung von 2020 komplex und sie ist durch jene 2020er Entscheidung nur noch komplexer geworden, wie sie der DRB-Berlin in seinem oben verlinkten und sehr lesenswerten Beitrag erörtert.
Kimonbo:
https://www.haufe.de/amp/oeffentlicher-dienst/personal-tarifrecht/keine-entschaedigung-wegen-altersdiskriminierender-besoldung_144_576870.html
Opa:
Der Bund hat damals (muss so um 2015 gewesen sein) entsprechende Widersprüche negativ beschieden. Ob es im Anschluss Klageverfahren gab, entzieht sich meiner Kenntnis.
In NRW wurde der Anspruch auf Besoldung aus der Endstufe abgeschmettert. Es wurde allerdings ein Verstoß gegen das AGG festgestellt und danach eine pauschale (steuerfreie) Entschädigung von 100 Euro pro Monat gezahlt, in dem wirksam Widerspruch eingelegt war.
Pensionär:
Darf mich an dieser Stelle schon mall für die sehr informativen und substanziellen Beiträge bedanken.
Selber habe ich Ende 2013 Widerspruch eingelegt. Bekam Anfang 2014 Bescheid, sobald sich an der damaligen Rechtslage etwas ändert, einen neuen Bescheid erhalten sollte. Ist aber nicht geschehen. Werde die Behörde dann nochmals anschreiben.
icheinfachunverbesserlich:
Spontan dachte ich, als ich die Überschrift las: Ja, unsere Erfahrungsstufen sind altersdiskriminierend, da ich in 22 Jahren immer noch in der gleichen Stufe festhänge wie jetzt - in Stufe 8!
Navigation
[0] Message Index
[#] Next page
[*] Previous page
Go to full version