Autor Thema: Übertragung weiterer Aufgaben abweichend v. Stellenbeschreibung  (Read 3950 times)

Turnhose

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Hallo liebe Forenmitglieder! Ich bräuchte zu nachfolgend aufgeführter Problematik dringend euren Rat bzw. eure Meinung:

Ich bin als Sachbearbeiter in einer Ausländerbehörde (EG 9a TVöD) im Bereich Aufenthaltsgestattung / Duldungen  tätig. Also für Migranten welche noch im Asylverfahren sind oder aber bereits abgelehnt und ausreisepflichtig sowie sogenannte Dublin-Fälle, also Zuständigkeit (eigentlich) eines anderen EU-Staates. Alles Betroffenen sind auf Grund der vorgenannten Umstände nicht im Besitz eines gültigen Aufenthaltstitels. Explizit heißt meine Stellenbezeichnung ,,SB Asylangelegenheiten OHNE Erteilung Aufenthaltstitel" . In meiner Stellenbeschreibung sind alle damit zusammenhängende und anfallende Arbeiten aufgeführten, ausdrücklich jedoch NICHT die Erteilung von / eines Aufenthaltstitels, was in der Natur der vorgenannten ausländerrechtlichen Sache, des Status der Betroffenen liegt.

Nun tritt zum 01. Januar 2023 das von der Bundesregierung neu beschlossene sogenannte ,,Chancen-Aufenthaltsrecht" gem. § 104 AufenthG in Kraft, welches besagt das ein Teil der aus der o.g. Gruppe - speziell schon seit langem ausreisepflichtige / geduldete Personen, bei Erfüllung bestimmter Kriterien, in den Genuss eines Aufenthaltstitels / einer Aufenthaltserlaubnis kommen können und davon auch ab dem Datum mit Antragstellung rege Gebrauch machen werden, da damit natürlich jede Menge Vorteile für die Betroffenen verbunden sind.

Nun hat mein Vorgesetzter Sachgebietsleiter beschlossen bzw. in einer Dienstberatung verkündet, dass die Umsetzung des neuen Gesetzes und die Erteilung der Aufenthaltserlaubnisse eben auch von den SB´s vorzunehmen ist, welche eigentlich ausdrücklich lt. Ihrer Stellenbeschreibung nicht dafür die erforderliche Berechtigung haben bzw. gänzlich anderer Aufgaben wahrnehmen müssen. Die Stellenbezeichnung ,,OHNE" Erteilung eines Titels sagt ja eigentlich schon alles aus.  In der Stellenbeschreibung steht davon auch nichts. Die korrekte Umsetzung des neuen ,,Chancenaufenthaltes" bedeutet aber faktisch die Erteilung von Atiteln bzw. Aufenthaltserlaubnissen, wofür hier eigentlich anderer Sachbearbeiter (MIT Erteilung) vorgesehen sind und dafür auch die entsprechende Stellenbeschreibung haben, die Entgeltgruppe 9a ist jedoch bei ALLEN SB´s gleich.

Auf meine Frage hin, ob meine Stellenbeschreibung nun auch dahingehend angepasst wird, AE´s zu erteilen, bekam ich von meinem direkten Vorgesetzen SGL lediglich die ladidare Auskunft ,,dafür sieht er überhaupt keine Priorität" oder aber gar Notwendigkeit. Das das Gesetz so ab 01.01.2023 kommt, war und ist jedoch schon seit vielen Monaten bekannt...passiert ist bislang nichts - außer eben die Anweisung das wird das, trotz komplett abweichender Stellenbezeichnung u. Stellenbeschreibung sowie zusätzlichem Personal, umzusetzen haben.

Meine Frage wäre nun
: Muss ich mit meiner derzeitigen - oben aufgeführten - Stellenbeschreibung und Tätigkeitsbezeichnung diese Aufgabe und damit verbundene Mehrbelastung bei eh schon massiv steigenden Fallzahlen, wahrnehmen? Kann ich ohne neue Stellenbeschreibung diese Zusatzaufgabe verweigern? Wie soll ich mich verhalten?
Für konstruktive Antworten wäre ich euch sehr dankbar. Bitte jedoch keine Grundsatzdiskussion über das Ausländerrecht bzw. Sinn und Unsinn dieses neuen ,,Chancenaufenthalts" bzw. dem § 104 AufenthG führen.

Vielen lieben Dank schonmal vor ab!!

JesuisSVA

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Sofern es sich nicht um eine eingruppierungsrelevante Tätigkeitsänderung handelt, kann der Arbeitgeber dies im Rahmen seines Direktionsrechts anweisen. Ob die genannte Führungsebene dies darf, kann nicht beurteilt werden, da der Arbeitgeber sich intern organisieren darf, wie er lustig ist. Spätestens am Tage des Wirksamwerdens der Änderung hat der Arbeitgeber diese nach § 3 NachwG schriftlich mitzuteilen. Eine Mehrbelastung ist nicht zu erkennen. Arbeitnehmer sind zur Arbeitsleistung mittlerer Art und Güte im vereinbarten zeitlichen Rahmen verpflichtet. Ob irgendwelche Fallzahlen steigen, ist dafür irrelevant. Es steigt dann lediglich die Zahl der Fälle, die liegenbleiben.

WasDennNun

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Eine Mehrbelastung kann doch nur entstehen, wenn der AG Mehrarbeit anordnet, die dann zu Überstunden werden und entsprechend abgegolten werden müssen.

btw: Kann ein AG eigentlich dauerhaft Mehrarbeit anordnen, also aus einer 39h Woche dauerhaft eine 44h Woche (bei entsprechender Bezahlung natürlich) anordnen?

JesuisSVA

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Mehrarbeit kann nur bei TZ-Beschäftigten anfallen.

Kaiser80

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Es ist ja eigentlich alles gesagt. Ich bin jetzt im Ausländerrecht/Asylrecht nicht wirklich fit.
Deshalb stellt sich mir im vorliegenden Fall die Frage ob eine eingruppierungsrelevante Tätigkeitsänderung vorliegt. Ist die Vergabe/Entscheidung eines solchen Titels nicht besonders verantwortungsvoll im Tarifsinne (Auswirkungen auf die Lebensverhältnisse Dritter)? Klar zunächst müssten mal die Voraussetzungen für die 9b geprüft werden.



Kat

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Sofern es sich nicht um eine eingruppierungsrelevante Tätigkeitsänderung handelt, kann der Arbeitgeber dies im Rahmen seines Direktionsrechts anweisen. Ob die genannte Führungsebene dies darf, kann nicht beurteilt werden, da der Arbeitgeber sich intern organisieren darf, wie er lustig ist. Spätestens am Tage des Wirksamwerdens der Änderung hat der Arbeitgeber diese nach § 3 NachwG schriftlich mitzuteilen. Eine Mehrbelastung ist nicht zu erkennen. Arbeitnehmer sind zur Arbeitsleistung mittlerer Art und Güte im vereinbarten zeitlichen Rahmen verpflichtet. Ob irgendwelche Fallzahlen steigen, ist dafür irrelevant. Es steigt dann lediglich die Zahl der Fälle, die liegenbleiben.

Ist der Sachgebietsleiter Arbeitgeber? Meistens dürfen direkte Vorgesetzte ja keine Aufgaben dauerhaft übertragen sondern allenfalls Einzelaufgaben vergeben, die nicht eingruppierungsrelevant sind.

JesuisSVA

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Sofern es sich nicht um eine eingruppierungsrelevante Tätigkeitsänderung handelt, kann der Arbeitgeber dies im Rahmen seines Direktionsrechts anweisen. Ob die genannte Führungsebene dies darf, kann nicht beurteilt werden, da der Arbeitgeber sich intern organisieren darf, wie er lustig ist. Spätestens am Tage des Wirksamwerdens der Änderung hat der Arbeitgeber diese nach § 3 NachwG schriftlich mitzuteilen. Eine Mehrbelastung ist nicht zu erkennen. Arbeitnehmer sind zur Arbeitsleistung mittlerer Art und Güte im vereinbarten zeitlichen Rahmen verpflichtet. Ob irgendwelche Fallzahlen steigen, ist dafür irrelevant. Es steigt dann lediglich die Zahl der Fälle, die liegenbleiben.

Kaiser80

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Ob die genannte Führungsebene dies darf, kann nicht beurteilt werden, da der Arbeitgeber sich intern organisieren darf, wie er lustig ist.

Ist der Sachgebietsleiter Arbeitgeber? Meistens dürfen direkte Vorgesetzte ja keine Aufgaben dauerhaft übertragen sondern allenfalls Einzelaufgaben vergeben, die nicht eingruppierungsrelevant sind.
Ich hab's dir nochmal hervorgehoben.
Edit: Der Zitierte war schneller...

Turnhose

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Vielen lieben Dank für die sehr schnellen Antworten. Dann müssen wir wohl die Kröte schlucken und andere Vorgänge liegen lassen...Überstunden wurden nicht angeordnet. An der Eingruppierung dürfte sich wahrscheinlich nichts ändern.

WasDennNun

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Eine Mehrbelastung kann doch nur entstehen, wenn der AG Mehrarbeit anordnet, die dann zu Überstunden werden und entsprechend abgegolten werden müssen.

btw: Kann ein AG eigentlich dauerhaft Mehrarbeit anordnen, also aus einer 39h Woche dauerhaft eine 44h Woche (bei entsprechender Bezahlung natürlich) anordnen?
Mehrarbeit kann nur bei TZ-Beschäftigten anfallen.

Ok zweiter Versuch:

Eine Mehrbelastung kann doch nur entstehen, wenn der AG Arbeitszeit anordnet, die mehr als die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit von Vollbeschäftigten für die Woche dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden hinausgehen, und die dann zu Überstunden werden, nicht bis zum Ende der folgenden Kalenderwoche ausgeglichen werden, und entsprechend abgegolten werden müssen.

btw: Kann ein AG eigentlich dauerhaft solche Zeiten anordnen, also aus einer 39h Woche dauerhaft eine 44h Woche (bei entsprechender Bezahlung natürlich) anordnen?

Und kann er dauerhaft Mehrarbeit anordnen?

JesuisSVA

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Wo liegt eigentlich immer das Problem, einfach die Begriffe aus dem Tarifvertrag zu verwenden? Auch Mehrarbeit lässt sich so nicht anordnen, sie entsteht ebenso wie Überstunden aus Arbeitsstunden. Soweit eine Verpflichtung zur Leistung von Überstunden und/oder Mehrarbeit besteht, kann der Arbeitgeber im Rahmen seiner Ermessensausübung Arbeitsstunden anordnen, aus denen Überstunden oder Mehrarbeit werden. Wie jede Ermessensausübung im Arbeitsrecht unterliegt auch diese einer Billigkeitskontrolle und einer Interessenabwägung. Im jeweiligen konkreten Einzelfall wird er das also dürfen oder nicht dürfen.

WasDennNun

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Wo liegt eigentlich immer das Problem, einfach die Begriffe aus dem Tarifvertrag zu verwenden? Auch Mehrarbeit lässt sich so nicht anordnen, sie entsteht ebenso wie Überstunden aus Arbeitsstunden. Soweit eine Verpflichtung zur Leistung von Überstunden und/oder Mehrarbeit besteht, kann der Arbeitgeber im Rahmen seiner Ermessensausübung Arbeitsstunden anordnen, aus denen Überstunden oder Mehrarbeit werden. Wie jede Ermessensausübung im Arbeitsrecht unterliegt auch diese einer Billigkeitskontrolle und einer Interessenabwägung. Im jeweiligen konkreten Einzelfall wird er das also dürfen oder nicht dürfen.
Was ist denn der Begriff für die Arbeitsstunden die angeordnet werden, die über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus gehen (und dann Mehrarbeit bei TZ genannt werden [steht ja so im TV "Mehrarbeit sind die Arbeitsstunden..."] oder Überstunden werden bei VZ )
(Was ja viele als angeordnete Überstunden bezeichnen)

Der AN ist doch nur zu Überstunden und Mehrarbeit verpflichtet. Wie ich von dir jedoch hörte, können Überstunden und Mehrarbeit so nicht angeordnet werden.

Bin deswegen etwas irritiert oder gar verwirrt.

JesuisSVA

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Ich verstehe die Irritation und Verwirrung nicht. Schließlich war die Absicht der Tarifpartner nicht nur, dass der Arbeitnehmer auf Anordnung Arbeitsstunden leisten muss, sondern auch, dass er dulden muss, dass daraus Überstunden oder Mehrarbeit werden.

WasDennNun

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Ich verstehe die Irritation und Verwirrung nicht. Schließlich war die Absicht der Tarifpartner nicht nur, dass der Arbeitnehmer auf Anordnung Arbeitsstunden leisten muss, sondern auch, dass er dulden muss, dass daraus Überstunden oder Mehrarbeit werden.
Also was ist den jetzt der Begriff für diese Art von Arbeitsstunden?
Überstunden heissen sie nicht, Mehrarbeit auch nicht, wenn ich dich richtig verstanden haben.

Und wo steht eigentlich, dass ich auf Anordnung Arbeitsstunden leisten muss, die über die vertraglich geschuldet Zeit hinaus geht?

Ich bin ja zu Überstunden und zur Mehrarbeit verpflichtet, aber die können ja nicht angeordnet werden, wenn ich dich richtig verstanden habe.

JesuisSVA

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Es sind Arbeitsstunden.

Und Deine Verpflichtung, diese zu leisten, ergibt sich, wie ich bereits eindeutig ausgeführt habe, aus der Verpflichtung, Mehrarbeit und Überstunden leisten zu müssen.
Schließlich war die Absicht der Tarifpartner nicht nur, dass der Arbeitnehmer auf Anordnung Arbeitsstunden leisten muss, sondern auch, dass er dulden muss, dass daraus Überstunden oder Mehrarbeit werden.