Der dbb landesbund bremen hat unlängst einen Musterwiderspruch veröffentlicht:
https://www.dbb-bremen.de/service/amtsangemessene-alimentation/ Allerdings ist es ggf. zweifelhaft, ob er in dieser Form statthaft ist. Denn im Betreff wird zunächst ein falsches Haushaltsjahr (nämlich das Jahr 2021) genannt, für das aber offensichtlich weder ein Antrag gestellt werden soll noch gestellt werden könnte, da die Frist dafür abgelaufen ist. Auch fehlt in dem Schreiben der Hinweis darauf, dass es sich um einen Antrag auf Gewährung einer amtsangemessenen Alimentation handelt, sondern es wird nur recht allgemein formuliert: "Ich beantrage daher, den bestehenden Besoldungs- bzw. Versorgungsrückstand auszugleichen". Entsprechend wird eventuell - gemessen an den Maßstäben des Bundesverwaltungsgerichts - nicht hinreichend kundgetan, dass der Absender sich nicht mit der gesetzlich vorgesehenen Alimentation als Ganzer zufriedengeben will, wie das allerdings das Bundesverwaltungsgericht wiederholt als eine der notwendigen Bedingungen für einen statthaften Rechtsbehelf fordert:
"Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats bedürfen Ansprüche, deren Festsetzung und Zahlung sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergeben, einer vorherigen Geltendmachung (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteile vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 27 und vom 4. Mai 2017 - 2 C 60.16 - Buchholz 240 § 53 BBesG Nr. 3 Rn. 21). Der Beamte muss kundtun, wenn er sich mit der gesetzlich vorgesehenen Alimentation nicht zufrieden geben will (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2011 - 2 C 40.10 - USK 2011, 147 = juris Rn. 7), und dies zeitnah. Er muss den Einwand der unzureichenden Alimentation in dem Haushaltsjahr geltend machen, für das er eine höhere Besoldung oder Versorgung begehrt (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Mai 2010 - 2 C 33.09 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 117 Rn. 9)." (BVerwG, Urteil vom 21.02.2019 - 2 C 50.16 -, Rn. 33
https://www.bverwg.de/210219U2C50.16.0)
Hier mal das Widerspruchsschreiben, das ich unlängst meinen Kollegen zugesandt habe - es dürfte nach den sich auf Niedersachen beziehenden Streichungen ebenso auf Bremen anzuwenden sein, da eine tiefergehende und also konkretisierende Begründung nicht nötig ist. Nicht umsonst hebt das Bundesverwaltungsgericht hervor: "Das Erfordernis einer zeitnahen Geltendmachung der genannten Ansprüche folgt aus dem gegenseitigen Treuverhältnis, nach dem Beamte Rücksicht auf berechtigte Belange des Dienstherrn nehmen müssen. Da die Alimentation einen gegenwärtigen Bedarf decken soll, kann der Beamte nicht erwarten, Besoldungsleistungen für zurückliegende Haushaltsjahre zu bekommen, solange er sich mit der gesetzlichen Alimentation zufriedengegeben hat.
Die Rügeobliegenheit ist mit geringen inhaltlichen Anforderungen zu erfüllen. Sie soll den Dienstherrn auf haushaltsrelevante Mehrbelastungen aufmerksam machen." (BVerwG, Urteil vom 28.06.2012 - 2 C 40.10 -, Rn. 7; Hervorhebungen durch mich
https://www.bverwg.de/de/280611U2C40.10.0)
Gegebenenfalls könnte aus dem genannten Schreiben des dbb der nachfolgend in eckigen Klammern eingefügte Passus übernommen werden, wobei ich hier diesbezüglich wie auch generell wie gehabt darauf hinweise, dass die Zeilen dieses Beitrags keine professionelle Rechtsberatung ersetzen, die im Zweifel immer heranzuziehen ist:
[Name, Vorname ] [Ort, Datum]
[Adresse]
[Beschäftigungsbehörde – (s. Gehaltsabrechnung)]
[Personalnummer – (s. Gehaltsabrechnung)]
An
[Adresse der zuständigen Bezügestelle – (s. Gehaltsabrechnung)]
Antrag auf Gewährung einer amtsangemessenen Alimentation im Haushaltsjahr 2022
Sehr geehrte Damen und Herren,
Mit Urteil vom 05.05.2015 (2 BvL 17/09 u.a.) hat das Bundesverfassungsgericht die Grundgehaltssätze der Besoldungsgruppe R 1 in Sachsen-Anhalt in den Jahren 2008 bis 2010 als mit Art. 33 Abs. 5 GG unvereinbar erklärt und dabei die Kriterien konkretisiert, nach denen die Besoldung von Richtern und Staatsanwälten auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation zu überprüfen ist.
Mit seinen Entscheidungen zur A-Besoldung verschiedener Bundesländer (2 BvL 5/13 u.a.) hat das Bundesverfassungsgericht am 17.11.2015 die Prüfparameter weiter konkretisiert und um ein Abstandsgebot zum sozialhilferechtlichen Existenzminimum ergänzt, ohne hier zunächst noch eine operationalisierte Berechnungsmethode zur Bestimmung jenes Minimums vorzulegen. Diese Methodik hat es mit seinem Beschluss vom 04.05.2020 (2 BvL 4/18) rechtskräftig konkretisiert.
Mit Beschluss vom 23.05.2017 (2 BvR 883/14 u.a.) hat es dem Abstandsgebot zwischen den Besoldungsgruppen als hergebrachtem Grundsatz des Berufsbeamtentums Verfassungsrang zugewiesen, um in seinem Urteil vom 16.10.2018 (2 BvL 2/17) noch einmal besonders hervorzuheben, dass Beamte nicht stärker als andere Berufsgruppen zur Haushaltskonsolidierung herangezogen werden dürfen; zugleich hat es den Blick dabei und noch einmal besonders auf die nötigen prozeduralen Anforderungen sowie die Gesamtwirkung, die in der jeweiligen Gesetzesbegründung besonders zu beachten ist, gelenkt.
In seinem Beschluss vom 28.11.2018 (2 BvL 3/15; vgl. hier Rn. 51) hat das Bundesverfassungsgericht dem Land Niedersachsen in nuce, jedoch zum wiederholten Male (vgl. seinen Beschluss vom 17.11.2015 – 2 BvL 19/09 u.a. – Rn. 168) bescheinigt, dass seine Gesetzesbegründungen in der Vergangenheit nicht immer den nötigen prozeduralen Anforderungen entsprochen hat, also nicht immer hat erkennen lassen, dass das entsprechend nötige Handeln des Landes das Ergebnis einer auf die Herstellung praktischer Konkordanz zielenden Abwägungsentscheidung gewesen ist.Mit seinem aktuellen Beschluss vom 04.05.2020 (2 BvL 4/18) hat es die Prozeduralisierungspflichten des Besoldungsgesetzgebers noch einmal konkretisiert und diese als „zweite Säule“ des Alimentationsprinzips insoweit konkretisiert, dass ein Verstoß gegen die dem Besoldungsgesetzgeber obliegenden Prozeduralisierungspflichten zur Verfassungswidrigkeit des Gesetzes führt, unabhängig davon, ob sich zuvor Anhaltspunkte für eine Verletzung des absoluten oder relativen Alimentationsschutzes ergeben haben (vgl. ebd., Rn. 96). Darüber hinaus hat es den prozeduralen Zusammenhang der drei Prüfungsstufen und die damit verbundenen Pflichten des Besoldungsgesetzgeber weiter konkretisiert (vgl. ebd., sechster Leitsatz und Rn. 84 f.). Schließlich hat es mit Blick auf das Mindestabstandsgebot die Bemessung der Mindestalimentation, welche als solche einen mindestens 15%igen Abstand zum sozialgesetzlichen Grundsicherungsniveau aufweisen muss, präzisiert (vgl. ebd., Rn. 46-71).
[Das Verwaltungsgericht Bremen hat am 17.05.2016 ... zurückbleibt.]
Gemessen an der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung ist davon auszugehen, dass die vom Land
Niedersachsen Bremen gewährte Alimentation nicht amtsangemessen ist
, was unlängst noch einmal umfassend in der Vorlage 9 zu Nds-Drs. 18/11498 dargelegt worden ist.
Vor dem Hintergrund der Empfehlung aller maßgeblichen Gewerkschaften und Verbände lege ich hiermit Widerspruch gegen meine mir gewährte Besoldung im Kalenderjahr 2022 ein. Zugleich beantrage ich unter Hinweis auf die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts die Gewährung einer den verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechenden amtsangemessenen Besoldung für das Jahr 2022, die also der Prüfmethodik des Bundesverfassungsgerichts und damit dem Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation entspricht.Aus verfahrensökonomischen Gründen bitte ich darüber hinaus darum, bis zur endgültigen höchstrichterlichen Entscheidung meinen Antrag ruhen zu lassen sowie auf die Einrede der Verjährung zu verzichten und mir dies entsprechend schriftlich zu bestätigen.
Mit freundlichen Grüßen