Steuerschaden nach Gehaltsnachzahlung aufgrund Eingruppierungskorrektur?

Begonnen von toas, 18.12.2022 02:21

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Isie

Die Vorschrift des § 28 g SGB IV gilt nicht für Nachzahlungen. Anders als im Steuerrecht sind Nachzahlungen nach dem Anspruchs- und Entstehungsprinzip zu verbeitragen. Aufrollen ist also richtig, ebenso die Einbehaltung des SV-Arbeitnehmeranteils. Anders ist es dagegen bei der VBL. Dort ist mit Ausnahme der Nachzahlung für das laufende Jahr nach dem Zuflussprinzip zu verbeitragen. Bei einer hohen Nachzahlung kann es passieren, dass die Grenze überschritten wird, so dass für den übersteigenden Betrag keine Beiträge zur VBL-Klassik entrichtet werden. Der Arbeitgeber muss in so einem Fall Beiträge in die freiwillige Versicherung einzahlen, die ausschließlich arbeitgeberfinanziert sind. Dadurch verändern sich die steuer- und sozialversicherungspflichtigen Beträge im Vergleich zur laufenden Zahlung.

FrankFurter

Hallo,

um welche Summen reden wir hier eigentlich? Eine Höhergruppierung um eine Gruppe? Bis E8 oder drüber? Sind das dann noch unter 10.000 €?

Danke FrankFurter

SVAbackagain

Zitat von: Isie am 19.12.2022 09:22
Die Vorschrift des § 28 g SGB IV gilt nicht für Nachzahlungen. Anders als im Steuerrecht sind Nachzahlungen nach dem Anspruchs- und Entstehungsprinzip zu verbeitragen. Aufrollen ist also richtig, ebenso die Einbehaltung des SV-Arbeitnehmeranteils. Anders ist es dagegen bei der VBL. Dort ist mit Ausnahme der Nachzahlung für das laufende Jahr nach dem Zuflussprinzip zu verbeitragen. Bei einer hohen Nachzahlung kann es passieren, dass die Grenze überschritten wird, so dass für den übersteigenden Betrag keine Beiträge zur VBL-Klassik entrichtet werden. Der Arbeitgeber muss in so einem Fall Beiträge in die freiwillige Versicherung einzahlen, die ausschließlich arbeitgeberfinanziert sind. Dadurch verändern sich die steuer- und sozialversicherungspflichtigen Beträge im Vergleich zur laufenden Zahlung.
Die verbreitete, auf älterer BAG-Rechtsprechung beruhende Kommentarmeinung dürfte mittlerweile überholt sein, eben genau wegen des Entstehungsprinzips, zu dem das BSG (Urteil vom 14.07.2004, B 12 KR 1/04 R) urteilte, dass die Beitragspflicht und -fälligkeit mit dem Anspruch auf Entgelt und nicht mit dessen Abrechnung oder Zahlung entsteht. Dem trat auch das BAG (Urteil v. 18.12.2008, 8 AZR 205/08) bei, indem es feststellt, dass der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag jeweils unabhängig davon schuldet, ob er das Entgelt tatsächlich erst oder überhaupt noch auszahlen muss. Daraus folgt, dass der Arbeitgeber zur jeweiligen Fähigkeit des vorenthaltenen Arbeitsentgeltes auch die Sozialversicherungsbeiträge dafür schuldete und diesen Abzug lediglich in den jeweils drei darauffolgenden Monaten hätte abziehen dürfen.

Isie

@SVA: Du könntest recht haben. Diese veränderte Rechtsprechung kenne ich nur sehr oberflächlich, aber sie könnte tatsächlich bewirken, dass für die Nachzahlung § 28 g SGB IV gilt. Das dürfte dann aber wohl nicht der Arbeitsgerichtbarkeit, sondern der Sozialgerichtsbarkeit unterliegen, nehme ich an.

SVAbackagain

Die Abgrenzungsproblematik war schon häufiger Gegenstand der Rechtsprechung. Im Grenzbereich zwischen der Zuständigkeit zwischen Sozial- und Arbeitsgerichtsbarkeit fallen privatrechtliche Ansprüche im Binnenverhältnis AG-AN in den Bereich der Arbeitsgerichte und öffentlich-rechtliche Ansprüche aus dem Binnenverhältnis Arbeitgeber-SV-Träger in den Bereichen der Sozialgerichtsbarkeit. Hier geht es um einen privatrechtlichen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf das nicht um Sozialversicherungsbeiträge verminderte Entgelt und somit ist das Arbeitsgericht zuständig.

Isie

Okay, dann sollte Toas also seinem Arbeitgeber gegenüber den Anspruch auf Auszahlung der einbehaltenen SV-Arbeitnehmeranteile geltend machen, sofern der Arbeitgeber sie komplett einbehalten hat. Wenn der Arbeitgeber die Auszahlung verweigert, müsste Toas sich überlegen, ob er den Arbeitsgerichtsweg beschreiten will, d. h. wie groß das Risiko ist, dass der Schuss nach hinten losgeht.

toas

Ich habe nochmal drauf geschaut. Es wurden in der Tat SV-Beiträge abgezogen.
Die neue Bewertung gilt ab 2017. 2019 war ich länger erkrankt. Die die Beiträge erhöht wurden, müsste dann doch da Krankengeld auch erhöht werden. Gibt es da eine Rechtsgrundlage?

toas

Zitat von: FrankFurter am 19.12.2022 11:04
Hallo,

um welche Summen reden wir hier eigentlich? Eine Höhergruppierung um eine Gruppe? Bis E8 oder drüber? Sind das dann noch unter 10.000 €?

Danke FrankFurter

"Die Auszahlung der Beträge musste stufenweise vorgenommen werden"
Ich bekam eine Rate im Sept und eine im Nov. Eine soll jetzt noch im Dez kommen.
D.h. bisher kenne ich den Betrag noch nicht. Im September war das Arbeitgebernetto sofort über 1.000,- Euro geringer. Ich vermute mal wegen der Progression. Deswegen bin ich ja so an der fünferregelung interessiert

Isie

Der sonstige Bezug wird im Zuflussmonat versteuert und zv-verbeitragt. Der Steuerabzug und der VBL-Abzug müssten in der Spalte für den laufenden Monat ausgewiesen sein. Die Nachzahlung selber ist vermutlich in der Spalte für Nachzahlungen ausgewiesen, ebenso die SV-Beiträge. Das führt dazu, dass nicht auf einen Blick ersichtlich ist, wie hoch die Nettonachzahlung ist. Ich nehme außerdem an, dass die Aufteilung in 3 Zahlungen darauf beruht, dass das laufende Jahr und das Vorjahr durch das Bezügeprogramm berechnet werden konnten, die davorliegenden Jahre aber nicht. Zumindest wäre das in dem mir bekannten Programm KIDICAP so, dass von vielen Bundesländern verwendet wird.

toas

Zitat von: Isie am 20.12.2022 21:48
Der sonstige Bezug wird im Zuflussmonat versteuert und zv-verbeitragt. Der Steuerabzug und der VBL-Abzug müssten in der Spalte für den laufenden Monat ausgewiesen sein. Die Nachzahlung selber ist vermutlich in der Spalte für Nachzahlungen ausgewiesen, ebenso die SV-Beiträge. Das führt dazu, dass nicht auf einen Blick ersichtlich ist, wie hoch die Nettonachzahlung ist. Ich nehme außerdem an, dass die Aufteilung in 3 Zahlungen darauf beruht, dass das laufende Jahr und das Vorjahr durch das Bezügeprogramm berechnet werden konnten, die davorliegenden Jahre aber nicht. Zumindest wäre das in dem mir bekannten Programm KIDICAP so, dass von vielen Bundesländern verwendet wird.

"nicht auf einen Blick ersichtlich ist, wie hoch die Nachzahlung ist"
Genau so ist es. Der Arbeitgeber hat mir die Summe der Nachzahlung auch nicht genannt. Sieht der die / kennt der die? Oder ist das ein größerer Aufwand, mir das auszurechnen? Ich war schon verwundert, dass die mir die Summe nicht nennen.

Isie

Du musst die Nachzahlungen addieren, die auf den Gehaltsmitteilungen ausgewiesen sind. Das ist die Bruttonachzahlung. Für den sogenannten Historikzeitraum, also das laufende Jahr und das Vorjahr müsste die Nachzahlung in Folgeblättern aufgeschlüsselt sein. Für die Jahre vor 2021 dürfte die Nachzahlung separat außerhalb des Bezügeabrechnungsverfahrens berechnet worden sein. Diese Berechnung sollte dir dein Arbeitgeber zur Verfügung stellen können. Die hohen Steuern, die vermeintlich von deinem Monatsentgelt einbehalten wurden, beziehen sich vermutlich auf den sonstigen Bezug des Vorjahres. Achte bei deiner Gehaltsmitteilung für Dezember darauf, ob ein sonstiger Bezug für mehrere Kalenderjahre angegeben ist und wie hoch der sonstige Bezug für ein Kalenderjahr ist. Dieser darf nur die Jahressonderzahlung und die EPP enthalten. Die Nachzahlungen für die vergangenen Jahre müssen als sonstiger Bezug für mehrere Kalenderjahre ausgewiesen werden.

toas

so,
nun  ist eine neue Frage aufgetaucht. In der Abrechung gehen Beiträge für die Krankenkasse ab. Nun habe ich die Kasse angerufen. Da heißt es, dass das Krankengeld nachträglich nicht erhöht wird. Das ist ja nicht logisch.
Gibt es eine Möglichkeit, dass zu kippen?


Isie

Der Tarifvertrag trifft dazu naheliegenderweise keine Regelung.