Autor Thema: [BW] Nachzahlung des FamZuschl. für die Jahre vor 2020  (Read 2446 times)

dimi45

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Hallo an Alle,
bin neu hier und Beamter aus BW. In BW haben Kollegen eine Nachzahlung ( FamZuschl) ) für die Jahre 2020-2022 erhalten. diese kam im Dezember 2022. Allerdings für die Jahre zuvor wird mitgeteilt, dass es im Einzelfall geprüft wird und im laufe dieses Jahres an die Kollegen die früher einen Widerspruch eingereicht haben ausgezahlt werden soll d.h. diejenigen die keinen Widerspruch eigereicht haben bekommen keine Nachzahlung.

so steht es im Neuen Gesetz:
Eine allgemeine rückwirkende Behebung des Verfassungsverstoßes ist mit Blick auf die Besonderheiten des Richter- und Beam-tenverhältnisses nicht geboten (vgl. BVerfGE 155, 182; BVerfGE 139, 64). Aufgrund einer entsprechenden Zusage des Landes Baden-Württemberg sollen jedoch rück-wirkende Besoldungs- sowie Versorgungskorrekturen ab dem 1. Januar 2020 bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes unabhängig von der Einlegung eines Rechtsbe-helfs erfolgen.

Dem Land Baden-Württemberg liegen Widersprüche von Beamtinnen und Beamten sowie Richterinnen und Richtern betreffend die Amtsangemessenheit ihrer Besol-dung seit dem Jahr 2014 vor. Daher wurde die Besoldung in Baden-Württemberg im Rahmen dieses Gesetzes seit 2014 bis zum Jahr vor Inkrafttreten dieses Gesetzes rückwirkend auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüft.

Was denkt Ihr, kann so ein Vorgehen rechtmäßig sein? Verstößt das nicht gegen Gleichbehandlungsgrundsatz?
Ich meine alle sind Beamte, alle verrichten gleichen Dienst, aber Nachzahlung sollen nur die erhalten die einen Widerspruch 2014 eingereicht haben? Ergibt das einen Sinn?

Würde gerne Eure Meinung dazu wissen.

Dankeschön.

 




« Last Edit: 24.02.2023 03:08 von Admin2 »

Finanzer

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Antw:Nachzahlung des FamZuschl. für die Jahre vor 2020
« Antwort #1 am: 23.02.2023 09:37 »
Ich fürchte die Antwort wird Ihnen nicht gefallen. Wer sich seine Rechte nicht per Widerspruch gesichert hat, wird nichts bekommen.  Der Grundsatz der haushaltnahen Geltendmachung gilt auch hier, die Widersprüche hätten in den jeweiligen Jahren eingereicht werden müssen.

Bedanken Sie sich bei Ihren Gewerkschaften fürs nicht Informieren.

dimi45

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Antw:Nachzahlung des FamZuschl. für die Jahre vor 2020
« Antwort #2 am: 23.02.2023 09:53 »
Danke für die Meinung. Es ist natürlich, finde ich nicht gerecht. Interessanterweise schreibt LBV BW folgende Mitteilung:

Umgang mit Widersprüchen gegen die Regelungen des BVAnp-ÄG 2022
Der Besoldungsgesetzgeber in Baden-Württemberg hat mit den Regelungen des BVAnp-ÄG 2022 (GBl. S. 540).pdf unter anderem die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aus seinen Beschlüssen vom 4. Mai 2020 (BvL 4/18 und 2 BvL 6/17) umgesetzt.

Mit Schreiben vom 10. Januar 2023 hat Herr Minister Dr. Bayaz folgende Zusage gegeben: Sollten Regelungen des BVAnp-ÄG 2022 im Zuge einer Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht als nicht verfassungsgemäß eingestuft werden, wird das Ministerium für Finanzen etwaige Nachzahlungen entsprechend einer vom Gesetzgeber dann zu treffenden Korrekturregelung von Amts wegen rückwirkend leisten.

Zur zeitnahen Geltendmachung eines amtsangemessenen Besoldungsanspruchs ist daher die Einlegung von Widersprüchen bzw. die Stellung von Anträgen gegen die Regelungen des BVAnp-ÄG 2022 nicht erforderlich.

Soweit Widersprüche bzw. Anträge bereits eingereicht wurden oder künftig werden, werden diese bis zu einer höchstrichterlichen Klärung der Rechtslage über das BVAnp-ÄG 2022 ruhend gestellt. Die Einrede der Verjährung wird in diesen Fällen nicht erhoben, es sei denn, dass der geltend gemachte Anspruch bereits bei der Geltendmachung verjährt oder verwirkt war.

d.h. Beamte ( ich auch ) haben Widerspruch eingelegt gegen BVAnp-ÄG 2022 und in dem Fall schreibt LBV, man muss keine Widersprüche einlegen. Wenn festgestellt wird, dass diese Besoldung nicht verfassungskonform ist, dann wird alles nachgezahlt.
Also  für die Jahre vor 2020 braucht LBV Widerspruch und in diesem Fall braucht man keinen.

Saggse

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Antw:Nachzahlung des FamZuschl. für die Jahre vor 2020
« Antwort #3 am: 23.02.2023 10:06 »
Mit Schreiben vom 10. Januar 2023 hat Herr Minister Dr. Bayaz folgende Zusage gegeben: Sollten Regelungen des BVAnp-ÄG 2022 im Zuge einer Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht als nicht verfassungsgemäß eingestuft werden, wird das Ministerium für Finanzen etwaige Nachzahlungen entsprechend einer vom Gesetzgeber dann zu treffenden Korrekturregelung von Amts wegen rückwirkend leisten.
Der Minister ist weder der Gesetzgeber noch kann er diesem irgendwelche Weisungen o.ä. erteilen. Daher kann er prinzipbedingt auch keine verbindliche Auskunft darüber geben, wie der Gesetzgeber in Zukunft entscheiden wird. Aussagen seinerseits, die in diese Richtung gehen, dienen maximal der Orientierung - sich darauf zu verlassen, wäre naiv.

dimi45

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Antw:Nachzahlung des FamZuschl. für die Jahre vor 2020
« Antwort #4 am: 23.02.2023 10:14 »
Mit Schreiben vom 10. Januar 2023 hat Herr Minister Dr. Bayaz folgende Zusage gegeben: Sollten Regelungen des BVAnp-ÄG 2022 im Zuge einer Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht als nicht verfassungsgemäß eingestuft werden, wird das Ministerium für Finanzen etwaige Nachzahlungen entsprechend einer vom Gesetzgeber dann zu treffenden Korrekturregelung von Amts wegen rückwirkend leisten.
Der Minister ist weder der Gesetzgeber noch kann er diesem irgendwelche Weisungen o.ä. erteilen. Daher kann er prinzipbedingt auch keine verbindliche Auskunft darüber geben, wie der Gesetzgeber in Zukunft entscheiden wird. Aussagen seinerseits, die in diese Richtung gehen, dienen maximal der Orientierung - sich darauf zu verlassen, wäre naiv.

Das verstehe ich, und Sie haben völlig Recht, aber wie kann man so eine Aussage tätigen in Bezug auf den Widerspruch? Ich meine das widerspricht der Aussage von LBV ( in meinem Fall war das so ) die Nachzahlungen für die Jahre zuvor erfolgt nur an die Bedienstete die Widerspruch eingelegt haben ( 2014,2015 usw. ) Die Besoldung hat damals gegen die Verfassung verstoßen und in hier im neuen Gesetz wenn festgestellt wird, dass wieder nicht verfassungskonform ist braucht man keinen Widerspruch.
Wie ist das rechtlich zu beurteilen?

dimi45

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Antw:Nachzahlung des FamZuschl. für die Jahre vor 2020
« Antwort #5 am: 23.02.2023 10:18 »
Besteht überhaupt eine Chance wenn man versuchen würde rechtlich ( d.h. mit Rechtsanwalt ) gegen diese Regelung vorzugehen?

flip

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Antw:Nachzahlung des FamZuschl. für die Jahre vor 2020
« Antwort #6 am: 23.02.2023 10:21 »

Wie ist das rechtlich zu beurteilen?
Vereinfacht gesagt: 
Alle Ansprüche der Jahre bis einschließlich 2022 wurden durch das BVAnp-ÄG abschließend behandelt.
Die Äußerung von Minister Dr. Bayaz für dieses und künftige Jahre hat rechtlich keine Wirkung.

Rentenonkel

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Antw:Nachzahlung des FamZuschl. für die Jahre vor 2020
« Antwort #7 am: 23.02.2023 10:34 »
Besoldungsansprüche, die sich nicht unmittelbar aus Gesetz ergeben, bedürfen einer vorherigen Geltendmachung; sie können erst ab dem hierauf folgenden Monat gewährt werden (Bundesverwaltungsgerichts v. 4.05.2017 (2 C 60/16): Rn. 14). Für einen Nachzahlungsanspruch wegen verfasssungswidrig nicht amtsangemessener Alimentation gilt dagegen das Prinzip der zeitnahen Geltendmachung. Diese Rechtsprechung folgt dem Grundgedanken, dass der Beamte kundtun muss, wenn er sich mit der gesetzlich vorgesehenen Alimentation nicht zufrieden geben will (BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2011 – 2 C 40.10 – USK 2011, 147 Rn. 7). Sein Begehren kann nicht durch bloße Rechtsanwendung der Behörden entschieden werden, sondern setzt eine Klärung der normativen Grundlagen der Besoldung voraus (vgl.  BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2008 – 2 C 28.07 – juris Rn. 21).

Dieser Anspruch kann grundsätzlich erst zukünftig, d.h. ab dem auf die erstmalige Geltendmachung folgenden Monat anerkannt werden (vgl. zur unionsrechtswidrigen Zuvielarbeit  BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 – 2 C 26.14– Buchholz 232.0 § 87 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 25 m.w.N. sowie für die Geltendmachung eines unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs wegen altersdiskriminierender Besoldung  BVerwG, Urteil vom 6. April 2017 – 2 C 11.16-).

Eine rückwirkende Leistungsbewilligung kommt nur in Betracht, wenn die – neu erlassene – Rechtsgrundlage dies vorsieht oder wenn sich die Verpflichtung zur rückwirkenden Leistungsgewährung aus verfassungsrechtlichen Gründen ergibt. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folgt aus der Feststellung eines Verfassungsverstoßes grundsätzlich die Verpflichtung des Gesetzgebers, diesen rückwirkend zu beseitigen (BVerfG, Beschluss vom 19. Juni 2012 – 2 BvR 1397/09 – BVerfGE 131, 239 <265> m.w.N.).

Diese Überlegung trifft materiell auch für den Bereich der Beamtenbesoldung zu. Wenn die bisherige Alimentation nicht ausgereicht hat, einen amtsangemessenen Lebenszuschnitt zu gewährleisten, musste der betroffene Beamte eigenes Vermögen hierfür einsetzen oder Schulden aufnehmen (wenn er eine nicht-amtsangemessene Lebensführung vermeiden wollte). Diese „Vorleistung“ nachträglich auszugleichen erscheint aus Rechtsgründen geboten; Grenze hierfür ist grundsätzlich nur die Einrede der Verjährung.

Ausnahmen von der rückwirkenden Regelungspflicht hat das Bundesverfassungsgericht aber im Interesse verlässlicher Finanz- und Haushaltsplanung bei haushaltswirtschaftlich bedeutsamen Normen anerkannt. Gerade bei besoldungsrechtlichen Normen sei überdies zu beachten, dass die Alimentation des Beamten der Sache nach die Befriedigung eines gegenwärtigen Bedarfs aus gegenwärtig zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln darstelle. Eine allgemeine rückwirkende Behebung des Verfassungsverstoßes sei daher mit Blick auf die Besonderheiten des Beamtenverhältnisses nicht geboten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. November 2015 – 2 BvL 19/09 u.a. – BVerfGE 140, 240 Rn. 170 m.w.N.). Im Bereich der Beamtenbesoldung kann sich eine rückwirkende Heilung von Verfassungsverstößen deswegen personell auf diejenigen Beamten beschränken, die ihre Ansprüche geltend gemacht haben, ohne dass über ihren Anspruch schon abschließend entschieden wurde, und sachlich auf den Zeitpunkt des laufenden Haushaltsjahres, in dem der Beamte seine Unteralimentierung gegenüber dem Dienstherrn erstmals geltend gemacht hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. März 1990 – 2 BvL 1/86 – BVerfGE 81, 363 <385>).

Soweit der geltend gemachte Anspruch nicht auf die verfassungswidrige Unterschreitung der Mindestalimentation zurückgeführt wird, hält indes auch das Bundesverfassungsgericht nur eine Rückwirkung für erforderlich, die einen Anspruch auf Nachzahlung „ab dem Zeitpunkt seiner erstmaligen Beanspruchung“ einräumt (BVerfG, Beschluss vom 19. Juni 2012 – 2 BvR 1397/09 – BVerfGE 131, 239 <266>). Entsprechendes gilt für die vorliegende Behauptung eines unzutreffend festgesetzten Auslandszuschlags, weil damit kein Verfassungsverstoß dargetan wird. Art. 33 Abs. 5 GG verpflichtet den Gesetzgeber nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht, bei der Festsetzung der Beamtenbezüge einen spezifischen Ausgleich für regional erhöhte Lebenshaltungskosten zu gewähren (BVerfG, Urteil vom 6. März 2007 – 2 BvR 556/04 – BVerfGE 117, 330<344>).

Also: Kommt es bei nicht amtsangemessener Alimentation später zu einer rückwirkenden Korrektur der Besoldung, gilt der Grundsatz zeitnaher Geltendmachung bezogen auf das Jahr, in dem der Beamte Ansprüche geltend gemacht hat. Sofern der Gesetzgeber auf die haushaltsnahe Geltendmachung verzichtet, muss er alle Beamte in dem jeweiligen Kalenderjahr gleichstellen. Das ist bezogen auf 2020 - 2022 allerdings passiert.

Nach meiner Einschätzung hätte daher ein Geltendmachung von Ansprüchen, auf die man nicht rechtzeitig einen Antrag gestellt hat, keine Aussicht auf Erfolg.

dimi45

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Antw:Nachzahlung des FamZuschl. für die Jahre vor 2020
« Antwort #8 am: 23.02.2023 10:49 »
Vielen Dank für die Ausführliche Info bzg. dieser Problematik. Das ist natürlich wirklich bitter, vor allem man wird nicht darüber informiert, dass man Widerspruch einlegen soll, muss. Als Beamter, Staatsdiener geht man davon aus, dass das Dienstherr verfassungskonform handelt, in dem Fall Verfassungskonforme Besoldung seinen Beamten überweist.
D.h. ab jetzt muss man immer jedes Jahr Widerspruch einlegen. Denn wer weiß, ob evtl. in ein paar Jahren wieder festgestellt wird, dass die Besoldung zu niedrig ist.

Ozymandias

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Antw:Nachzahlung des FamZuschl. für die Jahre vor 2020
« Antwort #9 am: 23.02.2023 10:53 »

Ich meine alle sind Beamte, alle verrichten gleichen Dienst, aber Nachzahlung sollen nur die erhalten die einen Widerspruch 2014 eingereicht haben? Ergibt das einen Sinn?

Würde gerne Eure Meinung dazu wissen.

Querulantentum wird eben belohnt.

Deshalb zukünnftig jedes Jahr Widerspruch einlegen, bis die Schreibmaschine qualmt.

dimi45

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Antw:Nachzahlung des FamZuschl. für die Jahre vor 2020
« Antwort #10 am: 23.02.2023 11:07 »

Ich meine alle sind Beamte, alle verrichten gleichen Dienst, aber Nachzahlung sollen nur die erhalten die einen Widerspruch 2014 eingereicht haben? Ergibt das einen Sinn?

Würde gerne Eure Meinung dazu wissen.

Querulantentum wird eben belohnt.

Deshalb zukünnftig jedes Jahr Widerspruch einlegen, bis die Schreibmaschine qualmt.

Tja traurig aber wahr. Ab heute wird jedes Jahr Widerspruch eingelegt. 

Finanzer

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Antw:Nachzahlung des FamZuschl. für die Jahre vor 2020
« Antwort #11 am: 23.02.2023 11:35 »
Vielen Dank für die Ausführliche Info bzg. dieser Problematik. Das ist natürlich wirklich bitter, vor allem man wird nicht darüber informiert, dass man Widerspruch einlegen soll, muss. Als Beamter, Staatsdiener geht man davon aus, dass das Dienstherr verfassungskonform handelt, in dem Fall Verfassungskonforme Besoldung seinen Beamten überweist.
D.h. ab jetzt muss man immer jedes Jahr Widerspruch einlegen. Denn wer weiß, ob evtl. in ein paar Jahren wieder festgestellt wird, dass die Besoldung zu niedrig ist.

Traurig aber wahr. Jedes Jahr Widerspruch einlegen und vorallem viel Werbung in der Dienststelle machen.