Autor Thema: [NW] Auswahlverfahren Stellenbesetzung - unterschiedliche Statusämter  (Read 2310 times)

Kurbalin

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Hallo liebe Beamtenrechtler,

ich hätte gerne eine Einschätzung von einem zu folgendem Szenario:

Eine Kommune schreibt eine Sachbearbeiterstelle (A11) aus und es bewerben sich zwei Kandidaten:

Kandidat 1:
- weiblich
- Anfang 30
- unverheiratet und keine Kinder
- Vorbereitungsdienst von 09/2016 - 08/2019
- Probezeit von 08/2019 - 08/2022
- Besoldungsgruppe A9 (Beförderungsreife nach A10 ab 08/2023)

Kandidat 2:
- männlich
- Anfang 30
- unverheiratet und keine Kinder
- aktuelle Besoldungsgruppe A10 (seit etwa 2 Jahren)

Im Bewerbungsgespräch kamen alle Teilnehmer des Auswahlgremiums zu der Einschätzung, dass keiner deutlich besser abgeschnitten habe. Vor dem Hintergrund sprechen sich Amtsleiter, Personalstelle und Personalrat für Kandidat 2 aus. Die Gleichstellungsbeauftragte argumentiert mit dem LGG und nach einigem hin und her entscheidet der Bürgermeister - der Argumentationo der Gleichstellungsbeauftragten folgend -, dass Kandidat 1 den Zuschlag erhält.

Nach meinem Verständnis besagt § 7 (5) i.V.m. LGG dass Frauen bei gleicher Eignung, Leistung und Befähigung bevorzugt zu berücksichtigen sind. Im vorliegenden Fall ist dies mE nicht gegeben, da Kandidat 2 mit dem höheren Statusamt einen höheren Eignungsgrad vorweisen kann. Selbst, wenn beide Kandidaten in allen anderen Kriterien (Vorstellungsgespräch, dienstliche Beurteilung etc.) exakt gleich liegen würden, würde man hier doch nicht von gleicher Eignung, Leistung und Befähigung sprechen oder? Im Grunde müsste Kandidat 1 doch den Vorsprung, den Kandidat 2 mit dem höheren Statusamt mitbringt, durch eine deutlich bessere Leistung im Vorstellungsgespräch zunächst einmal ausgleichen, ehe man zu der Einschätzung kommen könnte, dass beide gleichermaßen geeignet wäre.

Wie seht ihr das? Aus meiner Sicht drängt sich hier eine Konkurrentenklage auf, oder?

was_guckst_du

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...was ist mit den Beurteilungen?
Gruß aus "Tief im Westen"

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Kurbalin

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Ich würde für dieses Szenario mal unterstellen, dass beide letzten Beurteilungen identisch ausfallen.

Thomber

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Bei gleicher Note aber unterschiedlichem Amt gilt der Kandidat 2 als besser geeignet.  Das ist m.E. nach auch so in der Rechtsprechung etabliert.  (Faustformel ist wohl:    A10 mit Note 3 wäre A9 mit Note 1)

Kurbalin

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Danke. Kannst du mir zufällig ein Urteil benennen, aus dem sich das entnehmen bzw. ableiten lässt. Ich habe schon einiges recherchiert, aber bin nicht wirklich mit etwas (für mich) aussagekräftigem fündig geworden.

Hain

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Ich finde es erstaunlich, dass in Deinem Ausgangspost keine Erwähnung der Beurteilungen stattfindet. Das Vorstellungsgespräch hat nur einen beschränktes Gewicht bei einer ordnungsgemäßen Auswahl. Dazu zB eine Zusammenfassung unter https://www.michaelbertling.de/beamtenrecht/konkuxx62.htm

Kurbalin

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Vielleicht zur Einordnung: Ich bin selbst nicht verfahrensbeteiligt, sondern verfolge das ganze als Außenstehender. Daher liegen mir nicht alle Informationen im Detail vor. Tatsache ist aber wohl, dass den dienstlichen Beurteilungen für die Gesamteinschätzung "beide Kandidaten sind gleich gut" nicht viel Gewicht verliehen worden ist.

Danke für den Link!

was_guckst_du

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...Beurteilungen sind bei der Auswahl das Hauptkriterium...ein Auswahlgespräch wäre nur möglich, wenn die Beurteilungen im Wesentlichen vergleichbar sind, dabei wiegt die Beurteilung aus dem höheren Amt natürlich schwerer...

..wenn also im geschildertem Fall gleiche Beurteilungen vorliegen, die sich auf unterschiedliche Ämter beziehen, ist der oder diejenige aus dem höheren Amt in der Bestenauslese vorn...solltes es anders gelaufen sein, liegt ein gerichtlich durchsetzbarer Bewerberverfahrensanspruch vor...

...dieser wird im Eilverfahren vor dem VG eingelegt (unverzüglich nach Bekanntgabe der Entscheidung; Frist leigt m.E. bei 14 Tage...

..die Frage des Statusamtes ist nicht ausschlaggebend...wenn der A9er A10-Tätigkeiten ausübt und diese Tätigkeit Ggenstand der Beurteilung war, ist es auch eine A10-Beurteilung...dann wäre bei gleichlautender Beurteilungsnote ein Auswahlgespräch ok...
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Kurbalin

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Zitat
..die Frage des Statusamtes ist nicht ausschlaggebend...wenn der A9er A10-Tätigkeiten ausübt und diese Tätigkeit Ggenstand der Beurteilung war, ist es auch eine A10-Beurteilung...dann wäre bei gleichlautender Beurteilungsnote ein Auswahlgespräch ok...

Danke für diesen wichtigen Hinweis. Reine A9er-Stellen sind ja in den (insbesondere kleineren) Kommunalverwaltung eher eine Seltenheit. Meistens handelt es sich eher um A9/A10-Stellen und dies wird auch im vorliegenden Fall so sein. Demnach wäre die Beurteilung für Kandidat 1 genauso zu gewichten, wie die Beurteilung von Kandidat 2, auch wenn Kandidat 1 das geringere Statusamt bekleidet und im Grunde noch nicht einmal die Beförderungsreife für A10 erreicht hat?

was_guckst_du

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..wobei dann auch nicht sofort das LGG zieht...selbst wenn man von im Wesentlichen gleichen Beurteilungen ausgeht (was relativ selten bei einer vorzunehmenden Innendifferenzierung der Beurteilungen bzw. bei Rückgriff auf ältere Beurteilungen sein dürfte) kann die Gleichstellungskarte nur gezogen werden, wenn es was gleichzustellen gibt...

...dabei muss geprüft werden, wie denn die Gleichstellung in den A11-Ämtern in der Verwaltung aussieht..gibt es da überhaupt noch eine Unterrepäsentation von bestimmten Geschlechtern?...wenn von z.B 20 A11-Stellen im Hause bereits 10 von Frauen besetzt sind, gibt es nichts mehr gleichzustellen...

...wenn z.B. von den 20 Stellen 11 von Frauen besetzt sind, muss die Gleichstellungsbeauftragte auf die Gleichstellung des männlichen Geschlechts achten!...da sich Gleichstellungsbeauftragte aber gerne als Frauenbeauftragte sehen, werden sie das oft nicht tun (und sind damit fehl am Platz)....
Gruß aus "Tief im Westen"

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Kurbalin

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Das ist mit Blick in den aktuellen Gleichstellungsplan relativ spannend, da dort keine Unterrepräsentanz in der Besoldungsgruppe A11 aufgeführt ist. In LG 2.1 grundsätzlich gibt es ein Verhältnis von 18 Frauen zu 16 Männern, aber eine Unterrepräsentanz von Frauen wird erst ab der Besoldungsgruppe A12 festgestellt. Insofern ist unter den Maßnahmen auch nur angeführt, dass verstärkt Führungspositionen mit Frauen besetzt werden sollen.

was_guckst_du

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...das wird heute in vielen Verwaltungen so aussehen...die Frauenquote in meiner Verwaltung liegt mittlerweile bei über 60 % und das spiegelt sich natürlich auch in den Statusämtern wieder...in meiner Verwaltung herrscht erst ab dem höheren Dienst noch eine Ungleichgewicht...

...und das Ganze ist kein Verdienst von irgendwelchen Gleichstellungsbeauftragten, sondern ist im öD einfach eine gesellschaftliche Entwicklung...schon im Ausbildungsbereich ist es heute schwierig, überhaupt adäquate männliche Bewerber zu finden...
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Malkav

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..die Frage des Statusamtes ist nicht ausschlaggebend...wenn der A9er A10-Tätigkeiten ausübt und diese Tätigkeit Ggenstand der Beurteilung war, ist es auch eine A10-Beurteilung...dann wäre bei gleichlautender Beurteilungsnote ein Auswahlgespräch ok...

Darf ich mir die Frage erlauben, woher du diese Information nimmst?

Im Ressort (Justiz) sind außerhalb der obersten Landesbehörde sämtliche Dienstposten in der Laufbahngruppe 2.1 (A9 bis A 13 mit Amtszulage) gebündelte Dienstposten über alle Statusämter hinweg. Man hat hierfür extra eine entsprechende Regelung in § 21 S. 2 SHBesG geschaffen, ohne eine "Höchstgrenze von bündelbaren Ämter" zu bestimmen.

Das führt zu so "lustigen" Situationen, dass der Berufsanfänger mit A 9 Identische Tätigkeiten wie die Kollegin im Nachbarbüro mit A13Z wahrnimmt.

BeamterimNorden

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..die Frage des Statusamtes ist nicht ausschlaggebend...wenn der A9er A10-Tätigkeiten ausübt und diese Tätigkeit Ggenstand der Beurteilung war, ist es auch eine A10-Beurteilung...dann wäre bei gleichlautender Beurteilungsnote ein Auswahlgespräch ok...

Dies ist leider so nicht richtig, die Frage des Statusamts ist ein Kernmerkmal einer Beurteilung, dies ist auch durch die Rechtsprechung so zementiert.

Und eine A9-Beurteilung bleibt eine A9-Beurteilung, selbst wenn Tätigkeiten nach A12 ausgeübt werden. Diese Tätigkeiten werden in der Tätigkeitsbeschreibung natürlich erwähnt und die Beurteilung an sich wird aus diesem Grund sicherlich auch um einiges besser ausfallen als wenn "nur" A9er Tätigkeiten ausgeübt worden wären, es bleibt aber eine A9-Beurteilung und wird nicht zu einer A12-Beurteilung.
Das muss man fein unterscheiden und ist in der Praxis bei der Bestenauswahl immens wichtig.

was_guckst_du

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..dann scheint das im Norden anders zu sein...in NRW ist insbesondere das OVG Münster anderer Auffassung..

...warum sollten auch gleiche Tätigkeiten bei der beurteilung anders gewichtet werden, nur weil jemand noch nicht befördert ist...

... in meiner Verwaltung ist das sogar explizit in einer Auswahlverfahrensrichtlinie festgehalten...
Gruß aus "Tief im Westen"

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