Autor Thema: Zuweisung zur gemeinsamen Einrichtung Jobcenter  (Read 1961 times)

frankpady

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Hallo, ich habe eine Frage zur Abordnung bzw. Zuweisung.
Ich bin angestellt beim Landratsamt, allerdings schon seit Jahren gemäß $ 4 Abs. 2 TVÖD
zum Jobcenter zugewiesen.
Ich bin im Außendienst eingesetzt.
Da ich in einem sehr ländlichen Gebiet beschäftigt bin und das LRA keinen Außendienst
hat, kommt es vor, dass ich für bestimmte Fachbereiche vom LRA (z.B. Sozialamt) Prüfungen im Außendienst
vornehmen muss. Hierzu erhalte ich Aufträge per Post mit Sachverhalt usw. vom Sozialamt.
Begründet werden diese Prüfungen im Außendienst immer mit einer Beschäftigung bei der
gemeinsamen Einrichtung beim Jobcenter.
Ist dies grundsätzlich zulässig? Kann der Vorgesetzte Jobcenter von mir verlangen, dass ich Arbeit für
das LRA erledige?

SVAbackagain

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Antw:Zuweisung zur gemeinsamen Einrichtung Jobcenter
« Antwort #1 am: 28.02.2023 13:41 »
Was denn nun, Abordnung oder Zuweisung?

frankpady

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Antw:Zuweisung zur gemeinsamen Einrichtung Jobcenter
« Antwort #2 am: 28.02.2023 13:44 »
Zuweisung gem. § 4 Abs. 2 TVÖD

SVAbackagain

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Antw:Zuweisung zur gemeinsamen Einrichtung Jobcenter
« Antwort #3 am: 28.02.2023 13:56 »
Die Zuweisung ist rechtlich nichts anderes als eine Arbeitnehmerüberlassung, das Direktionsrecht geht für die Dauer der Zuweisung auf den Entleiher über, das dieser anstelle des Verleihers ausübt. Das Jobcenter kann also innerhalb der Reichweite des Direktionsrechts Anweisungen erteilen, bestimmte Arbeitsaufträge zu erfüllen. Es ist nicht erkennbar, dass diese Reichweite im Sachverhalt überschritten würde.

Opa

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Antw:Zuweisung zur gemeinsamen Einrichtung Jobcenter
« Antwort #4 am: 28.02.2023 14:01 »
Es ist unzulässig, da das Landratsamt während deiner Zuweisung zum Jobcenter kein Direktionsrecht hat.

Es ist zudem möglicherweise Betrug, da deine Personalkosten aus dem Verwaltungsbudget des Jobcenters bezahlt werden, das zu 15,2% vom Landratsamt und zu 84,8% durch die Bundesagentur für Arbeit finanziert ist.

Durch die Ausübung von Tätigkeiten außerhalb des Jobcenters, während der Zeit, die du eine Arbeitsleistung für das Jobcenter schuldest, entsteht somit der Bundesagentur für Arbeit ein Vermögensschaden.

Sofern also die BA nichts von deiner Tätigkeit für das Sozialamt weiß und demzufolge dieser nicht zugestimmt haben kann, bewegt sich das Landratsamt auf ganz dünnem Eis.

Opa

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Antw:Zuweisung zur gemeinsamen Einrichtung Jobcenter
« Antwort #5 am: 28.02.2023 14:03 »
Die Zuweisung ist rechtlich nichts anderes als eine Arbeitnehmerüberlassung, das Direktionsrecht geht für die Dauer der Zuweisung auf den Entleiher über, das dieser anstelle des Verleihers ausübt. Das Jobcenter kann also innerhalb der Reichweite des Direktionsrechts Anweisungen erteilen, bestimmte Arbeitsaufträge zu erfüllen. Es ist nicht erkennbar, dass diese Reichweite im Sachverhalt überschritten würde.

Es handelt sich entgegen der Aussage des TE um eine Zuweisung nach § 44g SGB II.
Die Konsequenz ist, wie von dir dargestellt. Da die Aufträge jedoch nicht vom Jobcenter sondern vom Sozialamt kommen, sind sie unzulässig (s.o.).

Edit: Alles unter der Prämisse, dass es sich bei dem Jobcenter um eine gemeinsame Einrichtung handelt und dem TE zu 100% seiner Arbeitszeit in dieser gE Tätigkeiten zugewiesen wurden. Davon gehe ich aus, da dies die übliche Vorgehensweise ist und Mischtätigkeiten bereits in anderem Kontext gerichtlich untersagt wurden.
« Last Edit: 28.02.2023 14:12 von Opa »

FearOfTheDuck

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Antw:Zuweisung zur gemeinsamen Einrichtung Jobcenter
« Antwort #6 am: 28.02.2023 14:11 »
Laut SV bekommt der Fragesteller die Aufgabe aber vom derzeitigen Vorgesetzten im Jobcenter übertragen. Damit ist doch die Anweisund vom übergegangenen Direktionsrecht gedeckt. Oder wie liest du den SV?

Opa

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Antw:Zuweisung zur gemeinsamen Einrichtung Jobcenter
« Antwort #7 am: 28.02.2023 14:14 »
Laut Sachverhalt bekommt er die Aufträge vom Landratsamt und dem dort angesiedelten Sozialamt.
Die anschließende Frage, ob sein Vorgesetzter derartiges von ihm verlangen könnte, ist aus den o.g. Gründen ebenfalls zu verneinen. Beschäftigte im Jobcenter dürfen aufgrund der Finanzierung ausschließlich Aufgaben nach dem SGB II wahrnehmen.

FearOfTheDuck

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Antw:Zuweisung zur gemeinsamen Einrichtung Jobcenter
« Antwort #8 am: 28.02.2023 14:23 »
Wie sähe das im Rahmen eines Amtshilfeersuchens aus?

SVAbackagain

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Antw:Zuweisung zur gemeinsamen Einrichtung Jobcenter
« Antwort #9 am: 28.02.2023 14:25 »
Das ficht aber das Binnenverhältnis Arbeitgeber - Arbeitnehmer nicht an. Zudem mag es zwar eine Zuweisung nach § 44g SGB II sein, die Norm verweist jedoch klar auf den tarifrechtlichen Rechtsrahmen. Dementsprechend kommt es für die Rechtsverhältnisse des Arbeitnehmers in erster Linie auf die tariflichen Normen an, das SGB II ist lediglich die Ermächtigungsnorm für den öffentlichen Arbeitgeber, von den tariflichen Möglichkeiten Gebrauch zu machen.

Opa

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Antw:Zuweisung zur gemeinsamen Einrichtung Jobcenter
« Antwort #10 am: 28.02.2023 14:40 »
Ich denke, wir meinen dasselbe. Für den Sachverhalt von Bedeutung ist, dass weder der Arbeitgeber noch das Jobcenter die Befugnis haben, dem TE Aufgaben außerhalb der zugewiesenen Tätigkeiten nach dem SGB II abzuverlangen. Der Arbeitgeber mangels Direktionsrecht und das Jobcenter mangels Ermächtigungsgrundlage im SGB II.

Opa

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Antw:Zuweisung zur gemeinsamen Einrichtung Jobcenter
« Antwort #11 am: 28.02.2023 16:55 »
Wie sähe das im Rahmen eines Amtshilfeersuchens aus?
Der vorgegebene Sachverhalt lässt nicht darauf schließen, dass die Voraussetzungen für Amtshilfe vorlägen oder dass ein solches Ersuchen gestellt worden sei. Vielmehr deutet alles darauf hin, dass das Landratsamt in rechtswidriger Weise über Ressourcen des Bundes zur Erledigung eigener Aufgaben verfügt.

Grundsätzlich müsste ein Amtshilfeersuchen, so es denn zulässig wäre, an die Geschäftsführung des Jobcenters gerichtet und von dieser der Trägerversammlung zur Entscheidung vorgelegt werden. Da es sich um eine Angelegenheit personalwirtschaftlicher und organisatorischer Bedeutung handelt, ist der Beschluss der Trägerversammlung erforderlich (§ 44c Abs. 2 SGB II). Die Vertreter der BA in der Trägerversammlung könnten in der beschriebenen Konstellation ihre Zustimmung nicht erteilen, da hier offensichtlich eine gewollte und geplante „Personallücke“ beim Landratsamt zu Lasten des Bundeshaushalts gestopft werden soll.

FearOfTheDuck

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Antw:Zuweisung zur gemeinsamen Einrichtung Jobcenter
« Antwort #12 am: 28.02.2023 17:28 »
 :) Danke für die Erläuterung und den Einblick in den Bereich des SGB II.

frankpady

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Antw:Zuweisung zur gemeinsamen Einrichtung Jobcenter
« Antwort #13 am: 01.03.2023 06:13 »
Wie sähe das im Rahmen eines Amtshilfeersuchens aus?
Die Vertreter der BA in der Trägerversammlung könnten in der beschriebenen Konstellation ihre Zustimmung nicht erteilen, da hier offensichtlich eine gewollte und geplante „Personallücke“ beim Landratsamt zu Lasten des Bundeshaushalts gestopft werden soll.

Und wem ist die Trägerversammlung in dem Fall Rechenschaft schuldig bzw. wenn die "Trägerversammlung"
über die Personallücke des LRA hinweg geht?

Opa

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Antw:Zuweisung zur gemeinsamen Einrichtung Jobcenter
« Antwort #14 am: 01.03.2023 07:50 »
Wenn die BA in der Trägerversammlung dieser zweckwidrigen Verwendung von Ressourcen des Bundes zustimmt, kann dies erstens BA-intern von den nächsten Hierarchie-Instanzen (Regionaldirektion, Zentrale) zurückgepfiffen werden.

Zweitens ist das BMAS Aufsichtsbehörde und könnte das Vorgehen untersagen.

Drittens kann der Bundesrechnungshof dies in als Prüfinstanz rügen.