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Familienzuschlag in getrennten Beamten-Familien

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FredMusterhut:
Diskussion zu § 40 (5) BBesG, der den Familienzuschlag einseitig dem betreuenden Elternteil zuweist (zusätzlich zum Kindesunterhalt!) und den Unterhaltspflichtigen leer ausgehen lässt.

Meine These:

Wegfall des Familienzuschlages des kindesunterhaltspflichtigen Elternteils in getrennten Beamten-Elternpaaren widerspricht dem Alimentationsprinzip

Aus dem Beamtenbesoldungsrecht in Verbindung mit dem Unterhaltsrecht ergibt sich in meinem Fall eine Unzumutbarkeit: Es widerspricht dem Alimentationsprinzip, dass ich, zur Bezahlung des Kindesunterhalts für meine drei Kinder, auf familien-neutrale Gehaltsbestandteile zurückgreifen muss, da mir für diese kein Familienzuschlag zusteht.

Dieser Fall tritt gleichartig immer dann auf, wenn sich kinderreiche Beamten-Elternpaare trennen und hat somit vermutlich über meinen Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung für das Beamtenrecht in Deutschland. Abhelfen kann, meinem Verständnis nach, nur der Gesetzgeber.

Im folgenden führe ich diese Behauptung im Detail aus.

1. Rückgriff auf familienneutrale Gehaltsbestandteile zum Kindesunterhalt ist nicht zumutbar
Mit Aktenzeichen 2 BvL 6/17 beschloss das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2020 u.a. den folgenden Leitsatz:
„Der Dienstherr ist aufgrund des Alimentationsprinzips (Art. 33 Abs. 5 GG) verpflichtet, seinen Richtern und Beamten sowie ihren Familien einen amtsangemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Deshalb kann bei der Beurteilung und Regelung dessen, was eine amtsangemessene Besoldung ausmacht, die Anzahl der Kinder nicht ohne Bedeutung sein. Sind die Grundgehaltssätze so bemessen, dass sie zusammen mit den Familienzuschlägen bei zwei Kindern amtsangemessen sind, darf Richtern und Beamten nicht zugemutet werden, für den Unterhalt weiterer Kinder auf die familien-neutralen Bestandteile ihres Gehalts zurückzugreifen.“
Nach einem Leitsatz zu einem früheren Beschluss des Bundesverfassungsgerichts von 1998 ist außerdem der „Dienstherr […] aufgrund des Alimentationsprinzips (Art. 33 Abs. 5 GG) verpflichtet, den Beamten amtsangemessenen Unterhalt zu leisten. Dies umfasst auch die Pflicht, die dem Beamten durch seine Familie entstehenden Unterhaltspflichten realitätsgerecht zu berücksichtigen.“ (BVerfG AZ 2 BvL 26/91). 

2. Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt ohne Anspruch auf kinderbezogene Gehaltsbestandteile
Aus meiner geschiedener Ehe mit einer Beamtin des Landes Nordrhein-Westfalen gingen drei Kinder hervor (geboren 2010, 2013 und 2015). Da diese bei der Kindesmutter leben erhält die Kindesmutter Kindergeld und Familienzuschlag. Nach §40 (5) BBesG steht mir dagegen für keines dieser drei Kinder ein Familienzuschlag zu. Dennoch bin ich aufgrund §§ 1601 ff. BGB zur Zahlung von Kindesunterhalt verpflichtet und leiste diesen entsprechend der Düsseldorfer Tabelle.

3. Unterhaltsrecht erzwingt nicht-zumutbaren Rückgriff auf familien-neutrale Besoldungsbestandteile
Ich bin zur Zahlung von Kindesunterhalt verpflichtet, ohne einen eigenen Anspruch auf kinderbezogene Gehaltsbestandteile für diese Kinder zu haben. Um den Kindesunterhalt zu bezahlen bin ich somit zum Rückgriff auf meine familienneutralen Gehaltsbestandteile gezwungen. Dies widerspricht dem Alimentationsprinzip und darf mir, gemäß Beschluss des BVerfG aus 2020 (2 BvL 6/17, s.o.), nicht zugemutet werden.
Leider erkennt das Bundesverfassungsgericht die Widersprüchlichkeit seiner eigenen Beschlüsse in dieser Sache bislang nicht. So entschied es 2003 unverständlicherweise in einem ähnlichen Fall wie meinem, die Nichtgewährung des Zuschlages sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, da sie die amtsangemessene Alimentation nicht in Frage stelle (BVerfG AZ 2 BvR 1476/01). Wie kann das sein? Der Widerspruch zu dem oben genannten, eigenen Leitsatz aus 1998 (BVerfG AZ 2 BvL 26/91) ist, jedenfalls in meinen Augen, offensichtlich.

4. Abhilfemöglichkeiten des Gesetzgebers
Da der Kindesunterhalt nach BGB alle in Trennung lebenden Eltern betrifft, die Festlegungen des §40 (5) BBesG aber nur den kleineren Kreis der in Trennung lebenden Beamten-Elternpaare, sehe ich die primäre Abhilfemöglichkeit in der Anpassung des §40 (5) BBesG. Um den aufgezeigten Widerspruch zum Alimentationsprinzip zu beheben, könnte der Familienzuschlag auf den Unterhalt angerechnet werden, analog zu der Regelung beim Kindergeld gemäß §1612b (1) BGB. Alternativ könnte der Dienstherr dem unterhaltspflichtigen Elternteil den kinderbezogenen Familienzuschlag (anteilig) unabhängig davon gewähren, ob der die Kinder betreuende Elternteil ebenfalls Beamtin bzw. Beamter ist. Geschickter wäre möglicherweise auch eine Kopplung des Familienzuschlags an die jeweils anrechenbaren Kinder-Steuerfreibeträge anstatt wie derzeit an das Kindergeld. Leider ist in dem aktuellen Referentenentwurf des BBVAngG (siehe [Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation) keine Änderung der derzeitigen Regelung vorgesehen. Auch der neue Alimentationsergänzungszuschlag soll wie der FamZ einseitig dem betreuenden Elternteil zugewiesen werden. Und was ist außerdem im Falle der Betreuung der Kinder im Wechselmodell vorgesehen? Hier wird die einseitige Zuweisung an den Kindergeldempfänger vollends absurd. Diese Fragen haben große Sprengkraft für getrennte Familien und müssten in dem BBVAngG berücksichtigt werden.

Siehe auch mein Blog https://3jungsumgangunterhalt.blogspot.com/ mit weiteren Artikeln zu dem Thema.

Matze1986:
Wer Kinder in die Welt setzt ist für sie verantwortlich, das ist ein elementarer Grundsatz.
Kinder kosten auch deutlich mehr Geld als Sie mit Ihren Unterhaltsleistungen zahlen!
Was machen wohl alle anderen Unterhaltspflichtigen in der Bundesrepublik außerhalb des Beamtenverhältnis?
Das Gericht erkennt keinen Widerspruch in seinen Leitsätzen, weil es diesen eben nur durch Ihr subjektives Empfinden gibt.
Wenn Sie den vollen Unterhalt gemäß Tabelle zahlen, kann man davon ausgehen, dass Sie die Kinder nur alle zwei Wochen am Wochenende betreuen.
Sollten Sie jedoch deutlich häufiger betreuen, so können Sie den Unterhalt entsprechend anpassen.
Bei einem 50:50 Betreuungsmodell wird der Unterhalt für alle Kinder auf beide Elternteile aufgeteilt (je nach Einkommensverhältnis). Je nach Konstellation könnte es sogar sein, dass Ihre Exfrau dann einen größeren Anteil des Unterhalts leisten muss (da hier der FamZ auf die Einkünfte angerechnet wird).

Grundsätzlich ist der FamZ nicht dafür da (und auch nicht ausreichend) um alle Kosten für den Kindesunterhalt zu decken, er stellt lediglich eine Ergänzung dar. Diese Ergänzung greift eben nur dann, wenn das Kind tatsächlich betreut wird (nur dann haben Sie ja auch die vollen Kosten).
Wenn das Kind aber beim anderen Elternteil lebt, fallen nicht die vollen Kosten an, daher ist es zumutbar den Kindesunterhalt aus den familienneutralen Bezügen zu stemmen.

FredMusterhut:
Danke Matze1986 für Ihren Kommentar. Ich glaube ich sollte noch ein Paar Zahlen nachliefern, um zu zeigen wie unfair die Situation wirklich ist.

Der Kindesunterhalt wird in der Regel nach der Düsseldorfer Tabelle berechnet. Wäre ich in der geringsten Stufe 1, so müsste ich nach der Tabelle für 2023 für meine drei Kinder insgesamt monatlich 1217 € zahlen, bei höherem Einkommen mehr.

Der kinderbezogene Familienzuschlag für Bundesbeamte für die drei Kinder beliefe sich derzeit auf 673 € monatlich (vor Steuern). Da die Kindesmutter aber Beamtin in NRW ist, erhält sie dort statt dessen sogar einen kinderbezogenen Familienzuschlag von 1443 € (vor Steuern) für die drei Kinder. Aufgrund eines Verfassungsgerichtsurteils aus 2020 wird wohl bald bundesweit der Familienzuschlag für kinderreiche Familien ähnlich hoch wie in NRW ausfallen.

Der Vollständigkeit wegen sei noch das Kindergeld von insgesamt 750 € monatlich erwähnt, das ebenfalls die Kindesmutter erhält.

Nach der Trennung kann die Kindesmutter somit monatlich üppige kinderbezogene Einnahmen von insgesamt Netto ca. 3000 € durch Kindergeld, Unterhalt und Familienzuschlag verzeichnen. Das deckt weit mehr als alle kinderbezogenen Ausgaben die sie hat.

Matze1986:
Ich kann Sie durchaus verstehen und wäre in dieser Konstellation auch mehr als angefressen.
"Leider" darf man bei dieser Diskussion zum Erhalt des FamZ nicht wirklich darauf abstellen, dass der Andere so viel bekommt.
Ich kann und will mich auch nicht in Ihr Privatleben einmischen, aber wie wäre es denn mit dem 50:50 Modell?
Bestünde diese Möglichkeit?
Denn bei den von Ihnen genannten Summen würde sich die Unterhaltszahlung für Sie erledigen.

FredMusterhut:
Vielen Dank für Ihre verständnisvolle Antwort, Matze1986. Das Wechselmodell habe ich letztens mit den Kindern besprochen. Die Kinder und ich könnten uns das Wechselmodell inzwischen sehr gut vorstellen. Bisher mauert bei dem Thema aber die Kindesmutter. Ich vermute, weil die Situation derzeit finanziell für sie unschlagbar attraktiv ist. Es wird sich zeigen, wie diese Diskussion weitergeht und wie lange sie das durchziehen kann.

Unabhängig davon wäre aber im Wechselmodell § 40 (5) BBesG noch problematischer: Wer bekommt den üppigen, kinderbezogenen Familienzuschlag, wenn sich die Eltern die Betreuung 50:50 teilen? Gesetzlich geregelt ist das nicht. Ich befürchte, die Kindesmutter wird auch dann noch versuchen, den Zuschlag für sich zu behalten. Allein wegen des Wechselmodells (dessen Stärkung im übrigen ein Vorhaben des Koalitionsvertrags der aktuellen Bundesregierung ist) muss § 40 (5) BBesG dringend angepasst werden. Leider findet sich im aktuellen Referentenentwurf zur Anpassung der BBesG davon keine Spur.

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