Allgemeines und Sonstiges > allgemeine Diskussion
Was bedeutet "mindestens 500 Euro" in der Praxis?
Maggus:
Ich verstehe diese Diskussion überhaupt nicht.
1. Die Forderung lautet 10,5 % mindestens 500 €.
D.h. sie beinhaltet einen MINDESTBetrag und keinen SOCKELBetrag. Das ist ein großer Unterschied!
2. Der %uale Abstand der Beträge in den Entgeltgruppen könnte auch erreicht werden, wenn z.B. für die EGs 1-8 eine Kürzung der Beträge um 50 %
und ab 9a eine Kürzung von 40 % vereinbart würde. Geil, endlich mehr %ualen Abstand zu den Anderen!
Wichtig ist doch, was brauche ich an Geld - in € und nicht in %-Abstand - um einen entsprechenden Lebensstandard zu erreichen / halten zu können.
Und natürlich haben die Beschäftigte in den unteren EGs weniger Geld zur freien Verfügung nach Abzug von Miete, Lebensmitteln, Energiekosten usw., als Beschäftigte in den höheren EGs.
RsQ:
Ein Personalgefüge in Unternehmen oder Institutionen funktioniert m. E. aber (auch) dann gut, wenn jede Tätigkeitsebene eine gewisse Wertigkeit hat.
Natürlich behalten die oberen EG ihren "Vorsprung" in absoluten Zahlen (und haben auch weniger Zeit mit den gestiegenen Lebenskosten). Trotzdem ist es m. E. ein falsches Signal, wenn das Lohnplus der unteren EG tlw. mehr als doppelt so hoch ausfällt (in %) sich der prozentuale "Vorsprung" zwischen unteren/mittleren und oberen EG verringert.
Wie oft/lange will man dieses Prozedere noch durchführen - bis der Professor in fünf Jahren zwar 20.000 € bekommt, aber die Sekretärin dann auch 15.000 €? ("ist ja alles o.k., er kriegt ja weiterhin 5000 € mehr"?)
CmdrMichael:
--- Zitat von: MrBurnz am 22.03.2023 16:25 ---
--- Zitat von: Sozialarbeiter am 22.03.2023 10:05 ---Ja, richtig, du hast da keinen Denkfehler.
--- End quote ---
Doch hat er, weil die Lücke zwischen Gehältern nicht kleiner wird, sondern genauso groß/klein bleibt und nichts ad absurdum geführt wird.
--- End quote ---
Die Lücke wird aber prozentual kleiner und das zählt am Ende.
Mal Extrembeispiele (die es so nicht gibt)
Reinigungskraft A erhält 1000€ im Monat
Staatssekretär B erhält 10000€ im Monat. Er kann sich also Stand heute 10x so viel leisten, wie A.
Jetzt verhandelt Verdi in den nächsten 10 Tarifrunden pro Jahr immer 1000€ Sockelbetrag.
10 Jahre später erhält Reinigungskraft A 11000 EUR und Staatssekretär B 20000 EUR. Der Abstand in EUR ist weiterhin gleich, B verdient aber nur noch 2x mehr statt 10x mehr wie A.
Steigen die Preise wie die Gehaltserhöhungen bei A, kann A sich auch 10 Jahre später genauso viel kaufen wie jetzt, B kann sich aber deutlich weniger von seinem Gehalt kaufen wie heute.
Vom Eurobetrag bleibt die Lücke zwar gleich, von der Kaufkraft aber schmilzt sie deutlich zusammen.
Sozialarbeiter:
--- Zitat von: Sozialarbeiter am 23.03.2023 14:56 ---Man darf aber auch nicht unterschlagen, dass die Festbetragserhöhungen "Sockelbeträge" darstellen und nicht die ausschließliche Erhöhung für die gesamte Tabelle sind.
Mal Auszüge vergangener Tarifrunden. Hier als Beispiele aus dem TV-L.
Entgelterhöhung 2021: +1,29% mindestens 50 €
Entgelterhöhung 2020: +3,12% mindestens 90 €
Entgelterhöhung 2019: +3,01% mindestens 100 €
Entgelterhöhung 2016: +2,3% mindestens 75 €
Also in den oberen Entgeltgruppen bleiben die Abstände durchaus noch gewahrt. Und auch ein Schritt der mittleren zu den höheren Entgeltgruppen bleibt ungefähr in der Wage. Es sind nur die niedrigen Entgeltgruppen, die den mittleren immer mehr auf die Pelle rücken. So wie es beim Mindestlohn ja auch ist.
Die aktuelle TVöD Forderung (10,5%, mindestens 500€) ist jetzt natürlich eine andere Hausnummer, da nicht nur niedrige und mittlere Entgeltgruppen vom Sockelbetrag profitieren würden. Aber wir wissen ja auch alle, dass das so nicht durchkommt.
--- End quote ---
Dazu zitiere ich einfach Mal meinen Beitrag. Ja die Richtung ist wie beschrieben. Aber relativiert sich auch in ihrer Intensität dadurch, dass es trotzdem noch Prozentuale Erhöhungen gibt.
Casa:
Ich habe nochmal darüber nachgedacht. Die Abstände sind schon etwas dünn.
Dabei darf man aber nicht vergessen, dass es im öD Erfahrungsstufen gibt. Das gibt es in dem hohen Maße nicht in anderen Tarifverträgen.
https://www.igmetall.de/download/MuE_ERA_Entgelte_Juni2018_78d3e1848939887f53dcf9506907870bb637c493.pdf
Insoweit muss man sich eher die Erfahrungsstufe 6 ansehen, die man nach 15 Jahren (VKA) erreicht hat und nach der man noch 30 Jahre verdient. Da sinds bei E8 - Ausbildung - und E9b - Studium - schon 1.000 € unterschied.
Der Unterschied in den unteren Erfahrungsstufen ist aber schon deutlich lächerlich (E8-1 2910, E9b-1, 3180).
Meine Idee geht dahin, den Anstieg innerhalb einer Entgeltgruppe abzuflachen und dafür bereits am Anfang mehr zu bezahlen, ohne das Lebensarbeitseinkommen zu verringern. Das kostet den Arbeitgeber keinen Cent mehr und macht den Einstieg in den öD deutlich attraktiver und konkurrenzfähig zu den Einstiegsgehältern in der freien Wirtschaft.
Ich nehme dem E9a-6 100 € monatlich, gerechnet auf 30 Dienstjahre, weg und lege monatlich 200 € auf Stufe 1-5 oben drauf. Wegen der Steuerprogression hat der E9a dann sogar ein höheres Nettolebenseinkommen.
Einfach. Kostet nix. Wirkt.
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