Da die Bestenauslese einerseits an das Qualifikationsniveau gebunden ist und letzteres sich andererseits wiederum im Laufbahnprinzip Bahn bricht, kann es keine Betrachtung ausschließlich anhand bspw. von MINT-Fächer geben. Vielmehr werden die für die verschiedenen Laufbahnen vom Gesetzgeber festgelegten Qualitätsanforderungen betrachtet (unabhängig davon, dass die meisten Gesetzgeber das Laufbahnprinzip in den letzten Jahren nicht unerheblich aufgeweicht haben) und dann die Besoldung der entsprechend Beschäftigten mit Vergleichsgruppen außerhalb des Öffentlichen Diensts verglichen. BVerfGBeliever hat dabei am Bremer Beispiel hinsichtlich der Besoldungsgruppe A 13 einen weiteren Vergleich herangezogen. Ein weiteres typisches Beispiel hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Vorlagebeschluss vom 22.09.2017 - 2 C 4.17 - hinsichtlich eines zunächst nach A 9 und später nach A 10 besoldeten Polizeioberkommissars in Berlin wie folgt begründet (
https://www.bverwg.de/entscheidungen/pdf/220917B2C4.17.0.pdf):
Zunächst hat es noch einmal die maßgeblichen Grundlagen betrachtet, wie sie das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung entwickelt hat:
"Damit die Entscheidung für eine Tätigkeit als Beamter auch für überdurch-
schnittlich qualifizierte Kräfte attraktiv ist, muss sich die Amtsangemessenheit
der Alimentation auch durch ihr Verhältnis zu den Einkommen bestimmen, die
für vergleichbare und auf der Grundlage entsprechender Ausbildung erbrachte
Tätigkeiten außerhalb des in Rede stehenden öffentlichen Dienstes erzielt wer-
den (BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2015 - 2 BvL 17/09 u.a. - BVerfGE 139, 64
Rn. 124). Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu einen Vergleich mit den
durchschnittlichen Bruttoverdiensten sozialversicherungspflichtig Beschäftigter
mit vergleichbarer Qualifikation und Verantwortung angestellt und auf die Daten
der Verdienststrukturerhebung des Statistischen Bundesamts zurückgegriffen.
In dem die Besoldungsgruppe A 10 in Sachsen betreffenden Verfahren hat es
als Bezugspunkt auf die Verdienste der Gruppe aller Vollzeitbeschäftigten in der
Leistungsgruppe 2 (herausgehobene Fachkräfte) mit Fachhochschulabschluss
abgestellt (BVerfG, Beschluss vom 17. November 2015 - 2 BvL 19/09 u.a. -
BVerfGE 140, 240 Rn. 137)." (ebd., Rn. 78).
Daraufhin ist es hinsichtlich des Prozentsatzes der Vollzeitbeschäftigten aus der Leistungsgruppe 2 mit Fachhochschulabschluss, die einen geringeren Monatsverdienst hatten als das Grundgehalt für die Besoldungsgruppe A 10 in Berlin zu folgenden Ergebnissen gelangt (Rn. 80):
Grundgehalt 1. Stufe Grundgehalt Endstufe
2006 4 33
2010 3 25
2014 2 19
Dieses Ergebnis hat es wie folgt betrachtet:
"Diese Diskrepanz ist an Deutlichkeit kaum zu überbieten. Sie liegt sogar über
den bereits vom Bundesverfassungsgericht als 'deutliche Diskrepanz' und ver-
fassungswidrig eingestuften Vergleichszahlen des Bundeslandes Sachsen. Die
Zahlen belegen überdies die Entwicklungstendenz: Im Verlauf der Jahre 2006
bis 2014 hat sich das relative Besoldungsniveau der Beamten in der Endstufe
um 14 Prozentpunkte (weiter) verschlechtert." (Rn. 82)
Im Anschluss hat es hinsichtlich der Besoldungsgruppe A 9 hervorgehoben, dass es für die betreffenden Ämter angezeigt erscheine, auf das Erfordernis eines Fachhochschulabschlusses zu verzichten und den Vergleich daher
mit allen Vollzeitbeschäftigen der Leistungsgruppe 2 anzustellen. Auch diese Daten könnten den vom Statistischen Bundesamt hierfür im Berufungsverfahren vorgelegten Zahlen entnommen werden. Sie zeigten folgendes Bild hinsichtlich des Prozentsatzes der Vollzeitbeschäftigten aus der Leistungsgruppe 2, die einen geringeren Monatsverdienst hatten als das Grundgehalt in der Besoldungsgruppe A 9 (Rn. 83 f.):
Grundgehalt 1. Stufe Grundgehalt Endstufe
2006 5 27
2010 4 20
2014 2 16
Dieses Ergebnis betrachtete das Bundesverwaltungsgericht wie folgt:
"Auch in diesem Vergleich ergibt sich, dass im Jahr 2006 bereits 95 % der ver-
gleichbaren Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft mehr verdient haben als ein
Berufsanfänger der Besoldungsgruppe A 9; im Jahr 2014 sind es sogar 98 %
und damit fast alle. Gemessen an der Endstufe aus A 9 haben im Jahr 2006
immerhin noch 73 % der vergleichbaren Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft
mehr verdient, im Jahr 2014 sind es sogar 84 %." (Rn. 85)
Auf Grundlage der beiden Vergleiche ist es zu folgenden abschließenden Ergebnis gelangt:
"Insgesamt zeigt die Gegenüberstellung daher, dass die Verdienste der Berliner
Beamten gegenüber den vergleichbar Beschäftigten in der Privatwirtschaft
deutlich geringer sind. Dies gilt in besonderer Weise für die Berufsanfänger, die
Aussage gilt aber auch für die Endstufe der jeweiligen Besoldungsgruppe.
Durchgängig zeigt sich eine weitere Verschlechterung mit fortschreitender Zeit.
Relativ hat sich der Vergleich zulasten der Beamtenbesoldung weiter verscho-
ben, bei der Relation zum Grundgehalt der Endstufe sogar um 14 % (A 10)
bzw. 11 % (A 9)." (Rn. 86)
Wenn auch das Berliner Beispiel wegen der eklatanten Unteralimentation eine besondere Schwere aufweist, steht es i.d.R. in den anderen Bundesländern nur bedingt besser. Ein Vergleich der Besoldung und Entlohnung vergleichbarer Leistungsgruppen fällt durchgehend eher nicht zugunsten ersterer aus, um es mal so auszudrücken. Das kann zugleich wenig verwundern, da eben die in allen 17 Rechtskreisen gewährte Nettoalimentation allein deshalb bereits evident unzureichend ist, da sie weiterhin zumindest in den unteren Besoldungsgruppen das Mindestabstandsgebot verletzt. Da diese Verletzung sich wegen des Abstansgebots zwischen den Besoldungsgruppen offensichtlich durchgehend auf alle Besoldungssystematiken erstreckt und diese entsprechend ebenfalls als verletzt bedeutet, darf davon ausgegangen werden, dass sämtliche Besoldungsgruppen in allen Besoldungsordnungen entweder hinsichtlich des absoluten oder zumindest hinsichtlich des relativen Alimentationsschutzes verletzt sind. Die Vergleiche auf der zweiten Prüfungsstufe - wie gerade auch wieder das Berliner Beispiel gezeigt hat - bestätigen so die Ergebnisse der ersten, also die Vermutung einer evidenten Unteralimentation.