Autor Thema: Überzahlung durch Zulage - hier Bereicherung vs. Wegfall der Bereicherung  (Read 2028 times)

Zinnsoldat

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Guten Tag,

Lage:
Eine Berufssoldat stellt X Monate nach Rückkehr aus dem Ausland fest, dass er hinsichtlich einer Zulage offensichtlich seit seiner Rückkehr aus dem Ausland überzahlt worden ist. Im speziellen ist ihm aufgrund einer angedachten Verwendung im BMVg die entsprechende Ministerialzulage ausgezahlt worden, obwohl diese Verwendung nie zur Umsetzung kam.
Die bezügezahlende Stelle muss jedoch von der Aufhebung der Versetzung ins BMVg gewusst haben, da sie die Abrechnungen an die korrekte Dienstadresse versendete.

Annahme:
Der Berufssldat geht grundsätzlich davon aus, dass er die zu viel gezahlten Bezüge zurückzahlen muss.

Unterstellung:
Der BS wusste bis zu einer eingehenden Prüfung seiner Abrechnung nichts von der Überzahlung. Abrechnungen wurden dahingehend nicht kritisch hinterfragt, sodass erst X-Monate nach der ersten Überzahlung der Umstand gegenwärtig wurde.

Frage: Handelt es sich im geschilderten Fall um eine Bereicherung oder kann in Richtung 818 BGB argumentiert werden:
Der Wegfall der Bereicherung ist anzunehmen, wenn der Empfänger die zuviel gezahlten Bezüge im Rahmen seiner Lebensführung verbraucht hat, was nach der Rechtsprechung im Zweifel zu vermuten ist.

Danke für Euren Kommentar
Z.

Umlauf

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Ich habe nur etwas zu den TB zu diesem Thema.

Da gibt es ein BMI-Rundschreiben zu.

Bis 10% Überzahlung ist es nicht dem Mitarbeiter zuzumuten die Überzahlung zu erkennen. Deswegen werden nur 6 Monate zurückgefordert.

Bei mehr als 10% wird von einer unberechtigten Bereicherung ausgegangen.

AZ: D II 2 - 220 210 2/0
vom 27. Juli 2006
Betreff: Rückforderung zu viel gezahlten Entgelt bei Tarifbeschäftigten
Hier: Wegfall der Bereicherung


Wurde bei mir exakt so angewendet.

Brian Blake

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Der BS ist verpflichtet jede Bezügemitteilung zu prüfen. Wenn ihm dabei nicht auffällt, dass ihm die MinZulage gezahlt wird, dann hoffe ich, dass er eine Verwendung hat, …

In jedem Fall dürfte er bei dem geschilderten Sachverhalt der verschärften Haftung unterliegen und die Prüfung, ob die Bereicherung noch vorhanden ist entfällt.

Die Bezügemitteilungen werden sicher automatisiert versandt und da prüft sicher nicht jemand alle Abrechnungen, das nennt sich Massenverwaltung. Ratenzahlung sollte aber drin sein, schließlich hat die Personalverwaltung auch eine geringe Mitschuld. Aber der Soldat kann es auf seiner Abrechnung problemlos erkennen.

Brian Blake

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Ich habe nur etwas zu den TB zu diesem Thema.

Da gibt es ein BMI-Rundschreiben zu.

Bis 10% Überzahlung ist es nicht dem Mitarbeiter zuzumuten die Überzahlung zu erkennen. Deswegen werden nur 6 Monate zurückgefordert.

Bei mehr als 10% wird von einer unberechtigten Bereicherung ausgegangen.

AZ: D II 2 - 220 210 2/0
vom 27. Juli 2006
Betreff: Rückforderung zu viel gezahlten Entgelt bei Tarifbeschäftigten
Hier: Wegfall der Bereicherung


Wurde bei mir exakt so angewendet.

Bitte nicht TarifBeschäftigte und Soldaten/Beamte miteinander vermischen. Bei den TarifBeschäftigten gilt die tarifliche Ausschlussfrist und man muss nachweisen, dass sie von der Überzahlung wussten.

Bei Banken/Soldaten reicht es aus, wenn sie es hätten wissen müssen.

Umlauf

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Ich habe nur etwas zu den TB zu diesem Thema.

Da gibt es ein BMI-Rundschreiben zu.

Bis 10% Überzahlung ist es nicht dem Mitarbeiter zuzumuten die Überzahlung zu erkennen. Deswegen werden nur 6 Monate zurückgefordert.

Bei mehr als 10% wird von einer unberechtigten Bereicherung ausgegangen.

AZ: D II 2 - 220 210 2/0
vom 27. Juli 2006
Betreff: Rückforderung zu viel gezahlten Entgelt bei Tarifbeschäftigten
Hier: Wegfall der Bereicherung


Wurde bei mir exakt so angewendet.

Bitte nicht TarifBeschäftigte und Soldaten/Beamte miteinander vermischen. Bei den TarifBeschäftigten gilt die tarifliche Ausschlussfrist und man muss nachweisen, dass sie von der Überzahlung wussten.

Bei Banken/Soldaten reicht es aus, wenn sie es hätten wissen müssen.

Bei Beamten richtet sich die Rückforderung durch §12 BBesG nach den Vorschriften des BGB.
Das gleiche, also die Vorschriften des BGB, gilt auch für Tarifbeschäftigte.

Das Rundschreiben für die TB konkretisiert die Anwendung der allgemein verfassten Regeln des BGB. Außerdem wird klargestellt, wann die tarifliche Ausschlussfrist nicht gilt.

Das Rundschreiben wurde vor 2 Jahren aktualisiert.
Hier auf Download klicken:
https://www.bmi.bund.de/RundschreibenDB/DE/2021/RdSchr_20210804.pdf


Eine Konkretisierung zu den Regeln zu Beamten habe ich nicht gefunden. Würde mich aber wundern, wenn sie komplett gegensätzlich zu den TB wären.

Umlauf

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Nach diesem Link sind die Regeln für Beamten relativ ähnlich zu den TB, aber nicht gleich.

https://www.anwalt.de/rechtstipps/rueckforderung-ueberzahlter-beamtenbezuege_186516.html

tochris06

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Wichtiger ist eher, dass man dir keinen Vorsatz unterstellt. Je nach Dauer des Bezugs kann dafür der betroffene Soldat auch gegangen werden. Ist einem Kameraden durch die dauerhaft unberechtigte Zahlung von TG passiert. Da dürfte dir der Einsatz zugutekommen, da du argumentieren kannst, dass du durch den gezahlten AVZ bei der Höhe von der Richtigkeit ausgegangen bist.

Einigung2023

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Wichtiger ist eher, dass man dir keinen Vorsatz unterstellt. Je nach Dauer des Bezugs kann dafür der betroffene Soldat auch gegangen werden. Ist einem Kameraden durch die dauerhaft unberechtigte Zahlung von TG passiert. Da dürfte dir der Einsatz zugutekommen, da du argumentieren kannst, dass du durch den gezahlten AVZ bei der Höhe von der Richtigkeit ausgegangen bist.

TG muss ich doch regelmäßig selbst beantragen oder etwa nicht? Wenn man das unberechtigt beantragt, unwahre dienstliche Meldung, dann wurde er zurecht gegangen.

Brian Blake

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Es gibt eben auch Betrug durch unterlassen. Das kommt aber natürlich auf den Einzelfall drauf an, aber es gibt Urteile, wenn z.b eine Teilzeitkraft über einen längeren Zeitraum Vollzeitbezüge bezieht und dies nicht anzeigt oder jüngst eine Beschäftigte, die über Jahre Auslandsdienstbezüge bezogen hat, obwohl sie schon längst wieder im Inland war.

Ein Berufssoldat, der die Ministerialzulage bezieht, ohne im Ministerium beschäftigt zu sein, reiht sich da gut ein.
Ich denke, unter einem halben Jahr muss man sich da keine Gedanken machen, aber wenn das X zweistellig ist, dann sollte wohl Schadensbegrenzung im Vordergrund stehen und nicht die Frage, wie man sich vor der Rückzahlung drückt.

Einigung2023

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Es gibt eben auch Betrug durch unterlassen. Das kommt aber natürlich auf den Einzelfall drauf an, aber es gibt Urteile, wenn z.b eine Teilzeitkraft über einen längeren Zeitraum Vollzeitbezüge bezieht und dies nicht anzeigt oder jüngst eine Beschäftigte, die über Jahre Auslandsdienstbezüge bezogen hat, obwohl sie schon längst wieder im Inland war.

Ein Berufssoldat, der die Ministerialzulage bezieht, ohne im Ministerium beschäftigt zu sein, reiht sich da gut ein.
Ich denke, unter einem halben Jahr muss man sich da keine Gedanken machen, aber wenn das X zweistellig ist, dann sollte wohl Schadensbegrenzung im Vordergrund stehen und nicht die Frage, wie man sich vor der Rückzahlung drückt.

TG gibts doch nur, wenn ich es jeden Monat neu beantrage und nicht über einen Zeitraum X ohne neuen Antrag. Wäre dann ganz klassisch die Falschangabe im Antrag.  So habe ich es jedenfalls in Erinnerung. Und da hört der Spaß auf beim Dienstherrn. 

Obwohl ein halbes Jahr auch schon lange ist, finde ich. Denke das würde die StA nicht einfach einstellen. Ist aber wie du schon geschrieben hast immer eine Einzellfallbetrachtung.

Umlauf

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Ich hatte vor 22 Jahren eine TG-Zusage für 2 Jahre.
Normal war damals 1 Jahr in unserem Bereich.
Musste das damals nur regelmäßig abrechnen.
Gibt wahrscheinlich die verschiedensten Konstellationen.

McOldie

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Zumindest seit dem Zeitpunkt, an dem du die Überzahlung festgestellt hast, bist du "bösgläubig" und musst die Überzahlung seit diesem Zeitpunkt zurückzahlen.
Zum Thema Entreicherung:
Die Verpflichtung zur Herausgabe des überzahlten Betrages ist ausgeschlossen, soweit der Beamte nicht mehr bereichert ist (§ 818 Abs. 3 BGB).

Ein Wegfall der Bereicherung setzt voraus, dass der zu Unrecht erhaltene Betrag ausgegeben wurde und keine vermögensrechtlichen Vorteile, etwa Tilgung von Schulden oder wertvolle Anschaffungen mehr vorhanden sind (BVerwG DVBl. 1993, 947).

Die Frage der Bereicherung und des Wegfalls der Bereicherung ist nicht nach rechtlichen sondern nach wirtschaftlichen Erwägungen zu beantworten und richtet sich nach dem Vergleich des Vermögensstandes beim Empfang der Leistungen und im Zeitpunkt der Rückforderung. Dabei kommt es nicht auf den Stand des gesamten Vermögens an, vielmehr sind nur die Vermögensveränderungen zu berücksichtigen, die mit dem die Grundlage des Bereicherungsanspruchs bildenden Tatbestand ursächlich zusammenhängen. Ergibt ein solcher Vergleich einen Vermögenszuwachs, so liegt eine Bereicherung vor. Danach dauert die Bereicherung fort,

- wenn der Beamte die Überzahlung zurücklegt oder zu Ausgaben verwendet, die er sonst aus seinem übrigen Vermögen bestritten habe würde,
 -wenn der Empfänger im Hinblick auf den vermeintlichen Vermögenszuwachs Aufwendungen macht, die nicht zu einer Vermehrung seines Vermögens oder zu einer Verminderung seiner Verbindlichkeiten führen.

Tatbestände, die für eine Bereicherung sprechen:

   
  • Tilgung von Schulden; in der Rechtsprechung allerdings unterschiedlich gewürdigt

        bei Ersparnis eigener Mittel (BVerwGE 15, 15/16)
Wegfall der Bereicherung

In der Rechtsprechung hat sich zu dieser Thematik folgende Auffassung gefestigt:

  - Ein Wegfall der Bereicherung ist grundsätzlich dann anzunehmen, wenn glaubhaft gemacht ist oder anderweit ausreichende Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass der Beamte die zu viel rechtsgrundlos erhaltenden Bezüge im Rahmen seiner allgemeinen Lebensführung verbraucht hat.

   - Ein Wegfall der Bereicherung ist auch dann anzunehmen, wenn der Empfänger die zu viel gezahlten Bezüge zur Verbesserung seiner allgemeinen Lebenshaltung verwendet hat. Denn die Lebenshaltung der Beamten richte sich regelmäßig nach dem ihm zur Verfügung stehenden Gehalt, sodass infolgedessen auch mit der Erhöhung des Gehalts auch die Ausgaben steigen. Dies gelte insbesondere für die unteren und mittleren Gehaltsgruppen.

   - Überzahlung wurde verbraucht für Aufwendungen, die außerhalb des Rahmens der sonstigen Lebensgewohnheiten liegen (sog. Luxusausgaben wie beispielsweise eine Vergnügungsreise oder besondere Anschaffungen)

   - Ein Wegfall ist auch anzunehmen, wenn der Empfänger Teile seiner Bezüge gespart hat. Denn das Sparen erfolge in der Regel nicht auf Grund jeweiliger Entschlüsse unter Verwendung überschüssiger Mittel, sondern auf Grund fester vertraglicher Sparverpflichtungen und unter entsprechendem Konsumverzicht. Vom Einkommen werde praktisch vorweg ein gewisser Betrag als Sparleistung abgezweigt, sodass sich der gesamte Lebensstandard nach den verbleibenden Einkünften bestimme und daher auch steige oder falle, wenn bei schwankendem Einkommen das nach Abzug der Sparleistung zur Verfügung stehende restliche Einkommen höher oder niedriger sei. (schwieriges Problem!)

  -  Der Empfänger soll sich sogar mit Erfolg auf den Wegfall der Bereicherung berufen können, wenn er eine Überzahlung zur Anschaffung von Gegenständen im Haushalt verwendet, die wertmäßig noch vorhanden sind. Denn da der Beamte zur Herausgabe der für Anschaffungen verwendeten Überzahlung außer Stande sei, könne nur in Betracht kommen, die erworbenen Sachen nur zu herabgesetzten Preisen zu verkaufen; ein derartiger Wertersatz (§ 818 Abs. 2 BGB) durch Veräußerung geringerwertiger Gegenstände ist wirtschaftlich nicht tragbar. Der Beamte wird hier von der Rechtsprechung so behandelt als hätte er die Überzahlung für eine bessere Lebenshaltung verbraucht.

Der Wegfall der Bereicherung ist nach der Rechtsprechung des BVerwG grundsätzlich nicht von amts wegen, sondern nur auf Einrede der des Beamten zu berücksichtigen. Es handelt sich hierbei um eine rechtsvernichtende Einrede. Die Einrede des Wegfalls der Bereicherung ist aber nur beachtlich, wenn sie substantiiert vorgebracht wird. Die Beweislast liegt beim Beamten.

Nach der Rechtsprechungvkann, außer in den Fällen der verschärften Haftung, der Wegfall der Bereicherung unterstellt werden, wenn die im jeweiligen Monat zu viel gezahlten Bezüge 10 % des insgesamt zustehenden Betrags nicht übersteigen. Diese Grenzen gelten auch für den Monat, in dem Nachzahlungen anfallen

Diese Vermutung des Wegfalls nimmt dem Beamten die Beweislast ab. Es reicht danach aus, dass die Entreicherung geltend gemacht wird; eine weitere Überprüfung, ob die Entreicherung tatsächlich eingetreten ist, entfällt.

Du musst also die aktiv die Entreicherung geltend machen und behaupten, dass du sie für die normale Lebensführung verwendet hast.