Keine Ahnung vom Flurfunk. Aber in unserem Klageverfahren hatte das NLBV gerade erst dem Verwaltungsgericht mitgeteilt, dass eine Ausführungsverordnung im Laufe dieses Jahres erlassen wird. Außerdem sieht das MF die Beamten mit der Einführung des Familienergänzungszuschlages als ausreichend alimentiert an. Das Verwaltungsgericht beabsichtigt nicht zu entscheiden in unserer Sache, möchte nur vom NLBV in Kenntnis gesetzt werden, falls/ wenn eines der anderen anhängigen Verfahren entschieden wird.
In der von Dir dargelegten Sichtweise des MF dürfte sich das erwartbare Handeln widerspiegeln, worin sich das Eisfach zeigen dürfte. Sofern das MF Beamte mit Vollzug der Rechtsverordnung tatsächlich amtsangemessen alimentiert sehen würde, sollte es ihm ein Leichtes sein, diese Verordnung zu erlassen. Nicht umsonst ist die gesetzliche Regelung des Familienergänzungszuschlags (§ 36a NBesG) seit dem 01.01.2023 in Kraft (vgl. Art. 2 Ziff 3 i.V.m. Art. 3 der entsprechenden gesetzlichen Regelung, GVBl. 2022 S. 611). Insofern besteht zu diesem Datum der gesetzliche Regelungsauftrag nach § 36 a (6) NBesG, der da lautet: "Die Landesregierung wird ermächtigt, die jeweils maßgebliche Höhe des Familienergänzungszuschlags zur Herstellung eines Mindestabstands der Nettoalimentation von 15 Prozent zur Grundsicherung für Arbeitssuchende sowie die Einzelheiten des Verfahrens durch Verordnung zu regeln." Die Landesregierung lässt entsprechend solange, wie sie keine Rechtsverordnung erlässt, die für die Zeit bis zum 31.12.2022 vom Gesetzgeber eingestandene verfassungswidrige Unteralimentation wissentlich und willentlich bestehen, was offensichtlich dem genannten Regelungsauftrag jenes Gesetzes widerspricht, der nun wiederum lautet: "In das Besoldungsgesetz wird deshalb [zur Wahrung des Mindestabstands zur Grundsicherung; S.T.] eine Regelung über einen Familienergänzungszuschlag aufgenommen, der [mit dem Inkrafttreten des Gesetzes; S.T.] immer dann gewährt werden soll, wenn das gemeinsame Einkommen beider unterhaltspflichtiger Elternteile nicht ausreicht, um das für die Herstellung des verfassungsrechtlich erforderlichen Mindestabstands zum Grundsicherungsniveau notwendige Nettogehalt zu erreichen." (Nds-Drs. 18/11498, S. 12)
Sofern das FM also davon ausginge, problemlos eine rechtssichere Verordnung erlassen zu können, die laut Regelungsauftrag zum 01.01.2023 hätte in Kraft treten sollen, diese aber nicht vollzieht, obgleich die für die Zeit bis zum 31.12.2022 eingestandene Unteralimentation damit über den 01.01.2023 hinaus bis heute verlängert wird, könnte sein Handeln augenscheinlich kaum als verhältnismäßig betrachtet werden. Denn dann bestände kein verhältnismäßiger Anlass, die Unteralimentation entgegen der vom Gesetz geforderten Regelung aufrechtzuerhalten. Darüber hinaus dürfte aus dem grundrechtsgleichen Recht des Beamten, amtsangemessen alimentiert zu werden, eine gebundene Entscheidung resultieren, die die Landesregierung verpflichtet hat, mit Datum zum 01.01.2023 eine entsprechende Verordnung im Sinne der gesetzlichen Ermächtigung zu erlassen. In diesem Sinne ist § 36 a (1) NBesG zu verstehen: "Besteht ein Anspruch auf Gewährung eines Familienzuschlags für zwei oder mehr Kinder, so ist darüber hinaus ein Familienergänzungszuschlag zu gewähren, soweit die Besoldung den verfassungsrechtlich gebotenen Mindestabstand zur Grundsicherung für Arbeitssuchende nicht einhält." Ein Spielraum für eine Ermessensentscheidung kann dieser gesetzlichen Regelung vonseiten der Landesregierung offensichtlich nicht entnommen werden. Nicht anders ist auch § 36 a (2) NBesG zu verstehen: "Bei zwei Kindern ist ein Familienergänzungszuschlag zu gewähren, soweit die Nettoalimentation einer Beamtin oder eines Beamten unter Berücksichtigung der familienbezogenen Besoldungsbestandteile und des Kindergeldes für zwei Kinder einen Mindestabstand von 15 Prozent zur Grundsicherung für Arbeitssuchende für eine Familie mit zwei Kindern unterschreitet." Denn da diese gesetzliche Regelung seit dem 01.01.2023 in Kraft ist, besteht offensichtlich (wie schon oben zitiert) kein Ermessensspielraum im Sinne des § 36 a (6) NBesG: "Die Landesregierung wird ermächtigt, die jeweils maßgebliche Höhe des Familienergänzungszuschlags sowie die Einzelheiten des Verfahrens durch Verordnung zu regeln."
All das, was man nun augenscheinlich vor dem Verwaltungsgericht vorträgt, sind offensichtlich entsprechend ein weiteres Mal eindeutig sachgerechte Darlegungen. Am Ende dürfte sich deshalb ebenso leicht (und also ebenfalls sachgerecht) erklären lassen, wie das Finanzministerium mittels einer Rechtsverordnung einen wieder verfassungskonformen Zustand herstellen wollte, nachdem der Finanzminister deren rechtliche Ermächtigung nach deren Verabschiedung als "schwebend verfassungswidrig" betrachtet hat:
https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/gerald-heere/fragen-antworten/in-der-letzten-landtagssitzung-haben-sie-die-ablehnung-des-gesetzentwurfs-18/11498-fuer-buendnis-90/die-gruenen Denn aus einer verfassungswidrigen gesetzlichen Regelung kann ja keine rechtmäßige Entscheidung resultieren.
Das FM dürfte also guter Gründe haben, wieso es so handelt, wie es handelt (wenn diese guten Gründe auch für den Laien wie gerade dargelegt nicht immer auf Anhieb erkennbar sein müssen). Zugleich wird es diese guten Gründe logischerweise in den letzten Monaten regelmäßig aktenkundig gemacht haben, um die Rechtsmäßigkeit des eigenen Handelns sachgerecht zu dokumentieren, sodass die entsprechende gerichtliche Kontrolle auch diesbezüglich reibungslos vollzogen werden kann. Denn in Anbetracht der schweren ökonomischen Verwerfungen der letzten Monate, die sich in der Inflations- und Energiekrise gezeigt haben und weiterhin zeigen, wird man sicherlich gute und also sachgerechte Gründe haben, wieso über den 01.01.2023 hinaus bis heute bzw. bis in die weitere Zukunft hinein keine Rechtsverordnung vollzogen worden ist bzw. weiterhin keine vollzogen wird. Sowohl für die sachgerechte Dokuimentation als auch für das sachgerechte Handeln gibt es ja zum Glück klar ausgewiesene Verantwortliche, die ihrer Verantwortung aktenkundig nachgekommen sein werden und ihr auch weiterhin entsprechend nachkommen werden.
Interessant ist darüber hinaus das, was zwischenzeitlich Marco schreibt und zitiert. Denn zum Glück kann solch eine Rechtsverordnung ja kein komplexes Thema beinhalten (wie das, wenn ich es richtig verstehe, auch die von ihm zitierte Antwort offenbart), das als solches also nicht problemlos umgesetzt werden könnte. Denn sofern hier ein komplexes Thema vorliegen würde, hätte der Gesetzgeber diese Komplexität ja in der gesetzlichen Ermächtigung hinreichend geregelt, sodass die Landesregierung im Sinne des Bestimmtheitsgebots im Gesetz steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe vorfinden würde, sodass die Gerichte eine wirksame Rechtskontrolle durchführen könnten, genauso wäre dann in der gesetzlichen Regelung sicherlich die Intensität der durch die Regelung oder aufgrund der Regelung erfolgten Grundrechtseingriffe berücksichtigt worden, wie auch der Kreis der Anwender und Betroffenen der Norm sowie deren konkretes Bedürfnis, sich auf die Normanwendung einstellen zu können, ebenfalls sachgerecht Berücksichtigung gefunden haben hätten (BVerfGE 150, 1 (98 Rn. 196)). Zum Glück erfreut sich ja der Gesetzesvorbehalt auch im Besoldungsrecht einer langen Betrachtungskontinuität durch das Bundesverfassungsgericht, die der Niedersächsische Landtag sicherlich sachgerecht während des Gesetzgebungsverfahrens beachtet hat, sodass weiterhin keine Veranlassung bestehen sollte, dass die notwendige Rechtsverordnung auch zeitlich nicht außerhalb des von der gesetzlichen Regelung vorgesehenen Datums vollzogen wird.