Autor Thema: Bewerbung im ö. D. aus der freien Marktwirtschaft, Einstufung und Möglichkeiten  (Read 3608 times)

lllJohnlll

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Guten Tag zusammen,

ich bin neu hier und interessiere mich für eine Stelle im öffentlichen Dienst.

Es wird angeboten je Qualifikation bis Besoldungsgruppe A 11 LBesG bzw. Entgeltgruppe 10 TVöD.

Stellenausschreibung ist im Bereich der Digitalisierung beim Gesundheitsamt.

Zu meiner Person 38 Jahre, verheiratet, drei Kinder.  Über 15 Jahre Berufserfahrungen in der freien Marktwirtschaft im Bereich Digitalisierung als IT-Berater. Berufsbegleitend ein Bachchlor Abschluss in Wirtschaftspsychologie (2015) erreicht. Aktuell beschäftigt im Bereich der Digitalisierung papierloses Büro.   

So wie ich das System verstehe, könnte ich in der EG 10 Stufe 3 eingestuft werden.

Momentan verdiene ich als IT-Berater in meinem Beruf etwas mehr als es in EG 10 Stufe 6 gibt.

Nach einem Telefonat mit dem Ansprechpartner aus der Stellenbeschreibung, hätte ich als Bewerber die beste Chance die Position zu bekommen, denn ich passe, zu 100 % zu der Stellenausschreibung.

Jetzt meine Frage(n):

Ist es möglich als Einsteiger in den öffentlichen Dienst mit meinen Vorkenntnissen eventuell auch höher eingestuft zu werden?
Gibt es Möglichkeiten im Nachhinein in der Entgeltgruppe höher zu kommen.
Allgemein welche Möglichkeiten hätte ich, um annähernd an mein jetziges Gehalt zu kommen?

Danke für die Unterstützung und liebe Grüße

John

 

Organisator

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Die Stufe ist verhandelbar, wenn tatsächlich förderlicher Zeiten vorhanden sind. Förderlich kann dabei sehr weit gefasst werden. Insoweit wäre Stufe 6 möglich.

Die Entgeltgruppe richtet sich nach den übertragenen Tätigkeiten. Wenn später höherwertige Tätigkeiten übertragen werden, ergibt sich daraus eine höhere Eingruppierung.

FearOfTheDuck

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Je nachdem, wie weit du bereit bist zu zocken, kannst du dem Personaler deinen Gehaltswunsch nennen (z.B. in Höhe deiner jetzigen Vergütung) und schauen, was er daraus macht. Denn was du aus der zutreffenden Antwort von Organisator herauslesen kannst: Möglich ist tariflich einiges.

Du bestimmst, was dein Wert ist und die Marktlage ist zurzeit deutlich positiv auf deiner Seite.

MoinMoin

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Ist es möglich als Einsteiger in den öffentlichen Dienst mit meinen Vorkenntnissen eventuell auch höher eingestuft zu werden?
Du musst vor Vertragsunterschrift den Personaler klar machen, dass du erwartest in Stufe 6 eingestellt zu werden, da du ansonsten dir überlegst die Stelle anzunehmen (soviel zum zocken).
Denn ohne deine Forderung, können sie dir keine förderliche Zeiten anerkennen.
Anspruch tariflich hast du nur auf Stufe 3.
Wenn dein Ag also Blöd ist, dann wird er behaupten, mehr als Stufe 3 kann er dir nicht anbieten 8was gelogen wäre), da er die kann-Regelung förderliche Zeiten anwenden kann.
Risiko: Dass sie dir sagen, leider haben wir auch andere gleichgute Bewerber, daher haben wir keine Problem mit der Deckung des Personalbedarfs (Voraussetzung für diese Kann-Regelung) und "können" nicht diese Regel anwenden (was nicht gelogen, aber phantasielos ist...)

Zitat
Gibt es Möglichkeiten im Nachhinein in der Entgeltgruppe höher zu kommen.
Ja, in dem die auszuübenden Tätigkeiten eben einer höheren EG entsprechen.
Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Rechtsmeinung des AGs, bzgl. der Eingruppierung EG10, fehlerhaft ist und die auszuübenden Tätigkeiten schon jetzt einer EG11+ entsprechen.
Oder aber, dass durch einen anderen Zeitzuschnitt der einzelnen Arbeitsvorgänge eine EG11+ erreichbar ist.
Unter der Überschrift " Digitalisierung beim Gesundheitsamt" kann ich mir auch locker Tätigkeiten der EG13 vorstellen, wenn z.b. strategischen Planungen und Entscheidungen auf der Stelle zu machen sind.
Zitat
Allgemein welche Möglichkeiten hätte ich, um annähernd an mein jetziges Gehalt zu kommen?
Zunächst auf keinen Fall unter Stufe 6 anfangen  ;D
Danach geht es nur noch via der Tätigkeit und der tariflichen Interpretation derselben.

lllJohnlll

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Hallo und Danke für eure Antworten.

Hätte ich nicht gedacht, dass es doch verhandelbar. Jetzt habe ich einen Ansatz, danke.

Wie darf man das mit verstehen? 
"Wenn später höherwertige Tätigkeiten übertragen werden, ergibt sich daraus eine höhere Eingruppierung."

Werden die Tätigkeiten mehr oder werden es andere Tätigkeiten sein?
Gibt es Bespiele was für Tätigkeiten die ausgeübt werden um E10, E11, E12 usw. zu erlangen?

Liebe Grüße
John

Organisator

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Wie darf man das mit verstehen? 
"Wenn später höherwertige Tätigkeiten übertragen werden, ergibt sich daraus eine höhere Eingruppierung."

Werden die Tätigkeiten mehr oder werden es andere Tätigkeiten sein?
Gibt es Bespiele was für Tätigkeiten die ausgeübt werden um E10, E11, E12 usw. zu erlangen?

Liebe Grüße
John
Das kommt ganz auf den Einzelfall an, mal können es mehr Tätigkeiten einer höheren Wertigkeit sein, üblicherweise sind es aber andere, höherwertige Tätigkeiten.

Da sich die Eingruppierung nach abstrakten Tätigkeitsmerkmalen richtet ist es schwer, allgemeine Beispiele zu finden.

So hebt sich beispielsweise im IT-Bereich (Teil III Nr. 24 der EntgO) die E11 durch "besondere Leistungen" aus der E10 heraus. Schau einfach mal in die EntgO

MoinMoin

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Hallo und Danke für eure Antworten.

Hätte ich nicht gedacht, dass es doch verhandelbar. Jetzt habe ich einen Ansatz, danke.
Einfach mit Verweis auf §16 Absatz 2 Satz 3 TVöD die Anerkennung der förderlichen Zeiten einfordern und diese auch im AV fixieren lassen.
Bei deiner Vita sollte das locker reichen um dir die Stufe 6 zu geben (wenn der Ag will und nicht andere deines Kalibers dort Schlange stehen und für weniger arbeiten würden)
Zitat
Wie darf man das mit verstehen? 
"Wenn später höherwertige Tätigkeiten übertragen werden, ergibt sich daraus eine höhere Eingruppierung."

Werden die Tätigkeiten mehr oder werden es andere Tätigkeiten sein?
Gibt es Bespiele was für Tätigkeiten die ausgeübt werden um E10, E11, E12 usw. zu erlangen?
Entweder werden höherwertige Tätigkeiten mehr und somit tariflich relevant.
Oder höherwertige kommen hinzu und andere fallen Weg.
Oder der AG hat sich Stumpf versehen, mit der Eingruppierung (kommt auch gerne vor)

https://www.bva.bund.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/DE/Behoerden/Beratung/Aktuelles/2018/181031_dritte_Auflage_IT-Kommentar.html

und 
https://www.mf.niedersachsen.de/download/159305/Eingruppierung_Informations-_und_Kommunikationstechnik_Stand_01.10.2020.pdf

Können da im IT Bereich einen Laien Einblick geben.
(Beides nicht TVöD Kommune, aber ist alles ähnlich)
https://www.vka.de/assets/media/docs/0/Tarifrunde%202020/201025_%C3%84V_15_TV%C3%B6D_V_Lesefassung_Stand_01_03_2021.pdf


lllJohnlll

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Danke das hört sich vielversprechend an. in der Ausschreibung ist ein externes Unternehmen ausgeschrieben mit dem man die elektronischen Akte einführen möchte. Wie der Zufall so will haben ich vor 2 Jahren bei diesem Unternehmen gearbeiteten und kenne die Software die eingeführt wird. Also währe ich wirklich sehr gut geeignet für die Position aber mal sehen was der Personeller hier sag.

Ich glaube ich habe mich entschieden beim ö. D. Zu bewerben.

Kann mir jemand erzählen wie das Arbeitsleben in der Praxis abläuft und wie  die Unterschiede sind, falls jemand aus der freien Marktwirtschaft gewechselt hat zum ö. D. Man hört ja oft Vorurteile den Beamten / öffentlichen Dienst Mitarbeitern gegenüber. Was ist davon zutreffend und wohin geht die Tendenz? Ist das Tempo tatsächlich ein anderes bei Projekten und Umsetzung als in der Freien Marktwirtschaft?

Liebe Grüße
John

Bastel

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Ja. Und warte erstmal das Bewerbungsgespräch ab. Ich  bin gespannt ob der Personaler so einfach die Stufe 6 heraus rückt ;D

Viel Erfolg!

lllJohnlll

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Hallo @Bastel,
danke für deine Nachricht.
Hast du Erfahrung das es doch unüblich ist?

Liebe Grüße
John

MoinMoin

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Kann mir jemand erzählen wie das Arbeitsleben in der Praxis abläuft und wie  die Unterschiede sind, falls jemand aus der freien Marktwirtschaft gewechselt hat zum ö. D. Man hört ja oft Vorurteile den Beamten / öffentlichen Dienst Mitarbeitern gegenüber. Was ist davon zutreffend und wohin geht die Tendenz? Ist das Tempo tatsächlich ein anderes bei Projekten und Umsetzung als in der Freien Marktwirtschaft?
Vieles ist im öD wie bei anderen großen Firmen.
Oft längere Entscheidungswege, oft mehr Verwaltungswege, oft Menschen deren erste Tat ist, ihre Zuständigkeit zu prüfen und nicht ein Problem anzugehen.

Wenn man jedoch diese Spielchen aushalten kann, das Spielchen "Wer schreibt, der Bleibt" und "Verwaltung schlägt man mit Verwaltung" beherrscht, gepaart mit der Fähigkeit, Leuten die nur ihren Arsch an der Wand haben wollen, damit ins Rennen bringt, in dem man die Wände einreist (also ihnen nachweisliche Verantwortung zu weist), und diese Verantwortung bei ihnen kleben bleibt, auch wenn sie nichts entscheiden und diese (nicht) Entscheidungsfehler dokumentiert, dann kann man viel Spaß haben im öD.

Wenn dann auch noch ein Umfeld von Willigen (gerne auch Beamten) hat, die an der Sache arbeiten wollen und sich nicht um Verfahren scheren, dann kann da auch noch Spaß und Freude aufkommen.

Und wenn man durch seine Arbeit zu guter Letzt auch noch was voranbringt und durchs Doing und nicht Labbern zeigt was geht. Und damit dem Staat Geld spart (oder einbringt) , dann hat man auch noch ein erfülltes Arbeitsleben.

Und wenn man persönlich in der Position ist, wo man jederzeit den Mittelfinger den Bedenkenträger zeigen kann, weil die dir nichts antun können (weil man kann ja in 5 Minuten seine Sachen packen und sich einen anderen Job suchen) und man deswegen auch mal "über" Leichen oder nicht regelkonforme Wege gehen kann (sprich man keine Rücksicht auf Beurteilungen oder andere Speichellecker Taktiken eingehen muss) und dann mit Ergebnissen brilliert, dann, genau dann hat man den Besten Job der Welt (bis auf die Bezahlung).

@ Bastel: Ich habe damit inzwischen bei unseren personaler keine Problem mehr damit, das förderliche Zeiten vollumfänglich gewährt werden.
Hat ein bisserl gedauert, bis ich ihnen das Beigebracht habe, aber jetzt läuft es.

@ John: Wenn die zögern, muss du ihnen das Mundgerecht vorformulieren, wie sie es begründen müssen.
Viele sind da in der Tat unbedarft und ängstlich.
Gerne kann ich dir da beiseite stehen, wenn die Problem bereiten. Auch per PM

Bastel

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Hallo @Bastel,
danke für deine Nachricht.
Hast du Erfahrung das es doch unüblich ist?

Liebe Grüße
John

Nicht direkt, aber man muss nur lange genug hier im Forum lesen...

Mal Butter bei die Fische, du bist verheiratet und hast drei Kinder. Frag nach, ob dich der Laden auch verbeamtet. Als ITler fängst du vermutlich mit der A10 an und deine Stelle gibt A11 her. Je nach Bundesland, kann dein drittes Kind ein kleines Goldesselchen sein.

MoinMoin

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Nicht direkt, aber man muss nur lange genug hier im Forum lesen...

Mal Butter bei die Fische, du bist verheiratet und hast drei Kinder. Frag nach, ob dich der Laden auch verbeamtet. Als ITler fängst du vermutlich mit der A10 an und deine Stelle gibt A11 her. Je nach Bundesland, kann dein drittes Kind ein kleines Goldesselchen sein.
Wieso je nach Bundesland, das BverG hat doch klargestellt, dass die Kosten für das dritte Kind komplett gezahlt werden müssen. :-[
Oder meinst du je nach Bundesland wird die verfassungswidrige Alimentation mal früher mal später korrigiert. 8)

Bastel

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Oder meinst du je nach Bundesland wird die verfassungswidrige Alimentation mal früher mal später korrigiert. 8)

Mal früher, mal später oder einfach ignoriert.

SozPädinJH

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Ein Freund von mir ist als Systemadministrator aus der Wirtschaft direkt in die EG 11 Stufe 6 eingestellt worden, weil sie ihn unbedingt wollten. Sie haben sogar seine Ausbildung noch mit in die Anerkennung der förderlichen Zeiten reingenommen, um dies beim Personalrat durchzubekommen.
Möglich ist tatsächlich sehr viel :)