Autor Thema: Eingruppierung Gesundheitswissenschaftler/In Landkreis XY  (Read 1850 times)

Respect

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Hallo zusammen,

ich habe mich als Gesundheitswissenschaftler/in im Landkreis XY im Öffentlichen Dienst (Gesundheitsamt) beworben und auch ein Termin für ein Vorstellungsgespräch erhalten. So weit so gut.

Folgende Tätigkeiten sollen im Rahmen dieser Stelle übernommen werden:

•   Aufbereitung von Gesundheitsdaten und statistische Analyse im Rahmen der Gesundheitsberichterstattung
•   Verfassen von medizinischen und gesundheitswissenschaftlichen Fachtexten zu Themen auf Grundlage der
        aktuellen wissenschaftlichen Standards für Publikationen des Landkreises XY
•   Planung und Konzeptionierung von Projekten der Gesundheitsversorgung, der Gesundheitsförderung und
        Prävention sowie die Begleitung von Arbeitsgruppen
•   Netzwerkarbeit mit internen und externen Akteuren
•   Öffentlichkeitsarbeit (z.B. Bereitstellung von Informationen, Homepagepflege).

Folgendes Profil wird vorausgesetzt:

•   abgeschlossenes Hochschulstudium Public Health/Gesundheitswissenschaften oder Sozialwissenschaften
        oder vergleichbar
•   konzeptionelles Denkvermögen, analytische Problemlösefähigkeit
•   gute Kenntnisse in den gängigen Statistik- und Analyse-Software-Programmen
•   idealerweise Erfahrung mit der Erstellung von Sozial-/ Gesundheitsberichten und Gesundheitsreporten
•   Offenheit und Interesse an Netzwerktätigkeit
•   gute Organisations- Informations- und Kommunikationsfähigkeit
•   selbständige Arbeitsweise.

Nun komme ich zum "kasus knacktus", nämlich zur Eingruppierung. Die Vergütung der Stelle erfolgt nach E10.

Für mein Dafürhalten ist das zu niedrig angesetzt. Auf der einen Seite fordert der/die Arbeitgeber/in, dass explizit, dass Kenntnisse wissenschaftlichen Arbeitens vorausgesetzt werden, andererseits möchten sie "nur" nach E10 vergüten. Ich habe einen M.Sc. in Epidemiologie/Public Health und bin der Meinung, die Stelle müsste nach E13 vergütet werden. Wissenschatliches Arbeiten und weiterführende Kenntnisse im Bereich Statistik erlernt man erst im Master.

Ich werde diese Thematik definitiv im Gespräch anschneiden, möchte aber vorher ein vielfältigeres Meinungsbild einholen. Falls also jemand von Ihnen Zeit hat, mir auf die Frage zu antworten, ob ich mit meiner Einschätzung richtig liege, wäre ich sehr dankbar.

Beste Grüße und ein schönes Wochenende!


FearOfTheDuck

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Auf was fußt deine Meinung, dass die zu übertragenden Tätigkeiten der EG 13 entsprechen?

Du bist im TVÖD anhand deiner nicht nur vorübergehend übertragenen Tätigkeit eingruppiert, der AG bildet sich lediglich eine Rechtsmeinung zur Eingruppierung. Als Grundlage für die Eingruppierung dient die Entgeltordnung zum Tarifvertrag.

Wenn du also deine eigene Rechtsmeinung im Gespräch kuntun willst, solltest du deine Argumente anhand der Entgeltordnung darlegen.


E15TVL

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Auf der einen Seite fordert der/die Arbeitgeber/in, dass explizit, dass Kenntnisse wissenschaftlichen Arbeitens vorausgesetzt werden [...]
Wo steht das? Ich lese "konzeptionelles Denkvermögen" und "analytische Problemlösefähigkeit", was man von einem Bachelor-Absolventen erwarten kann und wozu es keinen Master benötigt.

Ich habe einen M.Sc. in Epidemiologie/Public Health und bin der Meinung, die Stelle müsste nach E13 vergütet werden.
Welchen Abschluss du hast, ist völlig egal. Ein promovierter Geisteswissenschaftler, der an der Pforte sitzt, ist trotzdem nur ein Pförtner und wird kaum was verdienen. Anders herum dürfen aber auch einem ungelernten Schulabbrecher Tätigkeiten der Wertigkeit E 15 übertragen werden.

Vermutlich einer der größten Irrtümer des öffentlichen Dienstes, dass geglaubt wird, dass das Vorhandensein irgendeines Abschlusses zu einer bestimmten Entgeltgruppe führt. 

Respect

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Hallo zusammen,

danke bis hierhin für die Einschätzungen.

Mir ist bekannt, dass es im ÖD NICHT nach meiner Qualifikation geht, sondern in erster Linie um die auszuführenden Tätigkeiten. Meine Argumentation beruht auf folgender Annahme (und das soll keinesfalls überheblich klingen):

Nur wenn ich einen Masterabschluss in XY vorweisen kann, kann ich auch wissenschaftlich arbeiten. So etwas erlerne ich nicht im Bachelorstudiengang. Wenn ich als AG also jemanden einstellen will, der wissenschaftliche Publikationen anfertigen kann, dann muss ich auch dementsprechend einstufen.

Das ist mein Gedankengang - kurz und knapp.

Grüße :-)

Opa

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„Verfassen von medizinischen und gesundheitswissenschaftlichen Fachtexten zu Themen auf Grundlage der aktuellen wissenschaftlichen Standards für Publikationen des Landkreises XY“ kann durchaus als wissenschaftliches Arbeiten ausgelegt werden und könnte dem Merkmal einer E13 oder höher entsprechen. Ob das so ist, lässt sich allerdings aus einer Stellenausschreibung keinesfalls ableiten.

Unterstellen wir, es wäre so, würde auch das nicht automatisch zur Wertigkeit E13 führen. Das liegt daran, dass für alle Tätigkeiten, die nicht Führungsaufgaben sind, Aufgabenblöcke mit konkreten Zeitanteilen zu bilden sind. Die Aufgabenblöcke sind einzeln zu bewerten und das Ergebnis führt dann anhand der Eingruppierungsmerkmale (vgl. Entgeltordnung TVöD) zur Entgeltgruppe.

Falls also der Zeitanteil für die o.g. E13-Aufgabe beispielsweise bei 15% läge und es weitere 2-4 Aufgabenblöcke mit E10 gäbe, wären die mit der Stelle übertragenen Tätigkeiten insgesamt mit E10 eingruppiert.

Respect

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Lieber Opa,

besten Dank für die ausführliche Begründung! Damit kann ich arbeiten.

Grüße


Organisator

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Natürlich kann man im Vorstellungsgespräch die Bezahlung ansprechen. Da der potentielle neue Arbeitgeber schon klar dargelegt hat, was er bezahlen möchte (nämlich E 10), halte ich eine Diskussion darüber für Zeitverschwendung.
Allein schon deswegen, weil wahrscheinlich nur eine entsprechende Stelle mit der Wertigkeit E10 vorhanden ist und somit kein Spielraum für höheres Entgelt vorhanden ist.

Ich würde mich eher nach einem anderen Job umsehen.

MoinMoin

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Wie schon dargelegt, kann es tariflich korrekt sein, dass die aT zur EG10 führen.
Es kann aber ebenso gut einfaches haushaltärisches Wunschdenken, gepaart mit überforderten Personaler sein.
Das dort auch EG13 Tätigkeiten sind, klingt plausibel.
Bei den Punkten 2 und 3 sehe ich es durchaus als recht wahrscheinlich an, dass diese zur 13 führen.

Also kann man dem AG klar sagen, dass man nur Interesse hat, wenn entsprechend einer eg13 Tätigkeiten bekommt und ansonsten keinInteresse hat.
Oder man nimmt die Stellen an, schaut ob es ein Eingruppierungsirrtum ist und korrigiert die EG oder geht woanders hin, wenn die EG korrekt ist.

Buschi

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Also für mich erschließt sich der Bedarf einer wissenschaftlichen Hochschulbildung nicht. Das Anforderungsprofil passt grundsätzlich auf eine Hochschulbildung (FH).

Wissenschaftliches Arbeiten ist ebenso (wesentlicher) Bestandteil in einem grundständigen Bachelorstudium.

MoinMoin

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Also für mich erschließt sich der Bedarf einer wissenschaftlichen Hochschulbildung nicht. Das Anforderungsprofil passt grundsätzlich auf eine Hochschulbildung (FH).

Wissenschaftliches Arbeiten ist ebenso (wesentlicher) Bestandteil in einem grundständigen Bachelorstudium.
Der Unterschied zwischen dem Master und dem Bachelor ist eben, dass das eine ein wissenschaftliches Hochschulstudium ist und der Lerninhalt im Master eben die Befähigung zu diesem wissenschaftlichen Arbeiten den Unterschied zum Bachelor ausmacht.
Der Master vermittelt hierbei das dafür notwendige Maß an Tiefe und Breite des Faches.

Und dort wo konzeptionell strategisches Handeln oder wissenschaftliches Arbeiten für die Tätigkeiten notwendig ist, ist eben der Master (und damit die EG13) die tarifliche Eingruppierungsebene.


fuchsia

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Ich glaube nicht, dass du dir damit einen Gefallen tust, wenn du eine Höhergruppierung im Vorstellungsgespräch ansprichst.

Ja, E10 ist wenig, aber Kommunen haben für Gesundheitsförderung (die  immer noch nur "nice to have" ist und keine Pflicht) kein Geld und wenn eine Kommune es mit Ach und Krach schafft, dafür Gelder in den Haushalt zu stellen, ist das schon das Höchste der Gefühle, was machbar ist. Da gibt es in deiner Position als Bewerberin keinen Spielraum.

Ich arbeite selbst als Gesundheitswissenschaftlerin im Gesundheitsamt und weiß, wie bitter das ist.