Autor Thema: [Allg] Hobbymäßig Musikmachen  (Read 1858 times)

Musiker

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[Allg] Hobbymäßig Musikmachen
« am: 12.06.2023 20:49 »
Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Ihr werdet Euch vermutlich wundern, wieso ich nun Thema erstelle.

Es geht um das hobbymäßige Musikmachen. Es ist so, dass ich in meiner Freizeit sehr viel Musik mache und diese auch seit einiger Zeit sogar relativ professionell. So weit, so gut..

.. aber: Ich liebe vor allem Country- und Folk-Musik und auch in diese Richtung soll es bei mir gehen. Jedoch mit relativ satirischen und direkten Texten. Es soll keine Musik "für Kinder und Heranwachsende" sein. Themen sollen sehr s*xuell beschrieben werden (auch mit den Worten wie "F*cken", "E*er", *N*tte" und so weiter). Jedoch sind die Texte, wie gesagt, so satirisch geschrieben, dass die Ironie und die "Nichternsthaftigkeit" der Texte eigentlich sofort erkennbar sein müssten.

Ich möchte diese Musik via YouTube (mit Videos), Instragram, Facebook und anderen Medien veröffentlichen - und somit soll/werde ich in den Videos selbst erkennbar sein. Einen Hinweis auf mein Privatleben (also auch auf das Beamtenverhältnis) soll es natürlich nicht geben. Ganz im Gegenteil: Es soll eine Art Kunstfigur darsgestellt werden.

Nun zu meiner Frage: Denkt Ihr, dass dies, also die Texte, mir beamtenrechtliche Schwierigkeiten bereiten könnte? Eine befreundete Richterin riet mir am Anfang davon ab, jedoch hatte sie während unserers Telefonats immer mehr Bedenken - was "für mich" sprach. Sie meinte, dass eine klare Ironie/Satire eigentlich unter die Kunstfreiheit und das Entfalten der Persönlichkeit fallen müsste. Egal, wie derb die Sprache ist - politischer Extremismus wird in keinem Wort erwähnt! Wir sprachen auch über Kunstfreiheit. Was wäre, wenn ein Beamter ein erotisches Buch, einen Horrorspielfilm schreibt oder nichtjugendfreie Gedichte? Ich weiß, dass Beamte oft Probleme bekamen, wenn sie in irgendwelchen Schmuddelfilme mitwirkten. Aber bei erkennbar satirischer Musik? Auch wenn wirklich nichtjugendfreie Worte genutzt werden?

Wer sich nicht ganz so viel darunter vorstellen kann, kann mal nach den Musikern Wheeler Walker Jr., David Allan Coe und Rebel Son schauen. In den USA ist Countrymusik ja - wie vermutlich alle wissen - viel stärker vertreten und somit gibt es auch dort nichtjugendfreie Musiker - die natürlich auch nicht zu ernst genommen werden soll.

Ich bin auf Eure Meinungen gespannt.

Vielen Dank!

Zu mir: Ich bin Landesbeamter auf Lebenszeit und werde nach einer geplanten Versetzung bald in einem Landesinnenministerium arbeiten.
« Last Edit: 14.06.2023 04:42 von Admin2 »

Dogmatikus

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Antw:Hobbymäßig Musikmachen
« Antwort #1 am: 13.06.2023 08:23 »
Ohne Anspruch auf die letzte Wahrheit würde ich meinen, dass das absolut überhaupt kein Problem darstellen dürfte. Mich würde als ehemaliger Richter eher interessieren, welche Argumente deine Richter-Bekannte GEGEN diese Tätigkeit angeführt hat? Natürlich muss man sich als Beamter in gewisser Weise "rund um die Uhr" amtsangemessen verhalten. Das heißt aber nicht, dass man das Privatleben über alle Maßen einschränken müsste. Mittels einer Kunstfigur von der Kunstfreiheit gedeckte Lieder zu veröffentlichen, die - sei mir nicht böse - kurzfristig wahrscheinlich nicht mal immens große Reichweite erhalten wird... Da müsste man schon arg empfindliche Dienstherren haben, dass das Probleme machen soll.

Schmitti

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Antw:Hobbymäßig Musikmachen
« Antwort #2 am: 13.06.2023 09:50 »
Ich bin Landesbeamter auf Lebenszeit und werde nach einer geplanten Versetzung bald in einem Landesinnenministerium arbeiten.
Auf der Ebene könnte die entscheidende Frage dann sein: Passt das Parteibuch/das Verhältnis zur Hausspitze denn? Denn ob sich jemand über deine Art der Kunst aufregen will oder nicht, wird im Zweifelsfall mehr davon abhängen, als von irgendwas anderem.

SwenTanortsch

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Antw:Hobbymäßig Musikmachen
« Antwort #3 am: 13.06.2023 12:49 »
Das Beamtenstatusgesetz hebt in § 34 (1) hervor, dass Beamte innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden müssen, die ihr Beruf erfordern. Entsprechend solltest Du für Dich abwägen, ob Du mit den geplanten Texten nach Deiner Versetzung in ein Landesinnenministerium der Achtung und den Vertrauen gerecht wirst, das mit Deiner konkreten Amtstätigkeit verbunden ist - ggf. wird ein Dienstherr einen Beamten, der in einem Innenministerium im Referat Kriminalitätsbekämpfung vor allem mit Sittlichkeitsverbrechen zu tun hat hinsichtlich von öffentlich gesungenen Texten bzw. deren Inhalt und Wortwahl ein anderes Verhalten außerhalb des Dienstes abverlangen wollen oder können, als wenn er seinen Dienst im Referat Statistik verrichtet, könnte ich mir vorstellen. Letztlich wirst Du genauso wie Dein Dienstherr die Verhältnismäßigkeit des jeweiligen Handelns zu beachten haben: Du hinsichtlich der Achtung und dem Vertrauen gegenüber, das Dein Beruf jeweils auch außerhalb des Diensts von Dir fordert, Dein Dienstherr hingegen in dem, was er von Dir als Einschränkung Deiner Meinungsfreiheit abverlangt oder abverlangen kann. Das Mai-Heft der ZBR kann Dir hinsichtlich der zu beachtenden Fragen mit diesen beiden Beiträgen ggf. etwas weiterhelfen:

http://www.zbr-online.de/abstracts/2023/abstract_-masuch.html

http://www.zbr-online.de/abstracts/2023/abstract_nitschke.html

Insgesamt ist die dort betrachtete Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts sicherlich ebenfalls für Dich von Interesse, da diese Entscheidung weitere sachliche Eingrenzungen vornimmt (wenn auch hinsichtlich des Soldaten- und nicht hinsichtlich des Beamtenstatusgesetzes; beide stellen aber im entscheidungsrelevanten Teil weitgehend ähnliche Forderungen), so bspw. hinsichtlich der konkreten Funktion der Klägerin, die als sowohl von ihrem Dienstherrn als auch vom Bundesverwaltungsgericht als "herausgehoben" bzw. als in "repräsentativer Funktion" betrachtet wird - darin zeigt sich die zu beachtende Konkretisierung, von der ich eingangs gesprochen habe -, aber auch und weil diese Entscheidung seitdem in der Rechtswissenschaft in ihren Konsequenzen stärker diskutiert wird, wie die beiden genannten ZBR-Beiträge dokumentieren): https://www.bverwg.de/250522B2WRB2.21.0