Autor Thema: Keine Arbeitsplatzbeschreibung - welche Rechte habe ich?  (Read 3165 times)

PPeach

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 2
Hallo zusammen.

Ich arbeite seit 3,5 Jahren in der kommunalen Verwaltung als Sachbearbeiterin. Ich bin in dem Sinne Quereinsteiger, komme aus der freien Wirtschaft mit Master Abschluss, habe keine Verwaltungsausbildung.
Ich habe seit Tag 1 keine Arbeitsplatzbeschreibung. Meine Stelle war vorher besetzt, wurde nach dem Fortgang meiner Vorgängerin aber mit etwas anderen Inhalten neu ausgeschrieben.
Nun ist es so, dass ich seit 2 Jahren umfangreiche neue Aufgaben hinzu bekommen habe, die meine Eingruppierung in EG 8 nun definitiv übersteigen. Ich übe zu weitaus über 50 Prozent selbstständige Tätigkeiten aus.
Seit Mitte 2021 bitte ich meinen Vorgesetzten in mündlicher und schriftlicher Form, mir eine Arbeitsplatzbeschreibung zu erstellen. Die Personalabteilung ist da auch seit längerem dran und fordert die entsprechenden Zuarbeiten ab. Aber mein Vorgesetzter macht die Zuarbeiten einfach nicht. Immer wieder Ausreden, keine Zeit, nächste Woche, kam was dazwischen... Das Spiel geht seit 2 Jahren so.

Mir geht es gar nicht mal zwingend ums Geld. Mir geht es hauptsächlich darum, dass ich permanent neue, sehr große komplexe Themen übergeholfen bekomme (OZG, digitale Barrierefreiheit) und das alles auch zeitlich überhaupt nicht mehr schaffe, weil ich meine alten Themen auch noch alle bearbeite. Nun bekomm ich immer Druck von ganz oben, dass das eine große Projekt unbedingt bis August abgeschlossen sein muss, dann kommt aber ständig mein Vorgesetzter mit Aufgaben seiner anderen Abteilung, mit der ich gar nichts zutun habe und ich muss das immer einschieben und ausführen und bekomme mein großes Projekt einfach nicht fertig.

Ich habe aber eben nicht mal die APB mit Zeitverteilung auf die man sich dann mal beziehen könnte.
Ich weiß einfach nicht mehr, was ich machen soll.

Eine Kollegin riet mir schon, die Arbeit an allen Aufgaben, die neu dazu kamen und einer höheren EG entsprächen, aber sofort niederzulegen und nur noch das zu machen, wofür ich offiziell eingestellt wurde. Was als in der damaligen Stellenausschreibung stand.

Aber fällt das dann nicht unter Arbeitsverweigerung?

Ich fühle mich einfach total ungerecht behandelt. Ich reiße mir wirklich ein ne Bein aus und mache und tue und bekomme nur Druck, übernehme Aufgaben andere Kollegen, die es nicht hinbekommen bzw einfach keinen Bock haben und alles halt nach mündlicher Anweisung.

Ich habe jetzt einen Antrag auf Höhergruppierung mit einer 3 seitigen Begründung gestellt. Ich weiß, dass meine Tätigkeiten min eine EG höher entsprächen.
Aber was tun, wenn mein Vorgesetzter sich weiterhin weigert die Zuarbeiten zur APB zu erstellen (er hat alles von mir, genaue Tätigkeitsbeschreibungen etc., er hat halt andere Gründe, dass er die APB nicht weiterleitet ans Personal).

Wie würdet ihr jetzt weiter vorgehen? Wäre das rechtens mich zu weigern die höherwertigen Tätigkeiten weiterhin auszuführen?
Was habe ich sonst noch für Möglichkeiten? Außer einer Kündigung...

brian

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 363
Im Normalfall hat Dein direkter Vorgesetzter keine Befugnis, Dir dauerhaft Tätigkeiten zu übertragen, die eine Höhergruppierung zur Folge haben. Kläre mit Deinem Arbeitgeber bzw. dessen beauftragten (vermutlich Personalamt), was Du zu tun hast und was nicht.

McOldie

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 669
Zum Thema "Höhergruppierung": Eine Höhergruppierung muss nicht beantragt werden. Im Bereich des TVöD gilt die "Tarifautomatik", d.h. man ist entsprechend der übertragenen Aufgaben eingruppiert. Wenn Du der Auffassung bist, dass deine Tätigkeit den Merkmalen einer höheren Entgeltgruppe entspricht, so musst Du - zur Wahrung der Ausschlussfrist - das Entgelt der höheren Entgeltgruppe geltend machen. Um der Sache etwas Nachdruck zu machen, kannst Du gleichzeitig erwähnen, dass Du den Anpruch gerichtlich geltend machst, wenn der Arbeitgeber nicht innerhalb einer bestimmten Zeit reagiert.
Ich gehe einmal davon aus, dass Du auch vom Arbeitgeber keinen Nachweis nach dem Nachwisgesetz hast. In diesem müssen die Arbeitsbedingungen nachgewiesen werden. Dazu gehörden u.a. eine Charakterisierung oder Beschreibung der Tätigkeit.

PPeach

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 2
Genau, das ist ja mein Problem, ich kann ja nichts geltend machen, da ich nichts in der Hand habe, keine Arbeitsplatzbeschreibung oder dergleichen. Deswegen habe ich den Antrag auf Höhergruppierung gestellt, weil der bearbeitet werden muss und die Stellenbewertung eine Arbeitsplatzbeschreibung benötigt. Zumindest wurde mir vom AG eine Bearbeitung zugesichert. Aber die Mühlen mahlen hier sehr langsam...und der Ausgang bleibt ungewiss

Lo sa

  • Jr. Member
  • **
  • Beiträge: 78
Dann notierst du halt selbst, was du "auszuüben" hast an deinem Arbeitsplatz. Aus Rechtssicherheit lässt du dann vom Arbeitgeber bestätigen, dass dies auch deine auszuübende Tätigkeit ist. Wenn sie es nicht ist, soll er eben mitteilen, was denn sonst.

Organisator

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 5,864
Genau, das ist ja mein Problem, ich kann ja nichts geltend machen, da ich nichts in der Hand habe, keine Arbeitsplatzbeschreibung oder dergleichen. Deswegen habe ich den Antrag auf Höhergruppierung gestellt, weil der bearbeitet werden muss und die Stellenbewertung eine Arbeitsplatzbeschreibung benötigt. Zumindest wurde mir vom AG eine Bearbeitung zugesichert. Aber die Mühlen mahlen hier sehr langsam...und der Ausgang bleibt ungewiss

Da es keinen Antrag auf Höhergruppierung gibt, muss er auch nicht bearbeitet werden. Ich würde emfpehlen, die Tätigkeiten die du so machst aufzuschreiben im Sinne einer Tätigkeitsdarstellung und mit dieser zu deinem Arbeitgeber zu gehen (z.B. Personalstelle) und um Bestätigung bitten, dass dies deine auszuübenden Tätigkeiten sind.
Ansonsten bittest du deinen Arbeitgeber um eine kurze Beschreibung deiner Aufgaben gemäß § 106 GewO, da dein übergriffiger Vorgesetzter versucht hat, zusätzliche Aufgaben zu übertragen.

McOldie

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 669
Genau, das ist ja mein Problem, ich kann ja nichts geltend machen, da ich nichts in der Hand habe, keine Arbeitsplatzbeschreibung oder dergleichen. Deswegen habe ich den Antrag auf Höhergruppierung gestellt, weil der bearbeitet werden muss und die Stellenbewertung eine Arbeitsplatzbeschreibung benötigt. Zumindest wurde mir vom AG eine Bearbeitung zugesichert. Aber die Mühlen mahlen hier sehr langsam...und der Ausgang bleibt ungewiss

Du musst für die Geltendmachung auch nichts in der Hand haben.  Du bist der Rechtsmeinung, dass die dir übertragene Tätigkeit den Merkmalen der von dir genannten Entgeltgruppe entspricht. Dies kannst Du auch im Einzelnen begründen, welche Tätigkeiten mit welchem Zeitanteil den höheren Mrkmale entspricht. Dabei kannst Du gerne eine von dir erstellte Tätigkeitsbeschreibung beifügen. Druck kannst Du nur ausüben, wenn Du mit dem Rechtsweg drohst.

bactho

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 23
Genau, das ist ja mein Problem, ich kann ja nichts geltend machen, da ich nichts in der Hand habe, keine Arbeitsplatzbeschreibung oder dergleichen. Deswegen habe ich den Antrag auf Höhergruppierung gestellt, weil der bearbeitet werden muss und die Stellenbewertung eine Arbeitsplatzbeschreibung benötigt. Zumindest wurde mir vom AG eine Bearbeitung zugesichert. Aber die Mühlen mahlen hier sehr langsam...und der Ausgang bleibt ungewiss

Ein grundsätzliches Problem in vielen Verwaltungen - die fehlende Arbeitsplatzbeschreibung! Gerade in kleineren Kommunen.
Leider gibt es keine Rechtsvorschrift, die eine APB fordert. Die Rechnungshöfe des Bundes und der Länder fordern diese immer wieder und auch aus der Rechtsprechung erkennt man die Wichtigkeit dieses Instrumentes. Aber weder im TVöD noch in den Entgeltordnungen ergibt sich hierzu eine Regelung.
Der Arbeitgeber muss Dir Tätigkeiten zuweisen (auszuübende Tätigkeit), wonach sich die Höhe des Entgeltes ergibt. Aber in welcher Form er dies tut, bleibt ihm überlassen. Eine mündliche Zuweisung reicht also aus, aber wie ist es in diesem Fall mit der Beweisführung? Und im schlimmsten Fall trifft man sich dann vor dem Arbeitsgericht wieder...

Ein Antrag auf Höhergruppierung ist in der Praxis zwar gängig, aber auch hierzu gibt es keinen Rechtsanspruch. Das einzige Rechtsmittel, ist die Klage auf tarifgerechte Eingruppierung vor dem Arbeitsgericht.

Kannst Du vom Personalrat Hilfe erwarten? Oder von der Organisationsabteilung bzw. Personalamt?

MeinerEiner

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 133
Du hast doch sicherlich einen Arbeitsvertrag in schriftlicher Form vorliegen und dort sollte auch eine kurze Beschreibung bzw. Charakterisierung deiner zu leistenden Tätigkeit aufgeführt sein.
Der AG muss seiner Pflicht, die sich aus §2 NachwG Absatz 1 ergibt, nachkommen. Darauf solltest Du ihn nochmals schriftlich hinweisen.

Rechtlicher Beistand ist in so einem Fall immer anzuraten.

Der AG ist nicht daran interessiert, Dir eine Arbeitsplatzbeschreibung auszuhändigen, weil er Dir dann nicht mehr jeglichen Kram anweisen kann, was diese nicht abdeckt und wird dich bis in alle Ewigkeit vertrösten, weil Du keine Rechtsmittel einlegst.

Sollte es später einmal zu einer Eingruppierungsfeststellungsklage kommen, sollten deine Einzeltätigkeiten genau dokumentiert sein (Arbeitstagebuch). Diesen Nachweis kann man ja schon parallel erstellen.

Ich kann verstehen, dass der Zustand für Dich sehr belastend ist, zumal auch keine Besserung in Sicht ist und Du eher noch zusätzliche Aufgaben bekommst, für die Du nicht entlohnt wirst. Dein Arbeitgeber hat auch eine Fürsorgepflicht und gefährdet aber auf Dauer Deine Gesundheit. Wirklich traurig dieses rücksichtslose Verhalten, was anscheinend oft an den Tag gelegt wird.

Als Gewerkschaftsmitglied genießt Du übrigens Rechtsschutz oder schließt eine andere Arbeitsrechtsschutzversicherung ab. Eine ausführliche/erweiterte Erstberatung aus eigener Tasche würde bei ca. 250 Euro liegen.

blondie

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 195
Gibt es denn bei euch keinen Personalrat?

brian

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 363
Antw:Keine Arbeitsplatzbeschreibung - welche Rechte habe ich?
« Antwort #10 am: 10.07.2023 07:16 »
Du hast doch sicherlich einen Arbeitsvertrag in schriftlicher Form vorliegen und dort sollte auch eine kurze Beschreibung bzw. Charakterisierung deiner zu leistenden Tätigkeit aufgeführt sein.
Der AG muss seiner Pflicht, die sich aus §2 NachwG Absatz 1 ergibt, nachkommen. Darauf solltest Du ihn nochmals schriftlich hinweisen.



Wer so einen Arbeitsvertrag unterschreibt ist auf immer und ewig auf diese Arbeit festgezurrt. Normalerweise steht im Arbeitsvertrag "als VErwaltungsfachangestellte" und mehr nicht, damit ist man flexibel einsetzbar.

MoinMoin

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 5,567
Antw:Keine Arbeitsplatzbeschreibung - welche Rechte habe ich?
« Antwort #11 am: 10.07.2023 10:57 »
Du hast doch sicherlich einen Arbeitsvertrag in schriftlicher Form vorliegen und dort sollte auch eine kurze Beschreibung bzw. Charakterisierung deiner zu leistenden Tätigkeit aufgeführt sein.
Der AG muss seiner Pflicht, die sich aus §2 NachwG Absatz 1 ergibt, nachkommen. Darauf solltest Du ihn nochmals schriftlich hinweisen.



Wer so einen Arbeitsvertrag unterschreibt ist auf immer und ewig auf diese Arbeit festgezurrt. Normalerweise steht im Arbeitsvertrag "als VErwaltungsfachangestellte" und mehr nicht, damit ist man flexibel einsetzbar.
Sehe ich nicht so, der AG kann jederzeit dir trotzdem andere Tätigkeiten zuweisen, egal was im AV steht, solange es nicht die EG ändert und sie dir zumutbar sind.

MeinerEiner

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 133
Antw:Keine Arbeitsplatzbeschreibung - welche Rechte habe ich?
« Antwort #12 am: 11.07.2023 07:16 »
Und in welcher Form kann er mir diese zuweisen, so dass ich mir eine Rechtsmeinung dazu bilden kann, inwieweit diese Änderung meine Eingruppierung tangiert? Da reicht doch sicherlich keine mündliche Anweisung eines Befugten, oder?
So wie es scheint, haben hier im Forum viele Angestellte meist gar nichts in der Hand, was die ihnen übertragenen Tätigkeiten fixiert.

brian

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 363
Antw:Keine Arbeitsplatzbeschreibung - welche Rechte habe ich?
« Antwort #13 am: 11.07.2023 10:34 »
Am sichersten schriftlich. Bei uns passiert das über die Arbeitsplatzbeschreibung, die üblicherweise deckungsgleich mit der Ausschreibung ist.

wedo

  • Jr. Member
  • **
  • Beiträge: 65
Antw:Keine Arbeitsplatzbeschreibung - welche Rechte habe ich?
« Antwort #14 am: 12.07.2023 07:16 »
Schau mal in §5 NachwG - Übergangsvorschriften - hier ist geregelt, das bei bestand des Arbeitsverhältnisses vor dem 1.08.2022 auf VERLANGEN des AN der Nach weis nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 - 10 spätestens am 7. Tag nach Zugang erfolgen muss. Nachweis nach $ 2 Absatz 1 Satz 2 spätestens nach 1 Monat.

Das heißt für dich: Den AG schriftlich unter Berufung auf das Nachweisgesetz auffordern was deine aktuellen Tätigkeiten sind. Die Beschreibung wird wahrscheinlich zwar sehr knapp ausfallen aber du hast dann immerhin etwas in der Hand

Grüße