Autor Thema: Rückzahlung Technikerzulage TVÖD VKA  (Read 1567 times)

HerrRossi70

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Rückzahlung Technikerzulage TVÖD VKA
« am: 17.07.2023 06:49 »
Hallo Forumsgemiende,

erster tag nach dem Urlaub und ein nettes Schreiben meines Arbeitgebers auf dem Tisch. Dieser möchte gerne von ab dem 01.01.2022 die Technikerzulage von 23,01 Euro je Monat zurück haben.

Folgender Hintergrund. Am 01.04.2019 wurde ich von der EG 11 in die EG 12 höhergruppiert. Glatter Durchrutsch in Stufe 6. dadurch wurde meine auszuübende Tätigkeit verändert. Allerdings nur im Schwierigkeitsgrad, nicht in der Sache an sich.

Soweit so gut. Kann ich auch bedingt nachvollziehen und möchte dort auch nicht rumrevoluzzern.

Den Rückforderungszeitraum sehe ich allerdings bei den obligatorischen 6 Monaten und nicht bei 18 Monaten. Vor allem wurde die Zulage ja auch noch fröhlich versteuert. D.h. ich würde ja auch eine neue Einkommensteuerbescheinigung für 2022 benötigen. Und da meine Steuererklärung für 2022 bereits gelaufen ist, ,müsste diese dann auch noch einmal abgeändert werden.

Bei den 6 Monaten hätte ich da einen Haken dran gemacht, aber dieses Geseihere, dass ich Kenntnis über die weitere Zahlung der Technikerzulage hatte und somit 18 Monate zurück verlangt werden, hängt mir da persönlich nur zum Halse raus.

Unsere völlig aufgeblähte Personalabteilung, die den ganzen tag nicht anderes machen, als sich mit dem TVÖD usw. zu beschäftigen, ist nicht in der Lage gewesen, den TVÖD aus 2019 umzusetzen? Das muss ich mir dann als techn. Angestellter auch noch selbst ausarbeiten, ob in meine Lohnabrechnung bis ins letzte Detail mit dem aktuell gültigen Tarifwerk übereinstimmt. Und das Monat für Monat. Schon klar.

Rechtlich wird es wahrscheinlich so sein, aber Mitarbeitermotivation sieht anders aus......

ich denke SPID kann da kurz einmal seine Einschätzung zu abgeben oder?

Grüße

MoinMoin

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Antw:Rückzahlung Technikerzulage TVÖD VKA
« Antwort #1 am: 17.07.2023 07:14 »
ich denke SPID kann da kurz einmal seine Einschätzung zu abgeben oder?
Da musst du ihn persönlich anschreiben, der ist nicht mehr aktiv.
Und wenn dein AG eine Rechtsbasis findet mehr als die tariflich vereinbarten 6 Monate zurückfordern zu können, dann soll er es doch gerichtlich durchdrücken.

ISN

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Antw:Rückzahlung Technikerzulage TVÖD VKA
« Antwort #2 am: 17.07.2023 09:50 »
Du müsstest nur dann über die 6 Monate hinaus zurückzahlen, wenn dir bekannt war, dass du die Technikerzulage zu Unrecht bekommen hast. Das halte ich für unwahrscheinlich. Falls dein Arbeitgeber darauf beharrt und seinen angeblichen Rückzahlungsanspruch gegen dein Entgelt aufrechnet, bist allerdings du derjenige, der Klage einreichen müsste.
Steuerrechtlich bleibt das Jahr 2022, wie es bescheinigt wurde. Im Steuerrecht gilt das Zuflussprinzip. Die Rückzahlung der steuerpflichtigen Überzahlung mindert dein Steuerbrutto 2023. Ebenso ist es bei der VBL. Nur in der Sozialversicherung wird aufgerollt.

McOldie

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Antw:Rückzahlung Technikerzulage TVÖD VKA
« Antwort #3 am: 17.07.2023 12:32 »
Dies ist mein Lieblingsthema, daher ausführlich.
Hat ein Angestellter ohne rechtlichen Grund auf Kosten seines Arbeitgebers zu viel Bezüge erhalten, so ist er zur Herausgabe verpflichtet (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB). Ohne rechtlichen Grund sind Leistungen erbracht, die überhaupt nicht oder nicht in der tatsächlich gezahlten Höhe zugestanden haben. In der Regel handelt es sich um Fehler bei der Auszahlung (z. B. infolge eines technischen Fehlers in der Datenverarbeitung, infolge eines Eingabefehlers oder eines Irrtums des anweisenden Bediensteten). Die Verpflichtung zur Rückzahlung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später mit rückwirkender Kraft weggefallen ist (§ 812 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Verpflichtung zur Herausgabe des Erlangten ist jedoch ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist (§ 818 Abs. 3 BGB). Der Angestellte kann also gegen den Rückforderungsanspruch den Wegfall der ungerechtfertigten Bereicherung geltend machen. Er kann einwenden, er habe die zu viel gezahlten Bezüge in Unkenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes im guten Glauben empfangen, sie verbraucht und sei deshalb durch das zu viel Gezahlte nicht mehr bereichert.
Der materiellrechtliche Rückzahlungsanspruch entsteht im Zeitpunkt der Zuvielzahlung. Von diesem Zeitpunkt an läuft grundsätzlich auch die Ausschlussfrist nach § 37 TV-L.
Der Angestellte ist im Zeitpunkt des Empfangs in Höhe der Zuvielzahlung bereichert. Ob er das noch an dem Tage ist, an dem er Kenntnis von dem Mangel des rechtlichen Grundes erhalten hat, ist eine Frage wirtschaftlicher Natur. Die Bereicherung ist weggefallen, wenn der Empfänger die zu viel gezahlten Beträge im Rahmen seiner Lebensführung verbraucht hat; er hat den Wegfall der Bereicherung glaubhaft zu machen.
Die Lebenssituation des Arbeitnehmers, insbesondere seine wirtschaftliche Lage, muss so sein, dass die Verwendung der Überzahlung für die laufende Lebensführung naheliegt. Das ist regelmäßig dann der Fall, wenn Arbeitnehmer mit geringem oder mittlerem Einkommen nicht über nennenswerte weitere Einkünfte verfügen, so dass sie die Nettobezüge aus ihrem Arbeitsverhältnis verwenden, um den laufenden Lebensunterhalt für sich und evtl. ihren Familienhaushalt zu bestreiten.
Bei geringfügigen Überzahlungen ist der Wegfall der Bereicherung anzunehmen ist, wenn der Arbeitnehmer die zu viel gezahlten Bezüge im Rahmen seiner Lebensführung verbraucht hat. Nach der Rechtsprechung kann ohne nähere Prüfung unterstellt werden, wenn die im jeweiligen Monat zu viel gezahlten Bezüge 10 v. H. des insgesamt zustehenden Betrages, nicht übersteigen (=Anscheinsbeweis)
Auszüge aus der Rechtsprechung des BAG zur Entreicherung:
Will der öffentliche Arbeitgeber in einem solchen Fall Entreicherung nicht akzeptieren, hat er darzulegen und zu beweisen, dass die Voraussetzungen der Richtlinien nicht gegeben sind oder der Arbeitnehmer die überzahlten Bezüge nicht durch Anhebung seines Lebensstandards verbraucht hat.“ BAG 18.9.1986 – 6 AZR 517/83 –

Der Arbeitnehmer kann sich auf den Wegfall der Bereicherung nicht berufen, wenn er "bösgläubig" war, weil den Mangel des rechtlichen Grundes der Zuvielzahlung beim Empfang der Bezüge kannte oder später zu einem Zeitpunkt erfahren hat, in dem er noch bereichert war. Anders als bei den Beamten, ist es bei den Arbeitnehmern nicht erforderlich, dass sie den Mangel des rechtlichen Grundes wegen seiner Offensichtlichkeit hätten erkennen müssen. Ein "Kennenmüssen" oder "bloße Zweifel" reicht nicht aus, um hier zur Bösgläubigkeit zu kommen: Der Arbeitgeber ist beweispflichtig, dass der Arbeitnehmer tatsächlich Kenntnis von dem Mangel des Rechtsgrundes Kenntnis hatte (= positive Kenntnisnahme).
Nach der Rechtsprechung ist der Mitarbeiter zwar aus der Treuepflicht (§ 242 BGB) heraus verpflichtet, die Gehaltsmitteilung insoweit auf ihre Richtigkeit zu überprüfen, als dies von ihm billigerweise erwartet werden kann.  Bei Arbeitnehmern muss Kenntnis vom Mangel des rechtlichen Grundes vorliegen, es reicht im Unterschied zu den Beamten nicht aus, dass sie die Möglichkeit hatten, die Überzahlung zu erkennen.
Meine Empfehlung.
Sofort schreiben, dass du den Fehler bei der Zahlung nicht erkannt hast und du im übrigen – auch wegen der Geringfügigkeit - nicht bereichert bist und das Geld für die normale Lebensführung verbraucht hast. Du bist daher mit der Rückforderung bzw. der Aufrechnung mit den laufenden Bezügen nicht einverstanden und ggf. den Rechtsweg beschreiten wirst. Gggf. kannst du auch noch auf die Ausschlussfrist, die von Amts wegen zu beachten ist, hinweisen. M.E. bist du hier rechtlich auf der sicheren Seite.


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Antw:Rückzahlung Technikerzulage TVÖD VKA
« Antwort #4 am: 17.07.2023 15:37 »
Hier würde ich auf die Geringfügigkeit abstellen. Bei der kleinen Abweichung war es für dich nicht erkennbar, dass etwas nicht stimm.

Die BUND hat für sich die Regel: Abweichungen kleiner 10% beim Gehalt sind geringfügig. Damit gelten dann nur die 6 Monate. Ausnahme: Wenn dem Mitarbeiter der Fehler bekannt ist.

Umlauf

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Antw:Rückzahlung Technikerzulage TVÖD VKA
« Antwort #5 am: 17.07.2023 15:41 »
Ergänzend noch das Rundschreiben des BMI für den Bund.
Eventuell hilft es beim Argumentieren.

https://www.bmi.bund.de/RundschreibenDB/DE/2021/RdSchr_20210804.html

Dann auf Download gehen.