Autor Thema: [BY] Eure Meinung zum bayer. Besoldungsgefüge, insb. im Finanzamt  (Read 4728 times)

Finanzamtler

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Guten Abend zusammen!

Nachdem ich heute einen Großteil des Tages damit verbracht habe, die hier im Forum vertretenen Meinungen zur letzten Besoldungsanpassung in Bayern zu lesen (OFZ), fiel dann doch die Entscheidung, sich auch mal hier im Forum anzumelden.  :)

Vorweg gleich etwas dazu: Die Besoldung in Bayern ist ja nach überwiegender Auffassung (erneut) verfassungswidrig. Das soll daher kein Thema dieses Posts sein. Mir geht es eher um eure Meinungen zum allgemeinen Besoldungsgefüge in Bayern, besonders im Finanzamt. Das ist m.E. neben den technischen Berufen die am stärksten mit der fW konkurrierende "Branche" im öffentlichen Dienst.

Mich interessiert:

- In Bayern bestehen nach meiner Recherche die (auf dem Papier!) längsten Mindestwartezeiten auf eine Beförderung. Bedeutet beispielsweise im FA: Einstieg als BaP in A9 im Jahr 2021, BaL dann 2023. Frühestmöglicher Zeitpunkt für A10 liegt bei einer Beurteilung von mindestens 11 Punkten im Jahr 2025, (sonst 2026 oder sogar 2027,) A11 ist dann frühestens 2028 möglich (3 Jahre Mindestwartezeit). Das gilt analog für A12 und A13, auch hier gelten also jeweils 3 Jahre Wartezeit zwischen den Beförderungen
-> Diese Laufbahnvorschriften gelten für alle Behörden, auch Ministerien, Landesämter etc.

- Bayern bietet mit Ausnahme des IT-Zuschlags keine Besoldungsbestandteile wie beispielsweise eine Personalgewinnungs- oder Bindungsprämie (analog zu § 43 BBesG) an.

- Theoretisch kann nach Art. 14 LlbG auch in einem Beförderungsamt eingestellt werden, mir ist aber noch nie zu Ohren gekommen, dass das auch so gehandhabt wird. Der gehobene ntD steigt daher immer in A9 ein.
-> Verlässt ein Beamter jetzt mit A9 das FA und macht 10 Jahre Steuerberatung, kommt er zurück - und wird wieder A9. Er bekommt allenfalls einige Erfahrungsstufen angerechnet. Beim Bund scheinen mir die Möglichkeiten hier besser zu sein, Stichwort Laufbahnnachzeichnung.


Im Großen und Ganzen bin ich mit meiner Berufswahl (noch) zufrieden (fertig seit 3 Jahren, A9 gD, Stufe 3, FA). Gerade durch die Beiträge hier im Forum (zeitnahere oder sogar jährliche Beförderung bei Bundesbehörden auf Bündeldienstposten, höhere Zulagen, Gewinnungsprämie etc.) und die Verdienstmöglichkeiten in der Steuerberatung kommen mir hier aber schon einige Überlegungen. Ich möchte dieses Forum daher nutzen, um einfach mal eure Meinungen zu meinen aufgeführten Stichpunkten in Erfahrung zu bringen.

Meine eigene Meinung dazu:

- Besoldung ist generell zu gering für einen "Amtssteuerberater", denn nichts anderes ist ja der Diplom-Finanzwirt, zumindest bei einem halbwegs guten Abschluss. Verbunden mit den langen Wartezeiten auf eine Befördeurng (wohlgemerkt Mindestwartezeiten) verlassen zahllose Kollegen das FA. Nachwuchs kommt kaum nach, dieses Jahr konnten bspw. nur ca. 450 der 600 Anwärterstellen besetzt werden. Schade ist v.a., dass immer die guten Leute gehen - denn die kriegen in der Beratung halt schnell das doppelte bis dreifache.

- Folge aus Punkt 1: Die verbliebenen Kollegen werden mit Arbeit überlastet, fallen öfter aus oder kündigen auch. Der neueste Schrei: Teilzeit + lukrative, "gerade noch so halbwegs legale" Nebentätigkeit. Das bringt quasi den "Sprung auf A13" schon morgen. Wem es aber nichts bringt, ist der Finanzverwaltung.

- Es fehlen Motivationsinstrumente wie Prämien. Der Bund macht m.E. vor, wie das aussehen kann.

- Es gibt "zero" Bemühungen, Leute zu halten - das kenne ich mittlerweile von Kollegen aus drei Ämtern. "Wer gehen will, soll eben gehen", die Amtsleitung ist noch nicht mal an Gesprächen über den Hintergrund der Entscheidung interessiert. Finde ich befremdlich.

- Der Ersteinsatz erfolgt mit Ausnahme von sozialen Gründen fast immer in München oder im Umland. Die Ballungsraumzulage (bzw. der neue L-Zuschlag für Ortsklasse VII) ist da natürlich nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Hinzu kommt das wirtschaftliche Umfeld. Gerade hier versuchen Kanzleien, die Leute abzuwerben - krass ist es wohl in der BP, mir ist es aber auch im Innendienst schon am Telefon passiert.

- Es gibt keine Möglichkeit, beide Seiten kennenzulernen. Wer raus geht, kommt zurück und fängt im schlimmsten Fall wieder im Eingangsamt an. Altersgeld, Einstellung in Beförderungsämter etc. scheiden in Bayern ja aus. Leute, die das FA verlassen, sind daher für den Staat meistens für immer verloren.

Und am Ende "schwebt" dann noch die Verfassungsmäßigkeit der Besoldung über einem, wobei Markus Söder ja gleichzeitig erzählt, wie heilig und toll doch der bayerische öD sei.

Interessant wäre auch, ob jemand etwas aus der Praxis berichten kann. Beispielsweise eine Kollegin oder ein Kollege, der nach seiner Entlassung einige Jahre in der Beratung war & wieder ins FA zurückgekommen ist.

Ich bin gespannt auf den Austausch!



clarion

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Dein Posting  liest sich ein bisschen so, als ob man für ein paar Jahre in die PW geht und wenn das zu stressig wird, oder das Häuschen abbezahlt ist, kommt man zurück,  um eine ruhige Kugel zu schieben. Wenn das so ist, dann bekommt die Finanzverwaltung  fähige Leute, die über den Tellerraand geblickt haben, für wenig Geld, und muss halt x Jahre der Lebensarbeitszeit an die PW abgeben. Läuft doch, aus Perspektive  der Finanzverwaltung betrachtet. Zukünftig  wird  diese Wette wegen der Demographie nicht mehr zugunsten der Finanzverwaltung ausgehen.

Das Problem der Demographie  zieht sich aber durch die gesamte Gesellschaft, nicht nur bei den Behörden!

Finanzamtler

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Das Thema Demografie ist hier nochmal ein ganz anderes, da hast du aber völlig Recht.

Ich denke mir dazu: Gerade im FA ist es unglaublich sinnvoll, beide Seiten einmal kennengelernt zu haben. Hier geht es mir aber nicht um Rosinenpickerei (Stichwort: Raus aus dem öD fürs Geld, rein für die Bequemlichkeit), sondern um die Anerkennung vielseitiger Berufserfahrung. Die geschieht nur unzureichend bzw. gar nicht, was auch der Grund dafür sein dürfte, dass keiner der mir bekannten Kollegen wieder zurückgekommen ist oder darüber nachdenkt. Spricht man das an, kommt als Antwort eher ein "haha, was bitte?" :D

Gerade die Work-Life-Balance ist im FA sicherlich ein echter Pluspunkt, der aber durch diverse Negativaspekte immer weniger aufgefangen wird. Zumal sich die Unternehmen der PW ja auch in dieser Hinsicht weiterentwickeln, alleine schon was die Remote-Fähigkeit vieler Stellen angeht. Gefühlt kann mittlerweile jeder "Steuermensch" 100 % remote arbeiten, sicher auch ein wichtiger Bestandteil einer guten WL-Balance, selbst wenn dann die Arbeitszeit mal bis in den Abend geht.

HannsKanns

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Servus,

dein Post passt nicht nur zu Bayern. ;D
Gibt genügend andere Bundesländer, wo die guten Arbeitskräfte (auch die Verbeamteten mit Antrag auf Entlassung) in die PW abwandern.

Und ich kenne so einige Fälle (auch oder insbesondere Lehrer), da wird sich gar nicht groß bemüht, den MA zu halten oder groß Gespräche geführt. Das meiste wird halt so hingenommen und stillschweigend akzeptiert.
Reisende soll man eben nicht aufhalten.

Aber zu deinem Stichwort: "Raus aus dem öD fürs Geld, rein für die Bequemlichkeit"...
...ich kenne so einige Stellen im öD in der Verwaltung zB, die alles andere als Bequem sind, es graut schon vor der Zukunft wenn zig Stellen künftig fehlen werden:

https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/babyboomer-im-oeffentlichen-dienst-werden-840-000-fachkraefte-fehlen-/28942072.html


Finanzamtler

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So ist es leider. Ich bin gespannt, welche Instrumente sich in der Freistaat in den nächsten Jahren einfallen lassen wird (muss!), um da gegenzusteuern. Die aktuellen Änderungen bei der Besoldung scheinen mir allles andere als geeignet.  ;D
Man unterschätzt glaube ich auch gerne die Fähigkeit der Leute, sich selbst zu informieren. Anwärter nehmen in der 3.QE die gute Besoldung mit, wissen aber durch ihre Recherche bereits, dass sie außerhalb des FA besser verdienen. Also wechseln sie direkt nach der Ausbildung in die PW - und wieder ist eine Planstelle für mindestens 3 Jahre unbesetzt.
Da hilft nur ein wettbewerbsfähiges Arbeitsumfeld (und zwar nicht erst mit A12 nach 15 Jahren, sondern relativ zeitnah). :)

Ich stimme beim Thema "ruhige Kugel" auch nicht ganz mit clarion überein. Gerade in den FÄ in und um München ist der Job wirklich stressig. Aufm tiefsten Land mag es aber tatsächlich entspannter sein.

Nanum

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Hi,
insgesamt denke ich nicht, dass du es als Beamtesbeamter ntD viel besser hättest. Die Bündelung ja; bis A13 aber nur in obersten Bundesbehörden. Die sind meist in Regionen mit hohen Lebenshaltungskosten.
Die Vielzahl an Zulagen gibt es meist nur für IT oder generell MINT.

Einstellung im Beförderungsamt geht zwar ist aber immer noch extrem selten und schwierig.

Die Probleme die du beschreibst kenne ich somit fast genauso beim Bund. A12 und A13 gibt es halt "nie gratis" ohne passenden Dienstposten.

Und was halt mehr als absolut offensichtlich ist: Leistung ist egal, "wenn man dran ist, ist man dran" und Alte / Ältere werden IMMER bevorzugt.
Hinsichtlich Leistungs- oder motivationsfördernder Besoldung kann ich zumindest nichts positives über den Bund sagen.

Hulbatsub

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Ohweh, ohweh, ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll, probiere es aber trotzdem.

Die Wartezeiten für Beförderungen sind an der obersten Dienstbehörde selbstverständlich völlig andere als im FA. Es gibt dort erstens keinen Beurteilungsschnitt, der im nachgeordneten Bereich zwingend eingehalten werden muss und zweitens gibt es grundsätzlich ausreichend Stellen, so dass meist in der Mindestwartezeit befördert werden kann.

Eine Einstellung in den höheren als dem Eingangsamt kommt immer wieder vor, betrifft aber den begehrenswerten Bereich wie bspw. Amtsärzte. Man sollte sich als angehender Finanzbeamter, der in Herrsching oder Kaufbeuren 3 Jahre highlife hatte, von dem Gedanken verabschieden, eine große und wichtige Nummer zu sein. Natürlich ist der demografische Wandel da, natürlich gehen aktuell und demnächst sehr viele in den Ruhestand. Und selbstverständlich ist jeder Beamte wichtig. Heiß begehrt bleiben aber vor allem ITler und Mediziner, daher auch entsprechende Prämien in diesen Bereichen.

Wer clever und selbstverständlich geeignet ist, geht einige Jahre oder länger an den Odeonsplatz, nimmt dort den Aufstieg und die Ministerialzulage mit oder bleibt dauerhaft dort. Gejammer über die Besoldung oder andere Umstände kann ich nicht nachvollziehen. Ich habe drei Jahre Zeit, mir während des dualen Studiums darüber Gedanken zu machen, ob die Modalitäten für mich passen. Wenn es woanders lukrativer ist, steht es jedem frei, in die Beratung und Privatwirtschaft zu gehen. Dieses ewige Gejammer, obwohl man vorher genau weiß, was man wann kriegt und wie es voraussichtlich beförderungstechnisch weitergeht, ist unerträglich. Love it, change it or leave it.

Die meisten der Jammerlappen, die es übrigens auch zu Genüge in der 4. QE gibt, schaffen den Absprung komischerweise doch nie, weswegen es so schlecht wohl nicht sein kann. Wichtig ist, immer weiter von nackerte Weisswürscht zu träumen und sich hier angefeuert durch den ein oder anderen Hobbyjuristen im Forum immer weiter reinzusteigern, wie schlecht und verfassungswidrig man doch besoldet würde.

Da könnt ihr klagen, Widerspruch einlegen oder Petitionen an den Landtag richten. Die Besoldung bleibt erstmal gleich, daran könnt ihr kurzfristig nichts ändern. Wem sie also nicht passt, der möge bitte in den Hort der Privaten gehen und dort das süße Angestelltenleben genießen.



superdash

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Was regst du dich über Unzufriedenheit so auf? Deine Aussagen Zeugen im besten Fall von hoher Ignoranz gegenüber den Problemen des ÖD. Zwar sind deine Aussagen teilweise richtig, aber wenig zielführend.

Faktenlage:
- Im ÖD fehlen Fachkräfte.
- Bedienstete/MA sind unzufrieden.
- Bezahlung ist im oberen Besoldungsbereich schwach im Vergleich zur Privatwirtschaft
- Führungskultur aus dem letzten Jahrtausend weit verbreitet
- Wertschätzung der Gesellschaft oft gering

Das kann man jetzt natürlich alles mit 'gejammer' abtun oder man geht die Probleme an. Firmen haben das Problem schon länger erkannt und tun was in den oben genannten Bereichen (zumindest diejenigen, die Wettbewerbsfähig bleiben möchten.)

Aber in folgendem Punkt geben ich dir recht: erst mal wird sich nichts ändern. Es muss noch viel schlimmer werden, bevor es besser wird.



Hulbatsub

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Was ist denn der obere Besoldungsbereich? Falls damit A13 aufwärts gemeint ist, frage ich mich, was hier für Verdienste erwartet werden?
40 Stunden Woche, keinerlei Nachdenken darüber, ob und wie es mit der Firma weitergeht, wenn es den eigenen Ansprüchen genügt, dann ist ab Tag 1 Dienst nach Vorschrift möglich. Und dafür ein netto von circa 3.800 in Steuerklasse I. Wenn das schwach sein soll, dann bitte, ab in die Wirtschaft. Ich bräuchte mittlerweile ein Jahresbrutto von über 120.000 im Angestelltenbereich, um auf mein netto zu kommen. Da ist aber keine Beihilfe für Kinder dabei und einen Familienzuschlag gibt es auch nicht. Ich müsste auch deutlich mehr arbeiten und 40 Stunden gäbe es auf dem Papier, faktisch aber sicher mehr, ohne Abgeltung bzw. 24 Gleittage, wie man sie im ÖD hat.

Ich würde jedem, egal wie lang dabei und wie wichtig er sein mag, sofort die Tür zeigen und alles Gute wünschen, wenn er meint, er hätte es woanders besser. Die Leute sollen mal 2-3 Jahre in die freie Wirtschaft und „richtig arbeiten“. Von den Kolleginnen und Kollegen, die 2-3 Jahre in einer Großkanzlei oder Beratung waren, will komischerweise keiner zurück, obwohl die dort Summen verdient hätten und würden, dass selbst die B-Besoldung lächerlich wirkt.

Vielen würde mal das Hinterfragen der eigenen Ansprüche gut tun. Nur, weil es allerorts Fachkräftemangel gibt und überall Stellen zu besetzen sind, heißt das nicht, dass man jetzt Ansprüche auf ein sensationelles Gesamtpaket hat.

Und ich hoffe weiterhin, dass keiner, der im ÖD tätig ist und sehr unzufrieden ist, zu seiner Tätigkeit gezwungen wird und deswegen nicht wechseln kann. Manchmal hat man das Gefühl.

Wertschätzung ist dasselbe in grün. Ich weiß vorher, dass ich als Finanzbeamter (teils zurecht) keinen Image-Blumentopf gewinne, wenn ich nach meinem Job gefragt werde. Wer Image will, möge Feuerwehrmann, Arzt oder Pfleger werden. Ich weiß selbst, dass ich als Verwaltungsjurist meist müde belächelt werde, ein Richter oder Staatsanwalt aber hauptsächlich Staunen und anerkennendes Kopfnicken erntet. Wenn das mein Antrieb ist, muss ich mir vorher Gedanken bei der Berufswahl machen und in meinem Fall in die Justiz gehen.

superdash

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Was ist denn das für ein Erguss an Wut und Hass? Woher kommt das? Weiß gar nicht ob man auf sowas antworten soll, aber ich mache es mal etwas konstruktiver:

Aktuell wird es doch auch so gemacht wie du es forderst: jeden gehen lassen der will, sich nicht wirklich um die Fachkräfte bemühen und am besten noch einen Tritt in den Hintern. Die Arbeitgeber und Dienstherrn haben den sich ändernden Arbeitsmarkt in keinster Weise verstanden und du scheinbar auch nicht.

Ich war erst im Rahmen eines Projekts für längere Zeit beurlaubt und in der Privatwirtschaft tätig und weiß wovon ich spreche (35h-Woche mit Zeiterfassung und gleitzeit, Bonus fast 5-stellig, tolles arbeitsumfeld, regelmäßige Mitarbeitergespräche zur Personalenteicklung, offene Führungskultur,... Nur der Standort war mir aktuell zu weit entfernt auf Dauer, sonst wäre ich geblieben.)

Anstatt sich dort etwas abzuschauen wird vielerorts weitergemacht wie bisher. Ich schrieb es bereits: die Einsicht ist noch nicht da und es wird im ÖD erst noch schlimmer, bevor es besser wird. Es wird nicht helfen, die Probleme des ÖD zu ignorieren oder etwas schön zu reden.

Woher kommt eigentlich deiner Meinung nach  der eklatante Personalmangel insb. Im Mint-Bereich? (Tipp: Es ist nicht der Fachkräftemangrl. Den gibt es nur dort, wo die Konditionen nicht stimmen. Gute Firmen der PW bekommen ihr Personal und halten es aus gutem Grund.)

P.S. Woher kommt die fixe Idee, dass im ÖD nicht richtig gearbeitet wird?
« Last Edit: 17.08.2023 15:31 von superdash »

Nanum

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Hallo,
dein Vorposter bezieht sich wieder mal auf den höheren Dienst.
Der Themenersteller möchte aber Infos zur Lage im gehobenen Dienst.
Meiner Auffassung nach gehts dem höheren Dienst noch absolut gut genug. Man suche sich dazu einfach mal Zahlen zu den Kosten des höheren Dienstes im Vergleich zum Rest. Sowohl bei Versorgung als auch im aktiven Dienst sind wir da nahe der 50% der Gesamtkosten obwohl die da oben so gut wie nie am produktiven Geschäft in der Schlammzone mitwirken.
Gestärkt wird dies auch durch den Vergleich Abstand md, gd, hd. hd gönnt sich mehr als 50% mehr als Eingangsamt gd. gd wird beim Bund mit nicht mal 500 EUR mehr abgespeist.
Liegt halt einfach daran, dass die Gesetze und Vorschriften fast nur von Juristen für sich selbst gemacht werden. Die kennen die Realität halt einfach nicht.
Sprich: Wertschätzung im md oder gd gibt es monetär halt nicht obwohl dort bei den Sachbearbeitern oft / überwiegend die allergrößte Arbeitslast liegt.
Von Programmen zur Attraktivitätssteigerung außer bei MINT und Ärzten spüre höre und sehe ich jedenfalls weit und breit nichts, obwohl ein genereller Mangel herrscht. Im Lichte der Demografie wird es nur noch schlimmer werden.
Das Argument, man könne ja jederzeit / einfach wechseln zieht so auch nicht, da man dann monetäre Einbußen hätte. Ich denke auch nicht, dass jeder Neubeamte gleich vermutet, dass der Dienstherr jahrzehntelangen Verfassungsbruch begeht ...

Lange Rede kurzer Sinn: Auch beim Bund wirst du- sehr lange Jahre egal wie gut du bist klein gehalten- musst (ohne anrechenbare Vorzeiten) über 24 Jahre bis "Erfahrungsstufe" 8 warten- ist eine Beförderung ohne passenden DP ab A12 (außer bei obersten Bundesbehörden) nicht möglich- je nach Personalentwicklungskonzept vor Bef. ab A12 noch DP Hopping notwendig- machst du egal wie du bezahlt wirst immer die Arbeit wie die "erfahrenen" Stufe 8er, teilweise auch A11, 12 oder 13er
Für mich wird motivierten Mitarbeitern eher jeglicher Wind aus den Segeln genommen: Isso, bleibt so, haben wir schon immer so gemacht. "Wir mussten auch 999999 Jahre warten". usw. an Sprüchen.
Wer mal im gehobenen Dienst von seinem echten Netto abzieht, was aktuell an Personen an Bürgergeld netto bezahlt wird, ist bestimmt super zufrieden. :)

Finanzamtler

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@Hulbatsub: Alleine schon deine erste Antwort ist wirklich frech. Lass doch bitte junge Leute, die noch keine 40 Dienstjahre hinter sich haben, einfach mal einen (wenn auch kritischen) Forenbeitrag schreiben. Darin steht sogar, dass ich mit meiner Berufswahl zufrieden bin. Meine Noten in Herrsching lagen im oberen Viertel der Absolventen, das merke ich auch in der Praxis und ich bereue nicht, dort Gas gegeben zu haben.

Mein Beitrag hier bezog sich auf die Meinung anderer Foristen zum bayerischen Besoldungssystem, nicht auf meine eigene Unzufriedenheit oder Frust.

Hintergrund ist mehr folgender: Auch Dienstanfänger denken möglicherweise über Gründung einer Familie, Bau, Kauf oder auch Sanierung einer Immobilie nach (alleine schon aus Platzgründen). Und wenn dann einige Jahre Elternzeit, Beurlaubung etc. anstehen, macht es eben schon einen Unterschied, ob ich bis dahin gar nicht, 1x oder 2x befördert wurde. Insbesondere als Alleinverdiener, wenn Partnerin oder Partner erstmal aus dem Berufsleben raus sind.

Und inwieweit ich die Möglichkeit habe, mich entsprechend anzustrengen, um die Beförderungswartezeit zu verkürzen, oder ob das systembedingt ausscheidet.


Was regst du dich über Unzufriedenheit so auf? Deine Aussagen Zeugen im besten Fall von hoher Ignoranz gegenüber den Problemen des ÖD. Zwar sind deine Aussagen teilweise richtig, aber wenig zielführend.

Faktenlage:

- Im ÖD fehlen Fachkräfte.
- Bedienstete/MA sind unzufrieden.
- Bezahlung ist im oberen Besoldungsbereich schwach im Vergleich zur Privatwirtschaft
- Führungskultur aus dem letzten Jahrtausend weit verbreitet
- Wertschätzung der Gesellschaft oft gering

Das kann man jetzt natürlich alles mit 'gejammer' abtun oder man geht die Probleme an. Firmen haben das Problem schon länger erkannt und tun was in den oben genannten Bereichen (zumindest diejenigen, die Wettbewerbsfähig bleiben möchten.)

Aber in folgendem Punkt geben ich dir recht: erst mal wird sich nichts ändern. Es muss noch viel schlimmer werden, bevor es besser wird.




Da stimme ich dir absolut zu. Man sieht es nicht nur in Bayern an Einstellungszahlen und Abwanderung in die PW.

Ich habe mich 2017 für den Einstieg in den öD entschieden, weil ich ihn (man glaube es oder nicht :)) als wichtigen Beitrag für die Gesellschaft betrachtet habe. Teilzeit, Homeoffice etc. war damals ja noch nicht DAS Thema der Zeit, es ging jedenfalls mir um den gesellschaftlichen Mehrwert. Und unterbewusst hatte ich auch ein wenig das Ziel, Anrufer und generell "Kundschaft" davon zu überzeugen, dass die "junge Beamtengeneration" auch mit den alten Behördenklischees etwas aufräumen kann. Auch mal umfassende Auskünfte geben, freundlich, schnell und zuvorkommend handeln. Diese Dinge eben, das geht ja gerade im FA gut.

Entsprechend ist es für mich auch mehr oder weniger traurig zu sehen, wie uns die guten Leute davonlaufen, kaum welche nachkommen und dieses Thema von politischer Seite völlig ignoriert wird.
Das schlimmste daran ist, dass man es trotz grundlgender Zufriedenheit mit der Tätigkeit selbst eigentlich genauso machen muss, um den Druck auf die Politik zumindest Stück für Stück zu erhöhen.

Die Argumente von Hulbatsub erinnern mich da etwas an die Leute, die gegen die leisteste Kritik an der Bundesregierung nur äußern "dann verschwind doch in die Schweiz" - und dabei übersehen, dass man möglicherweise gerne in seiner Heimat lebt...

Finanzamtler

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Hallo,
dein Vorposter bezieht sich wieder mal auf den höheren Dienst.
Der Themenersteller möchte aber Infos zur Lage im gehobenen Dienst.
Meiner Auffassung nach gehts dem höheren Dienst noch absolut gut genug. Man suche sich dazu einfach mal Zahlen zu den Kosten des höheren Dienstes im Vergleich zum Rest. Sowohl bei Versorgung als auch im aktiven Dienst sind wir da nahe der 50% der Gesamtkosten obwohl die da oben so gut wie nie am produktiven Geschäft in der Schlammzone mitwirken.
Gestärkt wird dies auch durch den Vergleich Abstand md, gd, hd. hd gönnt sich mehr als 50% mehr als Eingangsamt gd. gd wird beim Bund mit nicht mal 500 EUR mehr abgespeist.
Liegt halt einfach daran, dass die Gesetze und Vorschriften fast nur von Juristen für sich selbst gemacht werden. Die kennen die Realität halt einfach nicht.
Sprich: Wertschätzung im md oder gd gibt es monetär halt nicht obwohl dort bei den Sachbearbeitern oft / überwiegend die allergrößte Arbeitslast liegt.
Von Programmen zur Attraktivitätssteigerung außer bei MINT und Ärzten spüre höre und sehe ich jedenfalls weit und breit nichts, obwohl ein genereller Mangel herrscht. Im Lichte der Demografie wird es nur noch schlimmer werden.
Das Argument, man könne ja jederzeit / einfach wechseln zieht so auch nicht, da man dann monetäre Einbußen hätte. Ich denke auch nicht, dass jeder Neubeamte gleich vermutet, dass der Dienstherr jahrzehntelangen Verfassungsbruch begeht ...

Lange Rede kurzer Sinn: Auch beim Bund wirst du- sehr lange Jahre egal wie gut du bist klein gehalten- musst (ohne anrechenbare Vorzeiten) über 24 Jahre bis "Erfahrungsstufe" 8 warten- ist eine Beförderung ohne passenden DP ab A12 (außer bei obersten Bundesbehörden) nicht möglich- je nach Personalentwicklungskonzept vor Bef. ab A12 noch DP Hopping notwendig- machst du egal wie du bezahlt wirst immer die Arbeit wie die "erfahrenen" Stufe 8er, teilweise auch A11, 12 oder 13er
Für mich wird motivierten Mitarbeitern eher jeglicher Wind aus den Segeln genommen: Isso, bleibt so, haben wir schon immer so gemacht. "Wir mussten auch 999999 Jahre warten". usw. an Sprüchen.
Wer mal im gehobenen Dienst von seinem echten Netto abzieht, was aktuell an Personen an Bürgergeld netto bezahlt wird, ist bestimmt super zufrieden. :)

Ehrlicherweise habe ich bis heute nicht verstanden, warum der Abstand zwischen A6 und A9 vergleichsweise gering ist, bei A13 dann aber ein riesiger Sprung stattfindet.

Vielen Dank jedenfalls für deinen Bericht aus der Bundesverwaltung. Ich denke aktuell über das BAMF nach, da das ohnehin eine der wenigen Bundesbehörden in Nordbayern ist. Bevor ich dorthin aber wechsle, überzeuge ich mich davon, dass mir die Tätigkeit auch tatsächlich taugt. Was die Beförderungen angeht, soll es ja im BAMF zumindest bis A12 vergleichsweise zügig gehen. Für mich gilt aber, erstmal "Spaß vor Geld".

Zumal es sicher interessant wäre, im BAMF beispielsweise mit A9 und abgeschlossener Probezeit einzusteigen und dann - verbunden mit etwas Stadtleben - in der Personalabteilung einige Schritte in Richtung A12 zu machen. Erfahrung im Personalrecht könnte dann beispielsweise ermöglichen, bei anstehenden Kindern und Landleben zurück ins FA zu wechseln und dort z.B. einen A12er Geschäftsstellenposten zu besetzen.
Auf diese Weise ließen sich beide Welten verbinden - wenn´s mal soweit ist.

Noch was zu deinem Beitrag zur Besoldung: Ca. 15 % der Finanzbeamten gehen angemeldeten Nebenjobs nach (Zahlen für Bayern, https://beamten-infoportal.de/magazin/wissen/bayern-beamte-benoetigen-nebenjobs-zum-lebensunterhalt/). Die Dunkelziffer liegt definitiv höher, alleine unter den Kollegen, die ich kenne (Fachzeitschriften, Dozenten, etc.).
Wenn wir jetzt mal annehmen, dass nicht alle Taxifahren oder kellnern, kann man sicher davon ausgehen, dass uns nochmal 5-10 % an Personal fehlen würde, wenn es diese Nebenjobs nicht gäbe. Denn viele würden dann sinngemäß sagen: "Wenn FA und PW parallel gar nicht geht, dann eben nur PW". 
« Last Edit: 17.08.2023 17:58 von Finanzamtler »

Hulbatsub

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Ich nehme jetzt nur Bezug auf den Part mit Entscheidung für Immobilie etc.

Wenn das von einer Beförderung im ÖD abhängt, ist es entweder so auf Kante genäht, dass es aus meiner Sicht völlig unseriös ist oder wir reden von Grundstückspreisen, die es vielleicht in Vohenstrauß oder nahe der tschechischen Grenze gibt. Natürlich ist ein niedriger dreistelliger Nettobetrag mehr im Monat schön. Mehr springt bei einer Beförderung aber nicht raus. Wenn man die Beförderung von A16 nach B3 in jungen Jahren ausnimmt, hier können es knapp 1.000 netto sein. Hiervon grundlegende Lebensentscheidungen abhängig zu machen, halte ich für völlig abwegig.

Bei mir sind es im Dezember 9 Dienstjahre und ich freue mich auf all das, was noch kommt. Mit den nörgelnden und jammernden Kolleginnen und Kollegen kann ich schon seit Tag 1 sehr gut umgehen. Ich frage mich immer, wie traurig es sein muss, ca. 220 Tage im Jahr aufzustehen mit dem Wissen, auf Tätigkeit, Umfeld und Dienstherren keine Lust zu haben und trotzdem ins Büro zu gehen. Bedauernswert aus meiner Sicht.

Finanzamtler

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Ich nehme jetzt nur Bezug auf den Part mit Entscheidung für Immobilie etc.

Wenn das von einer Beförderung im ÖD abhängt, ist es entweder so auf Kante genäht, dass es aus meiner Sicht völlig unseriös ist oder wir reden von Grundstückspreisen, die es vielleicht in Vohenstrauß oder nahe der tschechischen Grenze gibt. Natürlich ist ein niedriger dreistelliger Nettobetrag mehr im Monat schön. Mehr springt bei einer Beförderung aber nicht raus. Wenn man die Beförderung von A16 nach B3 in jungen Jahren ausnimmt, hier können es knapp 1.000 netto sein. Hiervon grundlegende Lebensentscheidungen abhängig zu machen, halte ich für völlig abwegig.

Bei mir sind es im Dezember 9 Dienstjahre und ich freue mich auf all das, was noch kommt. Mit den nörgelnden und jammernden Kolleginnen und Kollegen kann ich schon seit Tag 1 sehr gut umgehen. Ich frage mich immer, wie traurig es sein muss, ca. 220 Tage im Jahr aufzustehen mit dem Wissen, auf Tätigkeit, Umfeld und Dienstherren keine Lust zu haben und trotzdem ins Büro zu gehen. Bedauernswert aus meiner Sicht.

Das stimmt & dem ist grundsätzlich auch nichts hinzuzufügen.
Allerdings bezog sich meine Frage ja auch auf Prämien und Zulagen, die andere Dienstherren ggf. zahlen - sodass dann unter dem Strich unabhängig von Beförderungen schon eine spürbar höhere Besoldung gezahlt wird.

Hier im Beitrag kam allerdings auch schon zur Sprache, dass sowas eher die MINT-Bereiche betrifft. Nehmen wir mal einen ITler mit Bachelor als Beispiel, bekommt er in Bayern und beim Bund jeweils A10 zum Einstieg. Wenn jetzt beide Dienstherren die volle Prämie bezahlen (Bayern den vollen 400€-Zuschlag & der Bund die volle Personalgewinnungsprämie nach § 43 BBesG), steht der Beamte beim Bund besser da.
Und dann geht es eben entsprechend schneller aufwärts, zumindest in den ersten Jahren. Möchte der Beamte dann wieder "abhauen", gibt es ja sogar noch die Bindungsprämien (zumindest auf dem Papier). Finanziell interessanter finde ich das allemal, zumal es endlich mal einen echten Verhandlungsspielraum eröffnet.

Und noch zu deinen letzten Worten: Ich denke, wer eine Leidenschaft fürs Steuerrecht hat (& das würde ich von mir jetzt mal behaupten), geht nicht unglücklich auf die Arbeit. Im Grundsatz hast du aber recht und mir sind gerade im Studium viele solcher Menschen begegnet. Es wirkte so, dass der Frust vor allem mit dem Alter zunimmt - so schade es auch ist.
Als Anwärter habe ich mich damals schon gefragt, a) warum dort die Reißleine nicht schon früher gezogen wurde und b) was ich wohl anders machen muss, um nicht so zu enden. Bislang sind die b)-Faktoren Fachgebiet, Kollegen und der Kontakt zu den Steuerpflichtigen. Kann sich aber schnell ändern, z.B. durch Versetzung - und dann sollte die Konsequenz auch sein, dort rauszugehen. Dann muss niemand rumnölen.