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[BY] Eure Meinung zum bayer. Besoldungsgefüge, insb. im Finanzamt
Finanzamtler:
Guten Abend zusammen!
Nachdem ich heute einen Großteil des Tages damit verbracht habe, die hier im Forum vertretenen Meinungen zur letzten Besoldungsanpassung in Bayern zu lesen (OFZ), fiel dann doch die Entscheidung, sich auch mal hier im Forum anzumelden. :)
Vorweg gleich etwas dazu: Die Besoldung in Bayern ist ja nach überwiegender Auffassung (erneut) verfassungswidrig. Das soll daher kein Thema dieses Posts sein. Mir geht es eher um eure Meinungen zum allgemeinen Besoldungsgefüge in Bayern, besonders im Finanzamt. Das ist m.E. neben den technischen Berufen die am stärksten mit der fW konkurrierende "Branche" im öffentlichen Dienst.
Mich interessiert:
- In Bayern bestehen nach meiner Recherche die (auf dem Papier!) längsten Mindestwartezeiten auf eine Beförderung. Bedeutet beispielsweise im FA: Einstieg als BaP in A9 im Jahr 2021, BaL dann 2023. Frühestmöglicher Zeitpunkt für A10 liegt bei einer Beurteilung von mindestens 11 Punkten im Jahr 2025, (sonst 2026 oder sogar 2027,) A11 ist dann frühestens 2028 möglich (3 Jahre Mindestwartezeit). Das gilt analog für A12 und A13, auch hier gelten also jeweils 3 Jahre Wartezeit zwischen den Beförderungen
-> Diese Laufbahnvorschriften gelten für alle Behörden, auch Ministerien, Landesämter etc.
- Bayern bietet mit Ausnahme des IT-Zuschlags keine Besoldungsbestandteile wie beispielsweise eine Personalgewinnungs- oder Bindungsprämie (analog zu § 43 BBesG) an.
- Theoretisch kann nach Art. 14 LlbG auch in einem Beförderungsamt eingestellt werden, mir ist aber noch nie zu Ohren gekommen, dass das auch so gehandhabt wird. Der gehobene ntD steigt daher immer in A9 ein.
-> Verlässt ein Beamter jetzt mit A9 das FA und macht 10 Jahre Steuerberatung, kommt er zurück - und wird wieder A9. Er bekommt allenfalls einige Erfahrungsstufen angerechnet. Beim Bund scheinen mir die Möglichkeiten hier besser zu sein, Stichwort Laufbahnnachzeichnung.
Im Großen und Ganzen bin ich mit meiner Berufswahl (noch) zufrieden (fertig seit 3 Jahren, A9 gD, Stufe 3, FA). Gerade durch die Beiträge hier im Forum (zeitnahere oder sogar jährliche Beförderung bei Bundesbehörden auf Bündeldienstposten, höhere Zulagen, Gewinnungsprämie etc.) und die Verdienstmöglichkeiten in der Steuerberatung kommen mir hier aber schon einige Überlegungen. Ich möchte dieses Forum daher nutzen, um einfach mal eure Meinungen zu meinen aufgeführten Stichpunkten in Erfahrung zu bringen.
Meine eigene Meinung dazu:
- Besoldung ist generell zu gering für einen "Amtssteuerberater", denn nichts anderes ist ja der Diplom-Finanzwirt, zumindest bei einem halbwegs guten Abschluss. Verbunden mit den langen Wartezeiten auf eine Befördeurng (wohlgemerkt Mindestwartezeiten) verlassen zahllose Kollegen das FA. Nachwuchs kommt kaum nach, dieses Jahr konnten bspw. nur ca. 450 der 600 Anwärterstellen besetzt werden. Schade ist v.a., dass immer die guten Leute gehen - denn die kriegen in der Beratung halt schnell das doppelte bis dreifache.
- Folge aus Punkt 1: Die verbliebenen Kollegen werden mit Arbeit überlastet, fallen öfter aus oder kündigen auch. Der neueste Schrei: Teilzeit + lukrative, "gerade noch so halbwegs legale" Nebentätigkeit. Das bringt quasi den "Sprung auf A13" schon morgen. Wem es aber nichts bringt, ist der Finanzverwaltung.
- Es fehlen Motivationsinstrumente wie Prämien. Der Bund macht m.E. vor, wie das aussehen kann.
- Es gibt "zero" Bemühungen, Leute zu halten - das kenne ich mittlerweile von Kollegen aus drei Ämtern. "Wer gehen will, soll eben gehen", die Amtsleitung ist noch nicht mal an Gesprächen über den Hintergrund der Entscheidung interessiert. Finde ich befremdlich.
- Der Ersteinsatz erfolgt mit Ausnahme von sozialen Gründen fast immer in München oder im Umland. Die Ballungsraumzulage (bzw. der neue L-Zuschlag für Ortsklasse VII) ist da natürlich nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Hinzu kommt das wirtschaftliche Umfeld. Gerade hier versuchen Kanzleien, die Leute abzuwerben - krass ist es wohl in der BP, mir ist es aber auch im Innendienst schon am Telefon passiert.
- Es gibt keine Möglichkeit, beide Seiten kennenzulernen. Wer raus geht, kommt zurück und fängt im schlimmsten Fall wieder im Eingangsamt an. Altersgeld, Einstellung in Beförderungsämter etc. scheiden in Bayern ja aus. Leute, die das FA verlassen, sind daher für den Staat meistens für immer verloren.
Und am Ende "schwebt" dann noch die Verfassungsmäßigkeit der Besoldung über einem, wobei Markus Söder ja gleichzeitig erzählt, wie heilig und toll doch der bayerische öD sei.
Interessant wäre auch, ob jemand etwas aus der Praxis berichten kann. Beispielsweise eine Kollegin oder ein Kollege, der nach seiner Entlassung einige Jahre in der Beratung war & wieder ins FA zurückgekommen ist.
Ich bin gespannt auf den Austausch!
clarion:
Dein Posting liest sich ein bisschen so, als ob man für ein paar Jahre in die PW geht und wenn das zu stressig wird, oder das Häuschen abbezahlt ist, kommt man zurück, um eine ruhige Kugel zu schieben. Wenn das so ist, dann bekommt die Finanzverwaltung fähige Leute, die über den Tellerraand geblickt haben, für wenig Geld, und muss halt x Jahre der Lebensarbeitszeit an die PW abgeben. Läuft doch, aus Perspektive der Finanzverwaltung betrachtet. Zukünftig wird diese Wette wegen der Demographie nicht mehr zugunsten der Finanzverwaltung ausgehen.
Das Problem der Demographie zieht sich aber durch die gesamte Gesellschaft, nicht nur bei den Behörden!
Finanzamtler:
Das Thema Demografie ist hier nochmal ein ganz anderes, da hast du aber völlig Recht.
Ich denke mir dazu: Gerade im FA ist es unglaublich sinnvoll, beide Seiten einmal kennengelernt zu haben. Hier geht es mir aber nicht um Rosinenpickerei (Stichwort: Raus aus dem öD fürs Geld, rein für die Bequemlichkeit), sondern um die Anerkennung vielseitiger Berufserfahrung. Die geschieht nur unzureichend bzw. gar nicht, was auch der Grund dafür sein dürfte, dass keiner der mir bekannten Kollegen wieder zurückgekommen ist oder darüber nachdenkt. Spricht man das an, kommt als Antwort eher ein "haha, was bitte?" :D
Gerade die Work-Life-Balance ist im FA sicherlich ein echter Pluspunkt, der aber durch diverse Negativaspekte immer weniger aufgefangen wird. Zumal sich die Unternehmen der PW ja auch in dieser Hinsicht weiterentwickeln, alleine schon was die Remote-Fähigkeit vieler Stellen angeht. Gefühlt kann mittlerweile jeder "Steuermensch" 100 % remote arbeiten, sicher auch ein wichtiger Bestandteil einer guten WL-Balance, selbst wenn dann die Arbeitszeit mal bis in den Abend geht.
HannsKanns:
Servus,
dein Post passt nicht nur zu Bayern. ;D
Gibt genügend andere Bundesländer, wo die guten Arbeitskräfte (auch die Verbeamteten mit Antrag auf Entlassung) in die PW abwandern.
Und ich kenne so einige Fälle (auch oder insbesondere Lehrer), da wird sich gar nicht groß bemüht, den MA zu halten oder groß Gespräche geführt. Das meiste wird halt so hingenommen und stillschweigend akzeptiert.
Reisende soll man eben nicht aufhalten.
Aber zu deinem Stichwort: "Raus aus dem öD fürs Geld, rein für die Bequemlichkeit"...
...ich kenne so einige Stellen im öD in der Verwaltung zB, die alles andere als Bequem sind, es graut schon vor der Zukunft wenn zig Stellen künftig fehlen werden:
https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/babyboomer-im-oeffentlichen-dienst-werden-840-000-fachkraefte-fehlen-/28942072.html
Finanzamtler:
So ist es leider. Ich bin gespannt, welche Instrumente sich in der Freistaat in den nächsten Jahren einfallen lassen wird (muss!), um da gegenzusteuern. Die aktuellen Änderungen bei der Besoldung scheinen mir allles andere als geeignet. ;D
Man unterschätzt glaube ich auch gerne die Fähigkeit der Leute, sich selbst zu informieren. Anwärter nehmen in der 3.QE die gute Besoldung mit, wissen aber durch ihre Recherche bereits, dass sie außerhalb des FA besser verdienen. Also wechseln sie direkt nach der Ausbildung in die PW - und wieder ist eine Planstelle für mindestens 3 Jahre unbesetzt.
Da hilft nur ein wettbewerbsfähiges Arbeitsumfeld (und zwar nicht erst mit A12 nach 15 Jahren, sondern relativ zeitnah). :)
Ich stimme beim Thema "ruhige Kugel" auch nicht ganz mit clarion überein. Gerade in den FÄ in und um München ist der Job wirklich stressig. Aufm tiefsten Land mag es aber tatsächlich entspannter sein.
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