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Zwang zur Zusatzrente an Universität?

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ArminFuchs:
Hallo,
Ich habe ein Jobangebot einer Universität erhalten. Gleichzeitig habe ich ein weiteres Jobangebot, welches ähnliche Grundbedingungen aufweist.

Ein Bekannter, der ebenfalls an dieser Uni arbeitet, sagte mir nun jedoch, dass ich mit dem Wirtschaftsjob besser fahre, da die Uni ungefragt eine Rentenzusatzversicherung (VBL) für mich anschließen würde.
Diese wird mir dann zweistellig (in seinem Fall über 150€) von meinem Brutto abgezogen und ich kann mich nicht dagegen wehren.

Ist das wirklich so? Zwingt dich die Uni zu solch einem Vertrag, oder übertreibt der Kollege hier?

Meine kurze Recherche hat ergeben, dass man sich das Geld bei Renteneintritt nicht auszahlen lassen kann, was wiederum bedeutet, dass ich nicht einmal die eingezahlten Beiträge zurück erhalte, wenn ich nicht ein gewisses Alter erreiche.

Außerdem sagte mein Freund, dass seit einiger Zeit der Arbeitgeber seinen Anteil dazu nicht mehr bezahlt.

Für eine Antwort wäre ich sehr dankbar, da dies schon ein K.O. Kriterium für mich wäre.

Grüße
Armin

RadWirdKommen:
Tatsächlich gibt es den "Zwang" zur VBL. Diesen kann man schwer umgehen. Aber man erhält natürlich damit auch einen späteren zusätzlichen Rentenanspruch. Die Bedingung ist meines Wissen eine Einzahlung von mindestens 60 Monaten.

Der VBL Beitrag wird vom Nettogehalt abgezogen und beträgt in Westdeutschland 1,81% vom Brutto. Bei einen Abzug von 150€ wäre das also ein Monatsbrutto von knapp 8300€ den dann dein Freund wohl verdient.

Bei jedem Zwangs-VBL gibt es auch einen Zwanganteil vom Arbeitgeber. Das ein Arbeitgeber seinen Anteil also nicht zahlt kann nicht sein.

ArminFuchs:

--- Zitat von: RadWirdKommen am 17.08.2023 07:53 ---...Der VBL Beitrag wird vom Nettogehalt abgezogen und beträgt in Westdeutschland 1,81% vom Brutto. Bei einen Abzug von 150€ wäre das also ein Monatsbrutto von knapp 8300€ den dann dein Freund wohl verdient.

Bei jedem Zwangs-VBL gibt es auch einen Zwanganteil vom Arbeitgeber. Das ein Arbeitgeber seinen Anteil also nicht zahlt kann nicht sein.

--- End quote ---

Vielen Dank für die schnelle Antwort.
Ich habe meinen Freund gleich mal angerufen und er hat mir ein Foto seines Gehaltszettels geschickt:


Wenn es vom Netto abgezogen wird, muss ich bei Renteneintritt also keine Steuern mehr darauf zahlen?
Wo kann ich denn sehen, welchen Anteil der Arbeitgeber bezahlt?

cyrix42:
Hier stimmen mehrere Sachen nicht. Drum mal etwas Aufklärung:

*) Prinzipiell besteht im Öffentlichen Dienst eine Verpflichtung zur Zusatzversicherung bei der VBL. Das ist nichts weiter als eine betriebliche Altersvorsorge. Im Abrechnungsverband West beträgt der Arbeitnehmer-Anteil 1,81% des zusatzversorgungsplichtigen Bruttos und hinzu kommt der Arbeitgeber-Anteil in Höhe von 5,49%. Im Abrechnungsverband Ost sind es 4,25% vs. 3,06%. Natürlich sind beide Seiten verpflichtet, die sich jeweils ergebenden Summen zu zahlen. (Das wird direkt von der Lohnbuchhaltung gemacht -- damit hat man auch gar nichts zu tun.)

*) Hat man mindestens 36 Monate hier eingezahlt, ist die Anwartschaft auf die dadurch erwirtschaftete Betriebsrente unverfallbar. (Im Abrechnungsverband Ost ist dies durch das dort angewandte Kapitaldeckungsverfahren direkt ab dem ersten Monat der Fall.) Mit Zeitablauf von insgesamt 60 Monaten hat man dann die Wartezeit erfüllt, sodass es auch zur Rentenauszahlung im Leistungsfall kommt. Hat man diese Zeit nicht erreicht, kann man sich den selbst gezahlten Arbeitnehmer-Anteil auch wieder erstatten lassen.

*) Für Wissenschaftler_innen an Hochschulen und Universitäten gibt es allerdings aufgrund der häufig befristeten Arbeitsverhältnisse eine Ausnahme zur Pflichtversicherung: Sie können, sofern ihre befristeten Verträge in Summe nicht 36 Monate erreichen, von der Pflicht zur Zusatzversicherung zurücktreten. Dann werden sie nicht in der VBLklassik versichert und zahlen dafür auch keinen Eigenanteil. Der AG versichert diese Angestellten dann in der freiwilligen Zusatzversicherung VBLextra und zahlt dort seinen AG-Anteil ein. Dadruch entstehen den Angestellten auch sofort unverfallbare Rentenansprüche, wobei die Konditionen jedoch etwas schlechter sind als in der Pflichtversicherung. Wichtig ist: Sobald man die 36 Monate durch Vertragsverlängerungen oder neue Arbeitsverträge erreicht bzw. überschreitet, landet man dann in der Pflichtversicherung, deren Laufzeit jedoch dann wieder bei Null beginnt.

*) Generell lässt sich durchrechnen, dass die VBL durch den recht hohen AG-Anteil im Erwartungswert entsprechende Angebote der betrieblichen Altersvorsorge in der "freien Wirtschaft" mindestens erreicht, aber deutlich sicherer und weniger schwankungsanfällig ist. Sie sollte ehemals die Lücke zwischen Rente der Arbeitnehmer und Pension der Beamten schließen, was ihr nicht mehr gelingt. Dennoch ist man darüber trotz fallendem Rentenniveaus zumindest bisher vergleichsweise vernünftig abgesichert. (Dies schließt etwa auch Zahlungen im fall einer Erwerbsminderungsrente sowie Hinterbliebenenschutz mit ein.)

cyrix42:

--- Zitat von: ArminFuchs am 17.08.2023 09:57 ---
--- Zitat von: RadWirdKommen am 17.08.2023 07:53 ---...Der VBL Beitrag wird vom Nettogehalt

--- End quote ---

Wenn es vom Netto abgezogen wird, muss ich bei Renteneintritt also keine Steuern mehr darauf zahlen?

--- End quote ---

Der VBL-Beitrag wird vom zusatzversorgungspflichtigen Entgelt berechnet. Also dem (AN-)Brutto-Gehalt. Davon werden dann die entsprechenden Prozentsätze gebildet und abgeführt.

Mittlerweile sind Ausgaben für die Altersvorsorge steuerfrei, sodass diese erst nachrangig -- bei Auszahlung in der Rentenphase -- mit der Einkommensteuer belegt werden.

Anders sieht es mit der Sozialversicherungspflicht aus. Diese, inkl. dem AG-Anteil [!], sind auch in der Einzahlungsphase sozialversicherungspflichtig, sodass darauf (bis zu den jeweiligen Beitragsbemessungsgrenzen) Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge, sowie bei Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung auch Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge abgeführt werden. (Darum ist das sozialversicherungspflichtige Brutto dann auch höher als das Steuer-Brutto.) In der Auszahlungsphase gibt es dann einen Freibetrag in der Betriebsrente (derzeit knapp 180€/Monat) und bei allem, was darüber liegt, sind dann auch Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zu zahlen.

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