Autor Thema: Lohnfortzahlung bei Selbsttötungsversuch im Dienst  (Read 2113 times)

Pappelgrund

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Hallo,
ich habe mal eine etwas ungewöhnliche Frage.
In den letzten Jahren haben sich zwei Personen im Dienst das Leben nehmen wollen (spricht nicht für den Arbeitsgeber).
Einmal ist es leider passiert, das zweite Mal ist es mit schweren Verletzungen geendet, aber überlebt. Daraus ergab sich jetzt für mich die Frage: Gilt das auch als Arbeitsunfall und wird weiter fortbezahlt?
Es ist als rein rhetorisch zu verstehen. Mir wäre es lieber, wenn der Kollege diesen Schritt nicht gewählt hätte.

Vielen Dank

MoinMoin

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Antw:Lohnfortzahlung bei Selbsttötungsversuch im Dienst
« Antwort #1 am: 23.08.2023 07:23 »
Es dürfte schwierig sein, nachzuweisen, dass es ein Arbeitsunfall war, wenn der Vorsatz erkennbar ist.

Organisator

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Antw:Lohnfortzahlung bei Selbsttötungsversuch im Dienst
« Antwort #2 am: 23.08.2023 08:04 »
Was wären denn Gründe, die eine Entgeltfortzahlung nach dem entsprechenden Gesetz ausschließen würden?

Fragmon

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Antw:Lohnfortzahlung bei Selbsttötungsversuch im Dienst
« Antwort #3 am: 23.08.2023 09:13 »
§ 3 EntgFG
(1) Wird ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne daß ihn ein Verschulden trifft, so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen.

Organisator

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Antw:Lohnfortzahlung bei Selbsttötungsversuch im Dienst
« Antwort #4 am: 23.08.2023 09:17 »
§ 3 EntgFG
(1) Wird ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne daß ihn ein Verschulden trifft, so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen.

Dann ist das mit der EFo schonmal geklärt. Wenn es etwas derartiges auch fürs Verletztengeld / Krankengeld gibt, wäre die Eingangsfrage beantwortet.

Daher @ TE: Schau mal ins jeweils passende SGB

GofX

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Antw:Lohnfortzahlung bei Selbsttötungsversuch im Dienst
« Antwort #5 am: 23.08.2023 09:29 »
§ 3 EntgFG
(1) Wird ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne daß ihn ein Verschulden trifft, so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen.

Dann ist das mit der EFo schonmal geklärt.

So einfach würde ich es nicht sehen.

Aus einem anderen Urteil:

Zitat
[...] dass der Verstorbene sich im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses in einem der freien Willensbildung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befand und somit schuldlos im Sinne von § 823 BGB handelte, vgl. § 827 S.1 BGB.

Gemäß §3 EntgFG trifft ihn eventuell kein Verschulden.

MoinMoin

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Antw:Lohnfortzahlung bei Selbsttötungsversuch im Dienst
« Antwort #6 am: 23.08.2023 09:32 »
Kommt natürlich immer auf den Einzelfall an. Gibt ja auch welche, die aufgrund Versicherugsbetruges diesen Schritt gehen.

Organisator

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Antw:Lohnfortzahlung bei Selbsttötungsversuch im Dienst
« Antwort #7 am: 23.08.2023 09:34 »
§ 3 EntgFG
(1) Wird ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne daß ihn ein Verschulden trifft, so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen.

Dann ist das mit der EFo schonmal geklärt.

So einfach würde ich es nicht sehen.

Aus einem anderen Urteil:

Zitat
[...] dass der Verstorbene sich im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses in einem der freien Willensbildung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befand und somit schuldlos im Sinne von § 823 BGB handelte, vgl. § 827 S.1 BGB.

Gemäß §3 EntgFG trifft ihn eventuell kein Verschulden.

Es geht hier um den Grundsatz, wonach man für eigenes Handeln regelmäßig verantwortlich ist. Logischwerweise gibt es dabei immer Ausnahmen, jedoch hat eine Diskussion darüber erst dann Sinn, wenn der Grundsatz soweit geklärt ist und seitens TE Tatsachen geschildert werden, die über Ausnahmen nachdenken ließen.

McOldie

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Antw:Lohnfortzahlung bei Selbsttötungsversuch im Dienst
« Antwort #8 am: 23.08.2023 11:36 »
Das Bayerische Landessozialgericht hat entschieden (Urteil vom 29.04.2008, Az.: L 18 U 272/04), dass der Suizid eines Versicherten als Arbeitsunfall anzuerkennen ist, wenn er auf einem psychischen Trauma beruht, das durch ein Personalgespräch (Entbindung von Leitungsfunktion, Gehaltskürzung, Abmahnung und Kündigungsandrohung) ausgelöst wurde.

ElBarto

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Antw:Lohnfortzahlung bei Selbsttötungsversuch im Dienst
« Antwort #9 am: 23.08.2023 13:53 »
Wäre also grundsätzlich zu klären ob die Handlung mit der Arbeit zusammenhängt, oder ist mit "...psychisches Trauma aufgrund Personalgespräch..." eher eine spontane, Affekthandlung gemeint?

War das Gespräch z.B. 2 Wochen vor der Tat -> Keine Entgeltfortzahlung

War es gestern oder gerade eben -> Entgeltfortzahlung

Geschieht die Tat am Tag der Umsetzung der im Personalgespräch vor 2 Wochen mitgeteilten Degradierung -> Entgeltfortzahlung



BAT

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Antw:Lohnfortzahlung bei Selbsttötungsversuch im Dienst
« Antwort #10 am: 23.08.2023 14:01 »
Hängt ein Arbeitsunfall nicht damit zusammen, dass er im Zusammenhang mit der Arbeit geschehen ist? Darauf gibt der Sachverhalt doch gar keine Hinweise.

Bei uns hat sich mal einer im Keller des Kreishauses aufgehängt, war so glaube ich zu den normalen Dienstzeiten. Ich denke schon, dass ein Aufhängen außerhalb der Kern- und Gleichzeiten allein daher schon nicht mehr als Arbeitsunfall gewertet werden kann. :o

Opa

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Antw:Lohnfortzahlung bei Selbsttötungsversuch im Dienst
« Antwort #11 am: 23.08.2023 14:02 »
@ElBarto: Nö. Entgeltfortzahlung und Arbeitsunfall sind zwei paar Schuhe. Für die Entgeltfortzahlung reicht es aus, dass die Handlung wegen der von GofX zitierten fehlenden Möglichkeit zur freien Willensbildung erfolgte. Ob die Ursache dienstlich oder außerdienstlich zu finden ist, spielt keine Rolle.

Insofern ist
War das Gespräch z.B. 2 Wochen vor der Tat -> Keine Entgeltfortzahlung
unzutreffend.