Autor Thema: Untätigkeitsklage?  (Read 2506 times)

AndreasHL

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Untätigkeitsklage?
« am: 27.08.2023 00:46 »
Hallo,

seit 11/2022 bin ich Rentner, arbeite aber bis 30.09.2023 weiter im ÖD als Angestellter.

Ich hatte meine elektronische Lohnsteuerbescheinigung für den Zeitraum 01.01.2022 bis 31.12.2022 erhalten.

Durch den Rentenbeginn am 01.11.2022 habe ich den Rentenbescheid an die gehaltszahlende Dienststelle gesandt mit der Bitte um eine neue Bescheinigung für den Zeitraum 01.01.2022 bis 31.10.2022. Lange Zeit passierte nichts. Telefonisch war niemand zu erreichen, und meine Mails blieben unbeantwortet. Vor zwei Wochen erhielt ich dann ein Doppel der bisherigen Bescheinigung, wieder mit dem falschen Zeitraum.

Ich habe dann höflich an die Leiterin der Dienststelle geschrieben, bisher ohne Erfolg.

Das zieht sich jetzt seit Ende April. Kann ich jetzt Untätigkeitsklage einreichen? Oder bringt es mehr, sich an das Finanzamt zu wenden. Dort liegt meine Steuererklärung 2022 vor, mit der alten Lohnsteuerbescheinigung. Hat das Finanzamt mehr Möglichkeiten, Druck auszuüben? Ich würde einiges an Steuern sparen, wenn die Monate November und Dezember 2022 als Dazuverdienst zählen, aber nicht als steuerpflichtiges Einkommen.

Viele Grüße

Andreas

PiA

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Antw:Untätigkeitsklage?
« Antwort #1 am: 27.08.2023 16:08 »
Vielleicht verkenne ich das Problem, aber warum sollte der AG bei einem ganzjährig bestehenden (lohnsteuerlichen) Arbeitsverhältnis statt einer 'ganzjährigen' zunächst eine unterjährige und dann eine 'restjährige' Lohnsteuerbescheinigung ausstellen?

Oder liegt ab November 2022 lediglich ein Minijob vor, für den ausdrücklich die Pauschalbesteuerung gewählt wurde?

Ansonsten lässt sich in der Tat im Rahmen der ESt-Veranlagung jeder andere Fehler (also außer einer nicht berücksichtigten Pauschalbesteuerung) durch das Finanzamt korrigieren.

Ozymandias

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Antw:Untätigkeitsklage?
« Antwort #2 am: 28.08.2023 10:10 »
https://www.nwb-experten-blog.de/welches-gericht-ist-bei-streit-um-falsche-lohnabrechnungen-zustaendig/

Falsche Lohnsteuerbescheinigungen sind nicht einfach zu korrigieren. Wenn nur das Datum fehlerhaft ist, sollte sich das betraglich nicht auswirken. Einfach in einem Steuerprogramm ausprobieren.

Ansonsten wäre der Finanzrechtsweg zuständig bzw. einfacher zu beschreiten.




AndreasHL

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Antw:Untätigkeitsklage?
« Antwort #3 am: 31.08.2023 23:25 »
Hallo,

ich habe mit Kenntnis und Zustimmung des Arbeitgebers bis 31.10.2022 als Tarifbeschäftigter gearbeitet und ab 01.11.2022 Vollzeit bis 08/2023 im Rahmen des Dazuverdienstes als Rentner.

Um es aber kompliziert zu machen: Diese Zustimmung erfolgte rückwirkend. Im März 2023 hatte ich einen Termin bei der Deutschen Rentenversicherung. Dort wurde mir mitgeteilt, dass ich ab 11/2022 als langjährig Versicherter mit über 45 Arbeitsjahren in Rente gehen kann. Dem habe ich zugestimmt.

Aufgrund meines uralten Arbeitsvertrages nach dem BAT konnte ich bis Ende 08/2023 (heute) arbeiten, unabhängig davon, dass ich bereits Rente beziehe.

Die gehaltszahlende Dienststelle war zu dem Zeitpunkt, als die elektronischen Lohnsteuerbescheinigungen versandt wurden (ca. Februar 2023) hierüber nicht informiert, später schon.

Also habe ich die Bescheinigung für das gesamte Jahr 2022 erhalten und warte nun auf die geänderte Bescheinigung von 01/2022 bis 10/2022. Durch den geänderten Verdienst würde ich noch Lohnsteuer erstattet bekommen.

Ich habe jetzt schriftlich beim Finanzamt nachgefragt, ob man dort im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes tätig werden kann und das FA die Bescheinigung direkt anfordert.

Viele Grüße

Andreas

PiA

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Antw:Untätigkeitsklage?
« Antwort #4 am: 01.09.2023 08:40 »
Hallo AndreasHL,

zwei ernst gemeinte Fragen:

1. Ich finde nichts zu einem "Dazuverdienst", nur Regelungen zum "Hinzuverdienst" (§§ 34 a.F., 96a SGB VI).
    Sollte mit Dazuverdienst etwas anderes gemeint sein - wo ist das geregelt?

2. Wo findet sich im EStG eine Regelung, nach der "normale" Arbeitnehmereinkünfte (über der Minijobgrenze) steuerfrei werden, weil der Arbeitnehmer parallel Rente bezieht?

Sofern die Frage 2 mit "nirgends" beantwortet werden muss, ist die Lohnsteuerbescheinigung m. E. korrekt bzw.

VG PiA

AndreasHL

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Antw:Untätigkeitsklage?
« Antwort #5 am: 02.09.2023 16:21 »
Hallo,

offiziell bin ich ab 01.11.2022 Rentner. Steht so in meinem Rentenbescheid vom April 2023.

Weiter gearbeitet habe ich mit Kenntnis und Billigung der Personalstelle meines Dienstherrn bis 08/2023.

Wenn ich aber ab 11/2022 Rentner bin, so wurde mir mündlich sowohl von der Deutschen Rentenversicherung als auch unserer Personalstelle mitgeteilt, könnte ich z. B. die Lohnsteuer ab diesem Zeitraum zurückerstattet bekommen.

Ich zahle ja bereits auf meine Rente Steuern, sonst wäre es ja eine Doppelbesteuerung.

Es soll Hinzuverdienst heißen.

Viele Grüße

Andreas

Tyrion

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Antw:Untätigkeitsklage?
« Antwort #6 am: 03.09.2023 00:57 »
Ich wüsste nicht, was die gehaltszahlende Dienststelle jetzt noch an der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung für 2022 ändern kann.

Gem. § 41c Abs. 3 EStG ist die Änderung des Lohnsteuerabzugs nach Ablauf des Kalenderjahres oder, wenn das Dienstverhältnis vor Ablauf des Kalenderjahres endet, nach Beendigung des Dienstverhältnisses, nur bis zur Übermittlung oder Ausschreibung der Lohnsteuerbescheinigung zulässig. Wenn die gehaltszahlende Stelle aber erst im März 2023 oder später über die geänderten Umstände für das Jahr 2022 informiert worden ist und die elektronische Lohnsteuerbescheinigung zu diesem Zeitpunkt bereits übermittelt worden war, kann sie den Lohnsteuerabzug für 2022 nicht mehr ändern und es muss folgerichtig bei der übermittelten Bescheinigung bleiben. Hier ist die gehaltszahlende Stelle einfach zu spät informiert worden

PiA

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Antw:Untätigkeitsklage?
« Antwort #7 am: 04.09.2023 10:37 »
Zitat
Wenn ich aber ab 11/2022 Rentner bin, so wurde mir mündlich sowohl von der Deutschen Rentenversicherung als auch unserer Personalstelle mitgeteilt, könnte ich z. B. die Lohnsteuer ab diesem Zeitraum zurückerstattet bekommen.
Dann würde ich die DRV und die Personalstelle mal fragen, aus welcher Rechtsquelle sie diese Aussage ableiten. Mein Mann ist Steuerberater und findet keine...

Zitat
Ich zahle ja bereits auf meine Rente Steuern, sonst wäre es ja eine Doppelbesteuerung.
Eine Doppelbesteuerung läge vor, wenn dasselbe Einkommen doppelt besteuert würde. Hier werden die § 19er Einkünfte und die § 22er Einkünfte gemeinsam einmal besteuert.

Um eine periodenübergreifende Doppelversteuerung der steuerlich nicht abzugsfähigen Rentenversicherungsbeiträge in den Vorjahren zu vermeinden, wird von der Rente ein Freibetrag abgezogen. Ansonsten wird die Rente besteuert, wie (fast, vgl. Minijobs, Kapitalerträge) jedes andere Einkommen auch.

Rentenonkel

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Antw:Untätigkeitsklage?
« Antwort #8 am: 05.09.2023 14:36 »
Hallo,

offiziell bin ich ab 01.11.2022 Rentner. Steht so in meinem Rentenbescheid vom April 2023.

Weiter gearbeitet habe ich mit Kenntnis und Billigung der Personalstelle meines Dienstherrn bis 08/2023.

Wenn ich aber ab 11/2022 Rentner bin, so wurde mir mündlich sowohl von der Deutschen Rentenversicherung als auch unserer Personalstelle mitgeteilt, könnte ich z. B. die Lohnsteuer ab diesem Zeitraum zurückerstattet bekommen.

Ich zahle ja bereits auf meine Rente Steuern, sonst wäre es ja eine Doppelbesteuerung.

Es soll Hinzuverdienst heißen.

Viele Grüße

Andreas

Ich denke, da werden zwei Dinge miteinander vermischt.

Vom Gehalt sind ganz normal Steuern abzuführen und auch die Rente ist ein zu versteuerndes Einkommen. Die Rentenversicherung hält im Gegensatz zum Arbeitgeber aber keine Steuern ein und leitet diese weitere, so dass von der Rente zusätzlich Einkommenssteuer im Rahmen einer Einkommenssteuererklärung ans Finanzamt abzuführen sind. Mit Doppelbesteuerung ist was anderes gemeint und bedeutet nicht, dass man nur von einem Einkommen Steuern zahlen muss.

Anders verhält es sich bei den Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Sowohl der Arbeitgeber als auch die Rentenversicherung ziehen in der Regel Beiträge ein und leiten diese an die Kranken- und Pflegeversicherung weiter. Allerdings gibt es bei Altersvollrentner ein paar Besonderheiten zu beachten.

Zum einen sinkt der Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung aus der Beschäftigung ab der Bewilligung der Altersrente, da man im Falle einer Erkrankung auch keinen Anspruch mehr auf Krankengeld hat.

Zum anderen kann es sein, dass die Summe der Pflichtbeiträge aus der Rente plus der Beschäftigung oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung liegt. 

Sofern dass passiert ist, kann man sich die zuviel gezahlten Beiträge von der gesetzlichen Krankenversicherung erstatten lassen. Damit haben aber weder der Arbeitgeber noch das Finanzamt was zu tun.