Autor Thema: Mehr als die Hälfte der Deutschen fühlt sich erschöpft  (Read 5828 times)

Eleon

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Ja, die eigene Hybris kann einen schon an den Rand der Verzweiflung bringen.

Es ist vermutlich ein großer Vorteil des Alters, dass man realisiert, dass reich sein relativ ist, sich Falten kaum verhindern lassen und das Haus auch nur aus Räumen mit 4 Wänden besteht.



ike

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Meine Spekulation für diesen Erschöpfungs- und Keinen-Bock-Trend ruhen auf Digitalisierung und Social Media.

Vor 500 Jahren waren die Probleme der Menschen auf die eigene Region, meist nur die anliegenden Nachbarstädte und Dörfer begrenzt. Heute macht irgendein Börsenheini auf der anderen Seite des Planeten einen falschen Trade und der Wert meiner Immobilie hier sinkt ins Bodenlose.

[...]

Noch schlimmer und noch weiter gehen die Probleme sogar:
da muss man im eigenen Sonnensystem vor Sonnenstürmen und -flecken Angst haben,
und außerhalb unseres Sonnensystems sogar vor einer Super-Nova, z.B. Beteigeuze.

JC83

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Meine Spekulation für diesen Erschöpfungs- und Keinen-Bock-Trend ruhen auf Digitalisierung und Social Media.
[...]
Aber der mentale Stress sieht für das alltägliche Leben heute deutlich anders aus als vor 60 Jahren. Dem Individuum wird täglich mehrfach vorgehalten, wie toll, reich und schön die anderen sind.

Gebe ich dir recht, aber den Konsum von Social Media hat ja man immer noch selbst in der Hand.

Dazu dann finanzielle Probleme um über die Runden zu kommen, zwei Kinder zu bezahlen und ein Eigenheim zu erwirtschaften, was vor einigen Generationen noch besser realisierbar war.

Ist das tatsächlich so? Ernst gemeinte Frage: Es wird überall verkündet, jedoch fehlt mir hierzu immer das Zahlenwerk und deren Interpretation im heutigen/damaligen Kontext.

OrganisationsGuy

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Dazu dann finanzielle Probleme um über die Runden zu kommen, zwei Kinder zu bezahlen und ein Eigenheim zu erwirtschaften, was vor einigen Generationen noch besser realisierbar war.

Ist das tatsächlich so? Ernst gemeinte Frage: Es wird überall verkündet, jedoch fehlt mir hierzu immer das Zahlenwerk und deren Interpretation im heutigen/damaligen Kontext.

Viel wird damit einhergehen, dass die Erwartungshaltung der Familien heutzutage höher ist und deutlich mehr Konsumgüter zu dem allgemeinen Leben hinzu kommen.

Wenn jemand mit Lebensstandart aus den 50er Jahren heutzutage Haushalten würde käme man sicherlich auch besser über die Runden. Aber selbst wenn meine Frau daheim nur Kochen und stricken würde, wir nur einen Fernseher und ein Radio daheim als Unterhaltungsmedien benutzen würden und die Kinder einmal zum Geburtstag sowie einmal an Weihnachten neues Spielzeug erhalten - mit einem Alleinverdiener der ein durchschnittliches Einkommen nach hause bringt sehe ich das heutzutage nicht als Stemmbar. Zumindest nicht mit dem Eigenheim was man der Bank stückweise abkauft. Zur Miete sehr wahrscheinlich machbar.

MoinMoin

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Offensichtlich ein Irrtum zu glauben, dass es früher leichter war.

https://www.immobilienscout24.de/wissen/kaufen/immobilienkauf-heute-teurer.html

"Daraus lässt sich ablesen, dass das Verhältnis von Preisen und Einkommensverhältnissen vor 30 Jahren (126 in 1991) keinesfalls besser oder schlechter war als die 133 in 2021."

Faunus

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Ja, die eigene Hybris kann einen schon an den Rand der Verzweiflung bringen.

Es ist vermutlich ein großer Vorteil des Alters, dass man realisiert, dass reich sein relativ ist, sich Falten kaum verhindern lassen und das Haus auch nur aus Räumen mit 4 Wänden besteht.

Wie wahr  ;)

clarion

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Offensichtlich ein Irrtum zu glauben, dass es früher leichter war.

https://www.immobilienscout24.de/wissen/kaufen/immobilienkauf-heute-teurer.html

"Daraus lässt sich ablesen, dass das Verhältnis von Preisen und Einkommensverhältnissen vor 30 Jahren (126 in 1991) keinesfalls besser oder schlechter war als die 133 in 2021."

Hm, das überzeugt mich nicht:
Beispiel: Durchschnittverdienst 1975: 21.800 DM Jahresbrutto. Ein freistehendes Einfamilienhaus zu bauen kostete 1975 etwa 100.000 DM mitsamt dem Grundstück, das fast geschenkt war. Drei bis Vier Jahre früher also Anfang der Siebziger Jahre kam man sogar mit 80.000 DM aus, die Inflation war damals auch ziemlich hoch. Eine Immobilie kostete demnach das fünf bis sechsfache des durchschnittlichen Jahresbrutto.

Das Durchschnittliche Jahresbrutto 2022 betrug fast 40.000 €. Die Immobilienpreise für einigermaßen neue freistehende Einfamilienhäuser liegen in den meisten Gegenden vermutlich nicht unter 400.000 Euro, also das Zehnfache und mehr des durchschnittlichen Jahresbrutto.

Die durchschnittlichen Jahresbruttos habe ich aus Statista und die Baukosten aus den Siebzigern liegen mir aus der Verwandtschaft vor, in einem Fall sogar durch Rechnungen belegt.

Bastel

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Unter 600.000 geht heutzutage garnicht mehr. Pro Quadratmeter (ohne viel Eigenleistung) kann man am Ende ca. 3000€+Grundstück und Baunebenkosten rechnen.

Das eine Immobilienseite das ganze schön reden ist wohl nicht verwunderlich oder?


Opa

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die Baukosten aus den Siebzigern liegen mir aus der Verwandtschaft vor, in einem Fall sogar durch Rechnungen belegt.
Die Immobilienseite spricht von Jahresstichproben, du sprichst von anekdotischen Fällen aus der Verwandtschaft, ohne z.B. auf die Lage der Immobilie einzugehen. Beides ist als Beleg für eine Behauptung zur Relation Einkommen zu Immo-Kosten nicht qualifiziert.

Etwas objektiver für die Fragestellung könnte die Eigentümerquote sein, jedenfalls wenn man unterstellt, dass das Bedürfnis nach Wohneigentum in der Langzeitbetrachtung etwa gleich geblieben ist. Was nicht wirklich zutrifft, da sich die Lebensziele der Generationen zwischen 1970 und heute in diesem Punkt unterscheiden.
Die Eigentümerquote bezieht sich auf selbstgenutztes Wohneigentum und ist nicht zu verwechseln mit der Wohneigentumsquote, die von Eurostat ermittelt wird. Sie ist die geeignetere Kennzahl, wenn es um die Frage geht, ob es leichter oder schwieriger wurde, ein Eigenheim zu erwerben.

Hier ein paar Fakten zur Eigentümerquote in Westdeutschland:
1978: 41,7%
1983: 43,9%
1988: 44,9%
1993: 48,1%
1998: 45,8%
2003: 46,9%
2008: 46,8%
2013: 46,3%
2018: 44,9%

Es ist deutlich zu erkennen, dass die eigentliche Auffälligkeit in der Zeitreihe die Mitte der 1990er Jahre ist. Die letzten 20 Jahre der Zeitreihe würde ich eher als Stagnation mit leicht sinkender Tendenz bezeichnen.
Dass zwischen 2013 und 2018 ein etwas stärkerer Rückgang erkennbar ist, ist ganz wesentlich darauf zurückzuführen, dass die Zahl der Privathaushalte durch Zuwanderung um rund 2,5% stieg und die hinzugekommenen Haushalte fast ausnahmslos kein Wohneigentum haben können.

MoinMoin

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Offensichtlich ein Irrtum zu glauben, dass es früher leichter war.

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"Daraus lässt sich ablesen, dass das Verhältnis von Preisen und Einkommensverhältnissen vor 30 Jahren (126 in 1991) keinesfalls besser oder schlechter war als die 133 in 2021."

Hm, das überzeugt mich nicht:
Braucht es auch nicht,
es sind halt monetäre Fakten, nicht emotionale.

Die letzten 1,5-2 Jahre ausgenommen, war es die letzten 20 Jahren stets möglich (in 90% der Gegenden) mit einem more or less gleichen prozentualen monatlichem Aufwand ein Objekt sein eigen zu nennen und das ganz fix auf 30 Jahren zu finanzieren.

Das wie @Opa korrekt aufzeigt, die Eigentümerquote wieder sinkt, liegt zusätzlich woran?
Am können können oder wollen wollen oder am nicht wissen, dass man könnte?

Anekdotisch habe ich ich leider zu oft erlebt, dass Freunde/Verwandte lange gezögert haben, weil "zu teuer" ohne zu Teuer über die monatliche Belastung auf 30 Jahre zu betrachten, sondern nur über: wie jetzt? eine Wohnung für 200T€ ?? zu teuer!!!
und dann sie 2 Jahre später für 250T zu kaufen.
(bei gleicher Belastung, aber eben 2 Jahre später)

und @ Bastel:
Hätte neulich fast doch wieder ein Objekt mit einem Kaufpreismietverhältnis von 20 gekauft, bin aber langsam zu alt für sowas.
(Also ein Haus mit 3 Wohneinheiten a ~80 qm für 360T€)
Insofern: Es geht fast überall für unter 600T was.


clarion

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50.000  Euro  Preisanstieg in zwei Jahren also kein Indiz dafür, dass der Preis  für Wohneigentum schneller steigt oder gestiegen ist als das Einkommen???

Alte Häuser bekommt man auch für 250.000 Euro  aber die fressen nochmal mindestens 100.000 für die Sanierung, neue Heizung, Dämmung, Elektrik,  Bäder,....

Opa

  • Gast
50.000  Euro  Preisanstieg in zwei Jahren also kein Indiz dafür, dass der Preis  für Wohneigentum schneller steigt oder gestiegen ist als das Einkommen???
Wenn eine Immobilie heute 600.000 Euro kostet und in den letztem zwei Jahren um 50.000 Euro im Preis (oder Wert) gestiegen ist, wäre das ein „Preisanstieg“ um 4,5% jährlich. Seit letztem Jahr sind die Immobilienpreise allerdings in einer Größenordnung um 10% gesunken.

Ein Indiz dafür, dass die Einkommen langsamer steigen, kann ich aus deinen Posts nicht erkennen. Zudem ist es für deine Argumentation nicht hilfreich, das durchschnittliche Jahresbruttoeinkommen je Arbeitnehmer (deine 40.000 Euro) heranzuziehen:
- Die Kaufkraft aus Erwerbseinkommen ergibt sich aus dem Jahresnetto, nicht aus dem Brutto,
- Vergleichsgruppe müssten alle Vollzeitbeschäftigten sowie Selbstständige sein und
- es müsste der Median anstelle des Durchschnitts genommen werden.

Schließlich ist es wenig sinnvoll, aus einer Langzeitbetrachtung in einen Zweijahresvergleich zu springen.

Es handelt sich trotz deiner Verweise auf Statista und deine Verwandten eher um eine gefühlte Wahrheit als um eine  halbwegs belastbare These.

Gefühlte Wahrheiten abseits der Realität sind übrigens ein Faktor, der erheblich dazu beiträgt, dass sich mehr als die Hälfte der Deutschen erschöpft fühlt.

clarion

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Du hast von einer Steigerung von 200.000 EU  auf 250.000 Euro in 2 Jahren gesprochen. Das wäre also eine jährliche Steigerung von 12%.

KDC

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Offensichtlich ein Irrtum zu glauben, dass es früher leichter war.

https://www.immobilienscout24.de/wissen/kaufen/immobilienkauf-heute-teurer.html

"Daraus lässt sich ablesen, dass das Verhältnis von Preisen und Einkommensverhältnissen vor 30 Jahren (126 in 1991) keinesfalls besser oder schlechter war als die 133 in 2021."

Hm, das überzeugt mich nicht:
Beispiel: Durchschnittverdienst 1975: 21.800 DM Jahresbrutto. Ein freistehendes Einfamilienhaus zu bauen kostete 1975 etwa 100.000 DM mitsamt dem Grundstück, das fast geschenkt war. Drei bis Vier Jahre früher also Anfang der Siebziger Jahre kam man sogar mit 80.000 DM aus, die Inflation war damals auch ziemlich hoch. Eine Immobilie kostete demnach das fünf bis sechsfache des durchschnittlichen Jahresbrutto.

Das Durchschnittliche Jahresbrutto 2022 betrug fast 40.000 €. Die Immobilienpreise für einigermaßen neue freistehende Einfamilienhäuser liegen in den meisten Gegenden vermutlich nicht unter 400.000 Euro, also das Zehnfache und mehr des durchschnittlichen Jahresbrutto.

Die durchschnittlichen Jahresbruttos habe ich aus Statista und die Baukosten aus den Siebzigern liegen mir aus der Verwandtschaft vor, in einem Fall sogar durch Rechnungen belegt.

Der von dir unterstellte Hauspreis ist so nicht richtig. 1974 hat ein Reihenhaus in der bayerischen Provinz bereits 120.000 DM gekostet. Ein freistehendes Haus war damals schon deutlich teurer.

Opa

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Du hast von einer Steigerung von 200.000 EU  auf 250.000 Euro in 2 Jahren gesprochen. Das wäre also eine jährliche Steigerung von 12%.
Nein, das war MoinMoin. Du hast geschrieben, dass Häuser nicht unter 600.000 zu bekommen sind und der Preis in zwei Jahren um 50.000 gestiegen sei. Dass du dich damit auf MoinMoin bezogen hast, war nicht deutlich, da du nicht zitiert hattest.
Seine Betrachtung ist allerdings kaum repräsentativ und kann sich nur auf denn kurzen Boom zwischen 2013 und 2019 beziehen. Da waren solche Sprünge durchaus realistisch, weil die Kreditzinsen jedes Jahr deutlich gefallen sind.