Autor Thema: Vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit (Elternzeit)  (Read 1574 times)

DerSuperKeks97

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Hallo,

ich bin aktuell in der EG 9b eingruppiert und soll die Stelle der Sachgebietsleitung EG 9c für die Dauer des Mutterschutzes sowie der Elternzeit meiner Kollegin vorübergehend übertragen bekommen (ca. 2,5 Jahre).

Einen Teil meiner Tätigkeiten werde ich abgeben. Ca. 30% meine Stelle soll ich allerdings weiterhin ausführen und zusätzlich die Vollzeit-Stelle meiner Kollegin. Ist das zulässig?

Ich weiß, dass ein Teil meiner jetzigen Tätigkeiten bereits früher auf der Stelle der Sachgebietsleitung war und die Stelle zu diesem Zeitpunkt höher eingruppiert war. Kann man in dem Fall, da ich einen Teil meiner Tätigkeiten behalte, überhaupt von einer vorübergehenden Übertragung sprechen oder wäre die Stelle hier neu zu bewerten?

Die Stelle soll so lange"freigehalten werden" für den Fall, dass meine Kollegin nach den 2,5 Jahren wieder Vollzeit zu arbeiten beginnt. Mein Chef ist der Auffasung, dass ich durch die vorübergehende Übertragung nicht schlechter gestellt wäre, wie wenn ich die Stelle dauerhaft übertragen bekommen würde. Eine andere Handhabung ist laut meinem Chef nicht möglich, weil bei uns leider keine weitere 9c-Stelle existiert.
Wie seht ihr das?

Und müsste der Personalrat bei der vorübergehenden Übertragung zustimmen?

Vielen Dank für eure Hilfe  :)

Tagelöhner

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"Mein Chef ist der Auffasung, dass ich durch die vorübergehende Übertragung nicht schlechter gestellt wäre, wie wenn ich die Stelle dauerhaft übertragen bekommen würde."

Wenn Du Deinem Chef dabei Glauben schenkst, ist er wenigstens ein guter Lügner  ;D

Ich würde die Tätigkeitsänderung nur akzeptieren, wenn sie dauerhaft erfolgt und damit eingruppierungswirksam wird. Dein Chef hat dann ja gute 2,5 Jahre Zeit eine weitere 9c-Stelle für die Rückkehrerin zu organisieren.

Lass Dich nicht übervorteilen und in die Rolle des nützlichen Lückenbüßers manövrieren, auf das scheint es nämlich rauszulaufen.
« Last Edit: 13.09.2023 17:57 von Tagelöhner »

Organisator

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Das Vorgehen seitens deines AG ist so zulässig und bedarf nicht deiner Zustimmung.

MoinMoin

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Ich würde die Tätigkeitsänderung nur akzeptieren, wenn sie dauerhaft erfolgt und damit eingruppierungswirksam wird. Dein Chef hat dann ja gute 2,5 Jahre Zeit eine weitere 9c-Stelle für die Rückkehrerin zu organisieren.
Du würdest dann halt eine Abmahnung bekommen, da du keinerlei Anrecht darauf hast dieser vorübergehenden Übertragung zu widersprechen.
Oder woraus leitest du dieses Recht ab?

Tagelöhner

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Der ganze Sachverhalt ist ja einer arbeitsgerichtlichen Überprüfung zugänglich. Ich stelle einfach mal in den Raum, dass bei einer Interessenabwägung, die der Arbeitgeber bei Anwendung seines Direktionsrechts durchführen muss, eine 2,5 jährige vorübergehende Übertragung zur primären Einhaltung seiner haushaltsrechtlichen Interessen, die tariflich unbeachtlich sind, nicht ausreichend die Interessen des Threaderstellers an einer dauerhaften Übertragung berücksichtigt.

Darüber dürfen sich dann gerne Juristen der entsprechenden Fachrichtung streiten.

@ Organisator

Nur bei Anpassung der Stellenbeschreibung, ohne dass eine eingruppierungswirksame Änderung der Arbeitsvorgänge entsteht. Ich ziehe es wie gesagt in Zweifel, dass mehrjährige vorübergehende Übertragungen juristisch haltbar sind. Dies würde Tür und Tor zur Aushebelung des Tarifrechts zum Nachteil des Arbeitnehmers öffnen.
« Last Edit: 14.09.2023 09:31 von Tagelöhner »

MoinMoin

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Der ganze Sachverhalt ist ja einer arbeitsgerichtlichen Überprüfung zugänglich.
Sicher, drum fragt ich dich ja, ob du entsprechende Urteile parat hast oder einfach nur aus den Bauch heraus ein Abmahnungswürdigesverhalten anrätst.

Zitat
Ich stelle einfach mal in den Raum, dass bei einer Interessenabwägung, die der Arbeitgeber bei Anwendung seines Direktionsrechts durchführen muss, eine 2,5 jährige vorübergehende Übertragung zur primären Einhaltung seiner haushaltsrechtlichen Interessen, die tariflich unbeachtlich sind, nicht ausreichend die Interessen von der Threaderstellerin an einer dauerhaften Übertragung berücksichtigt.
1.) Ein dauerhafte Übertragung untersteht nicht dem Direktsrecht des AGs.
2.) Direktionsrecht ist nicht Tarifrecht.
3.) Tariflich ist es nicht zu beanstanden, da das Ende der vorübergehenden Übertragung durchaus bekannt und terminiert ist.
4.) Eine Übertragung von Tätigkeiten, die nicht die Eingruppierung (und damit eine Änderung des AVs unterliegen würde) berühren, ist vom Direktionsrecht absolut gedeckt.

Also bisher hast du noch nichts angebracht, dass mich glauben lässt, dass eine Abmahnung wegen: Nö mach ich nicht, arbeitsgerichtlich einkassiert werden könnte.






Organisator

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Der ganze Sachverhalt ist ja einer arbeitsgerichtlichen Überprüfung zugänglich. Ich stelle einfach mal in den Raum, dass bei einer Interessenabwägung, die der Arbeitgeber bei Anwendung seines Direktionsrechts durchführen muss, eine 2,5 jährige vorübergehende Übertragung zur primären Einhaltung seiner haushaltsrechtlichen Interessen, die tariflich unbeachtlich sind, nicht ausreichend die Interessen des Threaderstellers an einer dauerhaften Übertragung berücksichtigt.

Darüber dürfen sich dann gerne Juristen der entsprechenden Fachrichtung streiten.

@ Organisator

Nur bei Anpassung der Stellenbeschreibung, ohne dass eine eingruppierungswirksame Änderung der Arbeitsvorgänge entsteht. Ich ziehe es wie gesagt in Zweifel, dass mehrjährige vorübergehende Übertragungen juristisch haltbar sind. Dies würde Tür und Tor zur Aushebelung des Tarifrechts zum Nachteil des Arbeitnehmers öffnen.

Durchaus interessante Betrachtungsweise. Möglicherweise gibt es hierzu schon Rechtsprechung, mir ist jedoch nichts in der Richtung bekannt, dass eine 2,5-jährige vorübergehende Übertragung unzulässig wäre.
Interessant wäre aus meiner Sicht, in welchem Umfang eine solche Interessenabwägung zu erfolgen hätte, wenn sich beide Seiten tarifkonform verhalten.

Tagelöhner

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Nach kurzer Recherche hat sich scheinbar die Rechtsprechung höchstrichterlich dazu etwas geändert, so dass es in diesem Fall wieder definitiv möglich erscheint. Aber eine vorübergehende Übertragung ist dennoch kein Freifahrtschein, sondern unterliegt Kriterien die einzuhalten sind.

Dazu ein Artikel auf Haufe, wen es interessiert.

https://www.haufe.de/oeffentlicher-dienst/tvoed-office-professional/voruebergehende-hoeherwertige-taetigkeit-42-nur-voruebergehende-uebertragung_idesk_PI13994_HI1434549.html#:~:text=%C2%A7%2014%20TV%C3%B6D%20sieht%20grunds%C3%A4tzlich,T%C3%A4tigkeit%20keine%20zeitliche%20Begrenzung%20vor.

Tagelöhner

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1.) Ein dauerhafte Übertragung untersteht nicht dem Direktsrecht des AGs.
2.) Direktionsrecht ist nicht Tarifrecht.
3.) Tariflich ist es nicht zu beanstanden, da das Ende der vorübergehenden Übertragung durchaus bekannt und terminiert ist.
4.) Eine Übertragung von Tätigkeiten, die nicht die Eingruppierung (und damit eine Änderung des AVs unterliegen würde) berühren, ist vom Direktionsrecht absolut gedeckt.

Zu 1) Korrekt.
Zu 2) Korrekt, allerdings wirkt das Tarifrecht auf das Direktionsrecht durch und setzt damit einen Rechtsrahmen bei der Billigkeitsprüfung und Zulässigkeit.
Zu 3) Sehe ich nach kurzer Recherche zur jüngsten Rechtsprechung jetzt auch so.
Zu 4) Korrekt, in geschilderten Falll würde ich mir dennoch eine neue Stellenbeschreibung geben lassen, aus der die dann zu leistenden Zeitanteile bei jedem Arbeitsvorgang genau hervorgehen. Schließlich hat eine Vollzeitstelle 100% und nicht 130%.

Nochmal ein Tipp an den Threadersteller: Versuche dennoch dich nicht übervorteilen zu lassen, und drohe falls möglich mit der Kündigung. Dann steht es dem Arbeitgeber frei, seine Prioritäten neu zu ordnen und dich auf Dauer gesehen nicht über den Tisch zu ziehen.

Organisator

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Nach kurzer Recherche hat sich scheinbar die Rechtsprechung höchstrichterlich dazu etwas geändert, so dass es in diesem Fall wieder definitiv möglich erscheint. Aber eine vorübergehende Übertragung ist dennoch kein Freifahrtschein, sondern unterliegt Kriterien die einzuhalten sind.

Dazu ein Artikel auf Haufe, wen es interessiert.

https://www.haufe.de/oeffentlicher-dienst/tvoed-office-professional/voruebergehende-hoeherwertige-taetigkeit-42-nur-voruebergehende-uebertragung_idesk_PI13994_HI1434549.html#:~:text=%C2%A7%2014%20TV%C3%B6D%20sieht%20grunds%C3%A4tzlich,T%C3%A4tigkeit%20keine%20zeitliche%20Begrenzung%20vor.

Dankeschön für die Recherche und den Link. Doppelte Billigkeitsprüfung also, die ich im hier vorliegenden Sachverhalt als erfüllt sehe.

Ich schließe mich daher deinem Tip an - erstmal die neue Tätigkeit übernehmen und mit dem AG darauf aufbauend verhandeln. Schließlich steht zwar der Kollegin in Elternzeit nach Rückkher eine gleich eingruppierte Tätigkeit zu, allerdings nicht zwingend die selbe Tätigkeit.

DerSuperKeks97

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Danke für die Rückmeldungen.

Schade, dass es keine andere Möglichkeit gibt.
Werde mich wohl nach anderen Stellen umsehen, soweit die Chefs nicht mit sich reden lassen...

Organisator

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Danke für die Rückmeldungen.

Schade, dass es keine andere Möglichkeit gibt.
Werde mich wohl nach anderen Stellen umsehen, soweit die Chefs nicht mit sich reden lassen...

Na eine Möglichkeit habe ich doch aufgezeigt. Tätigkeit übernehmen, glänzen, nach 1,5 Jahren dauerhaft übertragen bekommen und die Kollegin verdrängen. Alternativ nach 1,5 Jahren mit Leitungserfahrung eine tolle Grundlage für Bewerbungen haben.

Schmitti

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Wenn in einem etwaigen Bewerbungsgespräch gefragt wird, warum man wechseln will, würde ich den o.g. Sachverhalt allerdings nicht unbedingt als Grund nennen.

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Wenn in einem etwaigen Bewerbungsgespräch gefragt wird, warum man wechseln will, würde ich den o.g. Sachverhalt allerdings nicht unbedingt als Grund nennen.

Ich finde schon!

"Warum wollen sie wechseln"
-->
"Ich habe die Leitungsaufgabe jetzt 1,5 Jahre übernommen, mich bewährt und es macht mir Spaß. Ich möchte das dauerhaft machen, habe aber bei meinem jetzigen AG nicht die Chance dazu."

@ Keks
Ich würde das eher als Chance sehen, erstmal für 2,5 Jahre eine höherwertige Tätigkeit mit Leitungsfunktion und mehr Geld übernehmen zu können, ohne ein Bewerbungsverfahren durchlaufen zu müssen.

Schmitti

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Wenn die 1,5 Jahre rum sind, dann ja. Aber Keks will sich ja verkrümeln (der musste an dieser Stelle sein), bevor er sich da bewähren kann.