Autor Thema: Fehlerhafte Eingruppierung - Anspruch auf Rückerstattung mehr als 6 Monate?  (Read 2300 times)

Susanne89

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Hallo zusammen,

ich bin seit Anfang 2020 bei einer Behörde in der Entgeltstufe 11 eingestellt.
Nun teilte mir die Verwaltung mit, dass Ihnen bei meiner Eingruppierung ein Fehler unterlaufen ist und ich von Beginn an in der E12 hätte sein müssen.

Unter Berufung auf die Ausschlussfrist §37 des Tarifvertrags heißt es, dass die Korrektur der Entgeltstufe und damit des Gehalts nur 6 Monate rückwirkend durchgeführt werden kann.

Ist das tatsächlich so richtig, dass ich die Differenzbeträge zwischen den beiden Stufen nicht mehr als 6 Monate zurückerstattet bekommen kann? Der Fehler lag hier ja nicht bei mir und insgesamt sind das dann natürlich nicht unerhebliche Beträge, die mir dadurch verloren gehen.

Vielleicht hat ja jemand schon ähnliche Erfahrungen gemacht,

Liebe Grüße

Umlauf

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Ja, das ist leider so. Geld nur für die letzten 6 Monate.
Aber die Stufenlaufzeit gilt seit dem Zeitpunkt, ab dem die höhere Stufe hätte laufen müssen. Also nicht erst seit 6 Monaten.

GofX

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[...] dass Ihnen bei meiner Eingruppierung ein Fehler unterlaufen ist und ich von Beginn an in der E12 hätte sein müssen.

Unter Berufung auf die Ausschlussfrist §37 des Tarifvertrags heißt es, dass die Korrektur der Entgeltstufe und damit des Gehalts nur 6 Monate rückwirkend durchgeführt werden kann.

Ist in meiner Behörde leider auch schon passiert.

Da der Fehler aber eindeutig in der Personalabteilung / bei der Personalsachbearbeiterin lag, war man so "kulant" und hat die ganzen drei Jahre nachgezahlt. Das ist allerdings auch schon wieder mehrere Jahre her und ich gehe nicht mehr davon aus, dass meine Behörde in einem gleichgelagerten Fall heute noch genauso kulant wäre.

Da bei Dir auch bereits der §37 erwähnt wurde, kannst Du wohl ebenso nicht davon ausgehen, dass Deine Behörde kulant sein möchte.

Rechtsanspruch hast Du nicht - der §37 schließt es aus.

Frag nach, wie man gedenkt, den entstandenen Schaden wiedergutzumachen. Eventuell durch eine vorübergehende "§ 18 Fachkräftezulage", sofern Du als Ärztin, Zahnärztin oder nach Abschnitt 11 (IT) oder Abschnitt 21 (Ingenieure) eingruppiert bist.

Wenn Du dann in freundliche lächelnde Augen blickst, die Dir sagen, "f*ck Dich", dann hast Du keine Chance mehr und solltest Dir einen neuen Arbeitgeber suchen. Eventuell hilft ja noch die Drohung, dass Du gehst, wenn sie den Schaden nicht heilen. Ein neuer Arbeitgeber zahlt Dir zwar auch nicht die letzten beiden Jahre nach, aber Du wirst das Gefühl los, irgendwo zu arbeiten, wo man Dich ver*rscht hat.

Nicht vergessen, die Behörden jammern ständig rum, wir hätten "Fachkräftemangel" und dass sie ja ach-so-schlecht am Markt konkurrieren könnten. Eine E12 kriegst Du aber überall woanders auch.

cyrix42

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Im Übrigen sollte man schauen, dass die tarifvertragliche Ausschlussfrist sich nur auf die Gehalts-Nachzahlung, nicht aber auf die Eingruppierung und damit auch nicht auf die Einstufung bezieht. Zwar hast du rechtlich nur Anspruch auf das zu wenig gezahlte Gehalt der letzten 6 Monate, aber die Stufenlaufzeit beginnt mit der Einstellung/ Höhergruppierung / Höherstufung, als ob der Eingruppierungsirrtum nicht stattgefunden hätte und du die ganze Zeit über regulär und korrekt einsortiert gewesen wärest. (Dies macht für die Vergangenheit keinen Unterschied, für die Zukunft schon, weil die Stufenlaufzeit ja so schon zum Teil absolviert worden ist.)

Susanne89

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Vielen Dank für die Rückmeldungen. An den 6 Monaten ist dann wohl wirklich nichts zu machen. Die Stufenlaufzeit wurde mir tatsächlich schon zum richtigen Zeitpunkt gewährt.

Zur anderweitigen Kompensation hatte ich noch die Idee, ob man in dem Fall eine Verkürzung der Stufenlaufzeiten (§16) durch überdurchschnittliche Leistungen anwenden kann. Dazu wurde mir von Seiten der Behörde gesagt, dass sie das generell nicht anwenden, da man die Leistung ja schlecht messen kann.

Oder aber Vorweggewährung von Stufen nach §17 „..zur regionalen Differenzierung, zur Bindung von qualifizierten Fachkräften… kann Beschäftigten abweichend von der tarifvertraglichen Einstufung ein bis zu zwei Stufen höheres Entgelt ganz oder teilweise vorweg gewährt werden.“

Bindung von Fachkräften würde bei mir tatsächlich zutreffen, da ich auch in der Behörde eine lange Zeit mit Fortbildungen verbracht habe, die jemand der neu eingestellt wird auch erst wieder durchlaufen muss, bis er genauso qualifiziert ist.

Muss man dazu denn tatsächlich fast schon kündigen und ein besser bezahltes Angebot aus der freien Wirtschaft vorlegen, damit diese Vorweggewährung gestattet werden kann?

So wurde mir das hier vermittelt…

Organisator

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Bindung von Fachkräften würde bei mir tatsächlich zutreffen, da ich auch in der Behörde eine lange Zeit mit Fortbildungen verbracht habe, die jemand der neu eingestellt wird auch erst wieder durchlaufen muss, bis er genauso qualifiziert ist.

Muss man dazu denn tatsächlich fast schon kündigen und ein besser bezahltes Angebot aus der freien Wirtschaft vorlegen, damit diese Vorweggewährung gestattet werden kann?

So wurde mir das hier vermittelt…

Das ist von AG zu AG unterschiedlich. Aus AG-Sicht ist es allerdings unpraktisch, Leute zu Bewerbungen aufzufordern, denn dann sind sie auch gerne mal weg.

GofX

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Muss man dazu denn tatsächlich fast schon kündigen und ein besser bezahltes Angebot aus der freien Wirtschaft vorlegen, damit diese Vorweggewährung gestattet werden kann?

So ist es in meiner Behörde auch - mit dem Unterschied, dass es kein Jobangebot aus der Privatwirtschaft sein muss. Es würde auch ein gleichartiges Angebot einer anderen Behörde ausreichen. Wichtig ist hier nur, dass der Wille zur Abwanderung dokumentiert ist.

Unterm Strich natürlich total kontraproduktiv, dass man sich erst Wegbewerben soll, bevor man gehalten werden kann. Aber über solche Praktiken sollte man sich nicht mehr wundern, wenn man ein paar Tage im ÖD verbracht hat.

MoinMoin

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Muss man dazu denn tatsächlich fast schon kündigen und ein besser bezahltes Angebot aus der freien Wirtschaft vorlegen, damit diese Vorweggewährung gestattet werden kann?

Laufzeitverkürzung ist bei vielen Behörden das Problem, weil sie keine Leistungsbewertung haben, schade aber nachvollziehbar.

Die Zulage zur Bindung wird sehr unterschiedlich gehandhabt.


Einige müssen nur nachweisen, dass sie Einladungen zum Vorstellungsgespräch haben (damit die Personaler einen Nachweis zum Abheften) haben
Einige nur ein entsprechenden Panikbrief vom Cheffe (hilfe die will weg, wir müssen sie halten, egal was es kostet,...)
und dann gibt es auch noch die Knalltüten, die einen Nachweis fordern, dass man ein besseres Angebot hat.


Also Rede mit Cheffe, er soll was schreiben (oder schreibe was, und er soll es unterstützen) und mach schon mal deine Bewerbungsunterlagen klar und schicke sie weg.
Wer dich nicht halten will, ist es nicht wert dich zu behalten.