Autor Thema: Eingruppierung Erzieher und Sozialpädage  (Read 1755 times)

Johnrocafella

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Eingruppierung Erzieher und Sozialpädage
« am: 17.10.2023 06:46 »
Hallo,
Ich arbeite in einer Jugendhilfe-Einrichtung als Erzieher im Gruppendienst. Die Einrichtung leider gerade unter hoher Fluktuation und kann die freien Stellen nicht immer mit Erziehern besetzen (sind aber ganz klar für Erzieher konzipiert). Meine neue Kollegin ist Sozialpädagogin und auf die exakt gleiche Stelle eingestellt wie ich, nur in einer anderen Gruppe. Eingruppierung bei mir S8b, bei ihr S12. Stellenbeschreibung und Tätigkeiten exakt gleich. Zählt hier gleicher Lohn für gleiche Tätigkeit? Oder hab ich keine Handlungsmöglichkeiten in diesem Fall? Der Träger ist katholisch aber an den TVöD angelehnt (Bayern).

Lg

MoinMoin

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Antw:Eingruppierung Erzieher und Sozialpädage
« Antwort #1 am: 17.10.2023 08:48 »
Normalerweise gilt:
Eingruppierung richtet sich nach den übertragenden auszuübenden Tätigkeiten.
Und man bekommt eine EG weniger, wenn man Voraussetzungen in der Person nicht erfüllt (also z.B. die Ausbildung nicht hat).

Man wird nicht in einer Gruppe eingestellt, sondern man ist eingruppiert Kraft der Tarifautomatik

PiA

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Antw:Eingruppierung Erzieher und Sozialpädage
« Antwort #2 am: 17.10.2023 08:54 »
Im TVöD-SuE-Bereich gibt es die "Besonderheit", dass die Eingruppierung oft nach Ausbildung und "entsprechender Tätigkeit" erfolgt.

Außerdem gibt es statt der von MoinMoin genannten allgemeinen Regelung "ohne Ausbildung eine EG tiefer"mit  der EG S04 Fallgruppe (FG) 3 und der EG S8b FG 3 spezielle Eingruppierungsregelungen für "Beschäftige in der Tätigkeit von...".

Du bist Erzieher und übst nach deiner Beschreibung eine dem Berufsbild entsprechende Tätigkeit mit Heraushebungsmerkmal aus, so dass Du vermutlich in die EG S8b FG 1 eingruppiert bist.

Die Kollegin ist ebenfalls nach ihrer Ausbildung und (unterstellter) entsprechender Tätigkeit mit Heraushebungsmerkmal in die EG S12 eingruppiert - und da wird es dann wieder kompliziert:

Wenn die Tätigkeit keine (auch) dem Berufsbild der Sozialpädagogin, sondern eine "nur" dem Berufsbild der Erzieherin entsprechende wäre, müsste sie - wenn man dem Erzieher "gleichwertige Fähigkeiten" als der Ausbildung zum Sozialpädagogen inkludiert ansieht (wofür objektiv einiges spricht, da es dabei neben der Ausbildung zum Sozialarbeiter um "das" auf dem Erzieherberuf aufbauende Studium handelt) - wie Du eingruppiert werden. Negierte man die Fähigkeiten, landete sie "sogar" nur in der S04 FG 3.

Umgekehrt wärst Du aber - sofern Eure Tätigkeit (dann nicht "auch", sondern "ausschließlich") eine dem sozialpädagogischen Berufsbild entsprechende ist - auch dann wegen EG S8b FG 3 weiterhin in der "richtigen" Entgeltgruppe - und wärst in dieser FG bis Oktober 2024 noch auf Stufe 4 "gedeckelt".

Heißt im Ergebnis meiner groben Ferndiagnose:
Du bist (rechtlich) korrekt eingruppiert, die Kollegin eventuell zu hoch.

VG PiA
« Last Edit: 17.10.2023 09:04 von PiA »

Johnrocafella

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Antw:Eingruppierung Erzieher und Sozialpädage
« Antwort #3 am: 17.10.2023 18:48 »
Hallo Leute,
Schonmal vielen Dank für die vielen Antworten. Also würde ich demnach keine Chance auf eine höhere Eingruppierung haben sondern (sofern ich mich an den Personalrat wende) der neuen Kollegin schaden?

Lg

Hans1W

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Antw:Eingruppierung Erzieher und Sozialpädage
« Antwort #4 am: 18.10.2023 08:55 »
Die Änderung der Eingruppierung ist nicht ohne Zustimmung der Kollegin machbar. Du kannst also zum PR gehen.

MoinMoin

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Antw:Eingruppierung Erzieher und Sozialpädage
« Antwort #5 am: 18.10.2023 10:06 »
Wenn es sich um ein Eingruppierungsirrtum handelt, dann stimmt die Aussage nicht.

PiA

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Antw:Eingruppierung Erzieher und Sozialpädage
« Antwort #6 am: 18.10.2023 14:24 »
Vorab:
Mit dem Anspruch "gleiches Geld (bzw. gleiche Eingruppierung) für gleiche Arbeit" rennst Du bei mir offene Türen ein. Daher bitte nicht persönlich nehmen, ich interpretiere nur, was ich lese und verstehe.

Hallo Leute,
Schonmal vielen Dank für die vielen Antworten. Also würde ich demnach keine Chance auf eine höhere Eingruppierung haben sondern (sofern ich mich an den Personalrat wende) der neuen Kollegin schaden?

Lg

Unter dem Vorbehalt des nicht in Gänze bekannten Sachverhalts sehe ich das so.
Der Kollegin schadest Du aber nur, sofern sie tatsächlich falsch eingruppiert wurde.

Es kann bei Euch auch durchaus noch Unterschiede in der Tätigkeit geben. Zum einen "zufällige" wie Alter der Kinder/Jugendlichen / Förderbedarfe / fam. Hintergründe. Zum anderen "soll" die Kollegin aber vielleicht auch noch Konzepte entwickeln oder erproben, sprich ohne dein Wissen hat der AG bei ihr eine andere Gewichtung der "Teiltätigkeiten" vorgenommen.

Das mit den "entsprechenden Tätigkeiten" ist eine ziemlich komplexe Angelegenheit und gerade zwischen Kinderpflegerin und Erzieherin in der Kita bzw. Erzieherin und Sozialarbeiterin/-pädagogin in der Jugendhilfe kann es große Überschneidungen geben.

Beim "Querlesen" im eRehm (habe leider keinen Account) bin ich auf folgende Passage gestoßen:

Zitat
BAT Kommentar Vergütungsordnung Bund/Länder – Anlage 1 a Bu... Anlage 1 a Allgemeine Vergütungsordnung Teil II - Zusätzliche Tätigkeitsmerkmale G - Sozial- und Erziehungsdienst Erläuterungen 20 Abgrenzungsfragen 20.1 Abgrenzung zu Tätigkeiten von Sozialarbeitern/Sozialpädagogen

Die vielfältigen und wechselnden Bedarfssituationen und Organisationsformen im Bereich der Sozial- und Erziehungsarbeit führen zwangsläufig dazu, dass Tätigkeitsfelder bestehen und entstehen, in denen Arbeitsvorgänge nach den Berufsbildern des Sozialdienstes und des Erziehungsdienstes zusammenfließen. Dies ergibt sich auch daraus, dass die Berufsbilder des Sozialarbeiters/Sozialpädagogen und des Erziehers weitreichende Gemeinsamkeiten aufweisen; sie überschneiden sich in breiten Tätigkeitsfeldern. Das BAG hat hierzu in seiner richtungsweisenden Entscheidung vom 26.7.1995 – 4 AZR 318/94 – AP Nr. 8 zu § 12 AVR Caritasverband = ZTR 1996, 25 – u. a. Folgendes zum Ausdruck gebracht:

Die Aufgabe des Sozialarbeiters/Sozialpädagogen bestehe in der Hilfe zur besseren Lebensbewältigung, was sich je nach der Problemsituation und auslösender Lebenslage als Entwicklungs-, Erziehungs-, Reifungs- oder Bildungshilfe verstehen lasse. Durch psychosoziale Mittel und Methoden sollten die als Bedürftigkeit, Abhängigkeit und Not bezeichneten Lebensumstände geändert werden (Blätter zur Berufskunde, 5. Aufl. 1986, 2–IV A 30, S. 2). Auch die Arbeit von Erziehern sei sozialpädagogischer Art und unterscheide sich in vielen Aufgabenstellungen nicht wesentlich von derjenigen anderer sozialpädagogischer Berufe. Sie umfasse die Förderung und Bildung sowohl von gesunden als auch von in ihrer Entwicklung gestörten Kindern und Jugendlichen sowie die Tätigkeit in heilpädagogischen Einrichtungen für Erwachsene (Blätter zur Berufskunde, 7. Aufl. 1994, 2–IV A 20, S. 3 f.). Diese Übereinstimmungen führten aber nicht dazu, dass zwischen den Tätigkeiten eines Erziehers und eines Sozialarbeiters/Sozialpädagogen keine für die Eingruppierung maßgeblichen Unterschiede mehr festgestellt werden könnten (BAG vom 20.2.1991 – 4 AZR 377/90 – ZTR 1991, 296).
...
Müsse demnach bei der tariflichen/AVR-gerechten Eingruppierung zwischen den Tätigkeiten von Sozialarbeitern/Sozialpädagogen einerseits und von Erziehern andererseits auch in dem Bereich unterschieden werden, in dem sich die Berufsbilder überschneiden, so könne dies nur anhand der typischen Inhalte dieser Berufe geschehen. Insoweit komme es darauf an, was regelmäßig zur Tätigkeit eines Sozialarbeiters/Sozialpädagogen gehöre und was zur derjenigen eines Erziehers. Bei dieser Feststellung spiele die Art und die Intensität der jeweiligen Ausbildung eine gewichtige Rolle. Anhand der Schwerpunkte der beiden Berufsbilder lasse sich ermitteln, welche Tätigkeiten im Überschneidungsbereich vorrangig dem einen und erst in zweiter Linie dem anderen Beruf zuzuordnen seien. Von diesem Regel-/Ausnahmeverhältnis sei mangels anderer Kriterien auch bei der hier vorzunehmenden tariflichen Eingruppierung auszugehen (BAG vom 20.4.1994 – 1 ABR 49/93 – n. v.).
...

Der letzte Absatz liest sich für mich so, dass es durchaus sein kann, dass Eure - unterstellt tatsächlich identische - Tätigkeit voll der eines Erziehers, aber auch (noch) der einer Sozialpädagogin entspricht.

Drehen wir den Spieß also mal um:
Warum - im Sinne von: auf Grund welches (ggf. fehlenden) Merkmals - ist die von dir als "für Erzieher konzipierte" Tätigkeit noch nicht bzw. nicht mehr auch dem Berufsbild einer Sozialpädagogin entsprechend?

Wenn diese Frage nicht beantwortet werden kann, seit ihr - so widersprüchlich es erscheint - beide korrekt eingruppiert.

Viele Grüße

PiA