Autor Thema: ADHS im VG erwähnen  (Read 2861 times)

Faunus

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Antw:ADHS im VG erwähnen
« Antwort #30 am: 16.11.2023 08:36 »
Was läuft schief, dass immer mehr (junge) Erwachsene  "krank/überfordert" sind?

Nichts, außer, dass die Diagnostik besser wird und das Thema "psychische Gesundheit" weniger stigmatisiert ist. Während Erwachsene (Männer wie Frauen) früher sich i.W. mit Alkohol "selbst behandelt" haben, gehen sie heute vielleicht doch einmal eher zum Arzt/ Psychologen.

Auch ist das Thema ADHS keines, was erst in den letzten Jahrzehnten aufgetreten wäre -- den "Zappelphillip" gibt es schon ewig. Auch die Beschreibung von Autismus ist schon über 100 Jahre alt; und Betroffene gab es definitiv auch schon vorher. Frühkindliche Entwicklungsstörungen, unter denen diese Einschränkungen zusammengefasst werden, betreffen aber auch Erwachsene. Hier hat in den letzten 20 Jahren die Diagnostik einen deutlichen Schritt vorwärts gemacht. Dabei ist eine wesentliche Beobachtung, dass hier sozial unangepasstes Verhalten keine Frage fehlendem Willens ist, sondern Prozesse der Informationsverarbeitung im Hirn anders ablaufen. So wird die Umwelt anders wahrgenommen, während an anderer Stelle die Fähigkeit, sich in eine andere Person hineinzuversetzen, eingeschränkt ist. Dergleichen ist auch nicht durch "Erziehung" (wie auch immer geartet) behebbar. Bestenfalls kann man den betroffenen Personen durch Therapie helfen, besser mit ihren Einschränkungen umzugehen, sodass sie nicht durch Ausgrenzung u.Ä. eine zusätzlich deutlich verminderte Lebensqualität besitzen. (Die Komorbidität zwischen eben jenen Entwicklungsstörungen und z.B. Depressionen ist nicht ohne Grund recht hoch...)

Yeap!
Nur bin ich nicht der Therapeut!
Darum geht es mir!

Und bevor es ein Missverständnis gibt, Mobbing ist ein No-go. Der Fragesteller hatt in seinem Post anklingen lassen, dass seine Schwester gemobbt wird. Auch so etwas, dass in den letzten Jahrzehnten m.M. nach zugenommen hat.

Provokante Frage: könnte aktives Mobbing auch irgendwann als Krankheitsbild diagnostiziert werden?
Auf wen muss dann das Umfeld Rücksicht nehmen?

Es ist völlig richtig, was Du beschreibst @cyrix42, nur darum geht es mir nicht. Verhaltensauffälligkeiten gab es immer und wie hier schon jemand schrieb, ist man dieser u.a. mit Gewalt bei Kindern begegnet. Es gibt Menschen, die glauben, dass es das  heute nicht mehr gibt. Glaube versetzt Berge!

Es geht hier aber nicht um Kinder, sondern Erwachsene im Arbeitsleben mit der Diagnose ADHS. Im VS ansprechen oder nicht? Ich sage nein, wenn keine GdB vorliegt. Nach einer Einstellung kann man eine geeignete Gelegenheit abwarten und zuerst mit den VO sprechen.  Nur muss man sich darüber im Klaren sein, dass dieser kein Therpeuten-Ersatz ist!



 

BAT

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Antw:ADHS im VG erwähnen
« Antwort #31 am: 16.11.2023 09:28 »
Der Spruch "kein Mensch ist gesund, er wurde nur nicht lange genug untersucht" hat durchaus seine Berechtigung.

Verwundert bin ich schon über die sehr schnelle Etablierung von "Long-Covid", eigentlich dauert so etwas ewig.



cyrix42

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Antw:ADHS im VG erwähnen
« Antwort #32 am: 16.11.2023 10:14 »
Es geht hier aber nicht um Kinder, sondern Erwachsene im Arbeitsleben mit der Diagnose ADHS. Im VS ansprechen oder nicht? Ich sage nein, wenn keine GdB vorliegt. Nach einer Einstellung kann man eine geeignete Gelegenheit abwarten und zuerst mit den VO sprechen.  Nur muss man sich darüber im Klaren sein, dass dieser kein Therpeuten-Ersatz ist!

Da bin ich bei dir. Ich denke, das Vorstellungsgespräch ist der falsche Ort, um darüber zu sprechen. Wobei -- in gewissem Rahmen bzw. in gewissen Konstellationen schon, nämlich, wenn es um die Ausgestaltung der Stelle geht. Wäre ich zu einem Vorstellungsgespräch zu einer Stelle eingeladen, bei der verschiedene Schwerpunktsetzungen möglich sind (oder mir nach Stellenausschreibung möglich erscheinen), wobei ich weiß, dass mir Schwerpunkt X besser liegt als Schwerpunkt Y, so würde ich da nachfragen. (Das würde ich aber auch völlig unabhängig von einer möglichen Einschränkung...)

Ansonsten würde ich, wie auch schon geschrieben, nach der Zusage den Kontakt zur/m Vorgesetzten und den dann neuen Kolleg_innen, mit denen man dann tagtäglich zusammenarbeitet, suchen. Dabei geht es auch nicht um Therapie und Rücksichtnahme (letzteres eher noch bei der Arbeitszuweisung durch die vorgesetzte Stelle, dass diese um die eigenen Stärken und Schwächen weiß, entsprechend also auch die Arbeitsaufträge verteilen kann), sondern einfach, um Missverständnissen, die sonst erfahrungsgemäß auftreten, vorzubeugen. Ein Beispiel: Wenn jemand immer etwas wortwörtlich versteht, muss das weder Spitzfindigkeit noch Böswilligkeit sein, sondern ist im Bereich des Autismus' oft auch einfach die fehlende Vorstellung sprachlicher Bilder. Da muss man nichts therapieren, sondern kann einfach darauf vorbereitet sein, sollte die Person mal ne Stelle falsch verstehen... (Auch in diesem Forum gab es mal eine Person, die durch großes Fachwissen, aber eher geringere soziale Fähigkeiten aufgefallen ist; z.B. dadurch, dass öfter genau die gestellte, nicht aber die intendierte Frage beantwortet wurde...)

Faunus

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Antw:ADHS im VG erwähnen
« Antwort #33 am: 16.11.2023 12:56 »
Mir sind im Laufe meines Lebens viele Menschen mit mehr oder weniger ausgeprägten "Charakterzügen" begegnet. Einfach sich selbst etwas zurücknehmen und nicht zum Nabel der Welt machen, nicht jedes jedes Wort auf die Goldwaage legen und über Lässlichkeiten stehen = leben und leben lassen.

Und wenn es einfach nicht passt., man muss nicht da sondern kann auch woanders arbeiten.
Das war auch der Hinweis an den Fragesteller, dass die "kleine Schwester" sogar bei einer vorhandenen Stelle aktiv sich nach eine für sie passenden "Plätzchen" mit geeigneten Arbeitsabläufen und gutem Arbeitsklima umsieht.