Die Rechtsprechung des Zweiten Senats ist auch in den hier diskutierten Fällen eindeutig, sodass sich diesbezüglich eine Diskussion erübrigt. In seiner aktuellen Entscheidung vom 04. Mai 2020 - 2 BvL 4/18 -, Rn. 182 f. führt der Zweite Senat abschließend aus (ich hebe die hier grundlegenden Aussagen gesperrt hervor):
"Stellt das Bundesverfassungsgericht die Unvereinbarkeit einer Norm oder mehrerer Normen mit dem Grundgesetz fest, folgt daraus grundsätzlich die Verpflichtung des Gesetzgebers, die Rechtslage rückwirkend verfassungsgemäß umzugestalten. Ausnahmen von dieser Regelfolge der Unvereinbarkeit hat das Bundesverfassungsgericht wiederholt bei haushaltswirtschaftlich bedeutsamen Normen bejaht. Speziell bei besoldungsrechtlichen Normen gilt es zu beachten, dass die Alimentation der Richter und Beamten der Sache nach die Befriedigung eines gegenwärtigen Bedarfs aus gegenwärtig zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln darstellt. Eine allgemeine rückwirkende Behebung des Verfassungsverstoßes ist daher mit Blick auf die Besonderheiten des Richter- und Beamtenverhältnisses nicht geboten (vgl. BVerfGE 139, 64 <148 Rn. 195>; 140, 240 <316 Rn. 170>; 150, 169 <193 Rn. 64> m.w.N.). [Absatz] Eine rückwirkende Behebung ist jedoch sowohl hinsichtlich der Kläger der Ausgangsverfahren als auch hinsichtlich etwaiger weiterer Richter und Staatsanwälte erforderlich, über deren Anspruch noch nicht abschließend entschieden worden ist (vgl. BVerfGE 139, 64 <148 Rn. 195>; 140, 240 <316 Rn. 170>; 150, 169 <193 Rn. 64>). Dabei kommt es nicht darauf an, ob insoweit ein Widerspruchs- oder ein Klageverfahren schwebt. Entscheidend ist, dass sie sich gegen die Höhe ihrer Besoldung zeitnah mit den statthaften Rechtsbehelfen gewehrt haben, so dass der Haushaltsgesetzgeber nicht im Unklaren geblieben ist, in wie vielen Fällen es möglicherweise zu Nachzahlungen kommen wird."
Die zitierten Direktiven sind mit vier unmittelbar wirkenden Folgen verbunden:
1. Hinsichtlich der Besoldung ist letztlich als besondere Folge des Sonderrechtsverhältnisses, dem der Beamte unterworfen ist, und der mit ihm verbundenen haushaltsrechtlichen Besonderheit, die bei ihrer Betrachtung zu beachten ist, eine Bewiderspruchung notwendig, um besoldungsrechtliche Maßnahmen im Verlauf des Kalenderjahrs hinreichend zu hemmen.
2. Denn nur, wer der Höhe der Besoldung im Kalenderjahr mit einem statthaften Rechtsbehelf widerspricht oder wer darüber hinaus ein nicht rechtskräftig entschiedenes Klageverfahren führt, hemmt die mit Gesetzeskraft erfolgten Regelungen hinlänglich.
3. Wer keinen Widerspruch mittels eines statthaften Rechtsbehelfs führt, unterwirft sich ungehemmt der gesetzlichen Norm, die bis zum Ende eines Kalenderjahrs Geltung beansprucht hat, und zwar auch dann, wenn sie im Nachhinein vom Bundesverfassungsgericht rechtskräftig als verfassungswidrig betrachtet wird.
4. Als Folge ist dann eine allgemeine rückwirkende Behebung des Verfassungsverstoßes für diese Beamten nicht geboten.
Als Ergebnis sichert also nur der Beamte oder die Beamtin ggf. vorhandene Ansprüche für das laufende Kalenderjahr, der oder die diese mittels eines statthaften Rechtsbehelfs erhebt. Wer sich nicht mit einem statthaften Rechtsbehelf zur Wehr setzt oder kein schwebendes Klageverfahren führt, unterwirft sich der im Kalenderjahr geltenden Norm, indem er sich nicht aktiv und hinreichend gegen sie wendet.
Auf dieser Basis fordern verantwortungsbewusste Gewerkschaften und Verbände ihre Mitglieder regelmäßig gen Ende eines Kalenderjahrs auf, sich mittels von ihnen zur Verfügung gestellten Musterwidersprüchen gegen die Gesamthöhe der in jenem Kalenderjahr gewährten Alimentation zur Wehr zu setzen, sofern sie also nicht ausschließen mögen, dass die geltende Norm nicht rückwirkend rechtskräftig umzugestalten sein könnte.