Autor Thema: Bin befristet und gleiche Stelle wird unbefristet ausgeschrieben  (Read 5643 times)

Benny86

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Hallo zusammen,

ich arbeite seit 3 Jahren befristet als Elternzeitvertretung als Sachbearbeiter in einer Behörde. Auf Grund von Altersrente scheidet nun mein Kollege aus. Die Stelle wurde unbefristet ausgeschrieben mit der gleichen Aufgaben- und Tätigkeitsbeschreibung wie ich sie habe.
Müsste ich mich jetzt erneut bewerben, um ggf. entfristet zu werden? Die von mir ausgeübte Leistung wird ja jetzt anscheinend nicht mehr nur temporär benötigt, wie es in der Befristung angeführt wird. Könnte ich ansonsten auch einfach argumentieren, dass die gleiche TD unbefristet ausgeschrieben meine Entfristung rechtfertigen würde ?
Beide Stellen sind übrigens exakt gleich, was Aufgaben und Eingruppierung usw angeht.
Danke und viele Grüße
Benjamin

cyrix42

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Moin,

§30 Absatz (2) Satz 2 TV-L sagt:

Zitat
Beschäftigte mit einem Arbeitsvertrag nach Satz 1 [kalendermäßig befristet mit Sachgrund; Anmerkung durch mich] sind bei der Besetzung von Dauerarbeitsplätzen bevorzugt zu berücksichtigen, wenn die sachlichen und persönlichen Voraussetzungen erfüllt sind.

Und §18 Teilzeit- und Befristungsgesetz lautet:

Zitat
(1) Der Arbeitgeber hat die befristet beschäftigten Arbeitnehmer über entsprechende unbefristete Arbeitsplätze zu informieren, die besetzt werden sollen. Die Information kann durch allgemeine Bekanntgabe an geeigneter, den Arbeitnehmern zugänglicher Stelle im Betrieb und Unternehmen erfolgen.

(2) Der Arbeitgeber hat einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate bestanden und der ihm in Textform den Wunsch nach einem auf unbestimmte Zeit geschlossenen Arbeitsvertrag angezeigt hat, innerhalb eines Monats nach Zugang der Anzeige eine begründete Antwort in Textform mitzuteilen. Satz 1 gilt nicht, sofern der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber diesen Wunsch in den letzten 12 Monaten vor Zugang der Anzeige bereits einmal angezeigt hat.

Heißt: Wenn du deinem AG sagst, dass du die unbefristete Stelle haben willst, muss er schon gute Gründe finden, die vor einem Arbeitsgericht auch Bestand hätten, um sie dir nicht zu geben…

Benny86

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Vielen Dank, das ist ja interessant!
Wie gehe ich denn da jetzt am besten vor? Bewerbung einreichen und so meinen Willen nach Entfristung kundtun? Wenn das dann nicht klappt, kann ich ja immer noch Einspruch erheben?
Oder informelle Mail an Personalabteilung?

Hast du da Tipps wie ich am besten reagiere?

LG Benjamin

Benny86

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Noch ein kurzer Nachtrag. Mein direkter Fachvorgesetzte/Abteilungsleiter hat mir geraten einfach eine Bewerbung einzureichen und dass das dann schon klappt. Wenn das klappt wäre es ja gut. Wenn es nicht klappt, weil die Personalabteilung Einwände hat und jemand anderes die Stelle gibt, könnte ich dann auf Grund von §30 Absatz (2) Satz 2 TV-L einfach Einspruch erheben oder entstehen mir Nachteile, wenn ich die Bewerbung einreiche und nicht jetzt im Bewerbungsverfahren direkt konkret meinen Willen für die Stelle zum Ausdruck bringe?

FearOfTheDuck

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Ich würde dem AG meinen Wunsch auf Entfristung bekannt geben und dabei auf genannten Satz im § verweisen. Dann braucht er das ganze Bewerbungsprozedere erst gar nicht anleiern.

Benny86

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Das Problem ist leider, dass der Bewerbungsprozess bereits läuft…

Tiffy

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Also "erst schießen, dann fragen"?

Benny86

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Also "erst schießen, dann fragen"?
Der Bewerbungsprozess läuft. Ich habe bisher noch nichts unternommen und frage daher hier um Rat.

cyrix42

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Ich würde mit Verweis auf die Paragraphen der Personalabteilung freundlich mitteilen, dass du Interesse an der Stelle hast. Wenn sie dich mit Verweis auf das laufende Bewerbungsverfahren vertrösten wollen, dann sagst du, dass sie das abbrechen können, da du ja Vorrang hast. Sollte man sich weiterhin weigern, fragst du nach der Begründung, die dir entsprechend zusteht und deutest an, dass du diesen dann gerichtlich überprüfen lassen wirst.

Benny86

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Vielen Dank, das werde ich morgen so machen!
Was wären denn zum Beispiel für Gründe, weshalb sie einen nicht berücksichtigen wollen sondern das Bewerbungsverfahren durchziehen wollen?
Wäre eine interne Dienstvereinbarung bzw. die Vorgaben des Personalrats, dass jede Stelle ausgeschrieben werden muss, solch ein Grund? Oder wird bei sowas der Personalrat gar nicht angefragt?

Muschebubu

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Über deinen Vorgesetzten muss man aber den Kopf schütteln oder über dessen Vorgesetzten. Ich unterstelle mal, dass der oder die nicht will und frage mich dann, ob man wohl zu viel Zeit hat. Ich hätte dich gefragt, ob Interesse besteht und wenn du das bejaht hättest, hätte ich dich um was schriftliches gebeten und dann die Entfristung bei Personal beantragt. Aber man kann es natürlich schön kompliziert machen und wieder Herrscharen beschäftigen.

cyrix42

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Ich würde keine Böswilligkeit unterstellen, eher Faulheit: Die eine Stelle ist ja besetzt -- derzeit durch die Vertretung; und dann wieder durch die zurückkomende Person -- , und die andere muss neu besetzt werden. Also wird diese ausgeschrieben. Wenn man jetzt die unbefristete Stelle mit dem Threadersteller besetzt, wird ja dessen Position frei und muss nachbesetzt werden. Aber wer bewirbt sich auf eine befristete Stelle mit ggf. mehr oder minder kurzer Restbefristungsdauer?

FearOfTheDuck

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Vielleicht fällt in dem Zusammenhang auch auf, dass die Aufgaben doch besser unbefristet besetzt wären. Wer weiß das schon, wenn mal sowas auf den Prüfstand gestellt wird. Der Vorgesetzte kann auch schlicht aus Unwissenheit die Bewerbung empfohlen haben. Die Beschäftigung mit dem Tarifrecht ist sinnvoll, aber nicht obligatorisch. ;)

clarion

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Ich würde dem Vorgesetzten keinen bösen Willen unterstellen.  Man muss sich als Führungskraft schon eigeniniativ in Tarifrecht einarbeiten und wird es trotzdem nicht aus dem Effeff beherrschen.  Aber eigentlich kümmert sich das Personalreferat oder -Dezernat um das Tarifrecht.

MoinMoin

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Ich würde mit Verweis auf die Paragraphen der Personalabteilung freundlich mitteilen, dass du Interesse an der Stelle hast. Wenn sie dich mit Verweis auf das laufende Bewerbungsverfahren vertrösten wollen, dann sagst du, dass sie das abbrechen können, da du ja Vorrang hast.
Schon mal darüber nachgedacht, dass es noch andere Angestellte in der gleichen Situation bei dem AG geben könnte und er mit der Ausschreibung allen die Möglichkeit geben möchte ihren Vorrang darzustellen?