Autor Thema: [Allg] Freizeitausgleichsabzug trotz Krankheit rechtens?  (Read 2558 times)

Powernapster

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Ist es rechtens, dass ein im Voraus beantragter und genehmigter "Freizeitausgleich", den man dann aber aufgrund einer Erkrankung (Krankmeldung / AU) nicht wahrnehmen kann, trotzdem abgezogen wird?
In der Dienstvereinbarung zur Arbeitszeit steht davon nichts.
Ich hatte für einen wichtigen Termin, den ich dann aufgrund einer Erkrankung eben leider nicht wahrnehmen konnte und demzufolge verschieben musste und nun natürlich erneut frei nehmen muss, einen Tag Freizeitausgleich genommen. Die AU galt für die gesamte Woche. Der Tag Zeitausgleich (8 Stunden) wurde dennoch abgezogen, denn "das ist bei uns so". Kann das wirklich rechtens sein?
Wäre über Meinungen dazu dankbar.
« Last Edit: 06.12.2023 00:36 von Admin2 »

MoinMoin

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Antw:Freizeitausgleichsabzug trotz Krankheit rechtens?
« Antwort #1 am: 05.12.2023 09:23 »
Ist es rechtens, dass ein im Voraus beantragter und genehmigter "Freizeitausgleich", den man dann aber aufgrund einer Erkrankung (Krankmeldung / AU) nicht wahrnehmen kann, trotzdem abgezogen wird?
Ja, so ist es gerichtlich geklärt.
Urteil habe ich gerade nicht zur Hand.
Ärgerlich, aber saloppe Begründung: Denn kranken Sonntag bekommt man ja auch nicht zurück.

Gewerbler

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Antw:Freizeitausgleichsabzug trotz Krankheit rechtens?
« Antwort #2 am: 05.12.2023 09:25 »
Also meiner Meinung nach ist das nicht in Ordnung. Wenn du krank bist, insbesondere krankgeschrieben mit AU von einem Arzt bist du ja nicht zur Ableistung von Arbeit(szeit) verpflichtet, insofern dürfte dann auch keine Zeit abgezogen werden, sondern es müsste einfach die Sollarbeitszeit für alle betreffenden Tage gutgeschrieben werden. Idealerweise automatisch vom Zeiterfassungssystem.

Komplizierter wird es evtl., wenn man sich ohne ärztliche AU krankmeldet. Da ist es vielleicht eher so, dass das "verdächtig" wird. Bzw. krank im Urlaub muss man sich meines Wissens nach ja auch ärztlich bestätigen lassen, um die Urlaubstage zurück zu bekommen (was im Übrigen ja auch ein Indiz ist, dass das bei AZA auch so funktionieren müsste...).

Leider hab ich jetzt keine Rechtsgrundlage, sondern nur eine Meinung...

Edit:
MoinMoin war wohl schneller. Wenn es gerichtlich geklärt ist, ist es natürlich doof.

MoinMoin

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Antw:Freizeitausgleichsabzug trotz Krankheit rechtens?
« Antwort #3 am: 05.12.2023 09:27 »
Man muss aber mWn unterscheiden, ob es Gleitzeitstunden sind  (sind dann futsch) oder tarifliche Freistellungstage (stehen einem trotzdem zu)

MoinMoin

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Antw:Freizeitausgleichsabzug trotz Krankheit rechtens?
« Antwort #4 am: 05.12.2023 09:33 »
BAG 11.9.2003, Az.: 6 AZR 374/02
Es ist grundsätzlich der Arbeitnehmer, der das Risiko trägt, die durch eine wirksame Arbeitsbefreiung als Arbeitszeitausgleich gewonnene Freizeit auch tatsächlich nach seinen Vorstellungen nutzen zu können.

Anders bei tariflichen Freistellungen:
In vielen Tarifverträgen ist ein Anspruch der Beschäftigten auf bezahlte Freistellungstage verankert. Dieser Anspruch wird nicht erfüllt, wenn der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin am Freistellungstag krank wird, entschied nun das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 23.02.2022, Aktenzeichen 10 AZR 99/21). Die Folge: Der Freistellungsanspruch hat in einem solchen Fall weiter Bestand und die Freistellungstage, an denen der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin krank war, dürfen nachgeholt werden.

Bei uns gibt es die Diskussion bei mehrtägiger Krankheit/Abfeiern, ob nur der ersten Tag verlustig ist,  die restlichen aber storniert werden können und somit erhalten bleiben.

Powernapster

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Antw:Freizeitausgleichsabzug trotz Krankheit rechtens?
« Antwort #5 am: 05.12.2023 15:32 »
Unglaublich. Danke für die Antworten.

foo

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Antw:Freizeitausgleichsabzug trotz Krankheit rechtens?
« Antwort #6 am: 05.12.2023 20:02 »
Der Thread ist im Forum für die Beamten, daher unterstelle ich, dass der Themenersteller auch Beamter ist.

Ist dann vorliegend zwingend ein Urteil eines Bundesarbeitsgerichtes relevant? Das Urteil dürfte sich doch auf das Tarifrecht stützen..

Organisator

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Antw:Freizeitausgleichsabzug trotz Krankheit rechtens?
« Antwort #7 am: 06.12.2023 09:57 »
Der Thread ist im Forum für die Beamten, daher unterstelle ich, dass der Themenersteller auch Beamter ist.

Ist dann vorliegend zwingend ein Urteil eines Bundesarbeitsgerichtes relevant? Das Urteil dürfte sich doch auf das Tarifrecht stützen..

Inwieweit wären denn bei dem Nehmen von Ausgleichstagen aufgrund von freiwillig geleisteten Mehrstunden ein Tarifvertrag anwendbar bzw. bestünde ein Unterschied zwischen Beamten und Tarifbeschäftigten?

foo

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Ich wollte damit sagen, dass es durchaus relevant sein könnte, in welchem Rechtsverhältnis der Themeneröffner steht.

Beschäftigter = privatrechtliches Arbeitnehmerverhältnis = BGB, Tarifvertrag..
Beamter = öffentlich-rechtliches Arbeitnehmerverhältnis = Arbeitszeitverordnung..

Ob es einen Unterschied gibt, weiß ich nicht.

Aber ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts kann doch für einen Beamten höchstens analog gelten, oder?

Was wäre im vorliegenden Fall die einschlägige Vorschrift (§/Art.) für Beamte?

Saxum

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Dann ist hier eben das Bundesverwaltungsgericht zuständig, einschlägiges Urteil ist etwa BVerwG vom 23. Januar 1991 - 2 B 120/90(PDF Datei des BVerwG). Eine detaillierte Darlegung findet man etwa im Rundschreiben des BMI von 2018 zu "Wiedergutschrift des Arbeitszeitausgleichs bei krankheitsbedingter Dienst-/Arbeitsunfähigkeit" (PDF Datei des BMI).

Denn die Freistellung ist hier auch "unabhängig" von der Krankheit erfolgt. Da nach der Rechtsprechung der Erholungsurlaub nicht analog zu Freizeitausgleich aus Überstunden zu sehen ist wird der tätige hier so gestellt als hätte er regulär Dienst geleistet und im Buchssystem ist der Tag (auch bei vorliegendem Attest für diesen Tag) als normaler Arbeitstag und nicht etwa Krankheitstag hinterlegt. Bei dem einen Sachverhalt werden Überstunden ausgeglichen unter fortlaufenden Bezügen/Gehalts dass man so auf die "durchschnittliche Wochenarbeitszeit" kommt und beim anderen Fall um "bezahlte Tage zur Erholung" (Erholungsurlaub).
« Last Edit: 08.12.2023 15:07 von Saxum »

Umlauf

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Antw:[Allg] Freizeitausgleichsabzug trotz Krankheit rechtens?
« Antwort #10 am: 11.12.2023 01:24 »
Ja, das ist wie geschrieben rechtlich so.
Bei uns kann man sich einen eventuellen 2. genommenen Gleitzeittag zurückholen, wenn man noch am Vortag eine Mail schreibt. Good Will Regelung

Saxum

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Antw:[Allg] Freizeitausgleichsabzug trotz Krankheit rechtens?
« Antwort #11 am: 11.12.2023 10:17 »
Das ist selbstverständlich möglich, wenn der Arbeitgeber/Dienstherr es so anbietet. Alles was den Beschäftigten "zugute kommt" ist grundsätzlich nicht verboten. Solche Good Will Regelungen sind natürlich super.

Johann

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Antw:[Allg] Freizeitausgleichsabzug trotz Krankheit rechtens?
« Antwort #12 am: 11.12.2023 11:59 »
Das ist selbstverständlich möglich, wenn der Arbeitgeber/Dienstherr es so anbietet. Alles was den Beschäftigten "zugute kommt" ist grundsätzlich nicht verboten. Solche Good Will Regelungen sind natürlich super.

Bei uns wurde ein Freizeitausgleichstag mit allem Drumherum bis vor wenigen Jahren noch genauso wie ein Urlaubstag behandelt. Dann kam ein Schreiben vom Finanzministerium und seitdem ist ein Freizeitausgleichstag mit Erkrankung ein verlorener Tag. Freizeitausgleich diene ja nicht der Erholung und müsse daher auch nicht nachgeholt werden.

Umlauf

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Antw:[Allg] Freizeitausgleichsabzug trotz Krankheit rechtens?
« Antwort #13 am: 11.12.2023 13:46 »
Das ist selbstverständlich möglich, wenn der Arbeitgeber/Dienstherr es so anbietet. Alles was den Beschäftigten "zugute kommt" ist grundsätzlich nicht verboten. Solche Good Will Regelungen sind natürlich super.

Bei uns wurde ein Freizeitausgleichstag mit allem Drumherum bis vor wenigen Jahren noch genauso wie ein Urlaubstag behandelt. Dann kam ein Schreiben vom Finanzministerium und seitdem ist ein Freizeitausgleichstag mit Erkrankung ein verlorener Tag. Freizeitausgleich diene ja nicht der Erholung und müsse daher auch nicht nachgeholt werden.

So war es bei uns (Bundesbehörde) ebenso.
Die Personalverwaltung findet das Vorgehen auch nicht toll, aber wenn es aus dem Ministerium unmissverständlich so kommt, ist es so.