Ich habe eure Diskussion von hieraus ebenfalls gelesen, Schorsch. Hier handelt es sich allerdings weitgehend um formelles Recht, also um die Rechtsnormen, die zur Durchsetzung von materiellen Recht gelten, worin ich mich nur eher oberflächlich auskenne. Denn formelles Recht bzw. deren Anwendung sind nicht selten mit noch mehr Winkelzügen verbunden als materielles Recht, weshalb im Forum bspw. regelmäßig eine Diskussion darüber entbrennt, ob und ggf. wie tiefgehend ein Widerspruch begründet sein muss, um als statthafter Rechtsbehelf betrachtet werden zu können.
Insofern traue ich mir keine hinreichende Einschätzung zu, ob nun in Bayern nachträglich für vergangene Jahre noch ein Widerspruch rechtswirksam eingelegt werden kann oder nicht und insbesondere ob ein solcher Widerspruch ggf. noch eine Begründung enthalten sollte, um den nachträglichen Zeitpunkt zu begründen. Ich denke, hier kann tatsächlich nur ein (Fach-)Anwalt weiterhelfen, um eine wirklich gesicherte Beratung zu erhalten. Zu beachten wäre dabei offensichtlich u.a. das, was in § 1 Art. 109 des Gesetzes zur Neuausrichtung orts- und familienbezogener Besoldungsbestandteile vom 10. März 2023 vom Landtag beschlossen worden ist (
https://www.bayern.landtag.de/www/ElanTextAblage_WP18/GVBl/2023/GVBl-2023-Nr-05.pdf). Hier heißt es (vgl. meine Hervorhebung des Absatzes 2, Satz 1):
„Art. 109
Übergangsvorschriften zu
orts- und familienbezogenen
Besoldungsbestandteilen
(1) 1Berechtigte erhalten für den Zeitraum vom
1. Januar 2020 bis 31. März 2023 einen orts- und
familienbezogenen Besoldungsbestandteil in Höhe
des Betrags, um den der Orts- und Familienzuschlag
bei Anwendung der Art. 35 bis 37 in der am 1. April
2023 geltenden Fassung auf diesen Zeitraum den
aufgrund der Art. 35 bis 37 in der jeweils geltenden
Fassung tatsächlich gewährten Familienzuschlag
übersteigt. 2Für die Jahre 2020 bis 2022 ist bei der
Berechnung des Orts- und Familienzuschlags nach
den Art. 35 bis 37 in der am 1. April 2023 geltenden
Fassung anstelle der Anlage 5 auf die Anlage 11 ab-
zustellen. 3Art. 36 Abs. 6 ist bei der Berechnung des
Orts- und Familienzuschlags nach den Art. 35 bis 37
in der am 1. April 2023 geltenden Fassung nicht an-
zuwenden. 4Eine im Zeitraum des Satzes 1 gewährte
Ballungsraumzulage nach Art. 94 in der jeweils gel-
tenden Fassung ist auf die nach den Sätzen 1 und 2
zu gewährenden Beträge anzurechnen.
(2) 1
Ein Anspruch nach Abs. 1 besteht für Be-
rechtigte, die nicht ein Fehlen der Amtsangemes-
senheit der Alimentation durch Widerspruch oder
Klage geltend gemacht haben oder über deren
Widerspruch oder Klage bereits abschließend ent-
schieden worden ist, nur für die Jahre, in denen der
Dienstherr allgemein auf das Erfordernis einer Gel-
tendmachung im jeweiligen Haushaltsjahr verzichtet
hat. 2Im Falle eines Dienstherrenwechsels bestehen
gesonderte Ansprüche nach Abs. 1 gegen die je-
weiligen Dienstherren für die Zeiten, in denen dort
ein entsprechendes Dienstverhältnis begründet war,
wenn die jeweiligen Voraussetzungen nach Satz 1
und Abs. 1 vorliegen.
(3) 1Berechtigten, die am 31. März 2023 An-
spruch auf Gewährung eines Familienzuschlags
nach den Art. 35 bis 37 oder einer Ballungsraumzu-
lage nach Art. 94 oder auf beide Leistungen haben,
werden diese Leistungen weiter gewährt, solange die
jeweiligen Voraussetzungen in der am 31. März 2023
geltenden Fassung vorliegen und solange und soweit
die betragsmäßige Summe der Leistungen den nach
den Art. 35 bis 37 in der jeweils geltenden Fassung
zu gewährenden Orts- und Familienzuschlag über-
steigt. 2Im Fall einer Beurlaubung ohne Anspruch auf
Bezüge sind die Leistungen im Sinn des Satzes 1
maßgeblich, die bei einer Beendigung der Beurlau-
bung am 31. März 2023 maßgebend wären.
(4) 1Berechtigten, die, ohne dass darüber be-
reits abschließend entschieden worden ist, ein
Fehlen der Amtsangemessenheit der Alimentati-
on für ein drittes oder weiteres Kind durch Wider-
spruch oder Klage geltend gemacht haben, wird
für bezugsberechtigte Zeiträume bis einschließlich
31. Dezember 2019 ein erhöhter Familienzuschlag
nach Maßgabe der folgenden Sätze gewährt. 2Eine
Nachzahlung erfolgt frühestens mit Wirkung ab dem
1. Januar des Haushaltsjahres, in welchem Wider-
spruch eingelegt oder Klage erhoben wurde. 3Ein
Anspruch besteht nur, soweit im entsprechenden
Zeitraum für das jeweilige Kind ein Anspruch auf Fa-
milienzuschlag der Stufe 4 oder höher in der jeweils
geltenden Fassung bestand. 4Die zu gewährenden
Erhöhungsbeträge betragen monatlich 313,97 € je
drittem oder weiterem Kind. 5Teil 3 Abschnitt 6 findet
keine Anwendung.“
Im von mir hervorgehobenen Abschnitt hat der Landtag eine eindeutige Regelung beschlossen. Ob diese Regelung erfolgreich angefochten werden kann, kann ich aber wie gesagt nicht überblicken, da es nun um die formellem Tiefen des Verwaltungsverfahrensrechts ginge. Ohne Anwalt - also weitgehend pragmatisch, wenn ich mich also nicht entschließen würde, mir einen professionellen Rechtsbeistand zu suchen - würde ich nun für mich selbst auf jeden Fall noch versuchen, nachträglich Widerspruch einzulegen, da das Ergebnis höchstwahrscheinlich im schlechtesten Fall nur dasselbe sein könnte, als wenn man keinen Widerspruch einlegte. Wenn ich so vorgehen würde, würde ich zugleich gesondert für jedes Jahr einen Widerspruch formulieren, um auch hier keinen Formfehler zu begehen. Aber wie gesagt, das ist nur eine Einschätzung, die auf Rückschlüssen basiert, nicht aber auf einem gesicherten Wissen über die tatsächlichen Möglichkeiten, die in Bayern das geltende formelle Recht lässt. Denn hierfür bedürfte es ggf. auch eines gesicherten Wissens über das Bayerische Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) vom 23. Dezember 1976, über das ich nicht ansatzweise verfüge
https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/BayVwVfG