Autor Thema: Mindestlohn ab 2024 in EG1 Stufe 1  (Read 4179 times)

AVP

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Mindestlohn ab 2024 in EG1 Stufe 1
« am: 10.12.2023 10:21 »
Das aktuelle Tabellenentgelt in EG1S1 beträgt 2095€.
 

Nach meinem Verständnis darf die Jahressonderzahlung für die Berechnung des Mindestlohnes nicht berücksichtigt werden, da zB von Januar - Oktober befristet Beschäftigte diese gar nicht bekommen.

In den Ländern mit 40 Std/Woche (173 Std/Monat) kommt man somit auf einen Stundenlohn von 12,10€.

Eine Tariferhöhung erfolgt erst Ende nächsten Jahres.

Es ist fraglich ob eine gestückelte Inflationsausgleichsprämie zum Stundenlohn/Mindestlohn gerechnet werden kann?

Sofern man dies verneint würde der TV-L ab 2024 den neuen gesetzlichen Mindestlohn unterschreiten.

cyrix42

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Antw:Mindestlohn ab 2024 in EG1 Stufe 1
« Antwort #1 am: 10.12.2023 10:24 »
Es ist fraglich ob eine gestückelte Inflationsausgleichsprämie zum Stundenlohn/Mindestlohn gerechnet werden kann?

Natürlich sind die gezahlten 120€/Monat von Januar bis Oktober zu berücksichtigen, da sie ja genau für den Monat gezahlt werden, in dem man arbeitstätig ist. Das mit der Jahressonderzahlung wird ja nur deshalb schwierig, weil man ggf. nur anteilig (oder gar nicht) auf sie Anspruch hat, je nach Beschäftigungsbeginn.

MarieH

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Antw:Mindestlohn ab 2024 in EG1 Stufe 1
« Antwort #2 am: 10.12.2023 11:13 »
Es ist fraglich ob eine gestückelte Inflationsausgleichsprämie zum Stundenlohn/Mindestlohn gerechnet werden kann?

Natürlich sind die gezahlten 120€/Monat von Januar bis Oktober zu berücksichtigen, da sie ja genau für den Monat gezahlt werden, in dem man arbeitstätig ist. Das mit der Jahressonderzahlung wird ja nur deshalb schwierig, weil man ggf. nur anteilig (oder gar nicht) auf sie Anspruch hat, je nach Beschäftigungsbeginn.

Das stimmt so nicht und ist grober Unfug. Bei Inflationsausgleich handelt es sich nicht um Lohn, somit sehe ich im geschilderten Falle ebenfalls eine Unterschreitung des gesetzlichen Mindestlohns.  Wäre es so wie von dir beschrieben, könnte ein Arbeitgeber ja ordentlich Sozialversicherungsbeiträge sparen, indem er 8 Euro brutto zzgl. Inflationsausgleichsprämie zahlt.
« Last Edit: 10.12.2023 11:21 von MarieH »

RsQ

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Antw:Mindestlohn ab 2024 in EG1 Stufe 1
« Antwort #3 am: 10.12.2023 13:17 »
Gibt es denn faktisch überhaupt noch EG1-Arbeitnehmer/-innen? Was genau macht man da?

cyrix42

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Antw:Mindestlohn ab 2024 in EG1 Stufe 1
« Antwort #4 am: 10.12.2023 15:39 »
Also der Zoll schreibt folgendes dazu:

Zitat
Alle im Austauschverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer stehenden Geldleistungen des Arbeitgebers sind geeignet, den Mindestlohnanspruch der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers zu erfüllen. Von den im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis erbrachten Entgeltzahlungen des Arbeitgebers fehlt nur solchen die Erfüllungswirkung, die der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf eine tatsächliche Arbeitsleistung erbringt oder die auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung beruhen.

Ob jetzt die IAP einer "besondere gesetzliche Zweckbestimmung" besitzt, wäre zu klären. Ansonsten wäre sie anzurechnen.

@RsQ: Im Jahr 2021 gab es jedenfalls bundesweit insgesamt 725 VZÄ in der EG 1 im öffentlichen Dienst der Länder (also wohl TV-L + TV-H); bei insgesamt knapp 1 Mio. VZÄ.

McOldie

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Antw:Mindestlohn ab 2024 in EG1 Stufe 1
« Antwort #5 am: 10.12.2023 16:53 »
In der Anlage B zum TV-L ist für die Entgeltgruppe 1 keine stufe 1 vorgesehen

cyrix42

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Antw:Mindestlohn ab 2024 in EG1 Stufe 1
« Antwort #6 am: 10.12.2023 18:04 »
Gemeint sein dürfte Stufe 2 der EG 1, was dort die Eingangsstufe ist.

MarieH

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Antw:Mindestlohn ab 2024 in EG1 Stufe 1
« Antwort #7 am: 10.12.2023 18:22 »
Also der Zoll schreibt folgendes dazu:

Zitat
Alle im Austauschverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer stehenden Geldleistungen des Arbeitgebers sind geeignet, den Mindestlohnanspruch der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers zu erfüllen. Von den im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis erbrachten Entgeltzahlungen des Arbeitgebers fehlt nur solchen die Erfüllungswirkung, die der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf eine tatsächliche Arbeitsleistung erbringt oder die auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung beruhen.

Ob jetzt die IAP einer "besondere gesetzliche Zweckbestimmung" besitzt, wäre zu klären. Ansonsten wäre sie anzurechnen.

@RsQ: Im Jahr 2021 gab es jedenfalls bundesweit insgesamt 725 VZÄ in der EG 1 im öffentlichen Dienst der Länder (also wohl TV-L + TV-H); bei insgesamt knapp 1 Mio. VZÄ.

Ohje, da gehe ich nun nicht drauf ein! Du vergleichst Äpfel und Birnen.

cyrix42

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Antw:Mindestlohn ab 2024 in EG1 Stufe 1
« Antwort #8 am: 10.12.2023 18:23 »
Das war dann ja mal ein schlagendes Argument, liebste Obstbauerin...

MarieH

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Antw:Mindestlohn ab 2024 in EG1 Stufe 1
« Antwort #9 am: 10.12.2023 18:30 »
 :-X  :D

MarieH

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Antw:Mindestlohn ab 2024 in EG1 Stufe 1
« Antwort #10 am: 10.12.2023 18:36 »
Einfach beim BMF nachlesen:

Wie bereits geschrieben, müssen Beträge, die als Inflationsausgleichsprämie gelten sollen, zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gezahlt werden. Das heißt, die Steuerbefreiung gilt nur für "neue" Leistungen des Arbeitgebers. Eine Entgeltumwandlung ist nicht zulässig.

"Zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn" bedeutet:

Die Beträge dürfen nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet werden.
Der Anspruch auf Arbeitslohn darf nicht zugunsten der Leistung(en) herabgesetzt werden.
Die Leistungen dürfen nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt werden.
Bei Wegfall der Leistungen wird der Arbeitslohn nicht erhöht.

cyrix42

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Antw:Mindestlohn ab 2024 in EG1 Stufe 1
« Antwort #11 am: 10.12.2023 18:41 »
Natürlich. Zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn wäre auch z.B. ein Jobticket, was entsprechend steuerlich gefördert werden kann. Dennoch wäre ein solches für die Frage, ob der Mindestlohn erreicht wird, zu berücksichtigen...

cyrix42

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Antw:Mindestlohn ab 2024 in EG1 Stufe 1
« Antwort #12 am: 10.12.2023 19:16 »
btw, hier der Link zum Zoll:

https://www.zoll.de/DE/Fachthemen/Arbeit/Mindestarbeitsbedingungen/Mindestlohn-Mindestlohngesetz/Berechnung-Zahlung-Mindestlohns/Sonstige-Lohnbestandteile-Zulagen-Zuschlaege/sonstige-lohnbestandteile-zulagen-zuschlaege_node.html

Darin:

Zitat
Beispiele für berücksichtigungsfähige Zulagen und Zuschläge:
[...]
Einmalzahlungen (z.B. Weihnachts-/Urlaubsgeld): Sie sind anrechnungsfähig nur für den Fälligkeitszeitraum (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MiLoG), in dem diese (ggf. auch anteilig) gezahlt werden und auch nur unter der weiteren Voraussetzung, dass die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sie tatsächlich und unwiderruflich ausbezahlt erhält. Eine einmalige jährliche Zahlung von Weihnachtsgeld im Dezember eines Jahres kann also nur auf den Mindestlohn im November angerechnet werden, da die Fälligkeiten der Mindestlohnzahlungen von Januar bis Oktober bereits abgelaufen sind. Ein etwaiger Überschuss, d.h. ein Betrag der nicht benötigt wird, um den Mindestlohnanspruch zu erfüllen, kann jedoch in nachfolgenden Zeiträumen angerechnet werden,

Die Frage wäre eben immer noch, ob hier eine "besondere gesetzliche Zweckbestimmung" vorliegt, oder eben nicht. Wenn ja, wäre die Ausgleichszahlung nicht anrechenbar -- und der Mindestlohn wäre in der EG 1/2 in den Monaten Januar bis Oktober 2024 unterschritten. Wenn doch, müssten im entsprechenden Zeitraum auch die 120€ IAP zum gezahlten Lohn hinzugezählt werden, da ein Anspruch auf diese ja nur besteht, wenn im jeweiligen Monat für mindestens einen Tag Anspruch auf Entgelt, Entgeltfortzahlung oder Krankengeldzuschuss besteht... Dann würde damit der gesetzliche Mindestlohn erreicht werden.

AVP

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Antw:Mindestlohn ab 2024 in EG1 Stufe 1
« Antwort #13 am: 10.12.2023 19:53 »
Einfach beim BMF nachlesen:

Wie bereits geschrieben, müssen Beträge, die als Inflationsausgleichsprämie gelten sollen, zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gezahlt werden. Das heißt, die Steuerbefreiung gilt nur für "neue" Leistungen des Arbeitgebers. Eine Entgeltumwandlung ist nicht zulässig.

"Zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn" bedeutet:

Die Beträge dürfen nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet werden.
Der Anspruch auf Arbeitslohn darf nicht zugunsten der Leistung(en) herabgesetzt werden.
Die Leistungen dürfen nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt werden.
Bei Wegfall der Leistungen wird der Arbeitslohn nicht erhöht.

Das würde mMn eher gegen eine Anrechnung sprechen. Die Tabellenwirksame Erhöhung (zur Einhaltung des Mindestlohnes) tritt ja unmittelbar nach Auslaufen der IAP (also anstelle dieser) in Kraft.

Im Zweifel entscheiden sowas allerdings letztendlich weder der Zoll, noch das BMF, sondern Gerichte.

cyrix42

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Antw:Mindestlohn ab 2024 in EG1 Stufe 1
« Antwort #14 am: 10.12.2023 20:21 »
Die Bruttolohn-Erhöhung um 200€ im Novmeber 2024 ersetzt aber nicht die IAP. Das sieht man schon daran, dass die zwei Dinge in zwei unterschiedlichen Tarifverträgen geregelt werden.

Und der Zoll ist erst einmal die Behörde, die die Einhaltung des Mindestlohngesetzes überwacht. Aber klar, juristische Prüfung nimmt er natürlich nicht vor.