Autor Thema: Besoldungsrunde 2023-2025 Nordrhein-Westfalen  (Read 204419 times)

Kalle Sunkist

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Antw:[NW] Besoldungsrunde 2023-2025 Nordrhein-Westfalen
« Antwort #465 am: 12.10.2024 09:53 »
Hallo zusammen!

Bevor ich mich unnötig oder völlig zurecht aufrege, muss ich an dieser Stelle nachfragen:

Als Besoldungsempfänger (und natürlich Besoldungsempfängerinnen, aus Gründen der Vereinfachung im weiteren Verlauf nur noch im Maskulin verwendet) erhalte ich doch für meine Staatsdienste Unterstützung vom Dienstherren. Wie war diese Besoldung denn bisher geregelt? War diese historisch gewachsen so gedacht, dass tatsächlich die Familie des Staatsdieners dadurch versorgt werden sollte oder wurde der Staatsdiener selbst für seine Dienste alimentiert?

Denn wenn die Alimentation schon vorher so gedacht war, dass nicht die Leistung des einzelnen "entlohnt" wurde, sondern die aufopferungsvolle Hingabe der gesamten Beamtenfamilie, muss ich mich weniger aufregen als nötig.

Ich war bisher davon ausgegangen, dass selbst im Staatsdienst die Leistung des Einzelnen finanziell gewürdigt wird und nicht die grausamen Entbehrungen der Beamtenfamilien durch finanzielle Zuwendungen kompensiert werden müssen (auch wenn die Familienzulagen - wenn ich jetzt darüber nachdenke - anderes vermuten lassen).

Denn dann wäre mein einziger Grund, mich aufzuregen, das Hinzurechnen des fiktiven Partnereinkommens
 - welches meinem Verständnis nach besonders in Geringverdienerfamilien traditionelle Familienstrukturen zementieren könnte und direkte Auswirkungen hat auf höhere Besoldungsstufen.

Ich hätte durchaus Interesse, mich an etwaigen Sammelklagen zu beteiligen bzgl. der amtsangemessenen Alimentation (immer brav Widerspruch eingelegt ;) ) und würde mich auch an mögliche Klagen gegen den aktuellen Beschluss hängen. Falls also jemand entsprechende Anlaufstellen kennt (besonders im Köln/Bonner Raum), gerne per PN mitteilen. Muss ja irgendwie die Versicherungsbeiträge mal rechtfertigen ;)

Schöne Grüße!

Callisto

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Antw:[NW] Besoldungsrunde 2023-2025 Nordrhein-Westfalen
« Antwort #466 am: 13.10.2024 10:35 »
Erstaunliche Vorgehensweise des Gesetzgebers im Hinblick auf die Familienzuschläge:

§ 91b sieht nunmehr eine Ausgleichszulage für die Anspruchsberechtigten für den Familienzuschlag der Stufe 4 oder höher (3 Kinder oder mehr) vor, soweit sich der Anspruch durch die beschlossene Gesetzesreform "verringert hat". Man stutzt etwas, weil man an keiner Stelle in dem Dokument liest, wieso sich der Familienzuschlag "verringert" haben soll. Denn scheinbar sieht das Gesetz doch nur Erhöhungen vor und hat sich die Landesregierung doch dafür gefeiert, dass man das Tarifergebnis durch Erhöhung der Familienzuschläge "wirkungsgleich" übertragen habe.

Wie kann also der Familienzuschlag mathematisch durch eine Reform sinken, die eine Erhöhung zum 01.11.2024 um 4,76% und zum 01.02.2025 nochmal 5,5% vorsieht? Ganz einfach: Man reduziert einfach den Ausgangswert. Also nimmt man eine Anlage in das Gesetz auf, in dessen Tabelle die Beträge für die Familienzuschläge der Stufe 4 und höher  zum 01.01.2024 (rückwirkend!) reduziert wurden. Diese rückwirkend reduzierten Beträge erhöht man dann wieder großzügig (wirkungsgleiche Übertragung des Tarifergebnisses!) zum 01.11.2024 und zum 01.02.2025, bleibt damit aber im Ergebnis immer noch unter dem bisherigen Betrag. Da es dem Gesetzgeber dann aber wohl selbst zu peinlich erscheint, dass die Gesetzesreform zur Übertragung des Tarifergebnisses im Ergebnis eine Reduzierung (!) bestehender Ansprüche bei Zulagen für kinderreiche Familien bewirkt, muss man eine "Ausgleichszulage" einführen, um zumindest dies zu vermeiden.

Eine Erläuterung, warum der Gesetzgeber davon ausgeht, dass gerade kinderreiche Familien kein Bedürfnis haben, in Bezug auf die Familienzulage an der Tariferhöhung beteiligt zu werden, sucht man in der Gesetzesbegründung selbstverständlich auch vergeblich.

Rentenonkel

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Antw:[NW] Besoldungsrunde 2023-2025 Nordrhein-Westfalen
« Antwort #467 am: 13.10.2024 12:06 »
Durch die Umsetzung des Urteils zu kinderreichen Familien hat das Land NRW bisher ab dem dritten Kind einen einheitlichen Zuschlag gezahlt. Nunmehr differenziert das Land auch den Zuschlag für das dritte und weitere Kinder nach der Mietenstufe, weil man bei geringen Mietenstufen vermeintlich zuviel gezahlt hat.

Durch die Ausgleichszulage bleibt der bisherige Familienzuschlag mindestens erhalten, es sei denn, die Anzahl der kindergeldberechtigten Kinder ändert sich oder aber man zieht um (selbst in eine Wohnung mit der gleichen Mietenstufe).

Die Erhöhung der Grundbesoldung bleibt davon jedoch unberührt.

Callisto

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« Antwort #468 am: 13.10.2024 15:34 »
Die Höhe der Zuschläge sinkt allerdings nicht nur auf geringen Mietenstufen, sondern auf allen.

uniprof

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Antw:[NW] Besoldungsrunde 2023-2025 Nordrhein-Westfalen
« Antwort #469 am: 13.10.2024 16:23 »
Die Höhe der Zuschläge sinkt allerdings nicht nur auf geringen Mietenstufen, sondern auf allen.

Anders gesagt, die Familienzulage der Stufe 4 und höher war in der Vergangenheit zu hoch, auch für die Mietstufe 7 in München und Umgebung, und diese Überalimentation wird nun zurückgeführt ;-)



SwenTanortsch

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Antw:[NW] Besoldungsrunde 2023-2025 Nordrhein-Westfalen
« Antwort #470 am: 13.10.2024 16:23 »
Durch die Umsetzung des Urteils zu kinderreichen Familien hat das Land NRW bisher ab dem dritten Kind einen einheitlichen Zuschlag gezahlt. Nunmehr differenziert das Land auch den Zuschlag für das dritte und weitere Kinder nach der Mietenstufe, weil man bei geringen Mietenstufen vermeintlich zuviel gezahlt hat.

Durch die Ausgleichszulage bleibt der bisherige Familienzuschlag mindestens erhalten, es sei denn, die Anzahl der kindergeldberechtigten Kinder ändert sich oder aber man zieht um (selbst in eine Wohnung mit der gleichen Mietenstufe).

Die Erhöhung der Grundbesoldung bleibt davon jedoch unberührt.

Das Land sieht sich weiterhin der Entscheidung BVerfGE 155, 77 - Alimentation kinderreicher Beamter vom 04. Mai 2020 und ihren mit Gesetzeskraft erlassenen Anordnungen gegenüber. Es dürfte interessant sein, ob der alimentationsrechtliche Mehrbedarf in Nordrhein-Westfalen im Zuge der nun vollzogenen Neuregelungen noch in allen Fällen amtsangemessen gedeckt ist. Da sich die genannte bundesverfassungsgerichtliche Leitentscheidung unmittelbar an den nordrhein-westfälischen Besoldungsgesetzgeber wendet, dürften sich einige Wolken über ihn zusammenziehen, sofern seine aktuellen Entscheidungen als einer Untätigkeit gleichkommend zu bewerten sein sollten.

Wenn ich es richtig sehe, wird heute im Verlauf des Tages eine umfangreichere Betrachtung zum nun vollzogenen nordrhein-westfälischen Gesetzgebungsverfahren auf der Site der Berliner-Besoldung erscheinen, die ggf. für den einen oder anderen der hier regelmäßig Lesenden und Schreibenden interessant sein könnte.

Fips

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Antw:[NW] Besoldungsrunde 2023-2025 Nordrhein-Westfalen
« Antwort #471 am: 13.10.2024 16:48 »
[quote author=Rentenonkel link=topic=122275.msg373704#msg373704 date=1728813960

Durch die Ausgleichszulage bleibt der bisherige Familienzuschlag mindestens erhalten, es sei denn, die Anzahl der kindergeldberechtigten Kinder ändert sich oder aber man zieht um (selbst in eine Wohnung mit der gleichen Mietenstufe).

[/quote]

Hi, wir sind im Sommer zwei Straßen weiter im selbem Ort gezogen, 3 Kinder, Mietenstufe 4. Heißt das, wir haben jetzt unseren „Besitzstand“ beim Familienzuschlag“ verwirkt?

Callisto

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« Antwort #472 am: 13.10.2024 16:54 »
Die Höhe der Zuschläge sinkt allerdings nicht nur auf geringen Mietenstufen, sondern auf allen.

Anders gesagt, die Familienzulage der Stufe 4 und höher war in der Vergangenheit zu hoch, auch für die Mietstufe 7 in München und Umgebung, und diese Überalimentation wird nun zurückgeführt ;-)

In NRW gibt es keine Gemeinde der Mietenstufe 7 gibt und die Wenigsten dürften aus München zur Dienststelle nach NRW pendeln.

Wenn der NRW-Gesetzgeber meint, dass er in der ganzen Besoldungsdebatte auch mal den Rückwärtsgang einlegen will, weil er meint für kinderreiche Familien zu viel zahlt, sollte er das auch transparent sagen, dass deren Zuschläge dann nicht an der Tariferhöhung teilnehmen, sondern diese - soweit kein Bestandsschutz greift - sogar sinken („wirkungsgleiche Tarifermäßigung“). Gibt ja offenbar einige (vornehmlich wohl nicht kinderreiche) Beamtinnen und Beamte, die das gut finden. Stattdessen macht man ein Schauspiel mit rückwirkend so weit reduzierten Zuschlägen, dass die Tariferhöhungen im November 24 und Februar 25 greifen, aber im Saldo immer noch ein Minus bedeuten.

uniprof

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« Antwort #473 am: 13.10.2024 16:57 »
Die Höhe der Zuschläge sinkt allerdings nicht nur auf geringen Mietenstufen, sondern auf allen.

Anders gesagt, die Familienzulage der Stufe 4 und höher war in der Vergangenheit zu hoch, auch für die Mietstufe 7 in München und Umgebung, und diese Überalimentation wird nun zurückgeführt ;-)

In NRW gibt es keine Gemeinde der Mietenstufe 7 gibt und die Wenigsten dürften aus München zur Dienststelle nach NRW pendeln.

[...]

An Unis ist sowas nicht selten. Ich kenne einige Kollegen, die wöchentlich von München aus einpendeln. Hatte ich selbst auch früher jahrelang so gemacht ...

Callisto

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« Antwort #474 am: 13.10.2024 16:58 »
[quote author=Rentenonkel link=topic=122275.msg373704#msg373704 date=1728813960

Durch die Ausgleichszulage bleibt der bisherige Familienzuschlag mindestens erhalten, es sei denn, die Anzahl der kindergeldberechtigten Kinder ändert sich oder aber man zieht um (selbst in eine Wohnung mit der gleichen Mietenstufe).


Hi, wir sind im Sommer zwei Straßen weiter im selbem Ort gezogen, 3 Kinder, Mietenstufe 4. Heißt das, wir haben jetzt unseren „Besitzstand“ beim Familienzuschlag“ verwirkt?
[/quote]

Nein, das sollte nicht den Verlust der Ausgleichszahlung zur Folge haben.

Fips

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« Antwort #475 am: 13.10.2024 17:07 »
Danke!

Knucki

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Antw:[NW] Besoldungsrunde 2023-2025 Nordrhein-Westfalen
« Antwort #476 am: 14.10.2024 14:04 »
Hat schon jemand ein Widerspruchsmuster, dass die aktuellen Gesetzesbeschlüsse miteinbezieht? Oder kann man das Muster von letzten Jahr nochmal verwenden?

Lotus

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Rentenonkel

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« Antwort #478 am: 14.10.2024 21:01 »
@Fips: Der Wegfall gilt erst bei Änderungen nach dem 31.10.2024

Zu Swens Anmerkung hier der link mit dem fundierten Artikel inklusive deutlich tiefergehenden Informationen:

https://www.berliner-besoldung.de/zur-zugegebenermassen-verfassungswidrigen-besoldungsgesetzgebung-in-nordrhein-westfalen/

Oberstudiendirektor

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« Antwort #479 am: 15.10.2024 08:16 »
@Fips: Der Wegfall gilt erst bei Änderungen nach dem 31.10.2024

Zu Swens Anmerkung hier der link mit dem fundierten Artikel inklusive deutlich tiefergehenden Informationen:

https://www.berliner-besoldung.de/zur-zugegebenermassen-verfassungswidrigen-besoldungsgesetzgebung-in-nordrhein-westfalen/

Ein fachlich sehr guter Artikel, der auch insgesamt die politische Großwetterlage dahingehend analysiert, dass die politischen Entscheidungsträger, so der Autor Thorsten Schwan, durch ihr Handeln der letzten Jahre und Jahrzehnte eine Abkehr eines großen Teils der Bevölkerung von den etablierten Parteien hin zu jüngeren Parteien  verständlicherweise begünstigte. Wer sollte es ihnen verdenken.

CDU und Grüne haben in NRW dieses Gesetz durchgebracht, die SPD enthielt sich. FDP und AfD dagegen. Damit sollte für Beamte die nächste Wahlentscheidung doch klar sein, oder?