Autor Thema: Zum Thema Inflation  (Read 4637 times)

Markus

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Zum Thema Inflation
« am: 17.12.2023 14:16 »
Gut, ist jetzt nicht TV-L spezifisch, aber in gefühlt jedem zweiten Kommentar geht es darum.

Nun gibt es offizielle Inflationszahlen, basierend auf einem (repräsentativen?) Warenkorb. Ich behaupte, dass die Inflation, die man konkret spürt, deutlich höher ist als aus diesem Warenkorb abgeleitet. Deswegen ist es auch verkehrt immer die offiziellen Inflationszahlen als Argumentationsbasis zu nehmen. Was juckt es mich, wenn die Flachbildschirme günstiger werden? Ich habe mir noch nie einen gekauft und werde es voraussichtlich auch nie tun. Miete zum Beispiel wird glaube ich gar nicht erfasst in dem offiziellen Warenkorb.

Meine größten Ausgabepositionen sind (von groß nach kleiner angeordnet):

(Kalt)Miete
Lebensmittel
Nebenkosten (Strom, Wasser, Gas)
Mobilität
Gesundheitskosten (Arztrechnungen etc, zum Beispiel ist die Zahnreinigung 20% teurer geworden)

Strom wurde hier schon 30% teurer, Gas wird hier ab nächstes Jahr 100% teurer, Lebensmittel dürften im Schnitt sicher auch 30% teurer sein, etc. Benzin, Diesel, Heizöl, Pellets - auch für die meisten relevant.

Kurzum: Es wäre interessant, wenn man mal seinen persönlichen Warenkorb aufstellen und darauf basierend die persönliche Inflation berechnen würde. Leider war ich bisher immer zu faul sowas mal systematisch zu machen, sodass es bei einem qualifizierteren Bauchgefühl bleibt.

Vielleicht gibt es hier jemanden, der sowas schon gemacht hat?

Durch die Nutzung der offiziellen Inflationszahlen in Argumentationsketten ist man schon dem Staat auf den Leim gegangen behaupte ich.

Levana

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Antw:Zum Thema Inflation
« Antwort #1 am: 17.12.2023 14:34 »
Dass der offizielle Warenkorb nicht repräsentativ ist ist ja nichts Neues.

Ich kann nur von mir selbst sprechen (2 Erwachsene, 1 Kleinkind): beim Wocheneinkauf sind locker 40€ pro Woche mehr zu zahlen. Dabei haben wir den Wurst- und Fleischkonsum reduziert. Aber auch Obst, Gemüse und vor allem Milchprodukte sind signifikant teurer geworden.

Zusätzlich werden arbeitstechnisch hier pro Woche ca. 800km Sprit verfahren. Von den Spitzen mit ü2€/l will ich gar nicht reden, auch so ist der Anstieg nicht ohne.

Der Strom ist um 12ct gestiegen (21 auf 32ct/KwH). NK-Abrechnung von 2022 kommt noch, Kaltmiete ist aber zum Glück stabil (ländliche Gegend).

Bei den sonstigen Kosten merkt man es auch (Medikamente, Kleidung), aber da kaufe ich entweder gebraucht oder online.

Unterm Strich sicherlich 300€ mehr pro Monat an Ausgaben, die NK zeigen sich noch, da habe ich keinen Einfluss drauf wie günstig der Vermieter Verträge hat.

Markus

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Antw:Zum Thema Inflation
« Antwort #2 am: 17.12.2023 15:41 »
Dass der offizielle Warenkorb nicht repräsentativ ist ist ja nichts Neues.
Natürlich nicht, aber deshalb sollte man den staatlichen Akteuren auch nicht die Freude machen, ständig mit der offiziellen (viel zu niedrigen) Inflationsrate zu argumentieren. Real ist das bestimmt um Faktor 2 höher.

cyrix42

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Antw:Zum Thema Inflation
« Antwort #3 am: 17.12.2023 16:12 »
Sorry, das ist zu billig. Wenn, dann musst du schon einen (deinen?) vollständigen Warenkorb anbringen. Bei einem Netto-Monatseinkommen von mehreren Tausend Euro jetzt einen Posten mit zweistelligem Betrag stellvertretend anzuführen, ist da wenig zielführend. Wie hat sich denn deine Miete entwickelt? Wie die übrigen Posten? Welche Wertsteigerung durch Ersetzen von alten Geräten durch neue hast du erhalten?

"Gefühlter Inflation" ist ungefähr genauso zu glauben wie "Gefühlten Fakten"...

cyrix42

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Antw:Zum Thema Inflation
« Antwort #4 am: 17.12.2023 16:16 »
btw: Hier findet man übrigen den derzeit vom Bundesamt für Statistik verwendeten Warenkorb inkl. Gewichtung:

https://www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Preise/Verbraucherpreisindex/Methoden/Downloads/waegungsschema-2020.pdf?__blob=publicationFile

Anders, als weiter oben behauptet, geht die Warmmiete mit knapp 26% in den Warenkorb und damit die Berechnung des Verbraucherpreisindexes ein... Gefolgt wird dies von Verkehr/Transport (13,8%), Nahrungsmitteln (11,9%) und Freizeit/ Unterhaltung/ Kultur (10,4%).

Erstaunlich finde ich, dass ganze 3,5% für Alkoholika und Tabakwaren vorgesehen sind. Da versäuft und verraucht der typische Deutsche (denn nach den Konsumausgaben der deutschen Haushalte wurde die Gewichtung im Warenkorb vorgenommen) doch ne ganze Menge...

Der oben angesprochene Flachbildschirm fällt unter die Kategorie "Zubehör zu Informationsverarbeitungsgeräten " -- wie auch Drucker, Scanner, Tastatur und Maus, für die ganze 0,136% im Warenkorb vorgesehen sind. Nur, damit hier mal die Verhältnisse klar werden.
« Last Edit: 17.12.2023 16:33 von cyrix42 »

Markus

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Antw:Zum Thema Inflation
« Antwort #5 am: 17.12.2023 16:47 »
Anders, als weiter oben behauptet, geht die Warmmiete mit knapp 26% in den Warenkorb und damit die Berechnung des Verbraucherpreisindexes ein...
Problem ist nur, dass das unrealistisch ist. Bei vielen macht die Nettowarmmiete schon 50% aus. Bei mir jetzt nicht, aber ich verdiene auch nicht so schlecht und wohne spartanisch.

Markus

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Antw:Zum Thema Inflation
« Antwort #6 am: 17.12.2023 16:55 »
Wenn, dann musst du schon einen (deinen?) vollständigen Warenkorb anbringen.
Wie gesagt, ich war bisher zu faul für so eine konkrete Aufstellung, aber so grob habe ich die Positionen ja skizziert. Da ich sehr spartanisch lebe ist es das im Wesentlich auch. Und ja, ich habe ja geschrieben, dass es sich um ein etwas qualifizierteres Bauchgefühl handelt. Mich würde allerdings wundern, wenn in einer systematischen Betrachtung dann rauskommt, dass die offizielle Inflationsrate für meinen Lebensstil passend ist.

Wie hat sich denn deine Miete entwickelt? Wie die übrigen Posten?
Steht doch schon grob da. Kaltmiete (noch) gar nicht; städtische Abgaben wie Müll wurden deutlich teurer, müsste ich nachschauen. Strom +30%, Gas ab nächstes Jahr +100%, meinen Lebensmittelkorb schätze ich +30%, Dienstleistungen (vor allem Arzttrechnungen), wo ich einiges dafür ausgeben muss, schätze ich 20%. Wenn man mal auswärts essen geht: gefühlt locker 20% teurer alles. Was günstiger wurden sind die Öffis durch das 49 € Ticket. Dadurch spare ich ca. 50 € im Monat. Telefon, Internet und Versicherungen scheinen noch nicht wirklich teurer geworden zu sein, aber das sind eh so Kleckerbeträge.

Welche Wertsteigerung durch Ersetzen von alten Geräten durch neue hast du erhalten?
Keine. Ich kaufe alle 10 Jahre ein gebrauchtes Business Notebook und rüste dann paar Sachen nach, in Summe vielleicht 700 €. Auf 10 Jahre verteilt sind das 70 € pro Jahr. Es juckt mich also nicht wie sich irgendwelche Consumersachen entwickeln.
« Last Edit: 17.12.2023 17:04 von Markus »

cyrix42

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Antw:Zum Thema Inflation
« Antwort #7 am: 17.12.2023 17:21 »
Halten wir fest: Der größte Posten in deinem persönlichen Warenkorb hat eine Inflation von 0, während sich andere Posten, die mit deutlich geringerem Gewicht eingehen, deutlich verteuert haben. Und was kommt jetzt tatsächlich, mit realen Zahlen -- und nicht nur gefühlten -- untermauert, für eine entsprechend gewichtete durchschnittliche Preissteigerung bei deinem persönlichen Warenkorb heraus?

btw: Du kannst natürlich behaupten, dass die Gewichtung doch ganz anders sein sollte. Aber hast du dafür auch Zahlenmaterial?

Das Bundesamt für Statistik schreibt zur Gewichtung seines Warenkorbs folgendes:

Zitat
Zur Ermittlung der Gewichte der höheren Ebenen im Wägungsschema werden ab der Basis 2020 die Ergebnisse der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) zu den privaten Konsumausgaben verwendet. Die Feingewichte des Wägungsschemas basieren auf Haushaltsbefragungen. Dafür zeichnen rund 80 000 Teilnehmer der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) alle fünf Jahre freiwillig einige Monate lang ihre Einnahmen und Ausgaben auf und übermitteln diese Informationen an die Statistischen Landesämter. Die so gewonnenen Basisinformationen werden durch Daten aus den Laufenden Wirtschaftsrechnungen (LWR), welche Informationen über die genaue Aufteilung der Haushaltsausgaben auf einzelne Güterarten liefern, ergänzt und aktualisiert. Diese Ergebnisse werden anschließend anhand zusätzlicher Informationen überprüft, ergänzt und aktualisiert. Die Ausgabenanteile für die einzelnen Güterarten basieren auf den Ausgaben aller Haushalte im Basisjahr. Wenn zum Beispiel ein Haushalt im Basisjahr keine langlebigen Gebrauchsgüter gekauft hat, werden seine Ausgaben dennoch mitgezählt. Auf diese Weise wird berücksichtigt, dass man in der Regel nicht jedes Jahr eine Waschmaschine, einen Fernseher, ein Fahrzeug oder ähnliches kauft.

Das erscheint mir um einiges wissenschaftlicher und vertrauenswürdiger als einige "gefühlte" Angaben Einzelner...

MoinMoin

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Antw:Zum Thema Inflation
« Antwort #8 am: 17.12.2023 17:59 »
Dass der offizielle Warenkorb nicht repräsentativ ist ist ja nichts Neues.
Natürlich nicht, aber deshalb sollte man den staatlichen Akteuren auch nicht die Freude machen, ständig mit der offiziellen (viel zu niedrigen) Inflationsrate zu argumentieren. Real ist das bestimmt um Faktor 2 höher.
Natürlich ist der Warenkorb per Definition repräsentativ!!
Er trifft nur auf keine reallebende Person zu, da jeder anders lebt!
Darum gibt es auch die Möglichkeit seinen stets individuellen Warenkorb zu nehmen und damit seine individuelle Inflationsrate zu ermitteln.

Markus

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Antw:Zum Thema Inflation
« Antwort #9 am: 17.12.2023 21:34 »
Darum gibt es auch die Möglichkeit seinen stets individuellen Warenkorb zu nehmen und damit seine individuelle Inflationsrate zu ermitteln.
Darum ging es mir ja in diesem Thread, wer das schon gemacht hat und zu welchen Ergebnissen ihr da gekommen seid.

Elur

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Antw:Zum Thema Inflation
« Antwort #10 am: 17.12.2023 22:53 »
Hier kann man seine persönliche Inflation ausrechnen: https://service.destatis.de/inflationsrechner/

cyrix42

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Antw:Zum Thema Inflation
« Antwort #11 am: 18.12.2023 00:02 »
Danke für den Link!

Demnach habe ich (aufgrund höherem Nahrungsmittel-Anteil) derzeit tatsächlich eine um 0,2%-Punkte höhere persönliche Inflationsrate im Vergleich zum VPI…

Johannes1893

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Antw:Zum Thema Inflation
« Antwort #12 am: 18.12.2023 07:25 »
Warum steigt Gas bei dir eigentlich um 100%?

Das die Mehrwertsteuer steigt und der CO2-Preis ist klar. Aber es gibt aktuell zahlreiche Angebote unterhalb der Preisbremse, sodass deren Abschaffung nicht der Grund sein kann.

MoinMoin

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Antw:Zum Thema Inflation
« Antwort #13 am: 18.12.2023 09:00 »
Darum gibt es auch die Möglichkeit seinen stets individuellen Warenkorb zu nehmen und damit seine individuelle Inflationsrate zu ermitteln.
Darum ging es mir ja in diesem Thread, wer das schon gemacht hat und zu welchen Ergebnissen ihr da gekommen seid.
Ein Beispiel, da ich viel Geld in Gastro ausgebe, war der Euroeinführungsinflationsprung bei mir extrem höher als die Offizielle Inflation.
Umgekehrt hat sich zu Corona mein Warenkorb so krass geändert, dass quasie eine Deflation hatte, da wesentlich weniger Geldausgaben.
Dadurch, dass ich keine Miete zahle, ist auch in dem Sektor, durch die geringeren Zinsen eine Deflation bei mir in den letzten 20 Jahren zu verzeichnen.
Dafür sind die Gastro Werte nach Corona wieder stärker gestiegen als andere Bereiche.
So sind die Wellen der Inflation bei mir grundverschieden zum repräsentativen Warenkorb. In der Grossen Summe aber passt das durchaus.

Coffee86

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Antw:Zum Thema Inflation
« Antwort #14 am: 18.12.2023 09:29 »
Anders, als weiter oben behauptet, geht die Warmmiete mit knapp 26% in den Warenkorb und damit die Berechnung des Verbraucherpreisindexes ein...
Problem ist nur, dass das unrealistisch ist. Bei vielen macht die Nettowarmmiete schon 50% aus. Bei mir jetzt nicht, aber ich verdiene auch nicht so schlecht und wohne spartanisch.

Was heißt denn bei "vielen"? Also ich kenne tatsächlich niemanden, bei dem die Nettowarmmiete auch nur ansatzweise 50% ausmacht (und ich befinde mich in einer recht teuren Großsstadt, wenn auch nicht so ein extrem wie München).

Irgendwie wirkt der Thread auch so, als wolle man eine übersteigerte Selbstwahrnehmung der Inflation bestätigt bekommen wollen. Klar war es in 2022 echt extrem. Die letzten Monate flachte es doch aber deutlich ab.