Autor Thema: Keine Beförderung wegen fehlender Wartezeit  (Read 3970 times)

Karmatologe

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Hallo ans Forum,

ich suche Hinweise und Einschätzungen zur Rechtslage bei folgender Sachlage.

Die Bundesbehörde U beurteilt ihre Beamten im 24-Monats-Rhythmus. U nutzt Topfwirtschaft, eine Stellenbewertung exisitiert insofern nicht (B könnte auf seiner jetzigen Stelle also bis ins Endamt aufsteigen).

Der Beamte B wurde mit Stichtag 31.3.2021 regelbeurteilt. Diese Beurteilungen werden bei U genutzt, um Beförderungsentscheidungen zu treffen. Aus verschiedenen Gründen (Widersprüche gegen Beurteilungen, verspätet eröffnete Beurteilungen, etc.) konnte diese Entscheidung jedoch erst mit viel Verzug und so unter Verstoß gegen die entsprechende Dienstvereinbarung erfolgen, sodass entsprechende Beförderungen erst im Oktober des Jahres 2022 (also 19 Monate nach dem Burteilungsstichtag) erfolgten. B wurde hier berücksichtigt und im Oktober 2022 befördert.

Zum Stichtag 31.3.2023 erfolgte eine erneute Beurteilung des Beamten. Die eröffnete Beurteilung reicht bei U erfahrungsgemäß aus, um für eine Beförderung berücksichtigt zu werden.

Im Dezember 2023 eröffnet U allen Mitarbeitenden per Hausmitteilung die Beförderungsentscheidungen 2023. Die Entscheidungen wurden gemäß dem Schreiben im Mai 2023 getroffen. B erfährt hier, neben anderen Beamten, trotz überdurchschnittlicher Beurteilung keine Berücksichtigung.

Auf Nachfrage begründet U dies wie folgt: "Am Tag der Entscheidung über die zu befördernden Beamten im Mai 2023 war eine Beförderung des B aufgrund von § 22 Abs 4 Nr. 2 b) BBG nicht möglich, da die letzte Beförderung vom Oktober 2022 weniger als 12 Monate zurücklag. Daher wurde die Beurteilung des B (und anderer Beamte auf die jenes zutrifft) nicht im Auswahlprozess berücksichtigt. Auf den tatsächlichen Zeitpunkt der Ernennung kommt es nicht an, insofern ist es ohne Belang, dass der Beföderungszeitpunkt der Mitbeurteilten erst nach Ablauf der Wartezeit gem. § 22 Abs 4 Nr. 2 b) BBG erfolgt."

U führte weiter aus, dass "vorgesehen war, dass die Beförderungen zu einem Zeitpunkt (1. Juli) erfolgen, welche innerhalb des 12-monatigen Zeitraums nach der letzten Beförderung des B gelegen hätte." Dies wäre allerdings aus organisatorischen Gründen gescheitert. Nun sei vorgesehen, die Beförderungen zum 1. Januar oder 1. Februar 2024 auszusprechen.

B fragt sich nun folgendes:

1. Ist es rechtlich einwandfrei den Entscheidungszeitpunkt und nicht den tatsächlichen Beförderungszeitpunkt als maßgeblichen Termin für die Unzulässigkeit einer Beförderung gem. § 22 BBG heranzuziehen? Und wenn: inwiefern spielt der ursprünglich geplante Zeitpunkt der Beförderungen eine Rolle? Wäre im Mai 2023 eine Beförderung erst zum 1.1.2024 vorgesehen worden, so hätte B Berücksichtigung finden können. Geplant war jedoch der 1.7.2023 als Beförderungszeitpunkt, also wurde B nicht berücksichtigt. Nun erfolgen die Beförderungen zum 1.1. oder 1.2.2024 (B wäre beförderungsreif), inwiefern hat dies eine Rückwirkung auf die Entscheidung vom Mai 2023? Muss B hinnehmen, dass nun schlechter beurteilte Beamte zu einem Zeitpunkt befördert werden zu dem B selbst auch befördert werden hätte können?

2. Inwiefern kann das vorherige, deutlich verspätet beendete, Verfahren und die damit sehr spät erfolte Beförderung als Ansatzpunkt für ein Vorgehen gegen die Entscheidung des U dienen, schließlich hat die Verzögerung im vorangegangen Verfahren nun negative Auswirkungen auf das aktuelle Verfahren.

3. Gibt es einen sachlichen Grund, welcher U daran gehindert hätte die Beförderungszeitpunkt für B und andere betroffene Beamte abweichend von den anderen Beförderten so zu bestimmen, dass eine Beförderung möglich gewesen wäre bzw. gibt es eventuell Regelungen die ein solches Vorgehen nachelegen?

und letztlich:
4. ist es einigermaßen wahrscheinlich, dass vorläufiger Rechtsschutz zu einer für B positiven Entscheidung führt? Oder handelt es sich einfach um ein Vorgehen der Kategorie "blöd gelaufen"?

Ich danke euch für eure Einschätzungen und Hinweise

VG
K

edit: ergänzende Frage: Könnte es sein, dass U durch die verspätete Durchführung der Beföderungen (auf Grundalge der Beuteilungen von April 2023) dazu gezwungen werden kann, die Entscheidung vom Mai zu revidieren, da B und andere inzwischen beförderungsreif geworden sind?
« Last Edit: 19.12.2023 18:23 von Karmatologe »

Asperatus

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Antw:Keine Beförderung wegen fehlender Wartezeit
« Antwort #1 am: 20.12.2023 15:28 »
Im Ergebnis wohl blöd gelaufen. Es besteht kein Anspruch auf Beförderung. Das Vorgehen der Behörde liegt in deren personalhoheitlichem Ermessen. Dass bei Auswahlentscheidungen auf einen Stichtag abgestellt wird, an dem die Voraussetzungen erfüllt sein müssen, und nicht auf das tatsächliche Wirksamwerden der Maßnahme, ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Karmatologe

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Antw:Keine Beförderung wegen fehlender Wartezeit
« Antwort #2 am: 22.12.2023 20:39 »
Dass kein Anspruch auf Beförderung besteht ist natürlich klar. Auch, dass auf einen Stichtag abgestellt werden kann ist soweit klar. Allerdings halte ich es für zumindest fraglich, ob 22 BBG, der ja die Unzulässigkeit vom Zeitpunkt der letzten Beförderung abhängig macht, so ausgelegt werden kann, dass B bei der Auswahlentscheidung von der Liste gestrichen wird, OHNE das es einen fixen Termin für die Beförderung gibt, welcher (je nach Datierung) der einzige Grund sein würde B nicht befördern zu können.

Warum das so eigentlich nicht korrekt sein kann an zwei Beispielen erklärt:

Eine Behörde beurteilt jährlich und befördert jährlich. Stichtag der Beurteilung ist der 1.4. Beförderungsstichtag ist der 1.7.
In diesem Fall wird die Entscheidung über die Beförderung natürlich immer vor dem 1.7. gefällt. Im Ergebnis könnte ein in der Vorperiode Beförderter nie befördert werden, da der Entscheidungszeitpunkt immer unter 12 Monate nach der letzten Beförderung liegt. Das passiert praktisch aber nie.

Zweites Beispiel:
Ernennung auf Lebenszeit mach Mindestprobezeit. Die Entscheidung wir IMMER zu einem Zeitpunkt gefällt werden zu dem der Beamte noch nicht auf Lebenszeit ernannt werden kann. Die Unterschrift auf der Urkunde wird immer vor dem Datum der Ernennung liegen. Wichtig ist letztlich nur der Zeitpunkt der Übergabe der Urkunde.

Insofern verwundert mich die Einschätzung doch sehr. Anders würde ich es natürlich sehen, wenn die Beförderungen tatsächlich nach unter 12 Monaten seit der letzten Beförderung des B stattgefunden hätten. Haben sie aber nicht. Daher ist der Grund für die Nicht-Berücksichtigung nachträglich obsolet. Und das soll "dumm gelaufen" Auber rechtskonform sein? Möglich, aber es wäre schon harter Tobak.




SCX84

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Antw:Keine Beförderung wegen fehlender Wartezeit
« Antwort #3 am: 11.01.2024 16:58 »
Hallo Karmatologe,

leider habe ich deinen Post erst jetzt gelesen und hoffe, dass die Beförderungen in deiner Behörde noch nicht durchgeführt wurden. Ich hätte fast gewettet, dass du bei der Bundespolizei als PVB im mD bist. Solche Schlampereien kenne ich von dort. Ich stimme Asperatus grundsätzlich zu. Einen Anspruch auf Beförderung hat man nicht, jedoch sollte eine Rangfolgeliste, die mit der RB 04/2023 zum Stichtag 01.07. erstellt wurde, bei Verlegung der Beförderungen um ein halbes Jahr nochmals aktualisiert werden.
Auch wenn deine Widerspruchsfrist jetzt schon abgelaufen ist, in solchen Fällen sollte immer im Eilrechtsschutzverfahren eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs geprüft werden. Das sorgt zwar für Unmut in der Behörde, aber wenn es mehrere Beamt:innen betrifft kann man das auch zusammen und im besten Fall noch mit Hilfe des Personalrats durchziehen. Wenn keine oder nur eine geringe Konkurrenzsituation bei Beförderungen besteht wundert es mich, warum der Personalrat sich nicht dafür einsetzt beförderungsfähige Beamt:innen auch zu berücksichtigen.

Ich habe 4 Jahre Beförderungen durchgeführt und auch wenn die Voraussetzungen bei der Beförderungsentscheidung noch nicht vorlagen, immer den Status zum Zeitpunkt der Beförderungsauswahlentscheidung berücksichtigt. Der zeitliche Verzug zwischen Ranglistenerstellung und Beförderung kann unter Wahrung der gesetzlichen Beteiligungsfristen durchaus bis zu 3 Monate betragen aber selbst wenn ich etwas Puffer eingeplant habe, war alles nach 1 1/2 Monaten erledigt.

Mach deinem Personalrat Druck. Die haben normalerweise genug Macht um Beförderungsmöglichkeiten rauszuholen. Bei einer aus organisatorischen Gründen gescheiterten Beförderungsrunde kann man durchaus erwarten, dass eine Beförderungsrangliste zeitnah zum Beförderungsstichtag erstellt wird, zumal die Noten der RB 2023 ja vorlagen.

Schreib mir gerne mal per PM um welche Behörde es sich handelt, damit ich die meiden kann ;)

Karmatologe

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Antw:Keine Beförderung wegen fehlender Wartezeit
« Antwort #4 am: 07.02.2024 17:34 »
Hallo SCX84,

ich hatte die Rechtslage anwaltlich prüfen lassen. Das Ergebnis war leider, dass dieses Vorgehen durch das Organisationsermessen der Behörde gedeckt ist.

Gleichwohl war das Feedback des Anwalts, dass dies personalpolitischer Selbstmord sei und man wohl nur ungern einen solchen Dienstherrn hätte.

Das Schlimme daran ist, dass es keinen Zwang gegeben hätte so zu handeln. Es war den Entscheidern einfach egal.

Die Beförderungen sind aber immer noch nicht ausgesprochen. Über 12 Monate nach dem Beurteilungsstichtag und knapp 9 Monate nach der "Beförderungsentscheidung".

Vom Personalrat habe ich leider gar nichts zu erwarten.

Es ist ein Farce. Ob rechtlich in Ordnung oder nicht spielt für mich dabei nur eine Nebenrolle.

Grüße