Autor Thema: [HH] Zu Unrecht gekürzter Familienzuschlag bei Teilzeit?  (Read 2095 times)

bobderbaumeister

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 4
Hallo zusammen,
ich bin in HH Beamter in Teilzeit, meine Ehefrau arbeitet als Krankenschwester in einem Hamburger Krankenhaus in Vollzeit.
2007 erfolgte bei meiner Frau die Überleitung von BAT in den TV-L.
Wir haben zwei Kinder, geboren 2003 und 2008 , für die ich das Kindergeld beziehe.

Für das ältere Kind erhalte ich den vollen Familienzuschlag
Für das 2008 geborene Kind bekomme ich jedoch seit Jahren nur einen entsprechend meiner Teilzeit gekürzten Familienzuschlag, obwohl meine Frau im öffentlichen Dienst in Vollzeit beschäftigt ist und selbst keinen Familien- oder Kinderzuschlag erhält.
Ich denke, hier liegt ein Fehler vor. Was meint ihr?
Danke für eure Einschätzung und ein frohes neues Jahr!

Bob
« Last Edit: 06.01.2024 00:12 von Admin2 »

Tyrion

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 45
Antw:Zu Unrecht gekürzter Familienzuschlag bei Teilzeit?
« Antwort #1 am: 03.01.2024 21:56 »
Ausgehend von Deiner Schilderung des Sachverhalts ist die Zahlung der Kinderanteile korrekt. Das im Jahr 2003 geborene Kind würde bei Deiner Frau unter die Besitzstandsregelung des § 11 TVÜ-Länder fallen. Hätte Deine Frau im Oktober 2006 für dieses Kind den kinderbezogenen Entgeltbestandteil (Ortszuschlag) nach dem BAT erhalten, hätte sie für diese Leistung nach der Überleitung in den TV-L eine Besitzstandszulage erhalten, solange der Kindergeldanspruch ohne Unterbrechung weiterbestanden hätte.

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 16.12.2010 – 2 C 44.09 – im Hinblick auf die vergleichbare Besitzstandzulage nach § 11 TVÜ-VKA entschieden, dass der Kinderanteil im Familienzuschlag bei einer Beamtin nicht entsprechend der Teilzeitbeschäftigung zu kürzen ist, wenn zum einen das Kind beim tarifbeschäftigten Kindesvater im Grundsatz eine Besitzstandszulage hätte begründen können und zum anderen die Arbeitszeit beider Elternteile zusammen mindestens die regelmäßige Arbeitszeit einer Vollzeitbeschäftigung ergibt.

Da das im Jahr 2003 geborene Kind bei Deiner Frau unter die Besitzstandsregelung des § 11 TVÜ-Länder gefallen wäre, wenn sie damals den Kinderanteil im Ortszuschlag erhalten hätte, findet bei Dir keine Teilzeitkürzung des diesbezüglichen Kinderanteils statt.

Dagegen unterliegt der Kinderanteil für das im Jahr 2008 geborene Kind der Teilzeitkürzung, weil dieses Kind erst nach der Überleitung des BAT in den TV-L auf die Welt gekommen ist und Deine Frau für dieses Kind keinen Anspruch auf einen Kinderanteil im Familienzuschlag oder eine entsprechende Leistung (z. B. Besitzstandszulage) hat. § 45 Abs. 5 S. 3 HmbBesG (Absehen von der Teilzeitkürzung) findet hier insoweit keine Anwendung.

Paterlexx

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 151
Antw:Zu Unrecht gekürzter Familienzuschlag bei Teilzeit?
« Antwort #2 am: 04.01.2024 09:54 »
Wer denkt sich sowas aus? Auch hier sind dringende Reformen unter Betrachtung der Gleichbehandlung nötig.

bobderbaumeister

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 4
Antw:Zu Unrecht gekürzter Familienzuschlag bei Teilzeit?
« Antwort #3 am: 05.01.2024 11:20 »

Dagegen unterliegt der Kinderanteil für das im Jahr 2008 geborene Kind der Teilzeitkürzung, weil dieses Kind erst nach der Überleitung des BAT in den TV-L auf die Welt gekommen ist und Deine Frau für dieses Kind keinen Anspruch auf einen Kinderanteil im Familienzuschlag oder eine entsprechende Leistung (z. B. Besitzstandszulage) hat. § 45 Abs. 5 S. 3 HmbBesG (Absehen von der Teilzeitkürzung) findet hier insoweit keine Anwendung.

Danke für deine Einschätzung!
Die Frage ist halt, ob die diesbezüglichen Übergangsregelungen tatsächlich nur für vor 2006 geborene Kinder gelten sollten. Aus dem Urteil des BVerwG kann ich das so nicht herauslesen.
Fakt ist ja, dass meine Frau nach wie vor im öffentl. Dienst beschäftigt ist, somit immer noch von einer Konkurrenzsituation auszugehen ist, so verstehe ich zumindest das Urteil.

Aus den diesbezüglichen Rundschreiben des Personalamtes HH aus 2011 ist m.E. auch nicht herauszulesen, dass Kinder, die nach 2006 geboren wurden, anders als die vor 2006 geborenen behandelt werden sollen.
Das wäre ja auch sachlich nicht geboten.

Kann mir auch nicht vorstellen, dass es bei der Überleitung von BAT zu TV-L gewollt war, dass eine Ungleichbehandlung der Kinder entsteht. Hatte das denn wirklich niemand auf dem Schirm, dass für alle nach 2006 geborenen Kinder der Familienzuschlag bei Teilzeit gekürzt wird?

Tyrion

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 45
Antw:Zu Unrecht gekürzter Familienzuschlag bei Teilzeit?
« Antwort #4 am: 05.01.2024 16:44 »
Kann mir auch nicht vorstellen, dass es bei der Überleitung von BAT zu TV-L gewollt war, dass eine Ungleichbehandlung der Kinder entsteht. Hatte das denn wirklich niemand auf dem Schirm, dass für alle nach 2006 geborenen Kinder der Familienzuschlag bei Teilzeit gekürzt wird?

Die Bezügestellen waren damals davon ausgegangen, dass der Kinderanteil im Familienzuschlag bei teilzeitbeschäftigten Beamten generell zu kürzen ist, wenn der Ehepartner/andere Elternteil nach TV-L oder TVöD bezahlt wird und keine Besitzstandszulage für das Kind erhält.

Die Ungleichbehandlung gegenüber nach 2006 geborenen Kindern ist dadurch entstanden, dass eine Beamtin bis vor das BVerwG geklagt hat und sich den ungekürzten Kinderanteil für während der BAT-Zeiten geborene Kinder erstritten hat. Dass der Kinderanteil für ab 2007 geborene Kinder der Teilzeitkürzung unterliegt, ist dagegen unstrittig, weil der TV-L keine kinderbezogenen Leistungen mehr vorsieht. Insofern wird man für solche Kinder genauso behandelt, als wäre der andere Elternteil nicht im öffentlichen Dienst.

Im Übrigen wird man damals bei den Tarifverhandlungen auch keinen Augenmerk darauf gelegt haben, ob der andere Elternteil verbeamtet ist oder nicht. Die Arbeitgeber-Seite scheint nur Wert darauf gelegt haben, an den Personalkosten zu sparen und dazu die Orts-/Familienzuschläge bei den Tarifbeschäftigten abzuschaffen.

Paterlexx

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 151
Ich werde nicht ganz schlau aus der Tatsache, dass die Zuschläge bei Teilzeitkräften gekürzt werden. Habe ich nur ein halbes Kind, wenn ich nur 20 Stunden machen würde?

bobderbaumeister

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 4
Dass der Kinderanteil für ab 2007 geborene Kinder der Teilzeitkürzung unterliegt, ist dagegen unstrittig, weil der TV-L keine kinderbezogenen Leistungen mehr vorsieht.
Ob das unstrittig ist, dürfte die Frage sein. Einige Passagen aus dem wegweisenden BVerwG Urteil v. 16.12.2010 (2 C 41.09) sprechen da m.E. eine ganz andere Sprache (Hervorhebungen durch mich):

"RZ10
Dass der Ortszuschlag gemäß § 29 BAT nach Leistungszweck, Leistungsvoraussetzungen und Leistungsmodalitäten dem Familienzuschlag nach §§ 39, 40 BBesG entspricht, hat der Senat bereits entschieden
(...)
Der Bewertung als dem kinderbezogenen Familienzuschlag entsprechende Leistung steht auch nicht der in § 11 TVÜ-Bund mehrfach verwendete Begriff der „Besitzstandszulage“ entgegen.
(...)
RZ11
Im Übrigen unterstützt - entgegen der Auffassung der Revision - schon der Wortlaut des § 11 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 TVÜ-Bund dieses Ergebnis. In dieser Vorschrift ist festgelegt, dass die kinderbezogenen Entgeltbestandteile des BAT „als“ Besitzstandszulage fortgezahlt werden. Damit ist der entscheidende Bezugspunkt die insoweit fortgeltende Regelung des BAT. Der Begriff des Besitzstandes knüpft nur an einen Personenkreis an, der zum genannten Stichtag einen bestimmten Besitzstand erreicht haben musste, ohne den Charakter der fortgeltenden Regelungen des BAT zu ändern
(...)
Weil die Regelungen über die kinderbezogenen Entgeltbestandteile des BAT über § 11 TVÜ-Bund insgesamt fortgelten, es sich also um eine Rechtsgrundverweisung handelt, enthält der Überleitungstarifvertrag auch keine eigenständige Bestimmung der Person des Anspruchsberechtigten und keine Konkurrenzklausel, denn diese sind bereits im BAT enthalten.
(...)
RZ12
Für diejenigen, denen die Besitzstandszulage zusteht, ist es unerheblich, dass sie nur dem in § 11 TVÜ-Bund genannten Personenkreis gewährt wird, so dass auf Dauer kinderbezogene Entgeltbestandteile für die Tarifbeschäftigten des öffentlichen Dienstes gänzlich abgeschafft werden. An dem Rechtscharakter der weiterhin gewährten Leistungen vermag dies nichts zu ändern.
(...)
RZ14
§ 40 Abs. 5 Satz 3 BBesG stellt dabei auf die Anspruchsberechtigung nach Satz 1 ab. Wer Anspruchsberechtigter nach Satz 1 ist, beurteilt sich für den neben dem betroffenen Beamten stehenden Ehegatten danach, ob ihm ebenfalls für das Kind ein Familienzuschlag oder eine entsprechende Leistung „zustünde“. Unerheblich ist, dass der Ehemann der Klägerin, weil er im September 2005 nicht das Kindergeld bezogen hat, tatsächlich keinen Anspruch auf die Besitzstandszulage nach § 11 TVÜ-Bund hat. Denn die Anspruchsberechtigung dem Grunde nach regelt in Bezug auf die kinderbezogene Leistung nicht § 11 Abs. 1 TVÜ-Bund, der lediglich eine Rechtsgrundverweisung ist, sondern weiterhin § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT.
(...)
RZ15
Dieses bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift folgende Ergebnis entspricht auch dem Sinn und Zweck der Konkurrenzregelung des § 40 Abs. 5 BBesG. Der kinderbezogene Familienzuschlag oder die entsprechende Leistung soll immer nur einem der möglichen Anspruchsberechtigten zustehen. Hierfür enthalten bzw. enthielten das Bundesbesoldungsgesetz wie auch die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst (hier der über § 11 TVÜ-Bund weiterhin anwendbare § 29 Abschn. B Abs. 6 BAT) Konkurrenzregelungen, die sicherstellen sollen, dass der kinderbezogene Anteil des Familienzuschlags oder die entsprechende Leistung aus öffentlichen Kassen für ein Kind nur einmal gezahlt wird.
(...)
RZ16
Nach der hier über § 11 TVÜ-Bund weiterhin anwendbaren Regelung des § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT
(...)
Maßgeblich ist deshalb auch nach dem Tarifvertragsrecht, dass der Ehemann der Klägerin die Besitzstandszulage nach § 11 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Bund erhielte, wenn er zum Kindergeldberechtigten bestimmt worden wäre. Da der Ehemann der Klägerin nicht aus dem öffentlichen Dienst ausgeschieden ist, besteht die Konkurrenzsituation, die der Regelung des § 29 Abschn. B Abs. 6 BAT zugrunde liegt, fort (...)
Gerade diese Konkurrenzsituation bewirkte und bewirkt, dass er keinen Anspruch auf die Besitzstandszulage hat. Sie kann deshalb nicht zusätzlich dazu führen, dass es außerdem zu einer der Teilzeitbeschäftigung entsprechenden anteiligen Kürzung der kinderbezogenen Leistung kommt, die § 40 Abs. 5 BBesG nach seinem Gesetzeszweck gerade verhindern will.
(...)
RZ17
Ein anderes Verständnis ergibt sich auch nicht aus dem Sinn und Zweck des § 11 TVÜ-Bund. Dieser soll als Vertrauensschutzregelung die Rechtsstellung Betroffener sichern. Zwar sollen über den Verweis auf die insoweit fortgeltenden Regelungen des BAT weiterhin öffentliche Kassen durch die Einschränkungen bei Leistungen kinderbezogener Entgeltanteile zugunsten von Tarifbeschäftigten entlastet werden. Den Tarifvertragsparteien kann aber mangels Regelungskompetenz nicht der Wille unterstellt werden, öffentliche Kassen auch von an Beamte zu zahlenden Leistungen zu entlasten. Diesen Sinn würde man ihm aber geben, wenn man allein aus dem Wirksamwerden dieser Tarifvertragsbestimmung - wie der Beklagte - die Rechtsfolge ableiten würde, dass bei im Übrigen unveränderten Voraussetzungen auf Seiten des Beamten ein in voller Höhe bestehender Leistungsanspruch wegen der Teilzeitbeschäftigung des Bezugsberechtigten zu kürzen wäre. (...)"


Den o.a. Urteilsätzen ist m.E. mehrfach deutlich zu entnehmen, dass der kinderbezogene Familienzuschlag bei Beamten in Teilzeit auch für nach 2006 geborenen Kindern nicht zu kürzen ist, da die Regelungen des §29 BAT fortgelten sollen. Ich würde das gerne rechtlich überprüfen (lassen).
Gibt es diesbezüglich vielleicht weitere Literatur, Kommentare, Urteile pp.?

Paterlexx

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 151
So langsam kristallisiert sich raus, dass die wirklich nicht daran gedacht haben, dass die Teilzeit und Elternzeit die Zuschläge in einer Höhe beeinträchtigen, dass die Leute deswegen klagen würden.

Weil man 20% weniger arbeitet (um sich um die Kinder zu kümmern) bekommt man 20% weniger Zuschläge für das Kind. Als wenn man 1. 20% weniger Beamter ist oder 2. 20% weniger Kinder hat :-)

Das wird noch witzig.

bobderbaumeister

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 4
Naja, witzig finde ich das nicht, dass hier Kinder unterschiedlich behandelt werden!

Nochmal: Den o.a. Urteilsätzen ist m.E. mehrfach deutlich zu entnehmen, dass der kinderbezogene Familienzuschlag bei Beamten in Teilzeit auch für nach 2006 geborenen Kindern nicht zu kürzen ist, da die Regelungen des §29 BAT fortgelten sollen.
Gibt es diesbezüglich weitere Literatur, Kommentare, Urteile pp., womit ich meinem Widerspruch untermauern könnte?