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Tarifverhandlungen 2024/2025 Öffentlicher Dienst

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Bundi:
@Swen

Erneut vielen Dank fuer deine Ausfuehrungen zum Thema.
Ich glaube ein grosser Teil des Frustes und der Veraergerung der Kollegen liegt darin begruendet, dass zum einen viele sicher monetaer betroffen sind, was ja zu erwarten war, aber viel mehr auch dadurch verursacht wird, dass wir alle der eine weniger der andere mehr in unserem taeglichen Dienst daran gehalten sind Recht und Gesetz zu beachten und entsprechend um- oder gar zurchzusetzen.
In diesem Kontext ist es umso unverstaendlicher dass ausgerechnet das Verfassungsorgan welches uns die Gesetze, an die wir uns alle halten muessen und die wir umsetzen oder gar durchsetzen sollen, sich selber nicht an die Gesetze und der diesbezueglichen Rechtsprechung haelt. Und das diesem Treiben eben nicht Einbhalt geboten wird oder werden kann fuehrt sicher zu dem Frust den man dann gerne am falschen Adressaten ablaedt.

In deinem Beitrag hast du sehr klar den Zielkonflikt, so nenne ich es mal, des BVerfG herausgearbeitet, naemlich auf der einen Seite die Gesetzgeber wieder in dem Rahmen der Verfassung zurueckzuholen aber den Entscheidungsspielraum der Gesetzgeber nicht weiter massiv einzuhegen und so zu versteinern.
Angesichts der vorsaetzlichen Missachtung der Verfassung und der Rechtsprechung durch das BVerfG seitens der Gesetzgeber wird es nach meiner Bewertung aber nicht ohne eine weitere sehr wahrscheinlich massive Einhegung des Entscheidungsspielraumes des Gesetzgebers gehen.
Dies wird zu einer weiteren Versteinerung wie du es nanntest fuehren, die nicht im Sinne des BVerfG ist.
Wie glaubst du kommt das BVerfG aus diesem Zielkonflikt oder ist dieser ueberhaupt zu loesen ?

Bundi:
@ Swen

Es ist nach meiner Bewertung davon auszugehen, dass unsere BesGesetzgeber nach einem weiteren Urteil welches Ihren Entscheidungspielraum weiter einhegt, sicher kreativ an Entwuerfen arbeiten werden die eine aA, wie wir sie bisher verstehen, weiterhin verhindern wird.
Will sagen es ist zu erwarten, dass weitere kreative Ideen die Besoldung eben nicht stark zu erhoehen gesucht werden. Sei es zB durch das jetzt diskutierte Partnereinkommen.
Wie siehst du die Chancen und Optionen des BVErfG den BesGesetzgebern quasi einen Riegel diesbezueglich vorzuscheiben um zu verhindern, dass dies ein ewiges Hase und Igel Spiel werden wird.
Denn darauf laeuft es doch hinaus so wie ich es sehe.
Das BVerfG urteilt zu einem vorgelegten Fall und die Gesetzgeber erfinden im Nachgang wieder etwas neues ueber welches das BVerfG eben noch nicht entscheiden konnte da es nicht Gegenstand des Verfahrens war und so weiter und so weiter.
Wenn es ein Gesetzgeber geschickt anstellt kann so die ganze Materie sehr lange Zeit verhindert werden.
Da das BVerfG eben nicht dem Gesetzgeber vorrechnet wie eine aA aussieht und zwar in konkreter Hoehe, was nicht seine Aufgabe ist haben wir ja schon in der Vergangenheit eroertert, duerfte hier immer wieder den Gesetzgebern das Tor offen bleiben eben solcher Modelle/Gesetze zu entwerfen die eine aA soweit moeglich verhindern.
Welche Optionen des BVerfG dies zu verhindern bzw abzustellen siehst du ?

Nils1994:
Guten Tag, auf Wunsch meiner Kameraden die fleißig hier in dem Forum mitlesen soll ich fragen ob denn nun mit einer Abschlagszahlung/Lohnerhöhung auf der nächsten Gehaltsabrechnung zu rechnen ist? Da dieses aus einem pdf Dokument welches hier verlinkt wurde hervorgeht.

MkG

DaNo1915211223:

--- Zitat von: Nils1994 am 27.08.2025 10:37 ---Guten Tag, auf Wunsch meiner Kameraden die fleißig hier in dem Forum mitlesen soll ich fragen ob denn nun mit einer Abschlagszahlung/Lohnerhöhung auf der nächsten Gehaltsabrechnung zu rechnen ist? Da dieses aus einem pdf Dokument welches hier verlinkt wurde hervorgeht.

MkG

--- End quote ---

Dezember 2025

SwenTanortsch:
Deine Frage(n) könnte man nun an einer ganzen Reihe an Punkten festmachen, Bundi ich will nur fünf zentrale Sachverhalte kurz herausgreifen, die ich ja in der Vergangenheit bereits an verschiedenen Stellen herausgestellt habe:

1. Wie ich ja schon mehrfach ausgeführt und begründet habe, gehe ich zunächst einmal von einer recht hohen Wahrscheinlichkeit aus, dass der Senat eine Vollstreckungsanordnung nach § 35 BVerfGG betreffend den Berliner Rechtskreis für den Zeitraum 2010 bis 2015 hinsichtlich der A-Besoldung oder Teile von ihr erlassen und dabei auch mindestens bis zu einem gewissen Grad Maßnahmen hinsichtlich der im Einzelfall anzuwendenden Art und Weise der Vollstreckung als Teil des Regelungskontextes festlegen wird. Wie das im Einzelnen aussehen könnte, dürfte schwierig abzuschätzen sein. Die Verfahren 2 BvL 5/18 bis 2 BvL 9/18 betreffen für die folgenden Zeiträume folgende Besoldungsgruppen:

2 BvL 5/18: 2010 bis 2015, A 10 betreffend
2 BvL 6/18: ebenso
2 BvL 7/18: 2010 bis 2015, A 12 betreffend
2 BvL 8/18: 2010 bis 2015, A 10 betreffend
2 BvL 9/18: 2010, A 10 betreffend; 2011 bis 2014, A 11 betreffend; 2014 und 2015, A 12 betreffend.

Dabei ist hier davon auszugehen, dass in einem Teil der Verfahren eine unmittelbare Verletzung des Mindestabstandsgebots festgestellt werden wird, in anderen Teilen werden die verletzten Grundgehaltssätze als Folge des vollständig abgearbeiteten "Pflichtenhefts" festzustellen sein. Die Art und Weise der von mir angenommenen Vollstreckung dürfte folglich mindestens diese Besoldungsgruppen umfassen, mit einiger Wahrscheinlichkeit auch jene, die sich im genannten Zeitraum hinsichtlich des Mindestabstandsgebots als unmittelbar verletzt zeigen. Damit würden wir also eine vergangenheitsbezogene Regelung der Art und Weise der Vollstreckungsanordnung vorfinden, die den Besoldungsgesetzgeber in futuro nicht unmittelbar in seinem weiten Entscheidungsspielraum einschränkt.

2. Darüber hinaus dürfte so aber ebenfalls auf der Hand liegen, dass die Besoldung in Berlin ebenso nach 2015 allein wegen der Summe der Fehlbeträge in allen Besoldungsgruppen kaum amtsangemessen gewesen sein dürfte. Insofern sollte erwartbar sein, dass der Senat eine Methode erstellen wird, die es indiziell ermöglicht, im Sinne des "Grundgehaltsäquivalents" oder einer anderen zielführenden Methodik den Verletzungsgrad der Besoldungsordnung A zu ermitteln. Auch damit würde sich der Besoldungsgesetzgeber, was zukünftig die Ausgestaltung der Besoldung in Form und Höhe anbelangt, nicht in seinem weiten Entscheidungsspielraum eingeschränkt sehen, da diese Methodik bekanntlich eine ausschließlich indizielle ist. Sie würde "nur" offenbar, wann sich ggf. die Höhe der Grundgehaltssätze und damit die Form der Besoldungsordnung A - also eine ggf. vorzunehmende Anhebung der Grundgehaltssätze unterer Besoldungsgruppen unter der Zielsetzung gehobene und höhere Besoldungsgruppen nicht anheben zu wollen - nicht mehr sachlich rechtfertigen lassen. Auch damit sieht sich der Besoldungsgesetzgeber dann zukünftig nicht in seinem weiten Entscheidungsspielraum eingeschränkt, jedoch veranlasst, sachgerechte Grundgehälter in der Besoldungsbemessung zu begründen.

3. Entsprechend sollte weiterhin davon auszugehen sein, dass der Senat, den weiten Entscheidungsspielraum des Besoldungsgesetzgebers, den er bislang durch die entsprechend formulierten Begründungspflichten kanalisiert hat, nun durch die weitere Konkretisierung jener Pflichten einhegt (auch dazu ist ja in der Vergangenheit bereits einiges geschrieben worden). Diese Einschränkung des weiten Entscheidungsspielraums, über den der Gesetzgeber verfügt, greift nicht unmittelbar in materielles Recht ein, sondern verschärfte dann die prozeduralen Anforderungen. Das dürfte mit einiger Wahrscheinlichkeit das Verhältnis von leistungsbezogenen Gehaltsbestandteilen und nicht-leistungsbezogene Besoldungsbestandteile betreffen. Die aus den Begründungspflichten resultierende "Einhegung" bliebe dabei ggf. bis zu einem gewissen Grad auch "nur" formelle, indem sie den Fachgerichten weitere Direktiven zur Prüfung dieser "zweiten Säule" des Alimentationsprinzips an die Hand geben würde. Die Auswirkungen auf den Besoldungsgesetzgeber wären so dann mindestens mittelbare, schränkten aber zugleich ebenfalls den weiten Entscheidungsspielraums des zukünftigen Besoldungsgesetzgeber nur bedingt ein, stärkte und konkretisierte aber ebenso wie schon die unter 2. genannte Maßnahme die fachgerichtlichen Mittel, was die ungebrochene Fortsetzung auch im Hinblick auf das, was ich unter 1. geschrieben habe deutlich unattraktiver bzw. auch politisch gefährlicher machte, da ein fortgesetzt aufrechterhaltener und weiter vorangetriebener - also dann für die Öffentlichkeit offen erkennbarer - Verfassungsbruch die so vorgehenden politischen Verantwortungsträger diskreditieren sollte.

4. Die weitere Konkretisierung der den Besoldungsgesetzgeber treffenden Begründungspflichten könnte oder dürfte weiterhin mit einer Herleitung der Stellung der sozialen Besoldungskomponenten, die als solche keine besonderen verfassungsrechtlichen Schutz beanspruchen können, da sie kein Teil des Alimentationsprinzips sind, ihre Gewährung also auf keinem hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums beruhen sollte - anders stellt sich das hinsichtlich der Alimentation der Familie dar; sie ist Teil der hergebrachten Grundsätze, anders jedoch als ihre nicht verfassungsrechtlich festgelegte Gestalt -, im Gefüge der Besoldungsbemessung einhergehen, die - ggf. im Rahmen eines Obiter Dictums - gleichfalls aus der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts herleitet, dass eine Betrachtung zivilrechtlicher Einkünfte mindestens bei aktiven Beamten dem Besoldungsgesetzgeber nicht gestattet ist. Auch damit würde der weite Entscheidungsspielraum, über den der Besoldungsgesetzgeber verfügt, nicht weiter eingeschränkt werden, da das Referat ja nur die heute sowieso schon von ihm zu beachtenden Grundsätze noch einmal in Erinnerung brächte.

Das wären zunächst einmal vier zentrale Leitpflöcke, von denen ich ausgehe, dass sie in den Boden gebracht werden müssten, um so die beiden "Säulen" des Alimentationsprinzips weiter zu festigen. Eine "Versteinerung" des Besoldungsrechts würde von ihnen nicht ausgehen, allerdings würde sich der Besoldungsgesetzgeber nun eindeutig daran gebunden sehen, dass die Form und Höhe der seit 2021 neu geregelten sozialen Besoldungskomponenten wie auch in weiten Teilen die Höhe der zuvor schon von der Form her geregelten sozialen Bestandteile - also die Familienzuschläge - sich nicht sachlich rechtfertigen lassen.

5. Entsprechend dürfte es dann m.E. wahrscheinlich sein, dass nächste Jahr neben Schleswig-Holstein, das die Sache nun vonseiten des dbb-SH durch eine Verzögerungsbeschwerde vorantreibt, ebenfalls Niedersachsen, wo konkrete Normenkontrolvlerfahren ebenfalls wie Berlin als Folge einer Revisionsentscheidung anhängig sind, aufgerufen werden sollten, wo wiederum schon 2023 offensichtlich zugleich eine Art verfassungsrechtliches "Faustpfand" zurückgehalten werden sollte. Auch das sollte dann den Druck auf zwei weitere Rechtskreise deutlich erhöhen - was gleichfalls Folge eines nun nach Abschluss des weiteren "Pilotverfahrens" mitsamt der Folge einer "Leitentscheidung" erwartbaren schnelleren Entscheidungsfluss sein sollte, ohne dass das zur "Versteinerung" des Rechtsgebiets führte.

Da dieser Beitrag letztlich nicht unmittelbar mit den Tarifverhandlungen verbunden ist, überführe ich ihn zugleich ins Forum der Bundesbeamten, da da die Diskussion von einer größeren Zahl an Personen geführt wird als im Länderforum, wo ggf. der eigentliche Ort dieser Betrachtung wäre.

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