Tja wie immer ist Alles sehr viel komplexer als, dass man es in zwei Minuten runterbrechen kann.
Um bei der Landwirtschaft zu bleiben, eine hohe sechsstellige Investition wie ein neuer Stall ist i.d.R. kreditfinanziert und muss sich in 20 Jahren bezahlt machen und darüber hinaus noch so viel Gewinn abwerfen, dass die Familie davon leben kann. Die Einnahmeseite lässt sich über den Zeitraum kaum kalkulieren. In jeder EU Förderperiode ändern sich die Regeln. Auf Handel und Verbraucher ist kein Verlass. Lidl hat den Tierwohlzuschlag wieder gestrichen, weil die Verbraucher das billigere Fleisch gekauft haben. Das war noch vor dem Ukrainekrieg. Die Politik gängelt die Landwirtschaft mit immer neuen Ziele und Auflagen, z.B. Quote der Ökobetriebe oder Dünge- und Spritzmittelverbote, die zum Teil auch eher ideologisch denn von Sachkenntnis geprägt sind. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass einige Auflagen notwendig waren, weil die Landwirte es maßlos übertrieben haben und großflächig gegen gute fachliche Praxis verstoßen haben.
Richtig fatal finde ich, wenn man interdisziplinäre Expertenkommissionen, z.B. die Borcherskommission einsetzt, die neue Konzepte erarbeiten, und dann werden die Ergebnisse gar nicht umgesetzt, entweder weil man es nicht für wichtig erachtet oder weil die Ergebnisse nicht ins ideologische Schema passen. Ich verstehe die Wut der Landwirtschaft sehr gut, wenngleich ich manche Aktionen der Landwirte nicht für gut heiße.
Statt der Landwirtschaft könnte man noch andere Beispiele benennen, z.B. Krankenhausfinanzierung, die Politik im Baubereich einschließlich Heizungsgesetz.Die Probleme sind erkannt, werden aber total inadäquat angepackt.
Diese Regierung krankt daran, dass der Kanzler zu wenig moderiert und zu wenig erklärt und die Grünen und die FDP zu ideologisch unterwegs sind. Sowohl Schröder wie auch Merkel haben da deutlich mehr Pragmatismus an den Tag gelegt. Beide haben auch mal auf den Tisch geschlagen und per Richtlinienkompetenz entschieden.