Autor Thema: Stellenausschreibung ausschließlich für Schwerbehinderte  (Read 2720 times)

Sparschwein

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Moin,

ich habe heute eine Stelleanzeige bei der Agentur für Arbeit entdeckt. In der Ausschreibung steht drin: "Das Stellenangebot richtet sich ausschließlich an schwerbehinderte und ihnen gleichgestellte Person". Begründung ist, dass das Ziel der Ausschreibung die Inklusion von schwerbehinderten Menschen ist. Demzufolge sind alle anderen Arbeitnehmer ausgeschlossen.

Ist so etwas üblich und rechtlich haltbar? Finde es lediglich interessant.


2strong

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Befristet?

ElBarto

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Keine Ahnung ob das üblich und rechtlich ok ist.

Behörden haben aber soweit ich weiß gewisse Quoten zu erfüllen was die Beschäftigung von schwerbehinderten und ihnen gleichgestellten Menschen angeht.

So könnte es sein, dass die Quote gerade nicht erfüllt wird und das beanstandet wurde oder man einen entsprechenden Mitarbeiter wegen Kündigung/Rente verloren hat und das schnell nachbesetzen will.

Sparschwein

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Die Stelle ist auf zwei Jahre befristet.

Thomber

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Moin,

ich habe heute eine Stelleanzeige bei der Agentur für Arbeit entdeckt. In der Ausschreibung steht drin: "Das Stellenangebot richtet sich ausschließlich an schwerbehinderte und ihnen gleichgestellte Person". Begründung ist, dass das Ziel der Ausschreibung die Inklusion von schwerbehinderten Menschen ist. Demzufolge sind alle anderen Arbeitnehmer ausgeschlossen.

Ist so etwas üblich und rechtlich haltbar? Finde es lediglich interessant.


Wie kann eine Behörde/ ein Arbeitgeber denn die Quote erfüllen, wenn er immer auch Bewerbungen von gesunden und deutlich besser geeigneten Bewerbern erhält?   Um die Gesunden nicht (noch mehr) zu benachteiligen, schließt man sie gleich von vornherein aus.   Sieht komisch aus, ist aber zielführend, wenn man eine Quote erfüllen muss.

Johann

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Behörden haben aber soweit ich weiß gewisse Quoten zu erfüllen was die Beschäftigung von schwerbehinderten und ihnen gleichgestellten Menschen angeht.

Das ist aber keine Besonderheit von Behörden. Das gilt für alle Arbeitgeber ab 20 Mitarbeitern. 5% der Mitarbeiter müssen einen entsprechenden GdB haben, sonst müssen sie Strafe zahlen. Derzeit beträgt die Strafe 140€-360€* je fehlendem Pflichtarbeitsplatz, je nachdem wie sehr man die 5% unterschreitet.
Ab 2025 können die Strafen je unbesetztem Pflichtarbeitsplatz bis zu 720€** betragen.

Die Fragestellung hier ist aber tatsächlich interessant. Dass Bewerber um eine bestimmte Quote zu erfüllen bei gleicher Eignung bevorzugt werden, ist ja schon länger normal. Dass man aber auf Stellen, auf denen auch andere Personen gleichermaßen geeignet wären, für die Quote nur Mitglieder dieser Gruppe zulässt, könnte hingegen gegen das AGG verstoßen. Bin mal gespannt auf die Antworten hier.

*https://www.haufe.de/personal/entgelt/schwerbehindertenanzeige-pflichtquote-und-meldepflicht_78_437932.html
**https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/inklusion-abgabe-erhoeht-das-sollen-betriebe-ohne-arbeitsplatz-fuer-schwerbehinderte-kuenftig-zahlen/28882138.html

McOldie

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ielleicht handelt es sich hier um eine Stelle, die aus Förderungsmittel für Schwerbehinderte im Rahmen eines Sonderprogramms  finanziert wird

Sparschwein

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Also bzgl. eines Förderprogrammes als Finanzierungsgrundlage wird nichts geschrieben. Es steht nur drin "Ziel der Ausschreibung ist die Inklusion schwerbehinderter Akademiker*innen" Ansonsten wird nochmal erwähnt, dass das eine normale Befristung nachdem Teilzeit- und Befristungsgesetz ist.

blondie

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Wenn man bei der Agentur sucht, dann wird man auch vereinzelt fündig. z.B.
"Stellenbeschreibung

Für unseren Inklusionsbetrieb Sporthallenservice suchen wir ab dem 01.04.2022 Personal – aus dem Bewerberkreis
von Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen und Behinderungen.

Anforderungen
Einschränkung:

Dieses Stellenangebot wurde ausschließlich für die Besetzung mit schwerbehinderten oder ihnen gleichgestellten Menschen gemeldet.

cyrix42

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Um die Gesunden nicht (noch mehr) zu benachteiligen, schließt man sie gleich von vornherein aus.

Gesunde werden nicht benachteiligt, Schwerbehinderte erhalten"nur" einen Nachteilsausgleich für die sich aus ihrer Behinderung ergebenden Nachteile...

Tiffy

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Wird Zeit, dass es jetzt irgendeine weitere bekloppte EU-Vorschrift verbietet, nach der Schwerbehinderteneigenschaft zu fragen bzw. diese überhaupt auch nur zur Kenntnis zu nehmen, geschweige denn zu dokumentieren, selbst dann, wenn der Bewerber sie aktiv mitteilt. Dann kommt das System aber ins Schleudern...

Thomber

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Um die Gesunden nicht (noch mehr) zu benachteiligen, schließt man sie gleich von vornherein aus.

Gesunde werden nicht benachteiligt, Schwerbehinderte erhalten"nur" einen Nachteilsausgleich für die sich aus ihrer Behinderung ergebenden Nachteile...


Verstehe Deine Aussage, aber mal ehrlich....im öD kenne ich keine Nachteile für Behinderte. Für mich steht immer im Vordergrund, welcher Bewerber der beste ist. Haarfarbe und Schuhgröße sind mir dabei egal.
Habe gerade DREI männliche Bewerber eingestellt....weil sie halt die besten waren. Solange es keinen Bezug zur Tätigkeit hat, ist mir der GdB egal.   Soll heißen:   Gerade der öD, wo Frauen und Männer für gleiche Arbeit gleiche Bezahlung erhalten und jeder nach Eignung gleiche Zugangsrechte hat, werden Quoten verfolgt.... Was für ein Witz.    Bei uns arbeiten 70% Frauen und natürlich auch auf Leitungsebene und dennoch gibt es eine Frauenvertreterin, die bei der Besetzung von E5-Stellen meckert, wenn man nicht alle Frauen zum Gespräch einlädt.  Nachteile haben hier also Frauen, Behinderte usw. nicht und deshalb wirkt deren Förderung für andere halt als Bevorteiligung.   



cyrix42

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Verstehe Deine Aussage, aber mal ehrlich....im öD kenne ich keine Nachteile für Behinderte.

Die Nachteile von behinderten Menschen erstrecken sich nicht nur aufs Berufsleben. Aber auch dort finden sie sich wieder, etwa in ggf. verlängerten Ausbildungs- und Studienzeiten, generell einem ggf. eher gebrochenem Arbeits-Lebenslauf mit auch Zeiten ohne Berufstätigkeit, ggf. längeren Krankheitszeiten, ...

Zitat
Solange es keinen Bezug zur Tätigkeit hat, ist mir der GdB egal.

Und das ist dann falsch, da es die obigen Aspekte nicht sinnvoll berücksichtigt. Wenn du jemanden nicht berücksichtigst, weil er zu lang studiert hat, dies aber ggf. durch eine Schwerbehinderung rechtfertigen könnte, dann gibst du gerade keinen Nachteilsausgleich, den der Mensch aber gut gebrauchen könnte.

Zitat
Nachteile haben hier also Frauen, Behinderte usw. nicht und deshalb wirkt deren Förderung für andere halt als Bevorteiligung.

Wie gesagt, dein Blick bezüglich der Nachteile behinderter Menschen greift zu kurz bzw. ist zu eng gefasst.

BAT

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Ich denke, viele Arbeitgeber wissen gar nicht von der Schwerbehinderung so einiger (Bestands-) Mitarbeiter. Sicherlich auch bei Neueinstellungen.

Saxum

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Alles was cyrix42 geschrieben hat ist zutreffend.

Schwerbehinderte Menschen werden in sehr vielen Punkten erheblich benachteiligt, so dass diese in einem unmittelbaren direkten vergleich mit einem nicht-behinderten Menschen in der Regel schlechter ausscheiden - das sowieso im Sinne der Bestenauslese wo automatisch die beste Bewerbung den Maßstab für alle anderen Bewerbungen setzt. Würde man das konsequent verfolgen, würden diese zu keiner Tätigkeit kommen.

Dabei liegt bei den "schlechteren Unterlagen" andere Hintergründe bei, zu denen cyrix42 etwas gesagt hat - die aber Ihnen gerade die Qualifikation nicht absprechen wenn sie es erfolgreich bestanden haben. Denn Schwerbehinderten liegen exakt die gleichen Prüfungsfragen und Prüfungszeit (ggf. mit einer Verlängerung von bis zu 15 oder 30 Minuten) vor, welche diese zu beantworten haben. Jedoch aufgrund ihrer Einschränkungen benötigen Sie etwa für die gleiche Aufgabe oder Tätigkeit viel mehr Zeit die ihnen nochmals viel mehr Kraft kostet.

Schwerbehinderte Menschen leisten für die gleiche Tätigkeit mittlerer Art und Güte etwa das dreifache der Leistung im Vergleich zu einem Nicht-Behinderten - du machst dir tatsächlich echt keine Vorstellungen was für eine Kraft das kostet. Im Vergleich würde ein Nicht-Behinderter Mensch einen Spaziergang machen während der Behinderte Mensch hier andauernd einen Sprint hinlegen muss, selbst wenn er mit der Tätigkeit längst fertig ist denn die Einschränkung hört nicht bei Arbeitsende auf.

Dabei ist explizit zu erwähnen, dass die Arbeitsqualität in der Regel die gleiche oder sogar hervorragend ist.