Also, wenn man die Frage liest, "Warum sollten Beamtenkinder so viel mehr wert sein als andere Kinder?", dann dürfte man sich schon fragen, warum sich diese nur auf die ersten zwei Kinder -- für die es bisher in A6/2 je ca. 150€ gibt --, nicht aber auf die weiteren -- für die derzeit mehr als 400€/Kind gezahlt werden -- beziehen soll.
Mir ist die rechtliche Lage schon klar. Wer aber mit obigem Spruch kommt, differenziert damit offensichtlich nicht zwischen den ersten zwei und weiteren Beamtenkindern... (Es hätte ja auch komisch geklungen, wenn man stattdessen gefragt hätte: "Warum sollten die ersten zwei Beamtenkinder so viel mehr wert sein als andere Kinder? [Ok, aber unsere dritten, vierten usw. sind natürlich tatsächlich viel wertvoller als alle anderen Kinder -- dies dürft ihr nicht antasten, sagt das Bundesverfassungsgericht!]")
Es ist einfach eine Rosinenpickerei, die ich hier sehe und die ich entsprechend den Personen, die diese Dinge äußern, vorwerfe. Entweder, man erkennt an, dass die Beamten-Alimentation nach dem Familienstand erfolgen muss. Dann stellt sich die Frage "Warum sollten Beamtenkinder so viel mehr wert sein als andere Kinder?" nicht, denn der Wert des entsprechenden Kinds bemisst sich nicht entlang der staatlichen Leistungen. Oder, man stellt diese Frage, und impliziert damit, dass man eine Bezahlung wie in der Privatwirtschaft wünscht, in welcher nicht der Familienstand des Arbeitnehmers, sondern dessen Tätigkeit (im Beamtenkontext also dessen Amt) ausschlaggebend für die Bezahlung ist: Für alle anderen Personen mit Kindern gibt es das Kindergeld/ den Kinderfreibetrag; und Beamten-Kinder wären dann auch nicht mehr wert.
Das, was Du schreibst, ist einerseits - denke ich - in sich schlüssig, basiert aber andererseits eben auf einer nicht vollständigen Beachtung der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung, was in dem Thema wiederkehrend ein Dauerzustand ist und damit zusammenhängt, dass die Beamtenalimentation als Folge des ihr zugrunde liegenden Sonderrechtsverhältnisses prinzipiell nicht mit Entlohnungsformen in der freien Wirtschaft verglichen werden kann, da jenen prinzipiell kein Sonderrechtsverhältnis zugrunde liegt. Alimentation und Entlohnung sehen insofern von außen betrachtet weitgehend identisch aus, sie stellen sich in ihrem (verfassungsrechtlichen) Kern und ihrer daraus folgenden materiellen Ausgestaltung aber gänzlich anders dar, eben als wesentlich Ungleiches, sodass die meisten Vergleiche zwischen beiden Rechtinstituten ins Leere laufen, was aber nicht immer einfach zu erkennen ist. Deklinieren wir das Thema also der Einfachheit halber noch einmal durch:
Da nun der Beamte über das Recht verfügt, mitsamt seiner Familie lebenslang amtsangemessen alimentiert zu werden, da sich anders das Sonderrechtsverhältnis nicht kompensieren ließe, dem er (prinzipiell anders als der Beschäftigte in der freien Wirtschaft) unterliegt, kann der Besoldungsgesetzgeber nicht vom familiär bedingten Unterhaltsbedarf absehen und hat er also bei der Bemessung der Besoldung zu berücksichtigen, dass diese Besoldung dem Beamten, Richter oder Staatsanwalt über die Befriedigung der Grundbedürfnisse hinaus einen seinem Amt angemessenen Lebensunterhalt ermöglichen muss (Rn. 40 der aktuellen Entscheidung). Während also der Beschäftigte in der Privatwirtschaft kein Recht darauf hat, dass sein Arbeitgeber die Anzahl seiner Kinder berücksichtigte, sieht das für den Bediensteten anders aus - womit die beiden für unser Thema hier zentralen Begriffe gefallen sind: der familiär bedingte Unterhaltsbedarf und der amtsangemessene Lebensunterhalt. An ihnen ist nun die Gewährung familienbezogener Besoldungskomponenten zu messen, wenn wir uns die Folgen des allgemeinen Gleichheitssatzes vor Augen führen: Denn um ihn geht es hinsichtlich der aufgeworfenen "Wert"-Frage.
Dabei stellt sich unter Beachtung dessen, was ich in meinem letzten Beitrag geschrieben haben, nun die Frage, wo die verfassungsrechtliche "Sollbruchstelle" zu suchen ist, sofern man eine wesentliche Ungleichbehandlung identifizieren will - und die ist hinsichtlich des dritten und jedes weiteren Kinds eines Beamten das
Binnenverhältnis der als Beamte wesentlich Gleichen, die also ausnahmslos über das grundrechtsgleiche Recht verfügen, amtsangemessen alimentiert zu werden und über einen amtsangemessenen Lebensunterhalt zu verfügen. Das Bundesverfassungsgericht betrachtet die Familienalimentation ab dem dritten Kind dabei als etwas wesentlich Ungleiches gegenüber der Familienalimentation der ersten beiden Kinder, womit wir beim Kern der hier diskutierten Sachlage angekommen wären.
Denn wenn nun das dritte Kind mit den beiden ersten Kindern gleich behandelt werden soll, dann muss dessen
Unterhaltsbedarf besonders betrachtet werden, da der Beamte ansonsten bei seinem dritten und allen weiteren seiner Kindern auf die "familienneutralen" Bestandteile seines Gehalts mit der Folge zurückgreifen müsste, dass mit wachsender Kinderzahl diese" familienneutralen" Gehaltsbestandteile fortschrteitend aufgezehrt werden würden. So verstanden würde die wesentlich gleiche Behandlung des Unterhaltsbedarfs ab dem dritten Kind zu einer im Binnenverhältnis der Beamten wesentlich ungleichen Behandlung der hier wesentlich gleichen Beamten führen, die also - darin liegt die Wesensgleichheit - allesamt über dasselbe Recht verfügen, amtsangemessen alimentiert zu werden: Die wesentlich ungleiche Behandlung des Unterhaltsbedarfs ab dem dritten Kind sichert so verstanden die wesentlich gleiche amtsangemessene Alimentation aller Beamten im Sinne des genannten Binnenverhältnisses.
Das dritte und jedes weitere Kind ist deshalb entsprechend auch nicht "mehr wert" als das erste oder zweite Kind, sondern die Gleichbehandlung der wesentlich gleichen Beamtenverhältnisse fordert eine Ungleichbehandlung in der Familienbesoldung und also eine besondere und damit andere Betrachtung des familiär bedingten Unterhaltsbedarfs ab dem dritten Kind, weshalb wir hier - mit dem alimentativen Mehrbedarf - einen Sonderzweig des Alimentationsprinzips vorfinden: Das dritte und jedes weitere Kind eines Beamten kann nur gegenüber dem ersten und zweiten Kind gleich behandelt werden, indem sein und der Unterhaltsbedarf jedes weiteren Kinds des Beamten anders betrachtet wird als der des ersten und zweiten Kinds jenes Beamten. Würde der Unterhaltsbedarf des dritten und jedes weiteren Kinds eines Beamten dahingegen nicht entsprechend ungleich betrachtet werden, könnte in der Lebenswelt des Beamten nicht sichergestellt werden, dass diese Kinder nicht gleich mit den ersten beiden Kindern behandelt werden würden, sodass sich entweder der Lebensunterhalt dieses dritten und jedes weiteren Kindes nicht mehr amtsangemessen darstellte oder der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten nicht mehr gewährleistet wäre, der so nun - ab dem dritten und mit jedem weiteren Kind zunehmend - auf die "familienneutralen" Komponenten der ihm gewährten Besoldung zurückgreifen müsste und damit gegenüber den wesentlich gleichen Beamten, die dasselbe Amt bekleiden, ungleich behandelt und im Ergebnis de facto diskriminiert werden würde, weil so die Richter, Staatsanwälte und Beamten mit mehr als zwei Kindern den ihnen zukommenden Lebenszuschnitt nicht oder nur zulasten ihrer Familie erreichen könnten (vgl. die Rn. 30 der vorhin genannten Parallelentscheidung 2 BvL 6/17).
So verstanden stimmt es erst einmal nicht, dass das dritte und jedes weitere Kind eines Beamten "mehr wert" seien als die ersten beiden Kinder. Vielmehr erschließt sich auf dieser Grundlage mein vorhin ausgeführtes Zitat der Rn. 47:
"Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist nach wie vor davon auszugehen, dass die Besoldungsgesetzgeber das Grundgehalt von vornherein so bemessen, dass – zusammen mit den Familienzuschlägen für den Ehepartner und die ersten beiden Kinder – eine bis zu vierköpfige Familie amtsangemessen unterhalten werden kann, so dass es einer gesonderten Prüfung der Besoldung mit Blick auf die Kinderzahl erst ab dem dritten Kind bedarf".
Wenn nun aber die hohen familienbezogenen Besoldungskomponenten ab dem dritten Kind im Rahmen des besonderen Rechtsinsituts der Beamtenalimentation sachlich gerechtfertigt sind, da nur so der allgemeinen Gleichheitssatz im Binnenverhältnis der Beamten untereinander gewährleistet werden kann, gilt das offensichtlich nicht für entsprechend hohe familienbezogene Besoldungskomponenten für die ersten beiden Kinder. Denn um eine Privilegierung von Beamten und seiner Kinder zu vermeiden, hat sich auch deren Alimentation an den tatsächlichen (Lebens-)Verhältnissen zu orientieren. Hierbei hat der Senat bereits 1977 festgehalten:
"Legt man etwa das gegenwärtige System der Besoldungsstruktur zugrunde, das, wie dargelegt, verfassungsrechtlich nicht festgeschrieben ist, so entspricht es bei natürlicher Betrachtung einer gewissen Selbstverständlichkeit, daß bei der Familie mit einem oder zwei Kindern der Kindesunterhalt ganz überwiegend aus den allgemeinen, d. h. 'familienneutralen' und insoweit auch ausreichenden Gehaltsbestandteilen bestritten werden kann und die kinderbezogenen Gehaltsbestandteile ergänzend hinzutreten." (Beschluss vom 30.03.1977 - 2 BvR 1039/75 -, hier Rn. 75;
https://openjur.de/u/173228.html)
So verstanden ist hier - in der drei- oder vierköpfigen Beamtenfamilie - der familiär bedingte Unterhaltsbedarf nicht vollständig auszugleichen, um den amtsangemessenen Lebensunterhalt des Beamten und seiner bis zu zwei Kinder zu gewährleisten. In diesem Sinne geht das gerade dargestellte Zitat wie folgt weiter:
"In diesem Fall bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, wenn dieser Betrag in seiner Höhe erheblich unter den Beträgen bleibt, die von der Rechtsordnung als Regelsätze für Kindesunterhalt als angemessen erachtet und veranschlagt werden."
Unter Berücksichtigung einer solchen Betrachtung, von der auszugehen ist, dass sie der Zweite Senat weiterhin als sachlich geboten betrachtet (es gibt keine Direktive, die zur Vermutung Anlass geben sollte, dass der Senat zu einer mittlerweile anderen Auffassung gelangt sei), erhält nun die Frage: "Warum sollten Beamtenkinder so viel mehr wert sein als andere Kinder?", ihren Sinn. Denn der Besoldungsgesetzgeber gewährt hier nun Beamten ein materielles Gut, das - sofern er es Beamten gewähren würde, die aus ihren "familienneutralen" Besoldungsbestandteilen heraus bereits amtsangemessen alimentiert werden würden - als eine Privilegierung dieser Kinder zu betrachten wäre. Wenn er aber auf der anderen Seite (von jener Frage wieder im Allgemeinen auf das Thema zurückkehrend) versucht, die amtsangemessene Alimentation insbesondere durch solch hohe Besoldungsdifferenzierungen für die ersten beiden Kinder herzustellen, um damit von dem abzusehen, was ich vorhin geschrieben habe, und um so auch das beiseitezuwischen, was aus den beiden gerade zitierten Textpassgagen zu entnehmen ist, nämlich dass die familienbezogenen Besoldungsbestandteile nur Nebenkomponenten der Besoldung darstellen und also "bei der Familie mit einem oder zwei Kindern der Kindesunterhalt ganz überwiegend aus den allgemeinen, d. h. 'familienneutralen' und insoweit auch ausreichenden Gehaltsbestandteilen bestritten werden kann und die kinderbezogenen Gehaltsbestandteile ergänzend hinzutreten", dann handelt er offensichtlich nicht im Rahmen der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung, und zwar nun mit der Folge, dass das erste oder zweite Kind von Beamten offensichtlich gegenüber anderen Kindern deutlich besser gestellt und so betrachtet privilegiert werden. Das soll offensichtlich mit dem in diesem Sinne kaum zugespitzten Satz: "Warum sollten Beamtenkinder so viel mehr wert sein als andere Kinder?", zum Ausdruck gebracht werden. Mit "Rosinenpicken" hat das, wenn ich es richtig sehe, nichts zu tun, mit dem Beklagen einer offensichtlich verfassungswidrigen Besoldungspraxis hingegen sehr viel.