Autor Thema: Kündigungsfrist §34 bei befristetem Drittmittelvertrag?  (Read 1407 times)

kleinerbaer

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Hallo,

ich bin als wissenschaftlicher Mitarbeiter in einem Drittmittelprojekt angestellt. In meinem Arbeitsvertrag steht, dass "Bezüglich der Kündigungsfristen findet § 34 Absatz 1 des TV-L Anwendung". - ist dies wirklich ok? Dadurch wird mir ja eine längere Kündigungsfrist aufgebrummt.

Danke für eure Meinungen.

MoinMoin

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Hallo,

ich bin als wissenschaftlicher Mitarbeiter in einem Drittmittelprojekt angestellt. In meinem Arbeitsvertrag steht, dass "Bezüglich der Kündigungsfristen findet § 34 Absatz 1 des TV-L Anwendung". - ist dies wirklich ok? Dadurch wird mir ja eine längere Kündigungsfrist aufgebrummt.

Danke für eure Meinungen.
Wenn du es so unterschrieben hast, dann wird es wohl so sein.
Wenn beiderseitige Tarifbindung besteht, dann kann man eine Schlechterstellung evtl. anfechten.
Als ich WiMi war, habe ich mir über so ein Quark keine Gedanken gemacht, sondern bei Bedarf einen Auflösungsvertrag gemacht.

kleinerbaer

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Auflösungsvertrag kann ich knicken, bei meiner Chefin werden die Leute bis zum letzten Tag gezwungen. Sie nimmt es persönlich.

Nur weil ich was unterschrieben habe, muss es ja nicht richtig sein. Deswegen bin ja hier auf der Suche nach Meinungen. Sonst muss ich halt im worst case mit Anwalt kommen, aber das schreckt mein Institut auch nicht.

Wie kann ich erfahren, ob eine beiderseitige Tarifbindung besteht?

MoinMoin

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Auflösungsvertrag kann ich knicken, bei meiner Chefin werden die Leute bis zum letzten Tag gezwungen. Sie nimmt es persönlich.

Nur weil ich was unterschrieben habe, muss es ja nicht richtig sein. Deswegen bin ja hier auf der Suche nach Meinungen. Sonst muss ich halt im worst case mit Anwalt kommen, aber das schreckt mein Institut auch nicht.
Nun, es gilt das, was in dem Vertrag steht, den du unterschreiben hast. Und wenn du mit deiner Unterschrift zugestimmt hast, dass für dich und dein AG der § 34 Absatz 1 gilt, dann ist das euer beiderseitige Willenserklärung.
Hat durchaus für dich den Vorteil, dass wenn das Drittmittelprojekt vorzeitig gekündigt wird, die Kündigungsfrist länger ist und du mehr Zeit hast einen neuen AG zu finden.

Zitat
Wie kann ich erfahren, ob eine beiderseitige Tarifbindung besteht?
Bist du in der Gewerkschaft?

cyrix42

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Nur weil ich was unterschrieben habe, muss es ja nicht richtig sein. Deswegen bin ja hier auf der Suche nach Meinungen. Sonst muss ich halt im worst case mit Anwalt kommen, aber das schreckt mein Institut auch nicht.

Du musst doch vorher prüfen, was du unterschreibst?! Hier liegt keine sittenwidrigre Regelung vor -- natürlich können Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine längere als die gesetzlich vorgeschriebene (Mindest-)Kündungsfrist vereinbaren. Einzig ausschlaggebend ist (nach BGB § 622 Absatz (6)), dass die Kündigungsfrist für den Arbeitgeber nicht kürzer ist als die für den Arbeitnehmer. Und diese Anforderung erfüllen die genannten Fristen natürlich.

Zitat
Wie kann ich erfahren, ob eine beiderseitige Tarifbindung besteht?

Daran, ob dein AG Mitglied der TdL ist und du Mitglied einer Gewerkschaft, die den TV-L geschlossen hat, (also ver.di, GdP, GEW, dbb tarifunion, IGBAU) bist.

kleinerbaer

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Ich finde eure Argumentation mit "du musst doch vorher prüfen, was du unterschreibst" sehr weltfremd. Wie soll diese Prüfung denn aussehen? Und wie lange?

Ich bin davon ausgegangen, dass die Kündigungsfrist der entspricht, wie es eben für unbefristete Mitarbeiter ist. So wurde uns dies auch mündlich immer wieder kommuniziert. Selbst die Personalabteilung hat vorgestern zuerst so mündlich geantwortet, aber nach einem Blick in den Arbeitsvertrag sich korrigiert.

Wenn es keine gegenteiligen Meinungen gibt, dann nehme ich es so hin. Ich habe was dazugelernt, danke hierfür.

cyrix42

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Ich finde eure Argumentation mit "du musst doch vorher prüfen, was du unterschreibst" sehr weltfremd. Wie soll diese Prüfung denn aussehen? Und wie lange?

Es ist also weltfremd, dass man sich vor Vertragsschluss Gedanken macht, welche Verpflichtungen man jetzt mit dem Vertrag, den man auf Augenhöhe mit einem Vertragspartner schließt, eingeht?

Im Zweifelsfall legt man halt den Vertrag einer Person vom Fach zur Prüfung vor, wenn man selbst keine Ahnung hat und sich nicht damit beschäftigen will... Ansonsten muss man eben damit leben, welche Vereinbarungen man getroffen hat.

Zitat
Ich bin davon ausgegangen, dass die Kündigungsfrist der entspricht, wie es eben für unbefristete Mitarbeiter ist.

Weder bist du unbefristet, noch besitzt diese Annahme irgendeine Rechtfertigung, wo doch sogar der explizite Verweis auf den Paragraphen im TV-L, der die Kündigungsfristen bei befristeten Beschäftigtungsverhältnissen regelt, genannt ist...

Zitat
So wurde uns dies auch mündlich immer wieder kommuniziert. Selbst die Personalabteilung hat vorgestern zuerst so mündlich geantwortet, aber nach einem Blick in den Arbeitsvertrag sich korrigiert.

Tja, halt lesen, was man unterschreibt, bevor man es tut. Sonst hat man ggf. auch ein Waschmaschinen-Abo abgeschlossen...

Zitat
Wenn es keine gegenteiligen Meinungen gibt, dann nehme ich es so hin. Ich habe was dazugelernt, danke hierfür.

Sieh' es positiv: Du hast nichts verloren, dafür aber was fürs Leben gelernt: Immer lesen, was man unterschreibt und nie blind vertrauen, was einem mündlich gesagt wird, was da schon drin stehen wird...

MoinMoin

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Ich finde eure Argumentation mit "du musst doch vorher prüfen, was du unterschreibst" sehr weltfremd. Wie soll diese Prüfung denn aussehen? Und wie lange?
Ja, die Realität sind anders aus, da gebe ich dir Recht.
Aber trotzdem ist die Unterschrift unter einem Vertrag das was gilt, ob geprüft und verstanden oder nicht ist leider einem Richter dann egal.
In deinem Fall hat diese Regel mehr Vorteile als Nachteile und wird zum Schutz der MA dort reingenommen, denn ich habe es durchaus schon erlebt, dass Drittmittelprojekte nicht die geplante Laufzeit erreichen, weil sie vorher gecancelt wurde.

Und wie gesagt, wenn du vorher gehen willst, als es der §34 zu lässt und deine AG so dämlich ist keinen Auflösungsvertrag machen zu wollen, dann kündigst du halt stumpf "fristgerecht" entsprechend der tariflichen Regelung von befristeten MAs und gut ist.
Ob dann eine Kündigungsschutzklage des Ags erfolgt steht zu bezweifeln und falls doch bist du weg bevor da entschieden wurde, ob die Vertragsklausel ungültig sein könnte.....

fair

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@kleinerbaer: Eigentlich finde ich die Regelung sogar besser. In den meisten Fällen jedenfalls (Ausnahme: Arbeitsverhältnis das mehr als 1 Jahr aber weniger als 2 Jahre dauert. Dann wäre die reguläre Regelung für befristete Verträge besser mit 6 Wochen zum Ende eines Monats vs. 6 Wochen zum Quartal beim § 34). Bei kürzeren Arbeitsverhältnissen ist es bei beiden gleich und bei längeren ist die Regelung nach § 34 besser:

§34 Abs. 1 regelt die normalen Kündigungsfristen (also die bei unbefristeten Arbeitsverhältnissen gelten). In meinem befristeten Arbeitsvertrag (ebenfalls Drittmittelprojekt) wird ebenfalls auf diesen Paragraph verwiesen (obwohl für befristete ja eigentlich § 30 Abs. 5 gelten würde). Für mich ist das günstiger denn ich komme im Zweifel schneller aus dem Vertrag. So zum Beispiel bei einer Gesamtdauer beim aktuellen Arbeitgeber von über drei Jahren:

§ 30 Befristete Arbeitsverträge, Absatz 5
-> "von insgesamt mehr als drei Jahren     vier Monate     zum Schluss eines Kalendervierteljahres."

§ 34 Kündigung des Arbeitsverhältnisses, Absatz 1
-> "von mehr als einem Jahr    6 Wochen    (...) zum Schluss eines Kalendervierteljahres."
-> "von mindestens 5 Jahren   3 Monate    (...) zum Schluss eines Kalendervierteljahres."



« Last Edit: 01.03.2024 16:11 von fair »

fair

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PS (da es sich nur 20 Minuten editieren lässt): erst ab 10 Jahren Beschäftigungsdauer wird die Regelung des § 34 wieder schlechter.

troubleshooting

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Auflösungsvertrag kann ich knicken, bei meiner Chefin werden die Leute bis zum letzten Tag gezwungen. Sie nimmt es persönlich.


Wechselwillige MA bis zum letzten Tag auf den Job fixieren und dann vielleicht noch wundern, warum die Arbeitsleistung auf das absolut Notwendige sinkt?

Wichtig für dich als AN ist nur, möglichst keine Krankmeldung bringen, die bis zum letzten Arbeitstag gilt - siehe:
 Bundesarbeitsgericht - Urteil vom 08.09.2021, Az. 5 AZR 149/21